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Situation von Migrant Innen am österreichischen Arbeitsmarkt

1 .1 Österreich ist bereits seit vielen Jahren ein Einwanderungsland

Über 8 Millionen Menschen wurden 2001 in der Volkszählung gezählt (siehe Tabelle 1). Davon hatten rund 711.000 Personen (8,9 % der Bevölkerung), keine österreichische Staatsbürgerschaft.1

Tabelle 1: Bevölkerung in Österreich und Wien

Bevölkerung Österreich Wien

Gesamtbevölkerung 8,032.926 100,0 % 1,550.123 100,0 %

Österreicher Innen 7,322.000 91,1 % 1,301.859 84,0 %

Ausländer Innen 710.926 8,9 % 248.264 16,0 %

Quelle: Statistik Austria, Volkszählung 2001 (www.statistik.at)2

Mehr noch: 1,346 Millionen Menschen haben Migrationshintergrund. Dazu zählen die erste Generation von Zuwander Innen und deren Nachfahren. Das entspricht 17 % der Gesamtbevölkerung. Österreich kann damit zu Recht als Einwanderungsland bezeichnet werden. Fast ein Drittel der ausländischen Bevölkerung kommt aus dem EU-Ausland, allen voran Deutschland. Die größte Ausländer Innengruppe machen Bürger Innen aus Serbi-en bzw. MontSerbi-enegro aus (137.337). Ausländer InnSerbi-en mit türkischSerbi-en Pass (108.811) stellSerbi-en nach dSerbi-en DeutschSerbi-en (113.778) die drittgrößte Gruppe dar.3

Abbildung 1: Verteilung der ausländischen Erwerbstätigen, nach Geburtsland

Quelle: Biffl, Migrant Innen am Arbeitsmarkt, Erfolgsstory oder Trauerspiel? Volkszählung 2001, in: Franz Wolf-Maier / Margit Kreuzhuber 2008, Seite 57.

In den Jahren 2004 und 2005 lag die Nettozuwanderung nach Österreich pro Jahr bei rund 50.000 Personen.4 Obwohl die Nettozuwanderung damit im Sinken begriffen ist, wird Zuwanderung in Österreich weiterhin eine

1 Vgl. www.statistik.at

2 www.statistik.at/web_de/static/bevoelkerung_2001_nach_staatsangehoerigkeit_geburtsland_ und_geschlecht_022890.pdf 3 Vgl. Heinz Fassmann 2007, Seite 4.

4 Vgl. Gudrung Biffl 2006a, Seite 127.

Ex-Jugoslawien Türkei

Neue EU-Staaten EU-15 und EFTA Asien

Afrika

Amerika & Ozeanien Restliche

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bedeutende Rolle spielen. Der Großteil der Einwander Innen will sich auf Dauer in Österreich niederlassen und steht demnach auch dem österreichischen Arbeitsmarkt zur Verfügung.5 Derzeit besitzen bereits über 10 % der knapp vier Millionen erwerbstätigen Personen Österreichs keine österreichische Staatsbürgerschaft.6

Durch die Schengenöffnung und den Beitritt weiterer Länder zur EU steigt die Zahl der neuen Arbeitskräfte aus dem Ausland, die ohne Beschränkung von österreichischen Unternehmen offiziell angeworben werden können.7 Gleichzeitig gehen Bevölkerungsprognosen davon aus, dass die Nachfrage an Beschäftigen, auch aus dem Aus-land, steigen wird. Das heißt, dieser Bedarf könnte durch die Nettozuwanderung gedeckt werden. Damit gilt sie als Potenzial an neuen Arbeitskräften, das von der österreichischen Ökonomie genutzt und in den Arbeitsmarkt integriert werden kann. Dies erfordert aber ebenso verstärkte Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, und zwar sowohl von neuzugezogenen als auch von bereits länger ansässigen Personen mit Migrationshintergrund.8 Nun gibt es aber nicht „den Ausländer“ oder „die Ausländerin“, sondern die zugewanderte Bevölkerung ist durchwegs heterogen. So lassen sich auf der einen Seite qualifizierte, sozial anerkannte Zuwander Innen fin-den, vor allem aus dem EU-Raum bzw. sonstige internationale Highs-skills-Erwerbskräfte. Im Gegensatz dazu steht die große Menge jener ausländischen Arbeitskräfte, die unabhängig von ihrer Qualifikation vor allem im Bereich der Bauwirtschaft, des Tourismus, des Handels und Verkehrs, der sozialen Dienste oder der Metall-, Textil-, Leder- und Bekleidungsindustrie tätig sind.

Während nun Personen aus dem EU-Ausland und aus Übersee oft in leitenden (Führungs-)Positionen tätig sind, finden sich Migrant Innen aus dem früheren Jugoslawien und der Türkei in niedrigeren Positionen ohne große Aufstiegchancen und mit niedrigem Lohnniveau als Hilfs- oder Anlernarbeiter Innen wieder.9 Sie sehen sich mit erschwerten Arbeitsbedingungen und Unfallrisiken konfrontiert und sind meist in Klein- und Mittelbetrieben beschäftigt. Durch diese Faktoren sind diese Arbeitskräfte mit Migrationshintergrund vermehrt von struktureller und saisonaler Arbeitslosigkeit betroffen.10 An dem Beispiel, dass die gesamtösterreichische Arbeitslosenquote sinkt,11 während die Arbeitslosigkeit bei ausländischen Männern steigt, zeigt sich, dass der Arbeitsmarkt für inländische und ausländische Arbeitskräfte sich enorm unterscheidet.12

1 .2 Argumente für den Einsatz von Personen mit Migrationshintergrund

Österreich liegt im Herzen Europas. Durch die Internationalisierung vieler österreichischer Betriebe entstehen Geschäftsbeziehungen in Nachbarländer, so auch nach Ost- und Südosteuropa, Herkunftsländer vieler Migrant-Innen. Diese Entwicklung kann als Chance für die Arbeitsmarktsituation bestimmter Migrant Innengruppen gesehen werden. Sie verfügen bereits über dementsprechende Sprachkenntnisse. Sie sind vertraut mit dem Kul-turkreis, der Mentalität und den Länderspezifika. Vor allem qualifizierte Personen der 1. Generation, die noch Kontakte in ihr Heimatland haben, aber dennoch bereits mit dem österreichischen Kulturkreis bekannt sind, können in Schnittstellenpositionen tätig werden. Diese kulturelle Sensibilität, verbunden mit einer fachlichen Kompetenz, lässt Migrant Innen eine besondere Stellung am Arbeitsmarkt zukommen.13

5 Vgl. Walter Bornett 2005, Seite 1.

6 www.statistik.at/web_de/static/erwerbspersonen_sowie_erwerbsquoten_2001_nach_staatsangehoerigkeit_und_ges_022931.pdf 7 Vgl. Gudrun Biffl 2006a, Seite 127.

8 Vgl. Gudrun Biffl 2006b, Seite 3.

9 Vgl. Heinz Fassmann 2007, Seite 4f.

10 Vgl. Norbert Bichl / Sonja Sari 2005, Seite 51.

11 Anmerkung: Das jüngste Ansteigen der Gesamtarbeitslosigkeit, auch in Österreich, aufgrund der 2008/2009 manifest gewordenen Finanz- und Wirtschaftskrise ist hier noch nicht berücksichtigt. Klar ist allerdings, dass von diesem Anstieg wiederum Personen mit Migrationshintergrund sehr stark betroffen sind.

12 Vgl. Heinz Fassmann 2007, Seite 4f.

13 Vgl. Walter Bornett 2005, Seite 86ff.

1 .3 Barrieren für Migrant Innen

Trotz dieser Vorteile werden Migrant Innen weniger oft angestellt, als dies möglich wäre. Von den Unterneh-men selbst werden neben mangelnden Deutschkenntnissen und nicht entsprechenden Qualifikationen auch die administrativen und rechtlichen Rahmenbedingungen genannt, die sie davon abhalten, Personen mit Migra-tionshintergrund einzustellen. Ein Problem ist weiters, dass Konflikte bereits antizipiert werden. Bei anderen Unternehmen besteht einfach kein Bedarf an den Zusatzqualifikationen, die Personen aus einem multikulturel-len Kontext mitbringen.14

1 .3 .1 Rechtliche Zugangsbeschränkungen

Die Frage des Rechtsstatus steht in direktem Zusammenhang mit der Integration und der Gleichbehandlung von Migrant Innen am österreichischen Arbeitsmarkt. So ist der Einstieg in den formellen Arbeitsmarkt von Aufent-haltstitel und Arbeitserlaubnis abhängig. Weitere Informationen dazu finden sich im nachfolgenden Kapitel.

1 .3 .2 Diskriminierung aufgrund ethnischer Herkunft / ethnische Diskriminierung

Im Jahresbericht 2007 zu Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in den Mitgliedstaaten der EU des European Monitoring Centre on Racism and Xenophobia (EUMC) wird festgehalten, dass Österreich zwar ethnische Dis-kriminierung sanktioniert, jedoch nicht häufig bzw. nicht streng genug. Niemand sollte in Österreich aufgrund seiner ethnischen Zugehörigkeit benachteiligt werden. Betroffene Menschen könnten sich bei solchen Vorfällen sowohl an die Gleichbehandlungsanwaltschaft als auch an die Gleichbehandlungskommission wenden, die aus drei Senaten besteht, wovon einer (ethnische) Diskriminierung in Arbeitsverhältnissen behandelt. Es zeigt sich jedoch, dass viele Betroffene sich ihrer Rechte nicht bewusst sind. Wenn Probleme ethnischer Diskriminierung auftreten, wird meist auf eine rechtliche Sanktionierung verzichtet und, wenn überhaupt, lediglich moralischer Druck ausgeübt.15

1 .3 .3 Strukturelle Zugangsbeschränkung

Zusätzlich ist nicht jede Art der Diskriminierung im Einzelfall zu erkennen. So wurde durch Studien bestätigt, dass Migrant Innen auf Jobsuche bei gleicher Qualifikation Österreicher Innen nachgereiht werden. Auch die Arbeitsplatzsicherheit ist niedriger und damit das Risiko einer Betroffenheit von Arbeitslosigkeit höher. Wäh-rend 2006 die Arbeitslosenquote österreichweit 6,8 % ergab, betrug sie für Personen ohne Staatsbürgerschaft 9,8 %.16 Noch deutlicher zeigt dies eine Studie des Forschungsinstitutes Synthesis. Demnach weisen im Inland geborene Österreicher Innen mit 5,5 % die niedrigste Arbeitslosenquote auf, Eingebürgerte (10,6 %) und im Aus-land geborene ausländische Staatsbürger Innen (11,4 %) liegen mit einer jeweils etwa doppelt so hohen Arbeits-losenquote deutlich darüber.17 Da nun aber der Verlust des Jobs mit dem Verlust der Aufenthaltsgenehmigung einher gehen kann – die Aufenthaltsberechtigung ist an ein bestimmtes Mindesteinkommen gebunden –, sehen

14 Vgl. Walter Bornett 2005, Seite 88f.

15 Vgl. FRA 2007, Seite 22, Seite 38.

16 Vgl. Statistik Austria – Arbeitslosenquote nach nationaler Definition.

17 Vgl. Gudrun Biffl 2007.

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sich viele Arbeitslose ohne österreichische Staatsbürgerschaft dazu gezwungen, auch qualitativ schlechtere Jobs anzunehmen. Diese Jobs zeichnen sich durch unregelmäßige Arbeitszeiten, niedriges Gehalt, harte Ar-beitsbedingungen, Gesundheits- und Unfallrisiken aus. Dadurch, dass bei Einkommensverlust die Ausweisung droht, werden auch die Auseinandersetzung mit Weiterbildung, Berufsorientierung oder Sprachausbildungen verhindert. Ein weiterer Effekt jedoch ist, dass die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit kürzer ist als bei Arbeitslosen mit österreichischem Pass.18

1 .3 .4 Qualifikation und Dequalifizierung

Seite Ende der 1980er Jahre kommt es in Österreich zu einer vermehrten qualifizierten Einwanderung. Die Bildungsstruktur der Zugewanderten hat sich dementsprechend verändert. Obwohl noch 48 % derer, die nicht in Österreich geboren sind oder keine österreichische Staatsbürgerschaft aufweisen, nur einen Pflichtschulab-schluss haben, ist zum Beispiel der Anteil an Hochqualifizierten innerhalb bestimmter Gruppen von Einwan-derInnnen höher als bei den in Österreich geborenen Staatsbürger Innen.

Die Bildungsstruktur unterscheidet sich, wie schon oben angedeutet, jedoch deutlich nach der nationalen Her-kunft. Während türkische Staatsbürger Innen zu 80 % und auch die serbischen und bosnischen Staatsangehö-rigen zu über 50 % nur einen Pflichtschulabschluss vorweisen können, liegt bei anderen größeren Ausländer-Innengruppen (Rumänien, Kroatien, Polen) der Anteil derer, die nach der Pflichtschule noch einen weiteren Abschluss erworben haben, bei über 50 %.

Der gegebene Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften wird jedoch nur bedingt aus diesem Pool der höher ausge-bildeten Zuwander Innen gedeckt. Das zeigt sich darin, dass 2001 44 % der nicht in Österreich Geborenen oder ohne österreichische Staatsbürgerschaft beruflich bzw. schulisch Aktiven unter ihrer Qualifikation arbeiteten.

Im Vergleich zu den in Österreich geborenen österreichischen Staatsbürger Innen ist diese Zahl doppelt so hoch (21 %).19 In diesem Zusammenhang stellen Hilde Weiss und Anne Unterwurzacher anhand einer Studie dar, dass Ungleichheiten zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund stärker an der Zugehörigkeit zu einer Schichtkultur festgemacht werden können als an jener zu einer ethnischen Subkultur.20 Demnach gibt es keine signifikanten Unterschiede zwischen einheimischen Jugendlichen und Jugendlichen mit Migrations-hintergrund im Hinblick auf die Bildungs- und Berufsmobilität: „Geringe Bildungsqualifikationen setzen sich in un- und angelernte Hilfsarbeiter Innentätigkeiten fort, aber auch Dequalifikation (bessere Bildung als die berufliche Tätigkeit erfordert) betrifft beide Gruppen annähernd gleichermaßen (z. B. finden sich Absolvent-Innen von Fachhochschulen oder höheren Schulen häufig nur auf dem Rang einfacher Angestellter).“21 Nach Ausbildungsabschluss zeigen sich aber Benachteiligungen von jungen Migrant Innen in einer längeren Über-gangsphase zwischen Ausbildung und Beruf, im Hinblick auf das Ausmaß an erfahrener Arbeitslosigkeit sowie im Hinblick auf Aktivitäten in der Fort- und Weiterbildung.

Dequalifizierungsprozesse werden deutlich, wenn das Ausmaß, in welchem Personen mit höherem Abschluss als Arbeiter Innen beschäftigt sind, nach Ort des Abschlusses (In- oder Ausland) analysiert wird. Auf Basis der Arbeitskräfteerhebung 2005 trifft obiges auf 19 % der erwerbstätigen Frauen mit im Ausland erworbenen Ab-schluss zu, aber nur auf 2 % der erwerbstätigen Frauen mit österreichischem AbAb-schluss. Noch stärker sind die Unterschiede bei Männern mit 31 % gegenüber 4 % (siehe Tabelle 2).22

18 Vgl. EQUAL / Arbeitsgruppe Migration und Gender 2007; FRA 2007, Seite 48, Seite61.

19 Vgl. August Gächter 2006.

20 Vgl. Hilde Weiss / Anne Unterwurzacher 2007. Dabei beziehen sie sich auf eine Publikation von Hilde Weiss aus 2007: Leben in zwei Welten. Zur sozialen Integration ausländischer Jugendlicher der zweiten Generation, Wiesbaden.

21 Ebenda, Seite 240.

22 Vgl. August Gächter 2007.

Tabelle 2: Erwerbstätige im erwerbsfähigen Alter nach arbeitsrechtlicher Positionierung, Geschlecht und dem höchsten bisherigen Abschluss

Abschluss

Quelle: August Gächter 2007, Seite 249.

Insgesamt sind ausländische Arbeitnehmer Innen zu einem weitaus höheren Anteil als Hilfsarbeitskräfte tätig, dagegen überwiegen Inländer Innen in Büro- und Angestelltenberufen sowie in technischen Berufen und sind häufiger Angehörige der gesetzgebenden Körperschaften und leitender Verwaltungsberufe.

Tabelle 3: Erwerbstätige nach Staatsbürgerschaft und Beruf, 2006, in 1 .000 bzw . in Prozent

Erwerbstätige Insgesamt Österreich Nicht-Österreich

Insgesamt 3.928,3 3.543,6 384,7

Angehörige gesetzgebender Körperschaften, leitende Verwaltungsberufe 279,4 261,4 (7,3 %) 18,0 (4,6 %)

Wissenschafter 388,5 351,9 (10 %) 36,6 (9,5 %)

Techniker und gleichrangige nicht technische Berufe 809,5 762,1 (21 %) 47,4 (12,3 %)

Bürokräfte, kaufmännisch Angestellte 493,8 473,4 (13 %) 20,3 (5,2 %)

Dienstleistungsberufe 516,1 466,2 (13 %) 49,9 (13 %)

Handwerks- und verwandte Berufe 549,3 476,2 (13 %) 73,2 (19 %)

Maschinen- und Anlagenbediener, Montierer 257,9 233,5 (6 %) 34,4 (8,9 %)

Hilfsarbeitskräfte 416,5 316,0 (9 %) 100,4 (26 %)

Fachkräfte in Landwirtschaft und Fischerei 206,9 202,6 (5,7 %) 4,4 (1 %)

Quelle: Mikrozensus – Arbeitskräfteerhebung (Jahresdurchschnitt über alle Wochen), in: Franz Wolf-Maier / Margit Kreuzhuber 2008, Seite 55.

Gründe für Dequalifzierung lassen sich aus oben genannten Punkten ableiten. Hinzu kommen Probleme bei der formalen Anerkennung (Nostrifizierung, Gleichhaltung) von Ausbildungen, oftmals zusätzliche Hürden, die Migrant Innen von qualifzierten Jobs abhalten. Selten gelingt der Aus- und Aufstieg aus einer dequalifzierten Tätigkeit. Die Dequalifizierung, auf die sich die Neuzugewanderten innerhalb der ersten Jahre einlassen, um

die notwendigen Aufenthalts-, bzw. Arbeitspapiere zu erhalten, lässt sich oftmals nicht mehr abwenden.23

23 Vgl. Norbert Bichl / Sonja Sari 2006.

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1 .3 .5 Diskriminierung aufgrund von Geschlecht

Migrantinnen sind mit einer doppelten Benachteiligung konfrontiert. Sie bekommen als Frauen tendenziell Jobs mit geringerem Verdienst und niedrigerem Status als Männer. Andererseits sind sie auch der strukturel-len Schlechterstellung ausgesetzt, wie sie auch männliche Migranten erfahren.24

Ein typisch weibliches Beispiel wäre die Diskriminierung von muslimischen Frauen mit Kopftuch.25 Zu der Diskriminierung am Arbeitsmarkt kommen familiäre Mehrfachbelastungen und auch Gewalt in der Familie.

Abgrenzung von der Familie ist oft nur schwer möglich, da manche Frauen kein eigenständiges und verfes-tigtes Aufenthaltsrecht haben und damit bei Loslösung von der Familie das eigene Aufenthaltsrecht gefährdet wird.26 Während sich religiöser Hintergrund bei den Männern kaum auswirkt, zeigen sich bei Frauen signi-fikante Unterschiede.

Unter den Musliminnen weisen vor allem Frauen mit türkischen Migrationshintergrund die geringste Erwerbs-quote auf, geringer noch als bei Frauen aus Bosnien, Mazedonien und Montenegro. Eine oft sehr niedrige Schulbildung lässt sie, wenn überhaupt, dann meist nur als Arbeiter Innen tätig werden.27 Weibliche Arbeits-kräfte mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft arbeiten häufig in denjenigen Tätigkeitsfeldern, die von inländischen Frauen, aber auch von ausländischen Männern gemieden werden.28 Die mangelnde Beschäfti-gungsintegration erwerbsaktiver Frauen sowie deren Schlechterstellung gegenüber Männern zeigen Daten des Forschungsinstitutes Synthesis besonders augenscheinlich: Der Prozentsatz nicht oder kaum in den Ar-beitsmarkt integrierter Personen liegt bei ihnen in der Nähe der 50 %-Marke.29 43 % der Ausländerinnen bzw.

45 % der eingebürgerten Frauen zählen zu diesem Personenkreis. Dabei werden geschlechtsspezifische Unter-schiede insbesondere bei Eingebürgerten deutlich, da ein fast doppelt so hoher Anteil von Frauen gegenüber Männern in diese Kategorie fällt.

Abbildung 2: Niedrige Beschäftigungsintegration trotz Staatsbürgerschaftswechsel, Anteil der

„nicht oder kaum integrierten“ Erwerbsaktiven nach Personenkreisen, 2006

AusländerInnen 32,3 %

Quelle: Daniel Kamleitner 2007, Folie 8, eigene Darstellung.

24 Vgl. Heinz Fassmann 2007, Seite 6f; Bundeskanzleramt – Bundesministerin Frauen, Medien und Öffentlicher Dienst 2007, Seite 22.

25 Vgl. FRA 2007, Seite 54.

26 Vgl. EQUAL / Arbeitsgruppe Migration und Gender 2007, Seite 1.

27 Vgl. Heinz Fassmann 2007, Seite 7.

28 Vgl. Bundeskanzleramt – Bundesministerin Frauen, Medien und Öffentlicher Dienst 2007, Seite 28.

29 Vgl. Daniel Kamleitner 2007.

1 .4 Integration in den Arbeitsmarkt

Wichtig wäre es, das Bewusstsein von Unternehmen bezüglich der Vorteile der Beschäftigung einer Person mit Migrationshintergrund zu stärken, dies vor allem auch in Unternehmen, die starke Außenwirtschaftsbezie-hungen zu ost-, und südosteuropäischen Ländern haben. Weiters ist es wesentlich, die (deutsch-)sprachlichen Fähigkeiten, gerade auch von höherqualifizierten Personen, zu fördern, um der drohenden Dequalifizierung vorzubeugen. Um die Integration von Migrant Innen zu erleichtern, wäre es förderlich, wenn die Rekrutierungs- bzw. Matchingprozesse sowohl auf der Seite der Unternehmen als auch der Seite der Migrant Innen unterstützt werden.30

30 Vgl. Walter Bornett 2005, Seite 7f.

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