M. Latif, N.S. Keenlyside, IFM-GEOMAR, Leibniz-Institut f ¨ur Meereswissenschaften an der Universit ¨at Kiel
Kurzgefasst
• Die globale Erw ¨armung ist Realit ¨at
• Kurzfristige nat ¨urliche Schwankungen ¨uber-lagern den langfristigen Erw ¨armungstrend
• Ein besseres Verst ¨andnis der Ursache der kurz-fristigen Schwankungen kann mit Hilfe von Kli-mamodellen gewonnen werden
• Anhand des vergangenen Klimas kann man die Modelle ¨uberpr ¨ufen
• Verbesserte Klimavorhersagen f ¨ur die n ¨achsten Jahrzehnte sind m ¨oglich
Der globale Klimawandel steht im Blickpunkt des
¨offentlichen Interesses. Wir Menschen entlassen seit Beginn der Industrialisierung große Mengen des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) in die At-mosph ¨are, wodurch sich die Erde aufheizt. Die Temperatur der Erde zeigt einen offensichtlichen Erw ¨armungstrend von gut 0,7°C w ¨ahrend des 20.
Jahrhunderts. Die Auswirkungen der Erw ¨armung sind un ¨ubersehbar: So zieht sich das Eis der Erde beispielsweise immer mehr zur ¨uck. Die arktische Eisbedeckung hat sich allein w ¨ahrend der letzten 30 Jahre um etwa 30% verringert. Die Gebirgsglet-scher schrumpfen in allen Breitenzonen und der Meeresspiegel ist w ¨ahrend des 20. Jahrhunderts um knapp 20 Zentimeter gestiegen, um nur einige Anderungen zu nennen.¨
Eine inh ¨arente Eigenschaft des Klimas ist seine große Schwankungsbreite. Die Tempera-tur der Erde zeigt daher neben dem langfristi-gen Erw ¨armungstrend ausgepr ¨agte Schwankun-gen auf k ¨urzeren Zeitskalen, von Jahr zu Jahr und von Jahrzehnt zu Jahrzehnt. Das Klimasys-tem unterliegt vielf ¨altigen nat ¨urlichen Einfl ¨ussen, woraus sich die irregul ¨are Temperaturentwicklung erkl ¨art. Es verwundert daher nicht, dass es seit 1998 keinen neuen Temperaturrekord gegeben hat und das Klima eine Art
”Atempause“ durchl ¨auft.
Die oftmals zyklischen nat ¨urlichen Klimaschwan-kungen k ¨onnen den von uns Menschen hervorge-rufenen Erw ¨armungstrend kurzzeitig bremsen oder beschleunigen. Wir k ¨onnen daher nicht erwarten, dass es jedes Jahr neue Temperaturrekorde zu verzeichnen gibt.
Eine wichtige Aufgabe der Klimaforschung be-steht darin, die Dynamik der nat ¨urlichen
Klima-schwankungen zu verstehen und ihre Vorhersag-barkeit zu untersuchen. Man unterscheidet prinzi-piell interne und externe Klimaschwankungen. In-terne Schwankungen sind der chaotischen Natur des Klimas geschuldet. Zu den internen Klima-schwankungen z ¨ahlt man beispielsweise langperi-odische Schwankungen der Winde und Meeress-tr ¨omungen, die durch Wechselwirkungen zwischen der Atmosph ¨are und dem Ozean hervorgerufen werden, ohne dass es eines ¨außeren Antriebs bedarf. ¨Anderungen der Randbedingungen sind die Ursache externer Schwankungen. Vulkanaus-br ¨uche oder ¨Anderungen der Solarkonstante be-einflussen die Strahlungsbilanz der Atmosph ¨are, ein wichtiger Antrieb f ¨ur das Klima.
Das Projekt befasst sich mit der Dynamik nat ¨urlicher Klimaschwankungen und mit Vorhersa-gen zum globalen Klimawandel. Die nat ¨urlichen Schwankungen werden neben dem Anstieg der Treibhausgaskonzentrationen die Klimaentwick-lung w ¨ahrend der n ¨achsten Jahrzehnte im er-heblichen Maße mit bestimmen, insbesonde-re auf der insbesonde-regionalen Skala. Das Ziel ist es, die Vorhersagen zum globalen Klimawandel da-durch zu verbessern, auch die kurzfristigen nat ¨urlichen Klimaschwankungen vorherzusagen, die dem langfristigen durch den Menschen verur-sachten Erw ¨armungstrend ¨uberlagert sind. Dazu ist es notwendig, auch das Klima der Vergangen-heit zu verstehen, dass ein breites Spektrum von Fluktuationen aufweist. Die Mittelalterliche Warm-zeit oder die Kleine EisWarm-zeit sind Beispiele.
Komplexe Klimamodelle sind hilfreiche Werk-zeuge, um die Klimaver ¨anderlichkeit zu verste-hen und kurzfristige Fluktuationen vorherzusagen.
Die Modelle haben inzwischen einen Standard er-reicht, der es rechtfertigt, mit ihnen die Dynamik der nat ¨urlichen Klimaschwankungen zu untersu-chen. In sog. Kontrollsimulation kann man etwa die interne Klimavariabilit ¨at studieren und deren Sta-tistik mit Beobachtungen der letzten Jahrhunder-te vergleichen. Anderseits kann man die Modelle mir externen Antrieben, etwa mit Schwankungen der Solarkonstante,
”f ¨uttern“ und die Reaktion des Klimasystems simulieren. Die Ergebnisse liefern wertvolle Hinweise auf den nat ¨urlichen
” Rauschpe-gel“ des Klimas und auf die potentielle Vorhersag-barkeit von kurzfristigen Klimaschwankungen. Ins-besondere zeigen die Modelle, dass die kurzfristi-gen zwischenj ¨ahrlichen und dekadischen Schwan-kungen in gewissem Maße vorhersagbar sind.
Bisherige Rechnungen zum globalen Wandel, wie die im letzten Bericht des UNO Klimarats
Geowissenschaften
Abbildung 1:Die Abbildung zeigt die Vorhersage (gr ¨un) von Keenlyside und Kollegen aus dem Jahr 2008. Danach erh ¨oht sich die globale Temperatur der Erde im Vergleich zu der Vorhersage ohne die Einbeziehung des aktuellen Klimazustands (schwarz) zun ¨achst weniger schnell, um danach beschleunigt voranzu-schreiten.
(IPCC) 2007 ver ¨offentlichten, hat man unter An-nahme bestimmter zuk ¨unftiger atmosph ¨arischer Treibhausgasentwicklungen durchgef ¨uhrt. Diese Strategie ist gerechtfertigt, solange man an der langfristigen Entwicklung des Klimas etwa bis zum Ende dieses Jahrhunderts interessiert ist. Um auch die kurzfristige Entwicklung in den kommen-den Jahren vorherzusagen, m ¨ussen die Model-le zus ¨atzliche Informationen ¨uber die nat ¨urlichen Klimaschwankungen erhalten, insbesondere ¨uber die Schwankungen der Meeresstr ¨omungen. Das Fehlen entsprechender Messungen hat das bis-her verhindert. Wir haben eine Methode ent-wickelt, um die Str ¨omungen aus den Meeres-oberfl ¨achentemperaturen abzuleiten. Letztere sind f ¨ur die vergangenen 50 Jahre gut bekannt.
Mit dieser zus ¨atzlichen Information lassen sich dann mit den Klimamodellen auch die kurzfristi-gen nat ¨urlichen Klimaschwankunkurzfristi-gen vorhersakurzfristi-gen, welche die langfristige, anthropogene Erw ¨armung
¨uberlagern.
Die so verfeinerten Vorhersagen lassen vermu-ten, dass sich die globale Erw ¨armung in den kom-menden Jahren etwas abschw ¨acht. Ab der Mitte des Jahrzehnts wird es entsprechend der Vorher-sagen dann wieder eine beschleunigte Erw ¨armung geben, weil die nat ¨urlichen Schwankungen ver-mutlich in ihre positive Phase umschlagen werden.
Die Modelle weisen allerdings auch noch erhebliche Schw ¨achen auf, die u.a. darauf zur ¨uckzuf ¨uhren sind, dass sie noch recht
gro-bausl ¨osend sind. Das HLRN bietet die M ¨oglichkeit, die horizontale Aufl ¨osung von derzeit knapp 400 Kilometer auf 50 Kilometer global zu erh ¨ohen, was regional detailliertere Vorhersagen zul ¨asst. In ei-nigen Jahren sind dann vermutlich Rechnungen mit einer globalen Aufl ¨osung von 10 Kilometer m ¨oglich. Dann wird man auch kleinr ¨aumige Pro-zesse wie die mesoskaligen Wirbel im Meer auf-zul ¨osen k ¨onnen, die einen wichtigen Einfluss auf das großr ¨aumige Stromsystem, wie den Golfstrom, aus ¨uben.
1. Keenlyside, N. S., M. Latif, J. Jungclaus, L.
Kornblueh, and E. Roeckner, 2008: Advancing Decadal-Scale Climate Prediction in the North Atlantic Sector. Nature, 453, 84-88.
2. Park, W., N. S. Keenlyside, M. Latif, A. Str ¨oh, R.
Redler, E. Roeckner, and G. Madec (2009): Tro-pical Pacific climate and its response to global warming in the Kiel Climate Model. J. Climate, 22 (1), 71-92, DOI: 10.1175/2008JCLI2261.1.
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