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2 Schrifttum 13

2.2 Sexualzyklus

Die Sexualfunktionen des weiblichen Rindes werden durch Wechselwirkungen zwischen dem mediobasalen Hypothalamus, der Hypophyse, den Ovarien und dem Uterus gesteuert.

Zwischen Hypothalamus und Hypophyse bestehen engste Verbindungen, welche sich auch in den anatomischen Strukturen manifestieren (NICKEL et al. 1991).

2.2.1 Gonadotropin-Releasing-Hormon

Im Hypothalamus wird das Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH) gebildet. Dieses Neurohormon wurde von McCANN et al. (1960) erstmals nachgewiesen und nimmt bei der Steuerung des Fortpflanzungsgeschehen eine Schlüsselstellung ein. GnRH wird pulsatil in das hypothalamo-hyophysäre Portalvenensystem sezerniert. Hierfür verantwortlich ist ein autonomer Pulsgenerator, der im Nucleus infundibularis des mediobasalen Hypothalamus lokalisiert ist (MORI u. TANAKA 1995). GnRH veranlasst in der Adenohypophyse (Hypophysenvorderlappen) die Sekretion der Gonadotropine Luteinisierendes Hormon (LH) und Follikelstimulierendes Hormon (FSH) (CHAPPEL et al. 1983, FINK 1988). Dieser Wirkungseintritt erfolgt laut HOFFMANN (1999) im Sekunden-Minuten-Bereich. Die Wirkung des GnRH in der Adenohypophyse umfasst ebenfalls die Steigerung der Synthese von LH sowie FSH. Weiterhin bewirkt es durch eine Beeinflussung der GnRH-Rezeptorexpression in der Hypophyse eine Erhöhung seiner Wirksamkeit. Bereits geringe Konzentrationsanstiege von GnRH im Plasma des hypophysären Portalvenenbluts führen zu einer erhöhten Expression von GnRH–Rezeptoren (DÖCKE 1994).

Die Synthese, Sekretion und Wirkung von GnRH wird durch verschiedene Rückkopplungsmechanismen gesteuert. So wirken die ovariellen Steroidhormone abhängig von ihrer Konzentration sowohl hemmend als auch stimulierend auf die GnRH-Synthese und -Freisetzung (CLARKE u. CUMMINS 1985 a, b, SCHILLO et al. 1985, TANAKA et al.

1994).

2.2.2 Gonadotropine

Die Gonadotropine LH und FSH sind Glykoproteine, deren Proteinanteil aus α- und β -Untereinheiten aufgebaut ist. Die α-Untereinheiten sind weitgehend hormon- und speziesunspezifisch. Die Unterschiede in den β-Untereinheiten bedingen die unterschiedlichen Hormonwirkungen und die Speziesspezifität (CHAPPEL et al. 1983,

STEWART u. ALLEN 1995). LH und FSH werden unter GnRH-Einwirkung in den basophilen Zellen der Adenohypophyse gebildet.

Die LH-Freisetzung erfolgt pulsatil (WALTERS u. SCHALLENBERGER 1984, WALTERS et al. 1984, SCHALLENBERGER 1985). CLARKE und CUMMINS (1982) sowie LEVINE et al. (1982) konnten zeigen, dass jedem LH–Puls eine GnRH-Freisetzung vorausgeht.

Frequenz und Amplitude der LH-Sekretion werden allerdings auch von steroidalen Hormonen wie Progesteron und Östrogen beeinflusst (ROBERSON et al. 1989, SAVIO et al.

1990, CUPP et al. 1995). Die höchsten Basalwerte von LH sind im Östrus vorhanden, im Interöstrus ist die LH-Konzentration am niedrigsten (WALTERS u. SCHALLENBERGER 1984, WALTERS et al. 1984, SCHALLENBERGER 1985). Mit dem Wegfall der Hemmung durch Progesteron findet eine Erhöhung der Basalkonzentration von LH statt. Das vom wachsenden Brunstfollikel vermehrt sezernierte Östrogen bewirkt eine ausgeprägte Zunahme von GnRH und damit auch eine LH-Freisetzung. Nach dem Abfall des Östrogengipfels kommt es zum präovulatorischen LH-Peak.

Die Synthese und Freisetzung von FSH wird einerseits durch GnRH stimuliert (KESNER u.

CONWAY 1982), die Synthese kann aber auch bis zu einem Grad unabhängig ohne GnRH – Einfluss ablaufen (CULLER u. NEGRO-VILLA 1986). Im Interöstrus ändert sich die Basalkonzentration von FSH nur wenig. Vor dem Beginn einer neuen Follikelwelle erhöht sich jedoch die Sekretion von FSH leicht durch die von der Atresie des dominanten Follikels verursachten Abnahme der Östrogenkonzentration (ADAMS et al. 1992). Diese Fluktuationen der FSH-Konzentration beeinflussen Wachstum und Regression der Tertiärfollikel im Verlauf der Gelbkörperphase (CAMPBELL et al. 1990). Die andauernde Einwirkung von Östrogenen hemmt die Gonadotropinsekretion, wobei die FSH-Freisetzung stärker reduziert wird als diejenige von LH (TILBROOK et al. 1993). Die Synthese des Glykoproteins Inhibin wird seinerseits von FSH stimuliert, wobei Inhibin wiederum die hypophysäre FSH-Sekretion hemmt (VALE et al. 1988). Parallel mit dem präovulatorischen LH-Gipfel und 18 bis 24 Stunden danach erfolgt eine vermehrte Sekretion von FSH, welche kurz nach der Ovulation endet (BAIRD et al. 1981, KESNER u. CONVEY 1982, ADAMS et al. 1992).

Der wichtigste Wirkungsort von FSH sind die Granulosazellen des Follikels. Hier fördert es die Eizellreifung, die Proliferation der Granulosazellen durch Steigerung der Mitoserate und der Induktion von LH-Rezeptoren. LH wirkt vorwiegend an den Theka–interna-Zellen, den Granulosazellen im dominanten und präovulatorischen Follikel und am Corpus luteum. LH stimuliert die Biosynthese und Sekretion von Androgenen als Vorläufersubstanzen der

Östrogene und fördert damit die Follikelreifung und die Ovulation. Nach erfolgter Ovulation unterstützt LH die Umstellung der Syntheseaktivität der Granulosazellen und damit die Anbildung und Progesteronsekretion des Gelbkörpers (NISWENDER u. NETT 1988, HSUEH et al. 1989, SCHAMS 1989).

2.2.3 Ovarielle Steroidhormone

Durch die Wirkung von FSH und LH an den Ovarien synthetisieren diese Östrogene, Gestagene und Androgene. Durch die Bindung von LH an seine spezifischen Rezeptoren von Granulosa- und Thekazellen wird im Zusammenwirken mit Adenosintriphosphat (ATP) und Guanosintriphosphat (GTP) eine Adenylatzyklase aktiviert, welche die Synthese von aktiviertem Adenosin- 3´, 5´-monophosphat (cAMP) aus ATP katalysiert (ERICKSON et al.

1985). Das cAMP ermöglicht die Synthese von Pregnenolon aus Cholesterin (HSUEH et al.

1989, WILDBANK et al. 1991, NISWENDER et al. 1994).

Pregnenolon kann entweder in Progesteron oder in Androstendion umgewandelt werden.

Androstendion wird in den Granulosazellen zur Synthese von Testosteron genutzt. Es wird dann unter Katalyse des FSH stimulierten Enzyms Aromatase zu Östradiol umgewandelt (HANSEL u. CONVEY 1983).

2.2.4 Einteilung und Steuerung des Sexualzyklus beim weiblichen Rind

Nach GRUNERT (1999) läßt sich der Sexualzxklus beim weiblichen Rind in 4 Phasen einteilen:

Östrus oder Hauptbrunst (Dauer etwa 18 Stunden), das Auftreten der Brunst wird mit Tag 0 bezeichnet, der Tag der Ovulation mit Tag 1;

Postöstrus oder Nachbrunst (Dauer 2 bis 3 Tage);

Interöstrus oder Zwischenbrunst (Dauer etwa 16 Tage);

Präöstrus oder Vorbrunst (Dauer 2-3 Tage).

Vom Gelbkörper wird zum einem Progesteron sezerniert, zum anderen erfolgt eine Synthese und Freisetzung von Oxytocin (SCHAMS et al. 1983). Neben einer kontinuierlichen lutealen Oxytocinsekretion besteht auch eine pulsatile Freisetzung. Progesteron verhindert nach der Ovulation für einen Zeitraum von 12-14 Tagen die Bildung von Oxytocinrezeptoren im Endometrium. Nach dieser Phase stimulieren Östrogene die Expression von Rezeptoren für Oxytocin im Endometrium. Nach Anbildung von Oxytocinrezeptoren bewirkt die pulsatile Oxytocinsekretion am Endometrium eine pulsatile Sekretion von Prostaglandin F2α

(PGF2α), welche am Ende des Interöstrus die Luteolyse einleitet. PGF2α stimuliert seinerseits auch eine vermehrte luteale Oxytocinausschüttung, die wiederum auf die PGF2α-Sekretion einwirkt. Bei tragenden Tieren verhindert die Frucht über eine PGF2α-Sekretion von Interferon τ die Bildung von Oxytocinrezeptoren und damit eine PGF2α-Freisetzung (WATHES u. LAMMING 1995). Nach NISWENDER und NETT (1988) führt PGF2α zu einem rapiden und drastischen Abfall der Gelbkörperdurchblutung, zu einer Reduktion der Anzahl von LH-Rezeptoren und einer Entkopplung der LH-Rezeptoren von der Adenylatzyklase und nicht zuletzt auch zu zytotoxischen Effekten. Morphologisch kommt es zu Veränderungen der Membranstruktur der Luteinzellen, Einlagerung von Lipidtröpfchen, einer Reduktion des glatten Endoplasmatischen Retikulums und zum Auftreten von Vakuolen und Heterolysosomen. Schließlich wird die degenerierte Zelle von Makrophagen phagozytiert. Die Luteolyse führt zu einem rapiden Abfall der Progesteronkonzentration im Serum (BAIRD 1982, IRELAND 1987, FORTUNE 1994). Nach dem Wegfall der negativen Rückkopplung durch das Progesteron auf die Gonadotropinsekretion kommt es im Präöstrus und Östrus zu einer vermehrten GnRH- und LH-Sekretion. Der Steigerung der LH-Sekretion liegt vor allem eine Zunahme der LH-Pulsfrequenz zugrunde (BAIRD 1978, KARSCH et al.

1983). Im Graaf´schen Follikel führt dies zu einer vermehrten Androgensynthese in den Thekazellen. Die Androgene werden in den Granulosazellen der Follikels zu Östradiol aromatisiert. Die vermehrte Östradiolsynthese und –sekretion des dominanten Follikels führt über eine positive Rückkopplung im Hypothalamus zum präovulatorischen GnRH- und LH-Peak (TURZILLO u. FORTUNE 1990), der auf dem Gipfel der Östrogenproduktion auftritt, welche beim Rind durch die äußerlich sichtbaren Brunstsymptome gekennzeichnet ist. Etwa 25 Stunden nach dem LH-Peak und damit nach dem Ende der äußeren Brunst erfolgt beim Rind die Ovulation. Der Mechanismus, der die Öffnung des Follikels und den Austritt der Eizelle induziert, ist gegenwärtig nur unvollständig bekannt (LeMARIE et al. 1988). Der ovulationsinduzierende LH-Peak leitet auch die Luteinisierung der Wand des Follikels ein.

Bei diesen Prozessen beginnt sich die Basalmembran zwischen Thekazellen und Stratum granulosum aufzulösen. Es kommt weiterhin zu einer Proliferation der Thekazellen und zur Vaskularisation in die Follikelhöhle (O`SHEA et al. 1980).

Gleichzeitig mit dem präovulatorischen LH-Peak erfolgt auch eine vermehrte Sekretion von FSH (KESNER u. CONVEY 1982). Eine zweite FSH-Welle tritt 18 bis 24 Stunden nach dem ersten FSH-Peak auf. Sie endet kurz nach der Ovulation (BAIRD et al. 1981). Die Anbildung des für die nächste Brunst und Ovulation vorgesehenen Follikels läuft beim Rind in mehreren

Wellen ab. Die erste Welle wird im Postöstrus gleichzeitig mit dem Gelbkörper herangebildet und wahrscheinlich durch den zweiten FSH-Peak am Tag der Ovulation in Gang gesetzt (WALTERS et al. 1984, FORTUNE 1993). Die FSH-Konzentration im Plasma fluktuiert im Verlauf der gesamten Gelbkörperphase und steht mit dem wellenförmigen Wachstum und Atresieren von Tertiärfollikeln im Zusammenhang (CAMPBELL et al. 1990). Bei Kühen entwickeln sich die Follikel im Verlauf eines Zyklus in zwei bis drei Follikelwellen (SAVIO et al. 1988a, SIROIS u. FORTUNE 1988). In jeder Welle bilden sich dabei etwa drei bis sechs Follikel mit einem Durchmesser von 5 mm und mehr heran, die bei zwei Wellen pro Zyklus um den 2. und 11. Tag, bei drei Wellen pro Zyklus um den 2., 9. und 16. Tag erstmals erkennbar sind (SIROIS u. FORTUNE 1988). Im Verlauf einer Follikelwelle werden die Phasen der Rekrutierung, Selektion und Dominanz unterschieden. Die Follikel rekrutieren sich aus den Tertiärfollikeln, die sich Gonadotropin-unabhängig aus dem in der Fetalperiode angelegten Pool von Primordialfollikeln entwickeln (WEBB et al. 1992). Durch den zweiten FSH-Peak im Postöstrus werden wahrscheinlich die zur Ovulation vorgesehenen Follikel zum Wachstum stimuliert (GREENWALD u. TERRANOVA 1988). Einer aus der Gruppe der rekrutierten Follikel wird selektiert, wächst zu präovulatorischer Größe und bildet den sogenannten dominanten Follikel (FORTUNE 1994). Ab einem bestimmten Zeitpunkt unterdrückt der dominante Follikel das Wachstum der übrigen rekrutierten Follikel (GOODMANN u. HOGEN 1983). Man nimmt an, dass der dominante Follikel dies durch die Sezernierung von Inhibin und Östradiol verursacht (DE KRETSER u. ROBERTSON 1989).

Diese führen über eine negative Rückkopplung zu einer verminderten FSH-Sekretion.

Offenbar ist die basale Konzentration an FSH nun nicht mehr ausreichend für eine Wachstumsstimulation der kleineren, sogenannten subordinanten Follikel, worauf diese schließlich atresieren (IRELAND u. ROCHE 1987, MARTIN et al. 1991, BADINGA et al.

1992).

Der dominante Follikel entgeht der Atresie, weil er schon ein Stadium der Differenzierung erreicht hat, in dem er bereits auf eine geringe Menge FSH anspricht. Wahrscheinlich liegt diese Fähigkeit des dominanten Follikes, sich auch bei reduzierter FSH-Freisetzung weiter zu entwickeln, einerseits in einer erhöhten Blutversorgung und andererseits in einer vermehrten Expression von LH-Rezeptoren begründet, wodurch primär eine LH-bedingte Stimulation der Granulosazellen möglich ist (ZELZIK 1993, FORTUNE 1993, 1994). Solange ein endokrin aktiver Gelbkörper vorhanden ist und die hohe Progesteronkonzentration die LH-Sekretion niedrig hält, kann der dominante Follikel im Interöstrus nicht ovulieren. Er atresiert schließlich selbst, was eine neue Follikelwelle auslöst (SAVIO et al. 1993). Erst nach

Luteolyse und dem Wegfall der hemmenden Progesteronkonzentration kann sich aus dem dominanten ein Graaf´scher Follikel bilden, der durch die vermehrte Östrogenproduktion einen LH-Peak auslöst und zur Ovulation gelang (FORTUNE 1994).