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Senkrechter und nicht-senkrechter Einfall

3.4 Das Beugungsbild des Trimers

3.4.5 Senkrechter und nicht-senkrechter Einfall

cosφ0

|r(23)|/cosφ0

|r(31)|/cosφ0

Abbildung 3.7: Interpretation des geometrischen Anteils der effektiven Spaltbreite bei nicht-senkrechtem Einfall. Die Gr¨oße |r(12) |/cosφ0 ist die senkrechte Projektion des Paar-abstandes |r(12) | auf die u2-Koordinatenachse. Entsprechendes gilt f¨ur die anderen Paar-abst¨ande.

Anteil der effektiven Spaltbreite f¨ur Trimere (3.142) genau dieser Ausdruck als Dif-ferenz zur geometrischen Spaltbreite s0 auftritt. F¨ur nicht-senkrechten Einfall ist die

”Breite“ des Trimers auf die Koordinatenrichtung u2 abzubilden; dies wird bewirkt durch den Faktor (cosφ0)−1, wie in Abbildung3.7 am Beispiel von |r(12) |dargestellt ist. Somit kann auch die Formel f¨ur den geometrischen Anteil der effektiven Spalt-breite (3.128) anschaulich interpretiert werden.

Das f¨ur Dimere und Trimere g¨ultige Rezept

”effektive Spaltbreite = geometrische Spaltbreite minus Cluster-Breite“ (ohne Ber¨ucksichtigung der attraktiven Wechsel-wirkung) gibt Anlaß zur Vermutung, daß es auch bei gr¨oßeren Clustern gelten k¨onnte.

Ein solches Rezept w¨are sehr n¨utzlich, da bereits die Formulierung der Beugungs-theorie f¨ur vieratomige Cluster (Tetramere) um ein Vielfaches aufwendiger als die Berechnungen dieses Kapitels und die Auswertung experimenteller Daten wegen der geringeren Signalst¨arke weniger genau w¨aren. So k¨onnte zun¨achst ein Ausdruck f¨ur die”Cluster-Breite“ gesucht werden und abgesch¨atzt werden, ob der gew¨unschte Nut-zen den theoretischen und den experimentellen Aufwand aufwiegt.

3.4.5 Senkrechter und nicht-senkrechter Einfall

Die Formeln f¨ur die Intensit¨aten der Beugungsordnungen und die effektiven Spaltbrei-ten erlauben, den Gewinn an Empfindlichkeit bei der Bestimmung des Paarabstands des Trimers bei nicht-senkrechtem gegen¨uber senkrechtem Einfall abzusch¨atzen. Zur Auswertung von Experimenten wird, wie in Kapitel 4f¨ur das Helium-Trimer im De-tail beschrieben, die Trimer-Intensit¨atsformel (3.113) an experimentelle Beugungsin-tensit¨aten angepaßt, wobei ¨uber den Zwischenschritt der effektiven Spaltbreite der Paarabstandhrials unbekannter Parameter dient. Je st¨arker die gesamte Anpassung vom Paarabstand abh¨angt, desto geringer sind seine zu erwartenden Fehlergrenzen.

Dagegen w¨are die Anpassung ungenau oder gar unm¨oglich, wenn die Beugungsinten-sit¨aten nur schwach oder ¨uberhaupt nicht vom Paarabstand abhingen.

Als ein Maß f¨ur die Empfindlichkeit wird hier die relative ¨Anderung der Brei-te des zentralen Maximums der Einh¨ullenden des Beugungsbildes in Abh¨angigkeit vom Paarabstand betrachtet. Diese Wahl gibt ein sowohl f¨ur senkrechten als auch f¨ur nicht-senkrechten Einfall gleichermaßen verwendbares Kriterium. Unter Vernach-l¨assigung der attraktiven Wechselwirkung betr¨agt die Breite laut der Intensit¨ats-formel (3.141) bei senkrechtem Einfall in guter N¨aherung ∆P2 = 4π~/seff(v0) und laut (3.113) bei nicht-senkrechtem Einfall ∆Π2 = 4π~/Seff(v0, θ0). Mit Hilfe der Re-lation (3.101) wird die Breite durch eine anschaulichere Gr¨oße, die Anzahl dar-in enthaltener Beugungsordnungen ausgedr¨uckt: in Analogie zu Kapitel 2 findet man f¨ur senkrechten Einfall nc = d/seff(v0) und f¨ur nicht-senkrechten Einfall nc = dcosθ0/Seff(v0, θ0) cosφ0 Beugungsordnungen zu beiden Seiten der Vorw¨artsrichtung (nc wird hier als kontinuierliche Variable betrachtet). F¨ur die effektiven Spaltbrei-ten werden nun deren geometrische Anteile eingesetzt. Bei senkrechtem Einfall gilt demnach

nc= d

s034hri (3.143a)

und mit S0cosφ0/cosθ0 =s0+t(tanβ−tanθ0) bei nicht-senkrechtem Einfall

nc= d

s0+t(tanβ−tanθ0)−34coshriθ0

. (3.143b)

Die relative ¨Anderung von nc l¨aßt sich nun berechnen. Wegen hri s0 folgt bis einschließlich der linearen Ordnung f¨ur senkrechten Einfall

1 nc

dnc

dhri = 3 4

1 s0

1 + 3

4 hri

s0

(3.144a) und f¨ur nicht-senkrechten Einfall β < θ0

1 nc

dnc

dhri = 3 4

1

(s0 +t(tanβ−tanθ0)) cosθ0

1 + 3 4

hri

(s0+t(tanβ−tanθ0)) cosθ0

. (3.144b) Einsetzen typischer Zahlenwerte f¨ur die Gitterparameters0 = 600 ˚A,t= 1000 ˚A, β = 6 zeigt, daß die relative ¨Anderung vonncbeim mittleren Einfallswinkel θ0 = 20 bei hri = 10 ˚A circa doppelt so groß ist wie bei senkrechtem Einfall. Wegen der komplizierten Form der χ2(hri)-Anpassungsfunktion ist die weitere Analyse nach den Regeln der Fehlerfortpflanzung aufwendig. Da aberhri/s0 ein kleiner Parameter ist, sollte auch f¨ur sei eine Linearisierung in hri m¨oglich sein. Demnach ist f¨ur diese Gitterparameter eine Halbierung der Fehlergrenzen des Paarabstandes gegen¨uber senkrechtem Einfall zu erwarten. Eine entsprechende Ableitung kann im Rahmen der Atombeugung f¨ur die Reduktion der effektiven Spaltbreite durch die van der Waals-Wechselwirkung durchgef¨uhrt werden.

Kapitel 4

Beugungsexperimente

Dieses Kapitel befaßt sich mit der Auswertung der im Jahr 2002 von Br¨uhl, Kalinin, Kornilov und Toennies durchgef¨uhrten umfangreichen Helium-Beugungsexperimen-te. Die darin verwendete experimentelle Apparatur (vgl. Abb. 4.1) gleicht prinzipiell derjenigen fr¨uherer Experimente [2,5,18,19], wie sie in Ref. [58] ausf¨uhrlich charakte-risiert worden ist. Aus einer D¨use mit regelbarer Temperatur und Druck tritt ein Gas von Teilchen aus. Durch einen Skimmer und zwei Kollimationsspalte wird ein Strahl

252

100 829 100 445

x2

β t d θ0 θn

0

A2 A 2

a2

a1

Aγ S0

s0

u1

u2

ϕ m1

m2

m3

r(23)

ρ(1) Quelle

(D¨use) Skimmer Spalt Spalt Gitter Detektor

θ0

θ

Abbildung 4.1: Skizze des experimentellen Aufbaus der Molekularstrahlapparatur. Die Abst¨ande sind in Millimeter angegeben. Die Kollimationsspalte sind jeweils 20µm, der Eingangsspalt des Detektors 25µm breit.

erzeugt, der im Fall von Helium circa N ≈ 100 Gitterstege koh¨arent ausleuchtet [18]. Hinter dem Gitter befindet sich ein schwenkbarer Detektor, der aus einer Elek-tronenionisationsstrecke und einem Massenspektrometer besteht. Im Strahl befinden sich, abh¨angig von D¨usentemperatur und Druck, Helium-Atome und Cluster gleicher Geschwindigkeit aber unterschiedlicher relativer H¨aufigkeiten, wobei die Anzahl ein-zelner Atome diejenige der Cluster immer weit ¨ubersteigt [56,57]. Allgemein lassen sich aufgrund der massenabh¨angigen de Broglie-Wellenl¨ange λdB =~/M v0 die unter den Beugungswinkeln (3.102) auftretenden Beugungsmaxima Clustern bestimmter Masse M eindeutig zuordnen. Unter gleichen Winkeln auftretende Beugungsmaxima verschiedener Cluster k¨onnen jedoch nicht ausgewertet werden; dies ist beispielswei-se f¨ur die Ordnungen n = 0,±3,±6, . . . von 4He3 der Fall, die mit den Ordnungen

77

78 KAPITEL 4. BEUGUNGSEXPERIMENTE n= 0,±1,±2, . . .von 4He zusammenfallen. Um reine Atom-Beugungsbilder aufneh-men zu k¨onnen, wird der Cluster-Anteil so gering wie m¨oglich eingestellt. Abbildung 4.2 zeigt ein typisches Beugungsbild, das f¨ur eine hohe Anzahl von Helium-Trimeren optimiert wurde.

-6 -4 -2 0 2 4 6

101 102 103 104

x1

x2

β t d θ0 θn

0

A2 A 2

a2 a1

Aγ S0

s0

u1 u2

ϕ m1 m2

m3

r(23) ρ(1)

Beugungswinkel θ−θ0 [mrad]

Z¨ahlrate

1.

2.

4. 5. 7.

8.

0. 1.

2.

3.

Abbildung 4.2: Auf einen hohen Anteil von Trimeren optimiertes experimentelles Beu-gungsbild eines Helium-Strahls bei einem Einfallswinkel vonθ0 = 21 und einer Strahlge-schwindigkeit vonv0 = 484,1 ms−1aus den Experimenten von Br¨uhl, Kalinin, Kornilov und Toennies. Die intensiven Beugungsmaxima r¨uhren von einzelnen Helium-Atomen her, die kursiv bezeichneten Beugungsmaxima von Trimeren. Auf halbem Abstand zwischen zwei Atom-Maxima ist jeweils noch ein Beugungsmaximum der Dimere sichtbar.

Die drei Beugungsexperimente wurden bei den Einfallswinkeln θ0 = 18, θ0 = 21 und θ0 = 24 durchgef¨uhrt. Jedes dieser Experimente besteht aus Meßserien f¨ur Atome, Dimere und Trimere bei gleicher Gittergeometrie; die Parameter D¨ usentem-peratur und D¨usendruck wurden jeweils auf die optimale Produktionsrate f¨ur die gew¨unschte Spezies eingestellt. Eine Meßserie besteht aus vier bis sieben bei ver-schiedenen Strahlgeschwindigkeiten aufgenommenen Beugungsbildern. Die Strahlge-schwindigkeit wurde jeweils mit Hilfe eines Tabellenwerkes [61] aus den Parametern D¨usentemperatur und Druck interpoliert.

Die Auswertung der Beugungsexperimente verl¨auft nach einem festen Schema.

Zun¨achst wird anhand von atomaren Beugungsdaten die Gittergeometrie charakte-risiert. Anschließend werden die geometrischen Parameter festgehalten und die Meß-serien f¨ur Dimere und Trimere ausgewertet.

4.1 Transmissionsmessung

Der erste Schritt zur Auswertung besteht in der Charakterisierung der Gittergeome-trie. Als

”Transmissionsmessung“ wird hier die Messung der Intensit¨at der nullten Beugungsordnung in Abh¨angigkeit vom Einfallswinkel bezeichnet. Sie erlaubt zum einen die Justage des Gitters und zum anderen die Bestimmung des Gitterwinkels ϕ. Wegen der trigonometrischen Identit¨at sin(ϕ−θ0)/cosθ0 = (tanϕ−tanθ0) cosϕ lautet die Intensit¨at der nullten Beugungsordnung f¨ur Einfallswinkel β < θ0 < ϕ der atomaren Intensit¨atsformel (2.75) zufolge

I0 ∝(tanϕ−tanθ0)2cos2ϕ Seff2 (v0, θ0) + ∆2(v0, θ0)

d2 , (4.1)

wobei der experimentell vorgegebene Einfallswinkel mitθ0 anstelle von θ0 bezeichnet wurde. Der Faktor (tanϕ− tanθ0) reflektiert die Tatsache, daß das Gitter beim Einfallswinkel θ0 = ϕ schließt. Die in Abschnitt A.1.3 abgeleiteten asymptotischen Relationen f¨ur die atomaren Kumulanten R±1 erlauben, Gleichung (4.1) bei hohen Geschwindigkeiten zu n¨ahern:

pI0 ∝(tanϕ−tanθ0) cosϕ S0

d s

1−

√2π S0

++p λ

. (4.2)

Die vom Einfallswinkel und den Gitterparametern abh¨angigen Gr¨oßenλ±, die in Glei-chung (A.11) definiert werden, repr¨asentieren dabei die durch die attraktive Wechsel-wirkung bedingte Korrektur. Exakte Zahlenwerte f¨urλ±k¨onnen zu diesem Zeitpunkt der Auswertung noch nicht berechnet werden, da nicht alle Parameter bekannt sind.

Einsetzen typischer Werte f¨ur Helium-Atome im Grundzustand zeigt allerdings, daß diese Korrektur sehr klein ist: Die durch Vernachl¨assigung der Korrektur erhaltene einfache Formel

pI0 ∝(tanϕ−tanθ0) cosϕ S0

d (4.3)

f¨uhrt zu einer Untersch¨atzung des Winkelsϕum nur circa 1% bei der experimentellen Auswertung.

Im Rahmen der G¨ultigkeit dieser N¨aherung kann auch der Keilwinkel β des Git-ters aus der Transmissionsmessung bestimmt werden. Dazu beobachtet man, daß die Intensit¨at der nullten Beugungsordnung des Gitters f¨ur Einfallswinkel 0 ≤ θ0 < β unabh¨angig von θ0 ist. Der ¨Ubergang von konstanter Intensit¨at in den von tanθ0 anh¨angigen Ausdruck (4.3) findet bei θ0 =β statt.

Abbildung 4.3 zeigt eine experimentelle Transmissionskurve, deren Nullpunkts-verschiebung bereits korrigiert wurde. An die Flanken wurden Regressionsgeraden (4.3) angepaßt. Die Schnittpunkte der Regressionsgeraden mit der Einfallswinkel-achse liegen bei θ0 =±ϕ. F¨ur die in Abbildung4.3 dargestellte Messung erh¨alt man ϕ = 0,56197±0,0007 rad entsprechend 32,20±0,04. Die Genauigkeit von ϕ wird also st¨arker durch die Approximation (4.3) beeinflußt als durch die Meßunsicherhei-ten. Der Keilwinkel β kann aus den Schnittpunkten der Regressionsgeraden mit der um θ0 = 0 angepaßten konstanten Funktion abgelesen werden. Man findet hiernach β = 6,5±0,1.

80 KAPITEL 4. BEUGUNGSEXPERIMENTE

-0.8 -0.6 -0.4 -0.2 0 0.2 0.4 0.6 0.8

0 100 200 300 400 x1

x2 β t d θ0 θn

0

A2 A 2

a2

a1

Aγ S0

s0

u1 u2

ϕ m1 m2

m3

r(23)

ρ(1) experimentelle Transmissionskurve

Regressionsgeraden

WurzelderZ¨ahlrate

tanθ0

Abbildung 4.3:Auswertung einer experimentellen Transmissionskurve beiv0 = 1780 m/s.

Aufgetragen ist die Wurzel der experimentellen Z¨ahlrate gegen den Tangens des Einfalls-winkels. Ebenso sind Regressionsgeraden an die linke und rechte Flanke der Kurve nach Gleichung (4.3) eingetragen. Die Schnittpunkte mit der Abszisse liefern den Winkelϕ. Die Schnittpunkte mit der umθ0 = 0 angepaßten konstanten Funktion liefern den Keilwinkel β.