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Reduktion des Approximationsfehlers

4.4 Dimer-Beugungsbilder

4.4.1 Reduktion des Approximationsfehlers

In der theoretischen Literatur zum Helium-Helium-Paarpotential besteht Interesse am genauen Wert des Dimer-Paarabstandes. Aktuelle theoretische Potentialmodelle stimmen in ihren Vorhersagen zwar qualitativ ¨uberein, unterscheiden sich jedoch bei der Bindungsenergie noch um bis zu 25% sowie beim Paarabstand und der Helium-Helium-Streul¨ange um 10% [54,64,65,66]. Der systematische Approximationsfehler δg(v0, θ0) bewirkte aber im letzten Abschnitt eine ¨Ubersch¨atzung des Paarabstandes in derselben Gr¨oßenordnung. F¨ur die Verbesserung der Genauigkeit der Auswertung ist daher zu erw¨agen, den Einfluß des Approximationsfehlers durch Hinzunahme verschiedener Potentialmodelle zu reduzieren. Zu diesem Zweck wird δg(v0, θ0) unter Verwendung der von diesen Potentialen getragenen Bindungswellenfunktionen im voraus tabelliert und in die Auswertung einbezogen. Falls das anschließende Resultat f¨ur den Paarabstand (weitesgehend) unabh¨angig vom verwendeten Potentialmodell ist, so ist eine glaubw¨urdige Verbesserung erreicht worden.

Um die schwache Abh¨angigkeit vom Potentialmodell zu ¨uberpr¨ufen, wurden zwei aus der Literatur bekannte Potentiale herangezogen. Sie unterscheiden sich deutlich in ihren Vorhersagen f¨ur das Helium-Dimer: das ¨altere TTY-Potential [54] tr¨agt beispielsweise eine Bindungswellenfunktion bei der Energie Eg = −0,115µeV mit dem Paarabstand hrig = 51,6 ˚A, w¨ahrend das j¨ungere Potential von Gdanitz [66]

zu hrig = 46,4 ˚A bei Eg = −0,144µeV f¨uhrt. Aus beiden Potentialen wurden die Bindungswellenfunktionen und anschließend δg(v0, θ0) berechnet. In der Tabelle 4.4 sind die numerischen Ergebnisse f¨ur die experimentellen Parameter aus den Tabellen 4.1/4.2 zusammengefaßt.

Anstelle von Gleichung (4.5) wird nun der auf die folgende Weise umformulierte Ausdruck zur Anpassung der effektiven Spaltbreiten verwendet:

Seff,g(v0, θ0)'S0− hrig

2 cosφ0g(v0, θ0)

v0 [m/s] δg(v0, θ0) [˚A]

TTY Gdanitz 826,1 -12,6 -10,2 642,3 -13,8 -11,3 489,6 -15,6 -12,8 403,9 -16,6 -13,8 252,8 -20,2 -17,0

Tabelle 4.4:Der Approximationsfehler δg(v0, θ0) bei θ0 = 21 und den f¨unf experimentel-len Geschwindigkeiten aus Abb.4.12, berechnet mit Hilfe der Bindungswellenfunktion des TTY-Potentials [54] und des Potentials von Gdanitz [66].

− Re

(Z S20

0

dU20

1−τuat 1

2P0;U20

τuat 1

2P0;U20 − hrig

2 cosφ0

(4.4’) +

Z 0

S20

dU20

1−τuat 1

2P0;U20

τuat 1

2P0;U20 + hrig

2 cosφ0 )

.

F¨ur δg(v0, θ0) sind die Zahlenwerte aus Tabelle 4.4 einzusetzen. Die Neuauswertung der effektiven Spaltbreiten mittels Gleichung (4.4’) f¨uhrt daraufhin auf die Ergebnis-sehrig = 42,6+2,6/−2,4 ˚A (TTY-Potential) undhrig = 43,6+2,6/−2,3 ˚A (Potential von Gdanitz). Die Modellabh¨angigkeit betr¨agt hier also nur circa 2% des Paarabstan-des und ist kleiner als die experimentellen Fehlergrenzen. Als

”korrigiertes“ Ergebnis wird f¨ur den Paarabstand des Helium-Dimers der Mittelwert beider Auswertungen angegeben, alsohrig = 43 + 3/−3 ˚A. In Tabelle 4.5 sind die Ergebnisse noch einmal zusammengefaßt.

Helium-Dimer hrig[˚A] Eg[µeV] a0[˚A]

diese Arbeit (korrigiert) 43 + 3/−3 0,14 + 0,03/−0,02 86 + 6/−15 diese Arbeit (unkorrigiert) 48 + 3/−8 0,11 + 0,04/−0,01 96 + 6/−26 Ref. [5] (unkorrigiert) 52 + 4/−4 0,10 + 0,03/−0,02 104 + 8/−18 Tabelle 4.5:Auswertung der Meßserie f¨ur das Helium-Dimer des Experiments beiθ0 = 21. Das”unkorrigierte“ Ergebnis ist zu vergleichen mit dem Wert aus Ref. [5]. Ebenfalls ange-geben sind die daraus berechnete Bindungsenergie |Eg| ' ~2/4mhri2g und die Streul¨ange der Helium-Helium-Streuunga0 ' 2hrig (Ref. [67, Kap. II] und [68]). Diese Formeln un-tersch¨atzen die Bindungsenergie und ¨ubersch¨atzen die Streul¨ange um circa 10% [5]. Die Fehlerangaben wurden entsprechend vergr¨oßert.

Inelastische Beugung und Spektroskopie

Die vorigen Kapitel behandelten schwerpunktm¨aßig die Berechnung und die physika-lische Interpretation von elastischer Beugung sowie die Auswertung entsprechender experimenteller Daten. Der streutheoretische Formalismus aus Kapitel 3 enth¨alt je-doch auch die Anregung innerer Freiheitsgrade der gebeugten Cluster. Eine solche Anregung f¨uhrt zu inelastischer Beugung, die sich auf charakteristische Weise durch zus¨atzliche Beugungsmaxima im Beugungsbild ¨außert. Bislang sind noch keine Ex-perimente bekannt, die sich die Eigenschaften inelastischer Beugung von van der Waals-Clustern zunutze machen. Wie dieses Kapitel zeigt, ist die Winkelaufl¨osung unproblematisch – die experimentelle Herausforderung besteht in der geringen An-regungswahrscheinlichkeit.

Das zugrundeliegende Prinzip wurde in experimentellen Arbeiten von Bousti-mi et al anhand der inelastischen Beugung von metastabilen Argon-Atomen [69]

und Stickstoff-Dimeren [70] an einem Transmissionsgitter unter Verwendung eines Feinstruktur- beziehungsweise eines Vibrations¨ubergangs demonstriert. Allerdings konnten dort aufgrund der zu geringen r¨aumlichen Koh¨arenz des Atomstrahls noch keine diskreten Beugungsmaxima aufgel¨ost werden; das Transmissionsgitter diente lediglich zur Vervielfachung der Beugungsamplitude des Einzelspalts. In einer weite-ren Arbeit derselben Gruppe wurde die Anregung eines Feinstruktur¨ubergangs von metastabilem Argon an einem Kupferspalt verwendet [71].

Auf theoretischer Seite wurde von Hegerfeldt und K¨ohler im Rahmen der Beu-gung von Helium-Trimeren bereits die ErzeuBeu-gung des angeregten Trimer-Zustandes aus dem Grundzustand durch inelastische Beugung untersucht [63]. Da die Existenz des angeregten Zustandes allerdings bislang experimentell nicht erwiesen ist, wird in diesem Kapitel ein realistisches Beugungsexperiment unter Verwendung der gut be-kannten und mit bestehenden Strahlquellen einfach handhabbaren Wasserstoff-Dime-re (D2)2 und H2D2 vorgeschlagen und quantitativ analysiert. Es zeigt sich dabei, daß es prinzipiell m¨oglich ist, das Energie-Spektrum solcher und anderer van der Waals-Cluster durch koh¨arente, inelastische Beugung experimentell zu ermitteln. Die in-elastische Beugung stellt somit eine neue M¨oglichkeit der Cluster-Spektroskopie dar.

Da sie nicht auf elektromagnetischer Ankopplung an die inneren Freiheitsgrade des 93

Clusters beruht, komplementiert sie ¨ubliche spektroskopische Techniken wie etwa die Infrarot-Absorptionsspektroskopie [41]. Dar¨uberhinaus erm¨oglicht sie beispielsweise die Erzeugung eines reinen Teilstrahls von Clustern mit vorgegebenen inneren Zu-st¨anden, indem alle Beugungsordnungen bis auf die gew¨unschte ausgefiltert werden.

Das Thema des vorliegenden Kapitels wurde in Ref. [72] noch mit einer vereinfach-ten Theorie der Beugung f¨ur nicht-senkrechten Einfall behandelt. Diese vereinfachte Theorie hat den Vorteil, daß sie in ihrem G¨ultigkeitsbereich bei hohen Strahlge-schwindigkeiten in beiden Regimen θ0 < β und β < θ0 anwendbar ist und somit das stetige Vergr¨oßern des Einfallswinkels ausgehend von θ0 = 0 ¨uber β hinaus mit demselben Formalismus zu beschreiben vermag. Das vorliegende Kapitel verwendet dagegen die in Kapitel 2 entwickelte Theorie der Beugung am Transmissionsgitter, die die Intensit¨aten der Beugungsmaxima f¨urβ < θ0 quantitativ genauer beschreibt.

5.1 Inelastische Dimerbeugung

In Abschnitt 3.4.1 wurden im Rahmen der Trimerbeugung Formeln f¨ur die Beu-gungswinkel (3.102) sowie die Intensit¨aten (3.104) eines kollimierten Teilchenstrahls abgeleitet. Es wurde dort bereits angemerkt, daß diese Formeln prinzipiell f¨ur be-liebige, schwach gebundene Cluster g¨ultig sind. In diesem Kapitel k¨onnen sie daher ohne die Notwendigkeit einer erneuten Herleitung ¨ubernommen werden.

5.1.1 Dimerbeugung am Gitter bei nicht-senkrechtem