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Seltene Gefäßringanomalie in Kombination mit einem persistierenden rechten Aortenbogen und einer aberranten Arteria subclavia sinistra

Scanning 20 candidate genes for association with primary cataracts in German Pinschers

8 Erweiterte Zusammenfassung

8.2 Seltene Gefäßringanomalie in Kombination mit einem persistierenden rechten Aortenbogen und einer aberranten Arteria subclavia sinistra

beim Deutschen Pinscher

Einleitung

Ziel dieser Studie war es, das Auftreten einer spezifischen Form des persistierenden rechten Aortenbogens beim Deutschen Pinscher zu beschreiben und den Erbgang bei dieser Hunderasse zu analysieren. Die hier zu beschreibende Form des persistierenden rechten Aortenbogens ist durch das gemeinsame Auftreten mit einer retroösophageal verlaufenden Arteria subclavia sinistra und einem an dieser Arterie seinen Ursprung nehmenden Ligamentum arteriosum charakterisiert. Dieser seltene Verlauf des Ligamentum arteriosum verstärkt zusätzlich die Kompression der Speiseröhre durch den Gefäßring und wurde bisher erst bei zwei Einzelfällen andere Hunderassen beschrieben.

Bei den betroffenen neugeborenen Welpen sind zunächst keine Symptome zu erkennen. Diese treten in der Regel erst dann auf, wenn die Welpen erstmalig feste Nahrung zu sich nehmen; typisch ist dann das Regurgitieren nach der Futteraufnahme. Durch die Einschnürung der Speiseröhre auf Höhe der Herzbasis ist ein Weitertransport der Ingesta nicht möglich oder zumindest erheblich beeinträchtigt, was zur Regurgitation führt. Zusätzlich verbleiben Teile des aufgenommenen Futters kranial der Konstriktion in der Speiseröhre und verursachen so auf Dauer eine Ösophagusdilatation im präkardialen Bereich. Betroffene Welpen bleiben im Wachstum zurück und verlieren bei unvermindertem oder sogar

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gesteigertem Appetit an Gewicht. Auf Röntgenaufnahmen des Thorax nach oraler Verabreichung von Kontrastmitteln lässt sich die Speiseröhrendilatation kranial des Herzen darstellen, die eingeschnürte Stelle befindet sich dabei auf Höhe der Herzbasis.

Bisher gibt es in der Literatur keine Berichte über das Auftreten des persistierenden rechten Aortenbogens beim Deutschen Pinscher. Dennoch wurde in den vergangenen sechs Monaten die hier beschriebene, seltene Form des persistierenden rechten Aortenbogens bei drei Welpen der Rasse Deutscher Pinscher diagnostiziert. Weitere fünfzehn Fälle wurden von Züchtern oder Tierärzten dokumentiert und sind daher teilweise als Verdachtsdiagnose anzusehen.

Material und Methoden

Bei allen drei an der Tierärztlichen Hochschule Hannover untersuchten Welpen war die Ursache der Ösophaguskonstriktion ein persistierender rechter Aortenbogen, eine retroösophageal verlaufende linke Arteria subclavia und ein linkes Ligamentum arteriosum, das seinen Ursprung an der Arteria subclavia hatte. Bei den anderen fünfzehn Fällen handelt es sich um Berichte von Tierärzten und Züchtern aus Deutschland und den Niederlanden. Einer dieser fünfzehn Welpen wurde in einem privaten Institut für Pathologie in den Niederlanden mit der gleichen selten Diagnose wie bei den drei in Hannover untersuchten Welpen obduziert. Ein andere Welpe wurde in München operiert und lebt nun schon mehrere Jahre ohne Probleme bei seinem Besitzer. Bei einer inzwischen sieben Jahre alten Hündin wurde im Alter von acht Monaten die Verdachtsdiagnose persistierender rechter Aortenbogen gestellt.

Diese Hündin erfährt seitdem ein spezielles Fütterungsmanagement und lebt ohne größere Beeinträchtigungen mit der Erkrankung.

Die Abstammungsdaten der erkrankten Hunde wurden uns vom Pinscher-Schnauzer-Klub e.V. (PSK) zur Verfügung gestellt und wurden unter anderem zur einfachen Segregationsanalyse nach der Singles Methode verwendet, um herauszufinden, ob die Daten mit einem rezessiven Erbgang kompatibel sind.

Der mittlere Verwandtschaftskoeffizient wurde sowohl für die Gruppe von Deutschen Pinschern mit betroffenen Nachkommen als auch für eine Vergleichsgruppe

berechnet. Der mittlere Inzuchtkoeffizient der Gruppe von erkrankten Hunden wurde ebenfalls berechnet und dem mittleren Inzuchtkoeffizienten einer Vergleichsgruppe gegenübergestellt. Für die Berechnungen wurden Abstammungsdaten über acht Generationen verwendet, dabei betrug die Vollständigkeit der Daten mehr als 95%.

Ergebnisse

Bei dem ersten in Hannover untersuchten Tier, einem drei Wochen alten weiblichen Welpen der Rasse Deutscher Pinscher, wurde nach pathologisch-anatomischer Untersuchung ein persistierender rechter Aortenbogen in Kombination mit einer aberranten linken Arteria subclavia und einem linken Ligamentum arteriosum festgestellt. Das Ligamentum arteriosum hatte seinen Ursprung an der linken Arteria subclavia. Als Hauptgrund der Speiseröhrenkonstriktion konnte die aberrante Arteria subclavia in Kombination mit dem Ligamentum arteriosum ermittelt werden, der Aortenbogen trug nur zu einem kleineren Anteil zu der Einschnürung bei. Der Welpe war zuvor vom Haustierarzt wegen andauerndem Regurgitieren und schlechter allgemeiner körperlicher Verfassung eingeschläfert worden. Bei den anderen beiden in Hannover untersuchten Tieren handelte es sich um zwei Welpen aus einem Wurf eines niederländischen Züchters. Beide Welpen wurden in der Klinik für Kleintiere der Tierärztlichen Hochschule Hannover vollständig untersucht. Bei dem einen Tier (Welpe 2) wurde zusätzlich zur hochgradigen Dilatation der Speiseröhre noch ein Ventrikelseptumdefekt festgestellt. Aufgrund der schlechten Prognose wurde er eingeschläfert und zur pathologisch-anatomischen Untersuchung übersendet. Bei dem anderen Welpen (Welpe 3) war die Dilatation der Speiseröhre weniger ausgeprägt und die körperliche Verfassung insgesamt besser, daher wurde dieser Welpe am nächsten Tag operiert. Nach Eröffnung der Brusthöhle ergab sich fast ein identisches Bild wie bei der pathologisch-anatomischen Untersuchung von Welpe 1.

Das Ligamentum arteriosum wurde ligiert und anschließend durchtrennt. Danach war keine Kompression der Speiseröhre mehr zu erkennen, die Arteria subclavia wurde daher nicht weiter manipuliert. Dem Welpen ging es bereits am Tag nach der Operation gut; er erhielt für die Dauer von 3 Monaten ein spezielles Fütterungsmanagement und lebt inzwischen ohne gesundheitliche Einschränkungen

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bei seinen neuen Besitzern. Die Befunde der pathologisch-anatomischen Untersuchung von Welpe 3 waren fast identisch mit den Befunden von Welpe 1. Die Dilatation der Speiseröhre war bei diesem Tier noch stärker ausgeprägt als bei den anderen beiden Welpen, im präkardialen Bereich war der Durchmesser des Oesophagus etwa fünfmal größer als auf Höhe der Herzbasis.

Die Verwandtschaftsbeziehungen aller erkrankten Tiere konnten in einem Pedigree dargestellt werden. Verwandtschafts- und Inzuchtkoeffizienten waren bei der Gruppe von Erkrankten signifikant höher als in einer Vergleichsgruppe. Alle betroffenen Welpen hatten nicht betroffene Eltern, die Anzahl betroffener weiblicher und betroffener männlicher Tiere war nahezu identisch. Deswegen konnte ein X–

chromosomaler Erbgang genauso wie ein monogen autosomal dominanter Erbgang und ein mitochondrialer Erbgang ausgeschlossen werden. Die Ergebnisse der einfachen Segregationsanalysen nach der Singles-Methode wiesen nicht auf einen monogen autosomal rezessiven Erbgang hin.

Diskussion

Die retroösophageale Arteria subclavia sinistra in Kombination mit dem linken Ligamentum arteriosum mit seinem Ursprung an der Arteria subclavia sinistra war in allen drei untersuchten Fällen die Hauptursache der Ösophaguskonstriktion. Diese Kombination von Anomalien ähnelt stark einer erblichen Anomalie des Menschen, bei der zusätzlich ein Divertikulum am Ursprung der Arteria subclavia sinistra auftritt (Kommerell`s diverticulum). Die einzige dauerhaft Erfolg versprechende Therapie von Gefäßringanomalien ist die chirurgische Korrektur. Medikamentelle Therapie in Kombination mit einem angepassten Fütterungsmanagement wird als nicht effektiv genug angesehen und führt in der Regel langfristig zur Verschlechterung der Situation. Trotzdem lebt einer der betroffenen Deutschen Pinscher seit 7 Jahren ohne ernsthafte Beeinträchtigungen mit der Erkrankung.

Zuchtstudien beim Deutschen Schäferhund sowie epidemiologische Studien beim Deutschen Schäferhund und beim Irish Setter in der Vergangenheit haben gezeigt, dass diese beiden Rassen eine Prädisposition für die Entwicklung eines

persistierenden rechten Aortenbogen aufweisen, der Erbgang ist vermutlich komplex und polygen.

Die engen verwandtschaftlichen Beziehungen und hohen Inzuchtkoeffizienten legen nahe, dass der persistierende rechte Aortenbogen beim Deutschen Pinscher ein erblicher Defekt ist. Je höher der Inzuchtkoeffizient ist, desto wahrscheinlicher manifestiert sich ein rezessiver Defekt bei den Nachkommen. Da ein monogen autosomal rezessiver Erbgang mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden konnte, scheint ein oligo- oder polygener Erbgang oder der Beitrag mehrerer Mutationen einer Genregion am wahrscheinlichsten.

Vergleichende genetische Studien ergaben, dass Anomalien der Herzstammgefäße beim Menschen oft im Zusammenhang mit einer Deletion der Chromosom 22q11.2 -Region stehen, die auch als DiGeorge--Region bekannt ist. Monosomie 22q11.2 wurde bei 46% aller Patienten mit einem persistierenden rechten Aortenbogen festgestellt, aber nur bei 30% der Patienten mit einem linken Aortenbogen. Die Mikrodeletion wurde außerdem bei 81% der Patienten mit, hingegen nur bei 17% der Patienten ohne Anomalien der Arteria subclavia festgestellt. Die Inzidenz von Monosomie 22q11.2 war also wesentlich stärker mit dem Vorliegen von Anomalien der Arteria subclavia als mit der Seitigkeit des Aortenbogen assoziiert. Studien mit Mäusen ergaben, dass eines der Gene innerhalb der DiGeorge - Region, TBX1, ein aussichtsreiches Kandidatengen für die kardiovaskulären Missbildungen im Zusammenhang mit dem Syndrom beim Menschen ist. Die DiGeorge-Region ist auch beim Hund vorhanden und ist bei dieser Spezies auf Chromosom 26 lokalisiert.

Schlussfolgerungen

Monosomie 22q11.2 ist stark mit dem Vorliegen von Anomalien der Arteria subclavia assoziiert, die bei allen drei hier untersuchten Welpen gefunden wurden. Eine Kopplungsanalyse von Genorten im Bereich der DiGeorge-Region mit dem persistierenden rechten Aortenbogen beim Deutschen Pinscher könnte klären, ob Mutationen in dieser Region verantwortlich für das Auftreten der Missbildung sind.

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8.3 Evaluierung des TBX1 – Gens als Kandidatengen für eine seltene Form