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See Vom Windrad bis zur Steckdose – die Anbindung von Off-Shore-Anlagen ist nicht nur technisch

hochkom-plex. Auch bei Fragen der Haftung und Finanzierung gibt es zahlreiche Hürden zu überwinden.

ENERGIE

N

och stehen sie hinter riesigen Gerüs-ten. 600 Tonnen Stahl, verschweißt zu dreibeinigen Giganten. Sie bohren sich später in den Boden des Meeres, um Off-Shore-Anlagen sicher zu veran-kern. Denn 40 Kilometer vor der Küste ist die Nordsee stürmisch, die Wellen sind meterhoch.

Dort werden sie stehen, tausende Windräder, bis zu 160 Meter hoch, mit Flügeln größer als die des Super-Airbus A380. Wenn die Fundamente für den Hochsee-betrieb schließlich die Werkshallen verlassen, sieht das nicht nur so aus wie Science Fiction, es klingt auch so:

Tripods heißen die Stahlgiganten, so wie die drei­

beinigen Herrscher der gleichnamigen Science­Fiction­

Serie der 80er Jahre. Stromerzeugung durch Off­Shore­

Windanlagen ist eine technische Mammutaufgabe.

30 bis 40 Kilometer von der Nordseeküste entfernt und in Wassertiefen bis zu 40 Metern müssen die Anlagen sicher verankert werden. Fundamente wie jene vom Typ Tripod bohren sich daher wie gigantische Stahl­

nägel in den Seeboden. Denn die Anlagen müssen später nicht nur dem hohen Salzgehalt der Luft, sondern auch dem Wellengang und den hohen Wind­

geschwindigkeiten standhalten können.

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Mindestens 30 Kilometer von der Küste entfernt – und damit auch von den friesischen Inseln aus nicht zu sehen – entstehen große Off-Shore-Windparks. Bis Ende 2020 sollen dort mehr als 2.000 Windräder Strom produzieren. (Quelle:

Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie)

G

lücklicherweise sind die Tripods der Nord see harmloser als ihre Science­

Fiction­Namensvetter. Aber nicht minder beeindruckend: „Die gigantischen Fundamente, die da aus den Produkti­

onsanlagen rollen, lassen erahnen, was dort draußen auf See entsteht“, erzählt Matthias Otte, Vorsitzender der Beschlusskammer 6 bei der Bundesnetzagentur.

Otte ist zuständig für die Regulierung des Zugangs zu Elektrizitätsversorgungsnetzen. Auf hoher See konnte er die Giganten noch nicht bestaunen – schließlich ist eine Überfahrt teuer, und die Bundesnetzagentur geht mit Steuergeldern sparsam um.

Die Wellen schlagen beim Thema Off­Shore nicht nur auf der Nordsee hoch – auch in Politik und Gesellschaft hat der geplante massive Ausbau auf See für Wirbel gesorgt. Das liegt nicht nur an der komplexen Technik, sondern vor allen Dingen an den daraus resultierenden Fragen der Finanzierung und Haftung.

Bis Ende 2020 sollen nach dem Willen der Bundesregie­

rung mehr als 2.000 Windräder rund 10.000 Megawatt Leistung bringen, das entspricht etwa sechs modernen Atomkraftwerken. Bislang ist lediglich die Testanlage alpha ventus mit insgesamt zwölf Windrädern in Betrieb. Der größte Teil des Baus steht also noch bevor.

Deutschland nimmt dabei eine Vorreiterrolle ein, denn in den meisten anderen Ländern werden Off­Shore­

Windparks zurzeit noch in geringeren Entfernungen zur Küste gebaut. Das Großprojekt birgt daher für die deutsche Off­Shore­Industrie jede Menge Potenzial für den Export. „Zunächst ist es aber eine echte Herausfor­

derung“, resümiert Otte.

In Deutschland sind die Netzanbindungen von Off­

Shore­Windparks Teil des Übertragungsnetzes. Es sind daher die Netzbetreiber, die für die Anbindung der Windparks, also für die Einspeisung des Off­Shore­

Stroms in die Stromnetze an Land, sorgen müssen. Sie stehen ebenfalls vor technischen Herausforderungen.

Um die langen Distanzen von den Hochseeanlagen bis zur Küste zu überwinden, werden Seekabel in mindes­

tens 1,5 Metern Tiefe unter der Nordsee verlegt. Damit

trotz der Entfernungen keine großen Übertragungs­

verluste entstehen, werden die meisten deutschen Nordseewindparks per Hochspannungs­Gleichstrom­

Übertragungstechnologie (HGÜ) verbunden. Das bedeutet: Der als Wechselstrom generierte Strom wird zunächst auf Umspannplattformen auf See umgewan­

delt und schließlich über gigantische Gleichstromkabel zu den Konverterstationen an Land transportiert. Nach der Umwandlung in Wechselstrom wird er von hier aus in das „normale“ Höchstspannungsnetz eingespeist.

Für die Verlegung der Kabel pflügen Spezialschiffe mit einem Spülschwert beispielsweise per Wasserdruck einen Graben in den Meeresboden und lassen dabei das Kabel ein. Das Problem dabei: Für die Anbindung der Off­Shore­Anlagen in der Nordsee muss auch durch einen Teil des UNESCO­geschützten Nationalparks Wattenmeer ein Seekabel verlegt werden – hier gelten besondere Auflagen für den Schutz der Umwelt.

B

ei all diesen Herausforderungen wird schnell klar: Das kostet Geld. Kein Wunder also, dass Windpark­ und Netzbetreiber sicherstellen wollen, dass sich die Investitio­

nen lohnen. Hier lauert das nächste Dilem­

ma: Denn ein Windpark kann schneller gebaut werden, als eine Netzanbindung in HGÜ­Technologie gelegt werden kann. „Im konkreten Einzelfall wurden Ter­

mine für die Errichtung des Netzanschlusses um bis zu zwei Jahre überschritten“, erklärt Otte. Aber wer haftet für solche Verzögerungen? Weil diese Frage bis Ende vergangenen Jahres ungeklärt war, stockten die Inves­

titionen in die Off­Shore­Anlagen. „Niemand investiert in einen Windpark, wenn sein Netzanschluss nicht

zugesichert werden kann.“ Die Übertragungsnetzbe­

treiber dagegen hatten die Sorge, den Windparkbetrei­

bern gegenüber allein zu Schadensersatz verpflichtet zu sein, wenn sich der Netzanschluss verzögert. Der für die Nordsee zuständige Übertragungsnetzbetreiber TenneT verkündete im November 2011 sogar, dass die Realisierung weiterer Netzanschlüsse nicht machbar sei. Um den Netzausbau, politisch als Kernstück der Energiewende definiert, nicht weiter zu gefährden, wurde nachgebessert. Seit Ende 2012 gelten neue Regeln der Haftung bei Verlusten durch beschädigte oder verspätete Übertragungskapazitäten. So werden jetzt Windparks in Höhe von 90 Prozent der entgange­

nen Einspeisevergütung für die Zeit des verzögerten oder unterbrochenen Netzanschlusses entschädigt.

Die Übertragungsnetzbetreiber können diese Kosten für die Entschädigung über eine Off­Shore­Umlage weitestgehend auf die Netznutzer umlegen.

»Mit dem

Off-Shore-Netz-entwicklungsplan sorgen wir für die