• Keine Ergebnisse gefunden

4. Institutionalisierung von Berufsberatung und Berufs-

4.6 Schulische Berufsorientierung

4.6.1 Schulische Berufsorientierung in Österreich

Berufsorientierung in Österreich wird durch den Bund im Rahmen der Lehrplanhoheit für die Berufsvorbereitung und Berufsorientierung in den Schulen geregelt. Lehrpläne sind demnach Verordnungen durch die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur und basieren auf den jeweiligen Festlegungen des Schulorganisationsge-setzes (Rothe 2001, S. 111). Am 11. Mai 2000 wurde ein neuer Hauptschullehrplan im Bundesgesetzblatt (BGBI. II Nr. 134/2000) verankert. In Ergänzung zur eigentli-chen Verordnung über die Lehrpläne der Hauptschulen werden seitens des Bun-desministers für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten weitere Anlagen bereitge-stellt. So finden sich in Anlage I zum Lehrplan der Hauptschulen unter Abschnitt B Angaben zu Bildungs- und Lehraufgaben für verbindliche Übungen zur Berufsorien-tierung (BMBWK 2000c). In der Schulorganisationsgesetz-Novelle 1998 wurde in der siebten und achten Schulstufe die verbindliche Übung „Berufsorientierung“ im Um-fang von 32 Stunden gesetzlich festgelegt (SchOG 1962).

Dieses Charakteristikum innerhalb des österreichischen Berufsberatungssystems hebt Österreich deutlich von anderen OECD-Ländern ab. Denn in anderen Ländern werden formelle Berufsorientierungsstunden im Sekundarbereich entweder gar nicht oder oft nicht verpflichtend angeboten. Neben dem o. g.

Berufsorientierungsunter-richt wird außerdem eine individuelle Beratung durch speziell ausgebildete Schüler- und Bildungsberater gewährleistet.

Abbildung 8: Rahmenkonzept einer schulischen Berufsorientierung

SCHULE VORBERUFLICHE SCHULE –

Unterricht BILDUNG/ERZIEHUNG ARBEITSMARKTVERWALTUNG

(BO) Beratung: Schülerberatung/Schule

Jugendberatung/BIZ Projektarbeit

SCHULE – WIRTSCHAFT SCHULE

Realbegegnungen Elterninformation

Quelle: In Anlehnung an Dichatschek 2005a, S. 4.

Dichatschek entwickelt das o. a. Rahmenkonzept einer schulischen Berufsorientie-rung unter Einbezug verschiedener Berufswahltheorien. Demnach ergibt sich, dass ein längerfristiger Prozess der Schul- respektive Berufswahl, der frühzeitig und al-tersstufenmäßig didaktisch-methodisch als Unterricht, Realbegegnung (z.B. Exkursi-on, Lehrausgang, Erkundungen, berufspraktische Tage/Wochen) und Beratung zu gestalten ist.

Das Bildungsministerium erarbeitet die Richtlinien für die Ausbildung, die für Haupt-schulen, Polytechnische Schulen und Sonderschulen von den Bundesländern in Ko-operation mit den Pädagogischen Instituten umgesetzt werden. Für die Ausbildung an Gymnasien oder an Berufsbildenden Schulen sorgt das Bildungsministerium e-benfalls in Zusammenarbeit mit den Pädagogischen Instituten. Die Grundausbildung ist mit drei Wochen sehr knapp bemessen und wird ergänzt durch sich anschließen-de sechs Ausbildungseinheiten zu jeweils drei bis fünf Tagen. Jährlich kann die Grundausbildung durch eine Woche Fortbildung aufgestockt werden. Zwischen den einzelnen Ländern besteht eine starke Spanne bezüglich der Grundausbildungsdau-er. Wie aus dem OECD-Bericht hervorgeht, sei allerdings im Jahr 2003 eine neue standardisierte Grundausbildung mit 208 Stunden im Rahmen eines zweieinhalb Jahre dauernden Kurses in drei Bundesländern getestet worden. Der Verlauf dieser Versuchsreihe und eine mögliche Implementierung einer neuen einheitlichen Grund-ausbildung in allen Bundesländern gilt es, mit Hilfe von Interviews im empirischen

unterricht sowie die Schüler- und Bildungsberatung durch die österreichische Schul-psychologie-Bildungsberatung. Ausgebildete Psychologen arbeiten in dieser kleinen Einheit, die keine spezielle Bildungs- und Berufsberatungseinrichtung ist. Schüler mit Verhaltensauffälligkeiten, emotionalen Problemen oder Lernschwierigkeiten können hier fachspezifische Hilfe erhalten. Auch wenn die Schulpsychologie-Bildungsbera-tung keine spezielle Bildungs- und BerufsberaSchulpsychologie-Bildungsbera-tungseinrichSchulpsychologie-Bildungsbera-tung ist, so nimmt sie hin-sichtlich der Information, Beratung und Orientierung für Bildung und Beruf dennoch eine übergeordnete Stellung ein, da sie verantwortlich zeichnet für die Koordination des Ausbildungsprogramms für Schülerberater und eine maßgebliche Rolle bei der Erstellung und Koordination von politischen Maßnahmen einnimmt. Zudem konzipiert sie Interessentests für die Bildungsberatung und Berufsorientierung, die auch online zugänglich sind. Darüber hinaus sind Klassenlehrer und zahlreiche weitere Personen und Einrichtungen außerhalb der Schule für die Beratung von Schülern zuständig.

Hierzu zählen das AMS mit seinen 56 Berufsinfozentren, in denen Schülergruppen an organisierten Informationsprogrammen teilnehmen können. Parallel dazu existie-ren in Österreich fast in allen Bundesländern allerdings unter verschiedenen Namen Berufsinformationszentren, die von den Wirtschaftskammern verantwortet werden.

Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände halten für Jugendliche ebenfalls Informatio-nen und Rat speziell für den Übertritt von einer Lehre zu einem Vollzeitberuf bereit.

Bildungs- und Berufsinformationsmessen werden jährlich in Wien und in zwei regio-nalen Zentren von einem professionellen Unternehmen im Auftrag des Bildungsmi-nisteriums in Kooperation mit dem AMS organisiert und durchgeführt, an denen u. a.

hunderte Berufs- und Wirtschaftsorganisationen, Unternehmensverbände und Be-triebe, Gewerkschaften und Bildungsinstitutionen partizipieren. Die Österreichische Hochschülerschaft sei hier nur am Rande erwähnt, da sie keine unmittelbare Rele-vanz für den Fokus der Berufsberatung und Berufsorientierung an Hauptschulen dar-stellt. Netzwerke von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden, Bildungseinrichtun-gen und anderen gesellschaftlichen Organisationen auf lokaler Ebene, die die Be-rufsorientierungsprogramme der Schulen unterstützen, indem sie Arbeitsstätten für Besuche öffnen oder für den Berufsorientierungsunterricht Referenten bereit stellen und bei der Organisation der o. g. Bildungs- und Berufsinformationsmessen mitwirken (OECD 2003, S. 4-8).

In Österreich wird Bildungsberatung an österreichischen Schulen in Volksschulen der Schulstufen eins bis vier durchgeführt. Darüber hinaus findet, wie nachfolgend

noch anhand des BO-Unterrichts an Hauptschulen näher beschrieben wird, in der siebten und achten Schulstufe an allen österreichischen Schulen verpflichtend das Unterrichtsfach „Berufsorientierung“ statt. Entweder wird BO als eigener Gegenstand im schulischen Curriculum oder aber integriert in den Unterricht der anderen Pflicht-gegenstände – also fächerübergreifend – angeboten. Im gesamten Sekundarschul-bereich werden zur Information, Beratung und Orientierung der Schüler außerdem speziell ausgebildete Lehrer eingesetzt. So sind an Hauptschulen, allgemein bilden-den höheren Schulen, Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik, Bildungsanstal-ten für Sozialpädagogik, Sonderschulen und Polytechnischen Schulen Schülerbera-ter, an berufsbildenden mittleren Schulen (BMS) sowie an berufsbildenden höheren Schulen (BHS) Bildungsberater tätig. Die Lehrer arbeiten voll verpflichtet an einer Schule und erhalten für ihre Beratungstätigkeit einen bestimmten Zeitrahmen zur Verfügung gestellt. Für die gleich bleibende hohe Qualität der Aus- und Weiterbil-dung der Schüler- und BilWeiterbil-dungsberater ist ein entsprechendes Curriculum entwickelt worden, das eine fortlaufende Aktualisierung des Wissens und der Fertigkeiten be-rücksichtigt. Die Fortbildung berührt hierbei nicht nur die Übermittlung des notwendi-gen Beratungswissens, wie beispielsweise Übertrittsmöglichkeiten, Überblick über die verschiedenen Schul- und Studienformen etc., sondern auch das Erfahrungsler-nen bezogen auf Beratungsverhalten, aber auch hinsichtlich der wichtigen Funktion der Schüler- und Bildungsberater als erstes Auffangnetz bei persönlichen Schwierig-keiten und Konflikten verschiedenster Art. Unterstützt wird die Arbeit der Schüler- und Bildungsberater permanent mit Hilfe ständig aktualisierter Informationsmateria-lien und Medien. An der Polytechnischen Schule sind spezielle Berufskundelehrer eingesetzt, die über Berufe informieren und Berufsorientierung vermitteln. Besondere Bedeutung kommt hierbei den Berufspraktischen Tagen im Umfang von sieben Un-terrichtstagen zu. Die Schüler erhalten hiermit Einblicke in die betriebliche Praxis ei-nes Lehrberufes. Abgerundet wird das umfangreiche Angebot durch die Schulpsy-chologie-Bildungsberatung, die als öffentliche Einrichtung des Bildungsministeriums jederzeit von Schülern, Eltern und Lehrern kostenlos in Anspruch genommen werden kann. Außerschulische Einrichtungen wie das AMS und Sozialpartner (Wirtschafts-kammer, Arbeiterkammer) stehen vor allem in Fragen rund um die Berufsberatung (Eintritt in die Berufswelt) bereit. In Berufsinformationszentren können sich Jugendli-che ausgiebig über Berufe sowie Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten informieren (vgl. BMBWK).