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5. Schadenanalyse

5.1. Schadensbeschreibung (Schadbildkatalog)

5.1.3 Schäden an Mineralien und Gesteinen

Wie bereits die Bestandsaufnahme an Mineralien und Gesteinen zeigte, kann auch die Aufnahme der Schadbilder nur exemplarisch erfolgen. Die umfangreichen Varietäten des Materials entwickeln ebenso unterschiedliche wie vielgestaltige Schadbilder. Eine ausführlichere Auseinandersetzung mit der Thematik der Mineralien- und Gesteinsverwitterung an der grottierten Mauer wäre wünschenswert und dringend notwendig. Es wurde in dem zur Verfügung stehenden Bearbeitungszeitraum lediglich der Total- und Teilverlust als Schaden aufgenommen sowie das Aufblättern vornehmlich des Marienglases [vgl. Anhang II Schadbildglossar S33/S34].

100 GALLINAT 2011, S.

101 Ebd.

102 Die Periostracumschicht ist die ganz außen liegende dünne, organische und dunkle Schicht der Muscheln und stellt die eigentliche Kalkschale dar. Vgl. GALLINAT 2010, S.21.

49 5.2 Feuchteproblematik der Terrassenmauer

Das Gros der festgestellten Schäden steht in einem engen Zusammenhang mit der dauerhaften Durchfeuchtung der Terrassenmauer und damit der Grottierung. Es war demzufolge im Rahmen der Diplomarbeit notwendig, sich mit verschiedenen Feuchtetransporten und möglicherweise noch vorhandenen Feuchtesperren im und am Objekt vertraut zu machen.

Feuchte gelangt auf unterschiedliche Art und Weise in ein Objekt. Sowohl ungeregelte Wasserführungen, Schlagregenbelastung, Oberflächenwasser (Spritzwasser) als auch aufsteigende Bodenfeuchte, die über das kapillare Saugen (Kapillaraufstieg) in die Bausubstanz gelangt, sorgen für einen Eintrag von Feuchte. Hinzu kommt die Wasseraufnahme im dampfförmigen Zustand (Kondensation, Porenkondensation, Adsorption). Gerade Außenobjekte sind dabei besonders den jahreszeitlichen klimatischen Schwankungen unterworfen. Eine übermäßige und dauerhafte Durchfeuchtung des Objektes begünstigt den Transport und die Anreicherung bauschädlicher Salze und auch die Bildung des biogenen Bewuchses.

Die Untersuchungen dazu sollten möglichst zerstörungsfrei erfolgen, um den Materialverlust wertvoller und unersetzbarer Grottierung so gering wie möglich zu halten. Viele Erkenntnisse konnten allein über die nähere Begutachtung z.B. der Schächte in der Terrasse, des Mauerwerkzwischenraumes, der Lüftungslöcher, Asphaltdecke und Fehlstellen sowie die Entfernung einer tiefergehenden Altergänzung im Feld 1 gewonnen werden. Ein Höhen- und Tiefenprofil mittels mehrerer Bohrungen und Entnahme von Bohrmehl wäre zur Bestimmung des Feuchtegehaltes eine wichtige Basis, für dieses Objekt jedoch nicht ohne erheblichen und nicht zu ersetzenden Substanzverlust realisierbar. Zur Unterstützung der Untersuchungen wurden ein Feuchtemessgerät sowie ein Endoskop benutzt.

5.2.1 Aufsteigende Feuchte und Feuchtebrücken

Durch die endoskopischen Untersuchungen des Zwischenraumes der beiden vordersten Ziegelwände wurde schnell deutlich, dass sich mürbe gewordenes Material (Ziegelstücke, Mörtelreste etc.) ablöste und im Hohlraum ansammelte. Eingestürzte oder in sich zusammengesackte Mauerbereiche wurden vermutet, konnten aber nicht bestätigt werden. Das heißt, dass die beiden vorderen Mauern somit noch intakt zu sein scheinen. Nebenstehende Abbildungen zeigen, dass die Feinschutthäufungen in einigen Feldern bereits die Höhe der unteren Lüftungslöcher erreicht hat. Es handelt sich hierbei um einen erheblichen zusätzlichen Mangel, dessen Ausmaße mit dem eingeschränkten Sichtfeld des Endoskops nur schwer auszumachen sind.

Endoskopische Untersuchungen in Fehlstellenbereichen der Natursteinverkleidung sollten neben Erkenntnissen zum Aufbau des Sockelbereiches auch hier eventuelle Mängel klären. Dass es sich bei dem Marmorsockel nur um eine Verkleidung mit ca. 8cm dicken Platten handelt, wurde bereits erwähnt.

Desweiteren waren wieder geraume Mengen an gelöstem und zermürbtem Material sowie Erde in dem Spalt zwischen Marmorplatte und Steinsockel auf dessen gesamter Höhe zu finden. Bei der Herausnahme der alten Zementreparatur im Feld 1 traten stellenweise sogar Reste eines Gipsmörtels hervor, mit dem wohl die Platten am Steinsockel befestigt wurden. Eine Horizontalsperre konnte bislang nicht ausgemacht werden. Sinnvoll zur genaueren Untersuchung dieses Sachverhaltes wäre eine Schürfe am Mauersockel.

Die Maueröffnung im Feld 1 bestätigte die Vermutung, dass der vordere Mauerbereich nicht direkt im Erdreich steht, sondern auf einem soliden Sand- oder Kalksteinsockel von unbekannter Höhe und Tiefe aufsitzt. Dabei handelt es sich um eine typische bauzeitliche Methode, um aufsteigende Feuchte

50 weitestgehend zu unterbinden. Das Mauerwerk mit entsprechendem Fugenmörtel würde im direkten Kontakt mit dem Erdreich über Kapillaraufstieg Feuchte in die Höhe transportieren. Befindet sich, wie an diesem Objekt, ein solider Sand- oder Kalksteinblock zwischen Erdreich und Mauerwerk, wird der Kapillaraufstieg verhindert. Dies jedoch auch nur, wenn es sich beim Gestein nicht um eine poröse Varietät mit erhöhter Porenkonnektivität handelt oder der Block gar mit der falschen Lagerrichtung eingesetzt wurde. Dann ist natürlich auch der Feuchteaufstieg über die Sockelzone ermöglicht.

Untersuchungen zum Sockelmaterial, die darüber Aufschluss geben könnten, stehen bislang aus. Ohne diese ist keine eindeutige Aussage zu Wirksamkeit der „Barriere“ möglich.

Außerachtgelassen werden sollte keinesfalls, dass sich auch mit dem gelösten Material in den Zwischenräumen Feuchtbrücken gebildet haben. Das heißt, stark poröses Material (hier Erde und zermürbte Mörtelsubstanz) hat Kontakt mit dem feuchten Erdreich, transportiert die Feuchte und gibt diese an die nebenliegenden Ziegelwände weiter. Die porösen Baustoffe saugen in sehr kleinen Poren das Wasser auf, da die Haftung an den Porenwänden stärker ist als die Anziehungskraft der Wassermoleküle untereinander.103

Der Kapillaraufstieg ist vor allem für den Transport von Salzen aus dem Boden ins Objekt und dem Transport innerhalb des Mauerwerks verantwortlich. Ein Schadensprozess, der einer vertiefenden Untersuchung für ein entsprechendes Sanierungskonzept bedarf. Eine Abschüssigkeit des Geländes an dieser Stelle begünstigt zudem die Ansammlung größerer Wassermengen, die nach und nach in den Boden einsickern und längeren Feuchtenachschub leisten.

Die eingeschränkt mögliche Begutachtung der relativ breiten „Schlucht“ zwischen dritter und vierter Ziegelmauer bestätigte, dass sich gelöstes Material aus den Mauern sowie erhebliche Mengen an Erde104 und Müll auch hier angesammelt haben. Unklar ist auf Grund mangelnder Zugänglichkeit, ob sich ein solcher Hohlraum und damit verbunden ähnlich große Mengen an „Geröll“ zwischen zweiter und dritter Mauer befinden. Dies würde in jedem Falle erheblichen Feuchteeintrag über aufsteigende Feuchte aus dem Boden bedeuten.

5.2.2 Feuchteeintrag von oben (Schlagregen und einsickerndes Niederschlagswasser)

Der größte Feuchteeintrag an der grottierten Mauer geschieht wohl in erster Linie über Niederschlagswasser. Darunter ist nicht nur die direkte und kurzzeitige Schlagregenbelastung zu verstehen, sondern auch das permanente Einsickern der Wassermengen von oben. Zum Schutz eines übermäßigen Wassereintrages wurde vermutlich schon zur Bauzeit der zweiten Grottierung eine Asphaltschicht oberhalb des Gesimses aus Carraramarmor und auf der Länge der gesamten Terrasse verlegt. Diese wurde, wenn auch nicht genau datierbar, überarbeitet. Mangelnde Wartung dieser entscheidenden „Barriere“ gegen den Wasserzulauf trug zum heutigen Erscheinungsbild des Asphaltstreifens bei: tiefe Risse, Fehlstellen und brüchiges Material auf der gesamten Mauerlänge.

103 Torraca 1986, S. 17.

104 Die Schachtöffnungen sind lediglich durch aufgelegte Gitter verschlossen. Vgl Anhang

51 Abbildung 18 Detail der desolaten Asphaltdecke [Herborn;

2011]

Abbildung 19 Hebung des Marmorgesimses und zerbrochene Asphaltdecke [Herborn;2011]

Niederschlagswasser hat somit jede Möglichkeit, von oben her in die Mauer nachzusickern. Eine darunterliegende Sperrschicht in Form eines Marmorgesimses scheint es nicht zu geben. Eine Aufnahme des Asphalts sowie eine Schürfe an dieser Stelle sind dringend notwendig, um Auskunft über eine etwaige Drainage oder sonstige Feuchtesperren sowie deren Zustand zu erhalten und entsprechende Verbesserungen an dieser Stelle vorschlagen zu können. Für die Diplomarbeit aber war hier die Bearbeitungsgrenze zu setzen.

Ein weiterer Schürf in diesem Zusammenhang zur Feststellung möglicher Feuchtesperren und etwaigen Einsickerns von Regenwasser in den Schichtenaufbau im vorderen Terrassenbereich wäre auch auf Höhe des Regenwassereinlaufs (RW-Einlaufschacht) [vgl. Anhang IV Schnitt Abb.02] notwendig.

5.2.3 Rückseitige Durchfeuchtung

Bislang musste angenommen werden, dass eine Durchfeuchtung der Mauer auch rückseitig geschieht.

An einem Punkt in der Konstruktion der Terrassenanlage muss es Kontakt zwischen Stützmauerwerk und aufgeschüttetem Erdreich geben. Wo sich diese Kontaktstelle befindet, konnte noch nicht herausgefunden werden. Ist dieser Kontaktbereich nicht ausreichend gegen die rückseitige Aufnahme von Wasser geschützt, d.h. entsprechend gesperrt worden, wird Feuchte ungehindert aufgenommen und im Objekt weiter transportiert. Auch in diesem Fall würde ein Schürf etwa beim RW-Einlaufschacht Aufschluss darüber geben, ob sich noch weitere Mauern hinter der vermeintlich letzten befinden und ob Beschichtungen der Rückseiten (z.B. mit Asphaltanstriche) vorliegen.

Über die kleine Schachtöffnung und die sich bietenden Einblicke in den Hohlraum wurde versucht, den Erhaltungszustand der zwei erkennbaren Ziegelmauern (folglich Mauer 3 und 4) zu beurteilen. Erstem Anschein nach sind beide Mauern auf voller Länge der Terrassenanlage in einem durchaus guten und vor allem intakten Erhaltungszustand. Ob dem wirklich so ist, müssen tiefergehende Untersuchungen und Prüfungen jedoch erst noch zeigen. Zu möglichen älteren Reparaturen der Wände kann auch mit Hilfe der Aktenrecherche keine Aussage getroffen werden. Vorerst wird angenommen, dass es sich um den bauzeitlichen Zustand der Mauern handelt. Dessen Solidität spricht für eine intakte Sperrung. Die erwarteten Schäden, wie Einbrüche im Mauerwerkverband, starke biogene Besiedlung und zermürbte Bausubstanz, wurden nicht bestätigt. Dennoch war die stark muffig riechende und feucht aufsteigende Luft bei der Aufnahme der Schachtabdeckung auffällig.

52 5.2.4 Oberflächenkondensat

Die merklich hohe Luftfeuchtigkeit im Schacht legt die Vermutung nahe, dass ein Feuchteeintrag auch über Oberflächenkondensat erfolgt.

Kondensat bildet sich, wenn die Oberflächentemperatur des Materials (Ziegelmauerwerk bzw.

Romanzement) niedriger ist, als die Taupunkttemperatur der umgebenden Luft, es folglich also zu einer Taupunktunterschreitung kommt. Dies kann nicht nur an der Materialoberfläche sondern auch innerhalb der Poren geschehen. Freie Wassermoleküle aus der Luft, d.h. Wasserdampf, lagern sich aneinander an. Auf der Objektoberfläche kommt es zur Bildung einer dünnen Schicht flüssigen Wassers, dass über den kapillaren Transport der porösen Baustoffe im Porensystem aufgenommen wird.105

Die im Außenbereich und zudem in ungeschützter Lage befindliche grottierte Terrassenmauer unterliegt allen ganzjährlichen Temperatur- und Luftfeuchteschwankungen. Diese nehmen dabei nicht nur Einfluss auf die vorderste, grottierte Mauerschale. Durch den schmalen Hohlraum hinter den einzelnen Feldern und dem großen Hohlraum im hinteren Terrassenbereich sowie weiteren möglichen unbekannten Hohlräumen muss von verschiedenen klimatischen Zonen auch innerhalb des Objektes ausgegangen werden. Die gering belüfteten Hohlräume stellen, vereinfacht ausgedrückt, Luftschichten dar, die wärmedämmtechnisch als eine Art klimatische Pufferzonen zu bewerten sind. Es wird vermutet, dass sich durch die Luftschichten das Klima der innenliegenden Mauern zeitlich etwas verzögert dem Außenklima angleicht und es zur Taupunktunterschreitung kommt. Dabei spielen natürlich kurz- oder längerfristige Temperatur- und Luftfeuchteschwankungen eine entscheidende Rolle. Steigen die Außentemperaturen im Sommer an, ist die innenseitige Mauerwerksoberfläche durch den zeitlich verzögerten Temperaturausgleich zunächst kälter. Der Taupunkt wird vermutlich unterschritten, Kondenswasser bildet sich und wird kapillar vom Baustoff aufgenommen. Dasselbe tritt auch bei kälteren Außentemperaturen während des Winterhalbjahres ein, wenn die Mauerwerksoberflächen im Inneren wärmer sind, lediglich der Ort des Taupunktes verlagert sich auf die Innenwandseiten. Dieses Phänomen müsste sich demnach in den tieferen Lagen der Terrasse, d.h. beim zweiten bekannten Hohlraum noch verstärkter zeigen, da hier erst recht eine zeitlich versetzte Angleichung an die Außentemperaturen einsetzt. Für den Eintrag von Feuchte über Oberflächenkondensat und in deren Folge auch Salzkristallisation spricht das viele zermürbte Mörtelmaterial im Hohlraum zwischen erster und zweiter Ziegelwand.

Mit entsprechend gut platzierten Messfühlern an den Innenwänden der verschiedenen Mauern muss etwaiges Oberflächenkondensat zukünftig genauer bestimmt werden.

Es zeigt sich, dass der Feuchteeintrag an der grottiertenTerrassenmauer auf mehreren Wegen möglich ist. Die erheblichen Schäden an der Grottierung, dem Bettungsmörtel und dem Mauerwerk sprechen für einen deutlichen starken und vor allem dauerhaften Nässeeintrag. Es ist davon auszugehen, dass der Feuchteeintrag von oben über die undichte Asphaltabdeckung den größeren Anteil, jedoch nicht den alleinigen ausmacht. Es handelt sich vielmehr um ein komplexes, über einen großen Zeitraum hinweg wirkendes Zusammenspiel verschiedener Ursachen. Es gilt den übermäßigen Feuchteeintrag zu mindern bzw. zu unterbinden. Erst dann ist an eine sinnvolle Konservierung und Restaurierung der Grottierung zu denken.

Torraca 1986, S. 106.

53 5.3 Salzanalytik und Salzbelastung

Bereits im Bearbeitungszeitraum des Diploms und der vorhergehenden Facharbeit, d.h. Oktober 2010 bis Juli 2011, war das Ausblühen von Salzen an einer Vielzahl der Felder in den unterschiedlichsten Bereichen zu beobachten. Abgesehen von den klimatischen Bedingungen, die den Transport der Salze durch das Mauerwerk begünstigen, wirken sich, wie bereits erwähnt, auch fehlende oder unzureichende Feuchtesperren und -ableitungen innerhalb der Terrassenmauer aus. Dabei darf auch das Einbringen salzbelasterter Baustoffe in das Objekt nicht außer Acht gelassen werden. Ionen, die zu einer Salzbildung beitragen, werden durch Wechselwirkungen von Umwelteinflüssen und Baustoffgefüge mobilisiert, transportiert und/oder deponiert.

Bauschädliche Salze werden als leichtlösliche, ionare, meist anorganische Verbindungen beschrieben.106 Der Großteil der bauschädlichen Salze setzt sich aus Ca2+, Mg2+, Na+, K+, SO42-, Cl -und CO32- -Ionen zusammen. Die hygroskopischen Eigenschaften insbesondere der leichtlöslichen Salze führen im Klimawechsel zu Sorptions- und Kristallisationsvorgängen. Das heißt, bei einer Verdunstung von Wasser nimmt die Konzentration an Salzionen zu bis die Lösung übersättigt. Es folgt das Ausfallen der Salzphase und sichtbare Auskristallisieren des Salzes. Zum Teil sind diese Vorgänge mit einer hohen Gefügebelastung verbunden.

Lösliche Mauersalze sind an zwei spezifischen Schadprozessen beteiligt: Sowohl flüssiges Wasser als auch Wasserdampf wird von den hygroskopischen (wasserziehenden) Salzen aufgenommen und bewirkt folglich eine Zunahme des kritischen Wassergehaltes im Mauerwerk bzw. verhindert das Austrocknen des Mauerwerkes. Kristallisieren Salze bei der Verdunstung des Wassers wiederum aus, kommt es zu Ausblühungen, die mit einer spezifischen Volumenänderung vor allem bei der Bildung unterschiedlicher Hydratstufen eines Salzes verbunden sind. Im Porenraum setzt bei dauerhaftem Nachschub an Salzlösung über kleine Poren im Gefüge ein enormes Kristallwachstum ein. Man beschreibt dies als (Salz-)Subfloreszenz. Ist der zur Verfügung stehende Porenraum nicht mehr ausreichend, baut sich der sogenannte Kristallisationsdruck gegen die Porenwand auf. Die Folge können Auflockerungen in der Oberflächenzone der betroffenen Materialien sein. Wie lange ein Baustoff dem Kristallisationsdruck standhält, ist neben seinen physiko-mechanischen Eigenschaften mitunter abhängig von der Häufigkeit der Belastungszyklen, also dem Wechsel von Auskristallisation und in- Lösung-gehen der Salze.

Bereits der Habitus der Salze kann helfen, ihre Entstehungsbedingungen am Objekt zu erkennen. Salze kristallisieren abhängig vom zur Verfügung stehenden Feuchteangebot in unterschiedlichen Morphologien. In einer vornehmlich nassen Oberfläche haben die Salze im Lösungstropfen viel Platz und bilden sich isometrisch, d.h. gleichmäßig aus - es kommt zur Bildung dicker Krusten. Bei „trockener“

Oberfläche und wenig Lösungstropfen bildet sich eine dünne Kruste aus. Ist der Feuchteintrag nur kurz, sind eher nadlige Salzkristallformen festzustellen, die auf eine schnelle Kristallisation zurückzuführen sind.107

Entscheidend zum Verständnis der Lösungs- und Kristallisationsvorgänge in der Bausubstanz sind die Löslichkeit108, Deliqueszenzfeuchte/Gleichgewichtsfeuchte109 und Hygroskopizität110 der jeweiligen

106 DBU 2008 S.8.

107 Laue 2008.

108 Beschreibt die nötige Konzentration an Ionen in einer Lösung, die Voraussetzung dafür ist, dass das Salz kristallisieren kann.

Basierend auf der maximalen Menge eines Stoffes, den das Lösemittel Wasser bei einer bestimmten Temperatur aufzunehmen vermag.

(vgl. Laue 2008 S.64)

54 Salze. Die Löslichkeit der Salze und der kapillare Feuchtetransport führen laut GRASSEGGER und SCHWARZ111 zu einer Anreicherung der Ionen in unterschiedlichen Höhen des Mauerwerks, zu sogenannte Fällungssequenzen. Schwerlösliche Salze befinden sich im unteren Wandbereich, leichtlösliche Salze eher in höheren Zonen. „In der obersten Zone kommt es meist zu keiner Fällung mehr, da diese Salze so gut löslich sind, dass nur bei starker Trockenheit die Fällungsgrenzen baupraktisch erreicht werden. Umgekehrt treten die schlechter löslichen Sulfate und Carbonate mit höheren Deliqueszenzfeuchten112 deshalb bevorzugt in den unteren Zonen der aufsteigenden Feuchte auf.“113 Schwer lösliche Salze kristallisieren in der Nähe der Feuchtigkeitsquelle, leichtlösliche Salze - da sie deutlich weiter im Gefüge transportiert werden können - im Grenzbereich zu den nicht durchfeuchteten Arealen.114

Zur Einschätzung der Salzbelastung an der grottierten Mauer wurden Proben in verschiedenen Bereichen der Grottierung genommen und untersucht. Mit Hilfe einer erarbeiteten Jahreswetterübersicht sollen Zusammenhänge von Kristallisation- und Lösungsprozessen mit jahreszeitlichen Schwankungen erläutert werden.

Untersucht werden sollten neben den weißen Salzausblühungen auch die schädigenden orangefarbenen Auswaschungen und schwarzen Krusten auf dem hellen Bettungsmörtel. Die Salzproben, Auswaschung und Krusten wurden oberflächig in den jeweiligen Bereichen abgenommen und anschließend mittels Ionenchromatografie quantitativ und im Einzelnen mittels Mikrochemie qualitativ analysiert.

Salzausblühungen wurden an folgenden Feldern zur Untersuchung entnommen:

Probenname Entnahmestelle Beschreibung Analyse

F3 S2 Feld 3

unterer Mauerbereich

Schleierartige Ausblühungen auf Romanzement im Kontaktbereich mit Zementschlämme

IC

F4 S3 Feld 4

oberer Mauerbereich

Krustige Ausblühungen auf Romanzement im Kontaktbereich mit Zementschlämme

IC und Mikrochemie F6 S4 Feld 6

Mittelmedaillon

Dicke, krustige Ausblühungen auf Romanzement im Kontaktbereich mit Meerohrmuschel

IC

F14 S7 Feld 15

unterer Mauerbereich

Pulvrige Ausblühen an zurückgewitterten Gesteinen im Kontaktbereich mit Zementmörtel

IC und Mikrochemie F15 S8 Feld 15

oberer Mauerbereich

Pulvrige Ausblühungen auf Meerohrmuschel IC und Mikrochemie

109 Die Kristallisation von Salzen resultiert aus der Wasserdampfabgabe unterhalb einer bestimmten relativen Luftfeuchte. Hingegen bewirkt die Wasserdampfaufnahme oberhalb dieser Luftfeuchte eine Solution von Salzen. Die sich einstellende relative Luftfeuchtigkeit wird als Gleichgewichtsfeuchte bezeichnet, diese ist temperaturabhängig.

110 Bezeichnet die Fähigkeit der Salze, Feuchtigkeit aus der Luft aufzunehmen und zu binden.

111 DBU 2008 S. 14.

112 Als Deliqueszenzfeuchte (DRF) bezeichnet man diejenige relative Luftfeuchtigkeit, bei der partikelförmige Salze unter Wasseraufnahme spontan in Lösungströpfchen übergehen bzw. zerfließen. Dabei ist die Größe der DRF abhängig von der Zusammensetzung des Salzteilchens und der Temperatur.

113 Grassegger/ Schwarz 2009, S.14.

114 Fischer/ Kreidel 2001, S. 181.

55 F15 S9 Feld 15

oberer Mauerbereich

Pulvrige Ausblühungen auf Romanzement im Kontaktbereich mit Meerohrmuscheln und Mineralien

IC

F 16 S10 Feld 16

unterer Mauerbereich

Krustige Ausblühungen auf der Zementmörtelergänzung

IC F20 S11 Feld 20

unterer Mauerbereich

Ausblühungen auf Gestein im Kontaktbereich mit Zementschlämme und Romanzement

IC und Mikrochemie

Tabelle 19 Übersicht die analysierte Salzausblühungen

Zur näheren Bestimmung der farbigen Auswaschungen und Untersuchung der schwarzen Kruste wurden jeweils zwei Proben entnommen:

Probenname Entnahmestelle Beschreibung Analyse

F8 A1 Feld 8 oberer Mauerbereich

Orangefarbene Kruste auf hellem

Bettungsmörtel und Meerohren IC

F8 A2 Feld 8 mittlere Mauerbereich

Orangefarbene Kruste auf hellem Bettungsmörtel

Schwarze trockene Kruste auf hellem Bettungsmörtel im Kontaktbereich mit Meerohrmuscheln

Schwarze trockene Kruste auf hellem

Bettungsmörtel Mikrochemi

e

Tabelle 20 Übersicht zu den analysierten Auswaschungen und Krusten

Während die ionenchromatografischen Analysen der Wasserauszüge freundlicherweise von Dipl.

Chem. Christine Fuchs vorgenommen wurden, führte die Verfasserin die mikrochemischen Nachweise selbst durch. Die Ergebnisse der IC-Analyse lassen sich am Besten in einem Diagramm zusammenfassen:

Abbildung 20 Diagramm zu den ermittelten Ionengehalten der grottierten Terrassenmauer [Herborn;2011]

Die Konzentrationsverteilung der I

Äquivalenzkonzentrationen, hier im Diagramm dargestellt, verdeutlicht. Da keine Bohrmehlproben am Objekt genommen werden konnten, kann über die Stärke der Belastung in verschiedenen Höhen Tiefenlagen der Mauer keine Aussage getroffen werden. Die Äquivalenzkonzentrationen zeigen jedoch mit Ausnahme der Probe F4 S3 eine deutliche Sulfatanreicherung in Form von CaSO

Na2SO4 (Thenardit oder Mirabilit). Thenardit und Mirabilit unterscheiden sich hinsic Wassergehaltes: Abgeleitet von BLÄUER BÖHM

Natriumsulfates Thenardit (Na2SO

(Na2SO4 x 10H2O). Deutliche Werte sind auch für Kalium zu S11).

Die mikrochemischen Analysen bestätigten die Ergebnisse der Ionenchromatografie weitestgehend.

Beim Ansäuern mit HCl und anschließendem Eindampfen der Proben bildeten sich vom Tropfenrand her Gipsnadeln aus. Neben positiven Elementnachweisen für Calcium und Sulfat, konnte vor allem in der Probe F15S8 ein deutlich positiver Natriumnachweis durchgeführt werden. Ebenso gut nachweisbar war auch Kalium in den drei oben benannten Proben. Es wurden weitere Elemente w

oder Chlorid nachgewiesen, diese waren jedoch sehr schwach und nicht immer eindeutig. Die Probe F4 S3 reagierte entgegen der Ergebnisse der IC

Diagramm zu den ermittelten Ionengehalten der grottierten Terrassenmauer

Die Konzentrationsverteilung der Ionen in den Ausblühproben wird mit Hilfe der Äquivalenzkonzentrationen, hier im Diagramm dargestellt, verdeutlicht. Da keine Bohrmehlproben am Objekt genommen werden konnten, kann über die Stärke der Belastung in verschiedenen Höhen

Die Konzentrationsverteilung der Ionen in den Ausblühproben wird mit Hilfe der Äquivalenzkonzentrationen, hier im Diagramm dargestellt, verdeutlicht. Da keine Bohrmehlproben am Objekt genommen werden konnten, kann über die Stärke der Belastung in verschiedenen Höhen