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mit 25-Hydroxycholecalciferol zur Prävention der peripartalen Hypocalcämie

5. Übergreifende Diskussion

5.2. Ruminale Calcium-Absorption

Da der aktive Calcium-Transport im Pansen die Anwesenheit kurzkettiger Fettsäuren in der mucosalen Pufferlösung erfordert, ein osmotischer Gradient in der Ussingkammer aber ausgeschlossen werden muss, ist es übliche Praxis, diesen durch die Zugabe von Gluconat zur serosalen Pufferlösung auszugleichen. Inzwischen konnte allerdings gezeigt werden, dass Gluconat den Anteil des freien, ionisierten Calciums am Gesamtcalcium verringert, auf diese Weise einen Gradienten für die transportierbare Form von Calcium schafft und so zu einer Überschätzung der unter diesen Bedingungen ermittelten Fluxraten von mucosal nach serosal führen kann (Leonhard-Marek et al., 2007). Um diese potenzielle Fehlerquelle auszuschließen, wurde für die aktuelleren Arbeiten die mit einem Blutgasanalysegerät gemessene Konzentration des ionisierten Calciums entsprechend angepasst, indem die Konzentration von Gesamtcalcium im serosalen Puffer leicht erhöht wurde. Auch unter diesen Voraussetzungen konnte die Existenz eines aktiven, transzellulären Mechanismus zur Calcium-Absorption im Pansen, die bereits in früheren Studien gezeigt worden war (Höller et al., 1988; Schröder et al., 1997; Schröder et al., 1999; Schröder et al., 2001), in den vorliegenden Arbeiten zweifelsfrei bestätigt werden. Eine Beteiligung Vitamin D-abhängiger Mechanismen kann für beide Spezies aufgrund der hier vorgestellten Ergebnisse (Publikation 2, Publikation 3) nahezu ausgeschlossen werden. Auch die mehrtägige orale Supplementierung mit 25-Hydroxycholecalciferol führte weder bei Schafen zu einer Erhöhung der ruminalen Calcium-Nettofluxraten (unveröffentlichte Ergebnisse) noch bei laktierenden Kühen zu einer Steigerung der präintestinalen Verdaulichkeit von Calcium (Oehlschlaeger et al., 2014).

37 Vor diesem Hintergrund erscheint es besonders interessant, dass bei laktierenden Ziegen eine signifikante (Publikation 7) und bei laktierenden Schafen eine tendenzielle Erhöhung (Klinger et al., 2016) der Calcium-Nettofluxraten im Vergleich zu trockengestellten Tieren beobachtet werden konnte. Begleitet war dieses Phänomen von etwas höheren Kurzschlussströmen und einem schnelleren Abfall derselben nach Zugabe von Ouabain, einem Inhibitor der Na+/K+ -ATPase. Ein positiver Kurzschlussstrom in der Ussingkammer ist unter den angewendeten Versuchsbedingungen Ausdruck einer Nettoverschiebung von positiven Ladungen von der mucosalen zur serosalen bzw. einem Nettotransport von negativen Ladungen von der serosalen auf die mucosale Seite des Epithels. Bei Labornagern konnte gezeigt werden, dass Prolaktin die intestinale Calcium-Absorption erhöht, und dass dieser Mechanismus eine Veränderung der Aktivität von Ca2+- und Na+/K+-ATPasen beinhaltet (Charoenphandhu et al., 2001; Tanrattana et al., 2004; Charoenphandhu et al., 2006). In zukünftigen Untersuchungen sollte deshalb gezielt mit entsprechenden Inhibitoren gearbeitet werden. Zu bedenken ist dabei allerdings, dass die vermeintlichen Effekte der Laktation nicht notwendigerweise allein durch den hormonellen Status der Tiere verursacht sein müssen, sondern dass auch die Konzentrationen von Elektrolyten und Nährstoffen im Panseninhalt in vivo eine Rolle gespielt haben könnte. Diese waren aufgrund der bedarfsdeckenden Fütterung bei den laktierenden Tieren höher als bei den trockenstehenden.

Dass ein gewisser Kraftfutter-Anteil in der Ration die in vitro ermittelten Calcium-Nettofluxraten steigern kann, wurde bereits gezeigt (Uppal et al., 2003). Allerdings wurden in diesen Untersuchungen keine fütterungsbedingten Änderungen des Kurzschlussstroms beobachtet. Aus den Ergebnissen lässt sich ableiten, dass der Effekt kurzkettiger Fettsäuren nicht nur auf unmittelbare funktionelle Interaktionen mit den Transportproteinen des Pansenepithels zurückzuführen ist, sondern dass es auch zu nachhaltigen Änderungen von Expression oder Aktivität kommen muss, die nach der Organentnahme unter in vitro Bedingungen ohne besagte Konzentrationsunterschiede weiterhin nachweisbar sind.

Gleiches gilt für die Auswirkungen der Ration mit negativer DCAD, deren Effekt auf die Calcium-Nettofluxraten über das Pansenepithel von Schafen in der in Publikation 8 vorgestellten Studie untersucht wurde. In diesem Fall kann ein Einfluss unterschiedlicher Konzentrationen kurzkettiger Fettsäuren ausgeschlossen werden, so dass die Veränderungen auf die in vivo erhöhten Konzentrationen von ionisiertem Calcium, Magnesium oder Chlorid, oder aber auf

Übergreifende Diskussion

38 ruminale Mechanismen, die durch die azidotische Stoffwechsellage ausgelöst worden sind, zurückgeführt werden müssen. Die höhere Chlorid-Konzentration könnte den in der apikal im Pansenepithel lokalisierten Chlorid/Bicarbonat-Austauscher stimulieren und so den intrazellulären pH und damit den Gradienten für einen Natrium/Protonen- oder einen zwar postulierten, aber bis zum heutigen Tage nicht experimentell gezeigten Calcium/Protonen-Austauscher erhöhen (Lutz and Scharrer, 1991; Martens et al., 1991). Für Mäuse konnte gezeigt werden, dass die Aufnahme von Natriumchlorid die intestinale Expression des Natrium/Protonen-Austauschers NHE3 stimuliert (Pasham et al., 2013). Die Existenz von NHE3 im Pansenepithel konnte bereits für Schafe und Rinder gezeigt werden (Rabbani et al., 2011). Wie schon erwähnt, ist nicht auszuschließen, dass, wie für den Darm der Ratte beschrieben, die azidotische Stoffwechsellage zu einer quantitativen Veränderung verschiedener am Elektrolyttransport über die Pansenwand beteiligter Strukturen geführt hat (Wongdee et al., 2009). Weiterführende Studien zur Expression von Transportsystemen unter verschiedenen Fütterungsbedingungen sind daher notwendig.

Inwieweit ruminale Mechanismen der in den Bilanzstudien an Schafen festgestellten Erhöhung der scheinbaren Calcium-Verdaulichkeit durch eine Ration mit negativer DCAD zugrunde liegen (Tagungsbeitrag), lässt sich nicht abschließend beurteilen, da diese Versuche an intakten Tieren durchgeführt wurden. In einer Studie an fistulierten Kühen kam es durch eine Ration mit negativer DCAD sogar zu einer Verringerung der präintestinalen Calcium-Verdaulichkeit. In diesen Experimenten befanden sich die Tiere allerdings in Laktation und wiesen auch unter Kontrollbedingungen eine insgesamt recht hohe scheinbare Calcium-Verdaulichkeit von 38%

auf, die durch die negative DCAD nicht gesteigert wurde (Oehlschlaeger et al., 2014). Generell sind Literaturdaten zum Effekt der DCAD auf die scheinbare Calcium-Verdaulichkeit widersprüchlich. Während einige Studien einen positiven Einfluss der negativen DCAD zeigen (Abu Damir et al., 1994; Schonewille et al., 1994; Roche et al., 2007), beschreiben andere Arbeiten sogar negative Effekte (Leclerc and Block, 1989). Ein möglicher Grund für diese Diskrepanzen könnten die unterschiedlichen Calcium-Gehalte in den verwendeten Rationen sein.

In einer Metaanalyse kamen die Autoren zu dem Schluss, dass eine negative Korrelation zwischen der DCAD der Ration und der Verdaulichkeit nur besteht, wenn die Calcium-Aufnahme einen gewissen Grenzwert überschreitet (Lomba et al., 1978). Interessanterweise

39 konnte gezeigt werden, dass der Anteil der präintestinalen an der Gesamt-Verdaulichkeit von Calcium ebenfalls mit einer steigenden Calcium-Aufnahme zunimmt (Khorasani and Armstrong, 1992; Khorasani et al., 1997).

5.3 Einsatz von Vitamin D Metaboliten zur Stabilisierung der peripartalen