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Teil I Überexpression und Reinigung von RoxA

3.7 Konstruktion und Expression von RoxA-Mutanten

3.7.3 RoxA-Mutante W302L

Die im Zusammenhang mit Überexpressionsversuchen von RoxA-Varianten und weiter führender Untersuchungen gewonnenen Erkenntnisse bewiesen letztendlich, dass bei allen p4782.1::roxA tragenden und zur Rhamnose-induzierten RoxA-Expression fähigen Xanthomonas-Stämmen eine Integration des Plasmids in den chromosomalen Genlokus von roxA vorlag. Diese ging auf ein zufällig eingetretenes Ereignis zurück, vermutlich durch langdauernde und wiederholte Kultivierung des Stammes auf Festmedien. Vermutlich auf einem analogen Weg wie bei der Integration des Plasmids p4782.1::roxA ins Xanthomonas-Chromosom durch ein zufälliges Rekombinationsereignis gelang auch die Integration von p4782.1::roxA-W302L ins Chromosom von einem über mehrere Monate auf Selektionsagar mit Kanamycin kontinuierlich überimpften Stamm Xanthomonas sp. 35Y_p4782.1::roxA-W302L, in welchem anfänglich keine RoxA-Expression hatte nachgewiesen werden können.

Bei der Integration des Plasmids durch Rekombination mit der genomischen roxA-Sequenz

und einem des plasmidcodierten roxA-W302L zusammensetzten. Eines wäre durch den natürlichen Promotor, eines durch den Rhamnose-Promotor kontrolliert. Um diesen Stamm zur Expression von RoxA-W302L verwenden zu können, musste die Rekombination in einer Weise erfolgt sein, welche die gewünschte Mutation unter Kontrolle des Rhamnose-Promotors stellte. Eine vollständige Sequenzierung [GATC, Konstanz] beider roxA-Hybridsequenzen belegte, dass der Austausch der Aminosäure Trp302 gegen Leucin innerhalb der Hybridsequenz stattgefunden hatte, die der Rhamnose-Induktion unterlag, und keine zusätzlichen Veränderungen vorlagen (unveröffentlichte Ergebnisse, N. Hambsch).

Die Expression von p4782.1::roxA-W302L wurde beim Vergleich der Absorptionsspektren der Kulturüberstände offensichtlich. Nunmehr war nach Induktion mit 0,1 % Rhamnose ein deutliches Maximum bei 407 nm im unkonzentrierten Kulturüberstand einer LB-Kultur von Xanthomonas sp. 35Y_p4782.1::roxA-W302L zu beobachten, das bei der anfänglichen Kultivierung nicht zu sehen war und nun demjenigen des funktionellen Wt-RoxA-Expressionsstammes Xanthomonas sp. 35Y _p4782.1::roxA zu jedem Zeitpunkt des Wachstums bzw. nach Induktion entsprach (Abb. 3.23). Es wurde das Wachstum beider Kulturen in LB-Medium (Abb. 3.24) und die optischen Spektren der zellfreien Kulturüberstände (Abb. 3.23), sowie deren Latex spaltende Aktivität (Abb. 3.25) zu verschiedenen Zeitpunkten verfolgt.

Abb. 3.23: UV-Vis-Differenzspektren des unkonzentrierten LB-Kulturüberstands von Xanthomonas sp. 35Y_p4782.1::roxA und Xanthomonas sp. 35Y_p4782.1::roxA-W302L [minus des Kulturüberstands je einer mitgeführten, nicht induzierten Kultur gleicher OD] zu verschiedenen Wachstumsstadien (OD600 = 1,5; 4; 7–8) (vgl. Abb. 3.25). Dargestellt ist die absolute Veränderung des optischen Spektrums nach Rhamnose-Zugabe [+Rh] bei 12 h, 22 h und 34 h nach Induktion. Es ist bereits bei geringer OD600 bei beiden Kulturen eine auf die Rhamnose-Induktion zurückgehende vergleichbare Zunahme der Absorption bei 407 nm, die bis zur spätexponentiellen Wachstumsphase weiter zunahm, anschließend stagnierte.

Abb. 3.24: Wachstum von Xanthomonas sp. 35Y_p4782.1::roxA und Xanthomonas sp.

35Y_p4782.1::roxA-W302L in LB-Medium (+Km) in 500 ml-Erlenmeyerkolben, in welchem sich höhere Zelldichten erreichen ließen als bei Großkulturen verwendeten 2 L-Kolben. Den Zeitpunkt der Induktion mit 0,1 % Rhamnose ist markiert der grüne Pfeil. Es sind nur geringe Unterschiede im Wachstumsgeschwindigkeit zwischen rekombinantem Wildstamm und dem die Trp-Mutante exprimierenden Stamm zu erkennen.

Abb. 3.25: Relative RoxA-Aktivität des unkonzentrierten Kulturüberstandes der beiden RoxA bzw.

RoxA-W302L rekombinant exprimierenden Xanthomonas-Stämme im Vergleich bei verschiedenen Wachstumsstadien, bei OD600 1,5 [12 h nach Rhamnose-Induktion] und OD600 4 [22 h nach Induktion]

(vgl. Abb. 3.24 und Abb. 3.23). Die Latex spaltende Aktivität im Überstand von Xanthomonas sp.

35Y_p4782.1::roxA-W302L ist trotz vergleichbarer Cytochrom-typischer Absorption gegenüber mit Xanthomonas sp. 35Y_p4782.1::roxA deutlich vermindert.

0 10 20 30 40 50

0,1 1 10

+ Rh

Xanth. p4782.1-roxA - Rh Xanth. p4782.1-roxA + Rh Xanth. p4782.1-roxA-W302L - Rh Xanth. p4782.1-roxA-W302L + Rh

OD600

Zeit [h]

OD1,5 OD4

0 20 40 60 80 100

rel. Aktivität [% wt-RoxA]

+ 0,1 % Rhamnose

KÜ Xanth._p4782.1::roxA KÜ Xanth._p4782.1::roxA-W302L

Verlangsamung der Wachstumsrate festgestellt und gleiche Zelldichten erreicht. Allenfalls eine minimal verminderte Wachstumsrate wurde nach Rhamnose-Induktion bei der Mutante beobachtet (Abb. 3.24). Für die Latex spaltende Aktivität im LB-Kulturüberstand der Mutante wurden Werte zwischen 15 und 30 % (21 ± 6 %) verglichen mit der Aktivität von Xanthomonas sp. 35Y_p4782.1::roxA bestimmt (Abb. 3.25).

Um sicher zu stellen, dass die verminderte Aktivität nicht auf eine verminderte RoxA-Expression zurückzuführen war, wurde von Wt-RoxA und der W302L-Mutante die sekretierte RoxA-Menge jeweils einer induzierten und nicht induzierten Kultur im UV-Vis-Spektrum und durch SDS-PAGE verglichen. Die Absorptionsmaxima bei 406 nm zeigten sich bei der Mutante ebenso stark wie beim Wildtyp und waren bei Anwesenheit von Rhamnose deutlich größer als ohne den Induktor (Abb. 3.23), wodurch sich die Absorption auf sekretiertes RoxA zurückführen lässt. Im SDS-Gel (Silberfärbung) waren bei der Mutante jedoch nur vergleichsweise wenig intensive Banden auf Höhe von RoxA zu sehen. Eine Hämfärbung offenbarte aber Hämbanden von geringerer Größe, im konzentrierten Kulturüberstand auch zusammenfließende Hämsignale mit längerer Laufstrecke als RoxA (Abb. 3.26). Diese Häm enthaltenden RoxA-Fragmente könnten zusammen mit einer gegenüber Wt-RoxA geringen Menge an korrekt gefaltetem RoxA-W302L die beobachtete hohe Absorption bei 406 nm ergeben.

Diese Befunde belegen eine unverminderte Expression und weisen auf einen Zerfall des Enzyms hin. Insbesondere das Auftreten zusätzlicher unspezifischer kleinerer Hämsignale im Zuge der Konzentrierung des Überstandes könnte auf eine erhöhte Instabilität der Enzymvariante hindeuten.

Abb. 3.26: Hämfärbung nach SDS-PAGE des Kulturüberstandes von Xanthomonas sp. 35Y _p4782.1::roxA und Xanthomonas sp. 35Y _p4782.1::roxA-W302L nach Induktion mit 0,1 % (w/v) Rhamnose. Vom unkonzentrierten bzw. eingeengten Kulturüberstand (≈20x) wurden jeweils gleiche Volumina aus beiden Kulturen aufgetragen. M: Marker; KÜ:

Kulturüberstand; wt: Wildtyp, unverändertes RoxA; WL:

RoxA-W302L.

Trotz annähernd gleicher Absorption im UV-Vis-Spektrum ist bei der Trp-Mutante im unkonzentrierten Kulturüberstand (KÜ WL) ein Zerfall des gebildeten RoxA in kleinere Fragmente zu sehen. Dieser zeigt sich deutlicher nach Konzentrierung durch Ultrafiltration (KÜkonz WL). Das Gel zeigt nur noch wenig intaktes RoxA nach Konzentrierung. Dass Hämbanden mit längerer Laufstrecke von RoxA stammen, zeigt sich am Auftreten von Banden bestimmter Größe, die auch im KÜ des Wildtyps (wt) zu geringerem Anteil zu sehen sind (Pfeile) und wie bereits mehrfach beobachtet durch Abkochen der Proteinproben entstehen.

Trotz dieser Ergebnisse wurden Versuche unternommen, RoxA-W302L auf konventionellem Wege chromatographisch zu reinigen. Dies erwies sich jedoch als schwierig, da die zu erwartenden kleineren Fragmente durch einen Zerfall des Enzyms ein verändertes Bindungsverhalten aufwiesen. Für eine Interaktion mit dem Säulenmaterial ist die Protein- bzw. Peptidoberfläche entscheidend. Doch nur eine sehr geringe Menge eluierte über Q-Sepharose FF in der erwarteten Weise in relativ sauberer Form, was eine auf die Proteinmenge bezogene relativ hohe Aktivität anzeigte. Der größte Teil der RoxA-Fragmente befand sich im Durchlauf und ließ sich mit dem gleichen Material mit variiertem pH-Wert des Laufpuffers und auch mit Hydroxyapatit-Chromatographie nicht nennenswert von Verunreinigungen trennen. Trotz hoher Häm-Absorption waren dort die auf die Proteinmenge bezogenen Aktivitäten sehr gering. Dennoch gelang es, eine geringe Menge des Enzyms in einer ausreichenden Reinheit (Abs406/Abs280 = 0,8) zu isolieren, mit welcher Aktivitäts-bestimmungen durchgeführt werden konnten. Dieses wurde durch Ultrafiltration angereichert und die RoxA-Konzentration über die Häm-Absorption bei 406 nm abgeschätzt. Mit rekombinantem, unverändertem RoxA wurden gleiche Konzentrationen im Aktivitätstest verglichen. Die Aktivität der mutierten RoxA-Variante wurde insgesamt auf 58 ±7 % bestimmt (vgl. Abb. 3.27 a). Dieser Wert ist deutlich höher als derjenige bei gleichen Mengen des ungereinigten Kulturüberstandes (s. o.) und könnte angesichts des hohen Anteils an fragmentiertem Enzym darauf hinweisen, dass ein geringer Anteil des exprimierten RoxA-W302L, welcher sich isolieren ließ und sich in der Chromatographie gleich dem unveränderten Enzym verhielt, korrekt gefaltet und somit stabiler war.

(a) (b)

Abb. 3.27: Relative RoxA-Aktivitäten (=ODTD-Peakflächen im HPLC-Chromatogramm) von gereinigtem rekombinantem RoxA-W302L und Wt-RoxA aus zwei verschiedenen Präparationen (RoxA_1, RoxA_2). (a) Ermittelte Aktivität nach 3,5 bzw. 15 h Inkubation im Testansatz bei 37°C.

Die Aktivität der RoxA-Mutante lag bei ca. 60 % derjenigen von Wt-RoxA. (b) Aktivität nach 3,5 h im Vergleich bei 30°C, 37°C und 45°C. Die Aktivität, bei 37°C und 45°C verhielt bei Wt-RoxA in etwa gleich (Optimum 40°C nach Braaz et al., 2004), war bei RoxA-W302L nur leicht vermindert.

RoxA-W302L RoxA_1 RoxA_2

rel. ODTD-Peakfläche

RoxA-Präparation

3,5 h 15 h

RoxA-W302L RoxA_1 RoxA_2

rel. ODTD-Peakfläche

RoxA-Präparation

30°C, 3,5 h 37°C, 3,5 h 45°C, 3,5h

Eine anfänglich vermutete Hitzeinstabilität des mutierten RoxA scheint auf die Gesamtheit zuzutreffen, weniger jedoch auf das gewünschte, korrekt gefaltete W302L-Protein, das sich isolieren ließ. Ein geringer, kaum signifikanter Aktivitätsverlust wurde bei der Mutante im Aktivitätstest bei 45°C festgestellt, der bei den Wt-Präparationen nicht zu sehen war (Abb.

3.27 b).

Jüngst konnte nach erneuter Isolierung von RoxA-W302L gezeigt werden, dass bei schrittweiser anaerober Reduktion (Na+-Dithionit) dieser mutierten Enzymvariante, deren zwischen den Häm-Propionatgruppen lokalisierte aromatische Aminosäure Trp302

ausgetauscht worden war, die Zunahme des zweiten Maximums der α-Bande bei 553 nm erst mit deutlicher Verzögerung im Vergleich zu Wt-RoxA zunahm. Umgekehrt blieben im Zuge der Reoxidation mit Ferricyanid die beiden Signale bei 549 nm und 553 nm in etwa gleicher Ausprägung bis fast zur vollständigen Oxidation bestehen (unveröffentlichte Beobachtung N.

Hambsch), wobei Reduktion und Reoxidation bei Wt-RoxA etwa in gleicher Weise verlaufen (s. Kap. 3.9.1). Dies kann als Hinweis auf eine direkte Beteiligung von Trp302 an der Elektronenverschiebung zwischen den Hämzentren verstanden werden, wie es in analoger Weise für Tryptophane an gleicher Position in bakteriellen Cytochrom c Peroxidasen vermutet wurde (de Smet et al., 2006). Wie an diesem Beispiel offensichtlich wird, kann der Vergleich zu Proteinen mit gewisser Ähnlichkeit in Sequenz bzw. Struktur eine wertvolle Hilfestellung zur Entschlüsselung des Wirkungsmechanismus von RoxA leisten. Es wurde daher die Proteindatenbank regelmäßig auf Einträge von Proteinen mit Ähnlichkeiten in der Aminosäuresequenz zu RoxA untersucht.