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2.1 Rhodococcus equi (R.equi) 2.1.1 Allgemeines

Die Rhodokokkose ist eine seit 1923 bekannte Infektionskrankheit (MAGNUSSON 1938), an der vor allem Fohlen erkranken (MUSCATELLO 2012). Die dadurch entstehende pyogranulomatöse Bronchopneumonie führt weltweit zu hohen Verlustraten in der Pferdeaufzucht (ELISSALDE et al. 1980). Auch im Nutztierbereich richtet R. equi Schäden an. So kann es, allerdings sehr selten, bei Schweinen zu granulomatösen Lymphadenitiden (TAKAI et al. 1996), bei Rindern zur Abszessbildung in Lymphknoten, Bronchopneumonien und Mastitiden (PRESCOTT 1991) kommen. Erkrankte Ziegen zeigen Abszesse in der Leber, sowie ebenfalls Bronchopneumonien (TKACHUK-SAAD et al. 1998). Cameliden können an einer systemischen Form leiden, entwickeln Pneumonien oder Abszesse in Lymphknoten (KINNE et al. 2011). Äußerst selten wird auch von Pneumonien und Wundinfektionen bei Hunden und Katzen berichtet (TAKAI et al. 2003). Immunschwache Menschen, wie Neonate oder HIV-Positive, können durch R. equi als opportunistischer, pathogener Erreger an lebensbedrohlichen Pneumonien erkranken (DONISI et al. 1996).

2.1.2 Der Erreger

R. equi ist ein grampositives, pleomorphes und unbewegliches Bakterium (GOODFELLOW 1977). Der aerobe und nicht sporenbildende Bodensaprophyt wächst am besten in trockenen Böden bei warmen Temperaturen und Beimischung von Herbivorenkot (HUGHES u. SULAIMAN 1987). R. equi kann sich im Darm vermehren, was für einen fäkal-oralen Lebenszyklus sorgt. Da die Infektion aber überwiegend inhalativ erfolgt, wird sie neben einer hohen Bestandsdichte durch trockenes Wetter und Staub in der Atemluft der Tiere begünstigt (MUSCATELLO et al. 2007).

R. equi ist zumeist ein harmloser Umweltbewohner; erst die Expression von virulenzassoziierten Plasmiden (pVAP) machen den Erreger pathogen. Erkrankte Fohlen scheiden eine hohe Zahl an Pathogenen über den Kot aus (VENNER et al.

2007b). Die Vermehrung des Bakteriums erfolgt in der Lunge ausschließlich in mononukleären Leukozyten (JOHNSON et al. 1983). Dabei werden die Bakterien durch Rezeptoren erkannt und phagozytiert (HONDALUS et al. 1993). Die virulente

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Form von R. equi ist in der Lage, die intrazelluläre Lysosomen-Phagosomen-Fusion zu hemmen und so einer Ansäuerung und damit der Eradikation zu entgehen (ZINK et al. 1987; TOYOOKA et al. 2005). Die unkontrollierte Vermehrung von R. equi in Makrophagen führt zum Zelltod durch Nekrose und dadurch zur Abszessbildung (LÜHRMANN et al. 2004).

2.1.3 Erkrankung des Fohlens

R. equi kann weltweit in vielen Pferdebetrieben nachgewiesen werden, Fohlen erkranken aber in manchen Betrieben endemisch, in anderen sporadisch und in vielen gar nicht (GIGUÈRE et al. 2011). Die typische respiratorische Erkrankung betrifft Fohlen in einem Alter von 1 bis 6 Monaten (PRESCOTT 1991). Ohne Behandlung ist eine Mortalität bis 80 % beschrieben (HILLIDGE 1987).

Pneumonie

Erkrankte Fohlen zeigen eine subakute oder chronische pyogranulomatöse Bronchopneumonie (ZINK et al. 1986). Die pyogranulomatösen Konsolidierungen können dabei mehrere Zentimeter groß werden (MIESSNER u. WETZEL 1923; BAIN 1963). In seltenen Fällen kann es zu akuten bis perakuten Verläufen kommen.

Betroffene Fohlen können dann innerhalb von wenigen Stunden versterben. Dabei handelt es sich zumeist um interstitielle Pneumonien mit diffusen, kleinen Läsionen (MARTENS et al. 1982).

Extrapulmonale Erkrankungen

Extrapulmonale Erscheinungen sind nicht ungewöhnlich und senken die Überlebenswahrscheinlichkeit deutlich (REUSS et al. 2009). 50 % der Fohlen mit Bronchopneumonie weisen auch intestinal pathologische Veränderungen auf. Dabei kann es entweder zu multifokalen Ulzera in Dick- und Blinddarm kommen oder zu einem einzigen großen Abszess im Gekröse, der mit einer schlechten Prognose verbunden ist (ZINK et al. 1986). Immunmediierte Entzündungsprozesse verursachen häufig sterile Polysynovitiden (SWEENEY et al. 1987). Durch die Verschleppung von R. equi über das Blut sind auch septische Synovitiden und Osteomyelitiden, sowie Diskospondylitiden beschrieben (GIGUERE u. LAVOIE 1994; CHAFFIN et al. 1995).

R. equi kann durch Bakteriämie einen Großteil aller Organe befallen (REUSS et al.

2009).

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4 2.1.4 Diagnostik

Der chronische Krankheitsverlauf in Kombination mit der Fähigkeit des Fohlens, einen Funktionsausfall eines großen Lungengebietes zu kompensieren, macht eine klinische Diagnose im Frühstadium schwierig. Am häufigsten kommt es zu einer milden Pneumonie, die vereinzelt pyogranulomatöse Veränderungen in der Lunge ohne klinische Symptomatik aufweist (VENNER et al. 2007a). Schreitet der Krankheitsprozess fort, werden klinische Symptome wie Husten, Rasseln der Trachea, mukopurulenter Nasenausfluss, Fieber, Lethargie und angestrengte Atmung beobachtet (GIGUÈRE et al. 2011). Häufig kann eine Leukozytose im Blut nachgewiesen werden (GIGUÈRE et al. 2003), die aber im frühen Stadium der Erkrankung nicht zuverlässig ist (ALTHAUS 2004). Labordiagnostisch erweist sich die Detektion von R. equi ebenfalls als unzuverlässig. So konnte in einer Studie gezeigt werden, dass durch Kulturanzucht bzw. PCR aus Tracheobronchialsekret keine verlässlichen Sensitivitäten erreicht werden (VENNER et al. 2006). Die Ultrasonographie des Thorax stellt in endemisch betroffenen Gestüten die sicherste diagnostische Methode dar (ALTHAUS 2004).

2.1.5 Therapie

In vielen Fällen heilen die kleinen pyogranulomatösen Pneumonieherde, die mit einer milden, subklinischen Erkrankung einhergehen, spontan ab (VENNER et al. 2012;

VENNER et al. 2013a). Nimmt die Erkrankung jedoch einen ernsten Verlauf und zeigen die Fohlen klinische Symptome, ist eine antibiotische Therapie unverzichtbar (PRESCOTT 1991). Die intrazelluläre Lokalisation und vorhandene Resistenzfaktoren (β-Laktamasen, Aminoglycosid-Phosphotransferasen und Effluxpumpen) von R. equi grenzen die Wahl der anwendbaren Antibiotika ein (LETEK et al. 2010; VÁZQUEZ-BOLAND et al. 2013). Die Kombination eines Makrolidantibiotikums mit Rifampicin konnte bereits vor über 30 Jahren die hohe Mortalität von erkrankten Fohlen senken und ist bis jetzt Goldstandard in der Therapie der R. equi-Pneumonie (HILLIDGE 1987;

GIGUÈRE et al. 2011). Beide Antibiotika sind zwar in vitro wirksam gegen R. equi, sollten aber in vivo nicht als Monotherapie verwendet werden, um der Entstehung von Resistenzen vorzubeugen (PRESCOTT u. NICHOLSON 1984; NORDMAM u.

RONCO 1992). Das früher eingesetzte Makrolidantibiotikum Erythromycin wurde durch Makrolide einer neuen Generation ersetzt. Diese haben den Vorteil, dass sie im Vergleich deutlich niedriger dosiert und das Gabeintervall verlängert werden konnte

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(GIGUÉRE et al. 2004). Zu den Makroliden der neuen Generation gehören u.a.

Azithromycin, Clarithromycin, Gamithromycin und Tulathromycin. In vielen Studien konnte gezeigt werden, dass Azithromycin als Monotherapie und in Kombination mit Rifampicin sehr gut wirksam gegen R. equi ist und die pyogranulomatösen Veränderungen in der Lunge innerhalb von Tagen zurückgehen (VENNER et al.

2007a; VENNER et al. 2013b). In einer retrospektiven Studie weist Clarithromycin in Kombination mit Rifampicin eine verkürzte Behandlungsdauer im Vergleich zur Kombination Azithromycin-Rifampicin auf (GIGUÉRE et al. 2004). Dieses Ergebnis sollte die Wahl des geeigneten Makrolids jedoch nicht beeinflussen, da die Bioverfügbarkeit von Clarithromycin bei Gabe von Rifampicin sehr stark reduziert wird (PETERS et al. 2011). Gamithromycin weist ebenfalls eine starke klinische Wirksamkeit gegenüber R. equi auf, jedoch werden Nebenwirkungen wie Koliken und Lahmheit beobachtet (HILDEBRAND et al. 2015). Eine aktuelle Studie von Rutenberg et al. zeigt, dass Tulathromycin bei moderat an R. equi erkrankten Fohlen eine hohe Genesungsrate von 88,6 % im Gegensatz zur Placebogruppe mit 27,5 % aufweist (RUTENBERG et al. 2017).

Generell sollte die Therapie drei bis 12 Wochen andauern, je nach Schweregrad der Erkrankung. Ausschlaggebend ist, dass sich ultrasonographisch darstellbare Verdichtungen zurückbilden und evtl. vorhandene klinische Symptome abklingen (GIGUÈRE et al. 2011; VENNER et al. 2013b).