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Restauration durch Hubert Sandtner 1987-1989

Im Dokument ST. GALLER ORGELFREUNDE OFSG (Seite 22-27)

Nach Auffinden der originalen Orgelbauakten im Jahre 1980 durch U. Höflacher [4]

konnte auch die ursprüngliche Disposition ermittelt werden. 1983 empfahl ein Gutachten der Orgelbaufirma Kuhn (Männedorf) die Rückführung der Orgel in den Holzhey-Zustand, obwohl im Lauf der Zeit sehr viel an der Originalsubstanz verändert worden war. Der Auftrag zur Restauration / Rekonstruktion wurde an die FirmaSandtner (Dillingen/Donau) vergeben. Nachdem man anfänglich noch die Restauration eines gewachsenen Zustandes ins Auge fasste, bestätigten die Untersuchungen am Pfeifenmaterial, dass es richtig war, den Originalzustand der Holzhey-Orgel von 1787 herzustellen. Nur 2,1% der Pfeifen stammen von Kiene, 0.4% von Weigle. Dagegen ist ein grosser Teil des Pfeifenmaterials, nämlich 53%, original von Holzhey erhalten, darunter vor allem die charakteristischen Einzelstimmen Salicional, Gamba, Flautravers, Nachthorn und Holflöten. Bei der Restauration mussten somit unter den Labialstimmen hauptsächlich die Prinzipale erneuert werden, deren Rekonstruktion infolge ihrer einheitlichen Mensur bei Holzhey relativ wenig Probleme bot. Anhand von originalen Vorbildern aus andern Holzhey-Orgeln wurden diese Stimmen, wie auch Spizflöten, Rohrflöten Diskant, Unda maris, Subbass, Oktavbass, z.T.

Viola und Copel, nachgebaut.

Disposition der Orgel in der ehemaligen Klosterkirche Weissenau6 Johann Nepomuk Holzhey (1785-1787)

I. Hauptwerk C-f3 II. Positiv C-f3

Praestant 16' z.T. Prospekt Principal 8'

Principal 8' z.T. Prospekt Rohrflöten 8'

Copel 8' Holz Salicional 8'

Quintadena 8' Unda maris 8'

Gamba 8' Flautravers 8' ab g°

Viola (Schwebung) 8' Holz Octav 4'

Oktav 4' Holflöten 4'

Flöten 4' Fugari 7 4'

Nazard 2-fach 2' Quint 3'

Superoctav 2' Hörnle 2-fach 2' + 13/5'

Sexqualter 3-4fach 3' Cimbal 5-fach 2'

Mixtur 6-fach 2' Fagott Bass 8' bis fis°

Cornet 3-fach 3' ab g° Hautbois Diskant 8' ab g°

Trompet 8'

Claron 4'

III. Echo C-fis° / g°-f3Pedal C- a° (bzw. bis d')

Nachthorn 8' Subbass 16' Holz, offen

Dulciana 8' Oktavbass 8' Holz

Spizflöten 4' Violonbass 8' z.T. Prospekt

Flageolet 2' Cornetbass 4-fach 4'

Cornet Resit 4-fach 4' ab g° Bompard 16' Holz

Vox humana Bass 8' Trompet 8'

Vox humana Diskant 8' Claron 4'

Cromorn Bass 8' Schalmei Diskant 8' Tremulant für Diskant

Koppeln: Positiv-Cupl (II-I), Echo-Cupl (III-I), Tuttibass (I-Pedal).

Pedalkoppel als Ventilkoppel gebaut.

Zungenregister des HW lassen sich nicht in das Pedal koppeln.

Grosse Oktave von Prestant 16' nur bei gezogener Pedalkoppel spielbar.

Pedalklaviatur auswechselbar: Originales "Klötzchenpedal" C-a°

oder konventionelles Pedal C-d' Schleifladen, mechanische Traktur. Winddruck 70 mm WS.

Stimmung: Werckmeister III. a' = 442 Hz (bei 15° C).

Restauration: Hubert Sandtner, Dillingen (1987-1989)

6 Die Disposition der Orgel in Weissenau ist praktisch identisch mit jener in Obermarchtal mit Ausnahme des Registers Fugara 4': In Obermarchtal steht dafür das Register Sifloet 2'.

Uebersicht: Bestand originaler und rekonstruierter Pfeifen

29 Labial-Zinnregister: 2392 Pfeifen erhalten 62% rekonstruiert 38%

4 Labial-Holzregister: 152 Pfeifen erhalten 30% rekonstruiert 70%

8 Zungenregister: 336 Pfeifen erhalten 0% rekonstruiert 100%

total 41 Register: 2880 Pfeifen erhalten 53% rekonstruiert 47%

Rechnet man die 59 Blindpfeifen des Prospektes und die 50 neuen Pfeifen der Pedalerweiterung dazu, so ergibt dies für die Orgel nach der Restauration 1989 eine Gesamt-Pfeifenzahl von 2989.

Wegen ihrer atypischen Bauart und Mensur erwiesen sich die Pfeifen vom Umbau 1949-50 als ungeeignet für eine Wiederverwendung. Die Rekonstruktion der Holzpfeifen erfolgte in der eigenen Werkstatt von Orgelbau Sandtner, die Firma Hildenbrand (Ueberlingen) übernahm den Bau der Zinn-Labialpfeifen; Giesecke (Göttingen) konstruierte die Zungenpfeifen. Einiges Kopfzerbrechen bereitete die Rekonstruktion der Zungenregister, für die fast keine Holzhey-Vorbilder existieren. Einzig für das Register Bombarde 16' konnte aufgrund erhaltener Bauteile in Rot (Becher), Ursberg (Stiefel) und Oberelchingen (ein Zungenblatt Fis 8') ein Bauprinzip gefunden werden. Die so ermittelte Zungenstimme ergab eine praktisch identische Bauweise mit der Bombarde 16' in der Dreifaltigkeitsorgel Riepps in Ottobeuren. So wurden auch die restlichen 7 Zungenregister anhand des Rieppschen Vorbildes nachgebaut.

Die Windladen waren 1949-50 erheblich abgeändert und die Kanzellenquerschnitte vermindert worden. Nach Zerlegung wurde die originale Bauweise und die originale Reihenfolge der Register wiederhergestellt. Der Magazinbalg von 1950 und die alte Balg-Treteinrichtung wurde entfernt und eingelagert. Anhand des Vorbildes wurden die Windkanäle und 2 Faltenbälge rekonstruiert, betätigt durch eine selbsttätige Aufziehvorrichtung. Der Balgstuhl bietet Platz für den nachträglichen Einbau von 3 weiteren Bälgen entsprechend dem ursprünglichen Zustand.

Zweifelsfreie Angaben über die originale Stimmtonhöhe und die Temperierung der Orgel konnten nicht gefunden werden. Man entschied sich für die Stimmung nach Werckmeister III; Stimmtonhöhe a' = 442 Hz (bei 15° C).

Die Traktur wurde repariert/rekonstruiert und in die originalen Verläufe verlegt, desgleichen Rekonstruktion der Manualklaviaturen, der Spiel- und Koppelanlage im Spieltisch und der Wellaturen nach historischem Vorbild (Neresheim). Die Spielart ist nun leichtgängig und sensibel. Das französische Klötzchenpedal wurde nach dem Vorbild Oberelchingen angefertigt. Eine zweite, einfach auswechselbare Pedalklaviatur (vgl. die

Spieltisch der Orgel in Weissenau: Oben mit dem erweiterten Pedal bis d' in Anlehnung an heutige Mensuren; unten mit dem rekonstruierten Klötzchenpedal

bis a° und kurzen Untertasten.

Konzession in Weingarten) mit normal langen Untertasten und einem gemässigt modernen Tonumfang bis d' steht zur Verfügung. Die Pfeifen der Pedalerweiterung um 5 Töne -bewusst abgetrennt von der historischen Anlage und jederzeit reversibel - sind mit elektrischer Traktur angeschlossen und erhalten den Wind von einer Ergänzungswindlade auf dem Mauergesimse, das durch die Orgel führt.

Die Marmorbemalung des Gehäuses wurde abgelöst. Entsprechend den Vorbildern in Rot und Ursberg erhielt es eine vornehme klassizistische Weiss-Fassung mit vergoldeten Ornamenten. Diese dürfte der ursprünglichen Absicht Holzheys am ehesten entsprechen, auch wenn sie aus finanziellen Gründen nie realisiert werden konnte. Bei neueren Erkenntnissen könnte sie ohne Beschädigung der darunter liegenden originalen Grundierung später wieder abgetragen werden. Die Gehäusetüren erhielten neue Beschläge.

Das Medaillon mit der Inschrift über dem Brückenwerk wurde durch eine Uhr nach dem Vorbild Ursberg ersetzt.

Im Dokument ST. GALLER ORGELFREUNDE OFSG (Seite 22-27)