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Der Holzhey-Stil

Im Dokument ST. GALLER ORGELFREUNDE OFSG (Seite 27-32)

Holzhey ist Oberschwabe wie Joseph Gabler und als Schüler von Karl Joseph Riepp durch beide Meister geprägt. Die kunstvolle und zuweilen kühne Gestaltung der Prospekte zeigt den Einfluss Gablers. Disposition und technische Anlagen, Trakturen und Windladen verraten die Schule Riepps. So schuf Holzhey durch Verbindung süddeutscher und französischer Orgelbautraditionen in eigenschöpferischer Weise klanglich vielgestaltige Instrumente. Er repräsentiert den süddeutschen Orgelbau des Klassizismus, den Uebergang vom Spätbarock zur Frühromantik.

Wie schon im Barock, mussten auch die klassizistischen Kirchenräume Helligkeit und Licht einlassen. So sind auch bei Holzhey die Westfenster harmonisch in die Orgelprospekte einbezogen. Baustilmässig sind die früheren Orgeln dem Rokoko zuzuordnen; Weissenau und Obermarchtal (um 1785) tragen teilweise, Neresheim (1797) ganz klassizistische Züge.

Diese Orgeln haben kein eigentliches Gehäuse mehr: Sie stehen sozusagen nur hinter einer Fassade, die keine tragende Funktion ausübt. Hinten sind die Stimmböden direkt mit der Kirchenmauer verankert. Das stabil und sauber ausgeführte Gehäuse wird nicht mehr vom Orgelbauer angefertigt, sondern vom Schreiner. Die Orgeln klassizistischen Stils sind ganz in Weiss gefasst und fügen sich so in die Architektur ein.

Holzhey baut alle dreimanualigen Orgeln nach dem gleichen Prinzip: Zwei grosse Türme stehen zu beiden Seiten des Westfensters. Dahinter befinden sich die Pfeifen der drei Manuale auf drei Etagen, sofern es die Raumhöhe zulässt: Die Hauptwerkslade am Fusspunkt der grossen Prospektpfeifen, das II. Manual darüber. Das Echowerk (III) liegt unterhalb der Hauptwerkslade. Die Pfeifen des Pedals stehen seitlich von den grossen Türmen. Die beiden Prospektteile werden durch ein Brückenfeld über dem Westfenster miteinander verbunden.

Disposition

Holzhey erweiterte die süddeutsche Orgel mit ihren Prinzipalen, Streichern und Flöten mit dem französischen Zungenchor und den Kornetten 8 und schuf so einen neuen, in seiner Vielfalt sehr farbenreichen oberschwäbischen Orgeltyp. Der Dispositionsaufbau mit der klaren Funktion für jedes Register entspricht der französischen Schule von Riepp (Ottobeuren). Damit entstehen neue Teilwerke: Die Prinzipalreihen finden sich bei Holzhey bevorzugt auf dem Hauptmanual. Nur bei den frühen Instrumenten (z.B.

Weissenau) ist das Plenum auf das I. und II. Manual aufgeteilt (Mixtur + Zimbel); zum vollen Spiel ist hier die Manualkoppel nötig. Farbige Solostimmen enthält das II. Manual (Oberwerk). Das III. Manual, ein von Riepp inspiriertes Neukonzept, ist gleichzeitig Echowerk und Kornettwerk. Zunehmend entwickelt sich auch, entsprechend dem Trend, eine dynamische Abstufung der Manuale.

DasHauptwerkwirkt eher traditionell und enthält ein starkes Prinzipalgerüst auf 16'-Basis mit noch eher hohen Mixturen. Seine Plenumsfunktion wird unterstützt durch Zungen und Kornette nach französischem Vorbild. So entsteht ein strahlend-majestätisches, jedoch infolge einheitlicher Mensurierung der Prinzipale durchsichtiges und nie schreiendes Plenum.

Das II. Manual, bei Holzhey meist Oberwerk oder Farbenwerk genannt, ist eher zum lyrischen Spiel vorgesehen. Es ist ein Positivwerk mit verkleinertem Prinzipalchor und einem (wie bei Gabler) höchstens angedeuteten Zungenchor. Neben farbigen Flöten- und Streicherstimmen finden wir hier ein zerlegtes Cornet: das alte schwäbische Hörnle 2' + 13/5' (allerdings Prinzipalmensur im Gegensatz zum Cornet) und die Quinte 22/3' ). Im Unterschied zu Riepp verwendet Holzhey ausser Quint 22/3' (=3') keine andern Einzelaliquoten.

Das Echowerk (Cornetwerk) ist - als III. Manual bei den grossen Orgeln - wie das französische Echo im Untergehäuse der Orgel eingebaut und mit Türen versehen, die geöffnet werden können. Offenbar unter dem Eindruck von Riepp entwickelte Holzhey die Idee, das Solo-Kornett ins Echowerk hineinzunehmen und beide Werke zusammenzufassen. So enthält dieses Werk mit dem französischen Cornet, den oberschwäbischen Streichern und der Vox humana Gablers einen spezifischen Klangcharakter. Prinzipalstimmen fehlen. Die Register sind entsprechend dem traditionellen französischen Vorbild oft unterteilt in Bass und Diskant (fis°/g°).

Das Pedal ist in Frankreich wie in Süddeutschland, und überdies zeitentsprechend, eher knapp dotiert. Auch bei Holzhey besitzen selbst grosse Werke meist nur ein 16'-Labialregister: einen (offenen) Subbass, der sich eindrücklich der jeweiligen Klangstärke in den Manualen anpasst. Obermarchtal und Weissenau, also eher frühe Orgeln, besitzen noch eine Pedalmixtur (Kornettbass 4').

Register und Pfeifen

Holzhey verwendet selten Holzregister; Weissenau besitzt vergleichsweise viele. Wegen ihrer oft beschränkten Lebensdauer (Holzwurm!) sind zudem nur wenige von ihnen erhalten. Vermutlich bevorzugte er die Metallregister, wie Riepp auch, weil sie besser zu intonieren sind. Die Metallpfeifen enthalten rund 50% Zinn und 50% Blei. Der Zinngehalt bei Prinzipalregistern, besonders im Prospekt, ist gelegentlich höher, bei Gedackten meist etwas tiefer. Riepp und Gabler brauchten dagegen meist mehr Zinn. Zum Schutz vor Korrosion überzieht Holzhey wie Riepp die Pfeifen mit einem Lack. Aus Spargründen ist das Pfeifenwerk recht dünnwandig. Durch Stimmen und Alterung sind hierdurch viele Metallpfeifen (besonders Zungen) im Fuss eingeknickt und häufig schlecht erhalten.

Holzhey benutzt bei allen Orgeln für Prinzipale und Kornette eine einheitliche Mensur. Im Vergleich zur Töpferschen Normalmensur verläuft die Prinzipalmensur Holzheys im Bass enger, im Diskant weiter. Die Mensur des Prinzipals ist für 8' ungefähr gleich wie bei Riepp; letzterer baut aber seine 4'-Prinzipale deutlich weiter. Gabler anderseits verwendet engere Prinzipalmensuren (vgl. S. 60). Wie Gabler, hat scheinbar auch Holzhey bezüglich der Mensuren wenig auf Raumgrösse und Akustik Rücksicht genommen. So musste er mittels entsprechender Intonation, zum Beispiel durch Veränderung der Aufschnitthöhen, die Register den unterschiedlichen Räumen anpassen. Dies hatte neben anderem auch den Vorteil, dass er seine Pfeifen während der kalten Winterperiode auf Vorrat in der eigenen Werkstatt anfertigen konnte. An Intonationshilfen finden wir bei den Metallpfeifen kleine Stummel-Seitenbärtchen; die Streicher besitzen zwecks besserer Ansprache Unterbärte. Zur Stabilisierung des Luftbandes enthalten die meisten Pfeifen Kernstiche.

Holzhey hat auch einige Register neu geschaffen. 1784 baute er, vermutlich als erster, eine Klarinette 8'. Die Flautravers 8' in der Konstruktion ohne Ueberblasloch ist ebenfalls eine Erfindung Holzheys. Im Gegensatz zu Riepp braucht Holzhey keine offenen Flöten 8'.

Trakturen, Spieltisch, Klaviaturen

Wie bei Gabler, ist auch für Holzhey eine komplizierte Mechanik mit oft langen Trakturen bis zu 12 Metern typisch. Trotzdem ist die Spielart angenehm und leicht. Im Gegensatz zu Riepp, aber gleich wie Gabler, baut auch Holzhey auf der Westempore immer freistehende Spieltische. Diese sind durchwegs kunstvoll gestaltet. Bei den Chororgeln sind die Spieltische in den Chorstühlen eingebaut oder dann freistehend in der Mitte des Chorraumes.

Der Klaviaturumfang ist mit 54, bezw. 22 Tönen (im Manual C-f''', im Pedal C-a°) grösser als bei Gabler. Bei Chororgeln reicht das Pedal gelegentlich nur bis f°. Die Untertasten sind original mit Ebenholz, die Obertasten mit Bein oder Elfenbein belegt. Holzhey baut Klötzchenpedale nach französischem Vorbild (Riepp), wie sie auch Dom Bédos beschreibt [1]. Holzheys Pedal unterscheidet sich aber in seinem kleineren Umfang von jenem Riepps, das noch zwei vollständige Oktaven umfasste. Der kleine Pedalumfang genügte für die damalige süddeutsche Musik. Heute sind diese Pedalklaviaturen meistens erweitert worden.

Holzhey baut bei allen Instrumenten Pedalkoppeln, im Gegensatz zu Gabler und Riepp.

Weil diese den Bass im vollen Werk verstärken, nannte er sie "Tuttibass". In den Manualen brauchte er Schiebe- oder auch Wippenkoppeln.

Literatur

[1] Bédos de Celles, Dom François.L'Art du Facteur d'orgues (1766). Deutsche Uebersetzung durch Chr. Glatter-Götz in 2 Bänden. Lauffen/Neckar 1977.

[2] Eitel Peter (Hrsg.). Weissenau in Geschichte und Gegenwart. Sigmaringen 1983.

[3] Hamm Heinrich. Die Gabler-Orgel der Basilika Weingarten.

[4] Höflacher Ulrich.Johann Nepomuk Holzhey, ein oberschwäbischer Orgelbauer.

Ravensburg 1987.

[5] Jakob Friedrich.Die grosse Orgel der Basilika zu Weingarten. Geschichte und Restauration der Gabler-Orgel. Männedorf 1986.

[6] Klaus Gregor P.Zur Orgel- und Musikgeschichte der Abtei. In: Festschrift zur 900-Jahr-Feier des Klosters 1056-1956. Weingarten 1956.

[7] Lüthi F.Ottobeuren und Ochsenhausen. Zwei bedeutende Denkmalorgeln in Oberschwaben. Bulletin OFSG Nr. 6. August 1984.

[8] Restaurierung der Holzhey-Orgel in Weissenau 1987-1989.Eine Dokumentation.

Hrsg. Finanzministerium Baden-Württemberg. Mit Beiträgen von U. Höflacher, H.

Sandtner und W. Schmiedl.*

[9] Sonnaillon Bernard.Die Orgel. München 1985.

[10] Supper W., Meyer H.Barockorgeln in Oberschwaben. Kassel 1941.

[11] Supper Walter.Zum zweihundertsten Todesjahr von Joseph Gabler.

Ars Organi 19, Heft 39, Dezember 1971 (S. 1577-1584).

[12] Völkl Helmut.Orgeln in Württemberg. Neuhausen-Stuttgart 1986.

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* Ich danke der Firma Orgelbau Sandtner, Dillingen/Donau für die Ueberlassung dieser leider bereits vergriffenen Broschüre. Siehe auch:Sandtner, Hubert:Die Restaurierung der Holzhey-Orgel zu Weissenau. In: Acta Organologica 24 (1994), Seite 259–268.

Hinweise auf Veranstaltungen(Fortsetzung von Seite 46)

Sa 12.11.94 2000 h Evang. Heiligkreuz St. Gallen: Bilder einer Ausstellung Irena Zeitz, Orgel

Sa 19.11.94 2000 h Evang. Heiligkreuz St. Gallen: Die Orgel und der Tanz Chr. Wartenweiler (Orgel), B. Schrepfer / St. Grossenbacher (Tanz) Sa 26.11.94 2000 h Evang. Heiligkreuz St. Gallen: Orgel- und Posaunenklang

Martin Gantenbein (Orgel), Mechthild Turwitt (Posaune)

Sa 03.12.94 2000 h Evang. Heiligkreuz St. Gallen: Nun komm der Heiden Heiland Marcel Schmid (Orgel), Christine Mazenauer (Violoncello)

So 27.11.94 1700 h St. Mangen:Adventsmusik mit Jürg Brunner (Orgel)

So 18.12.94 1700 h KGH St. Georgen:Weihnachtsmusik mit Jürg Brunner (Orgel).

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