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Resistenzen gegen Bt-Toxine sind seit Jahrzehnten bekannt (siehe Kapitel 3.6). Mit der Entwicklung von Bt-Maispflanzen wurden Maßnahmen diskutiert, die eine Resistenzentwicklung gegen Bt-Pflanzen verhindern bzw. verzögern sollen, um eine nachhaltige Nutzung dieser Pflanzen zu gewährleisten. Ziel ist es, den Selektionsdruck zu verringern, so dass die evolutionären Prozesse der Resistenzbildung langsamer verlaufen. McGaughey und Whalon (1992) geben drei Strategien an, die den Selektionsdruck verringern können:

1. Eine Vervielfältigung der Mortalitätsgründe für den Schädling.

2. Verringerung des Selektionsdrucks durch den Hauptmortalitätsfaktor, z. B. durch geringe Toxinkonzentrationen.

3. Bereitstellung von empfindlichen Paarungspartnern durch Refugien oder Einwanderung.

Die meisten Strategien gehen davon aus, dass die Resistenz rezessiv vererbt wird. Unter dieser Annahme unterscheidet sich die Überlebenschance auf einer Bt-Maispflanze von heterozygot resistenten Larven (rS) und von homozygot empfindlichen Larven (SS) nicht oder kaum. Durch entsprechende Maßnahmen soll im Feld gewährleistet werden, dass es zur Paarung von rS-Larven mit SS-Larven kommt, wodurch die Nachkommen heterozygot und damit empfindlich sind. Die Paarung von rS-Maiszünslern oder resistenten rr-Maiszünslern untereinander sollen möglichst vermieden werden. Die Strategien können in Kombination angewendet werden. Zusätzlich gibt es verschiedene Ansätze, wie die einzelnen Strategien umgesetzt werden. Empfindliche Paarungspartner können durch großflächige Refugien, durch Saatgutmischungen oder durch eine zeitliche und räumliche Steuerung der Toxinproduktion erreicht werden. "Gene-stacking", d. h. der Einbau von verschiedenen Toxinen in einer Pflanze, verteilt den Selektionsdruck auf zwei oder mehr Mortalitätsfaktoren, wodurch eine Resistenz unter bestimmten Bedingungen unwahrscheinlicher wird. Nachdem Bt-Maispflanzen mit hohen Bt-Toxinkonzentrationen entwickelt wurden, hat sich in den USA die

"Refugien/Hoch Dosis"-Strategie bei der Industrie und bei den Zulassungsbehörden durchgesetzt (Gould, 1998; Frutos et al., 1999).

3.9.1 "Refugien/Hoch Dosis"-Strategie

Durch eine hohe Bt-Toxinkonzentration soll gewährleistet werden, dass die heterozygot resistenten Larven (rS) abgetötet werden. Durch die Refugienflächen werden empfindlich homozygote Falter (SS) bereitgestellt, um Paarungen wie rr x rr oder rS x rS Paarungen zu vermeiden und die Entstehung von rS-Nachkommen, die durch die Bt-Toxinkonzentration sicher abgetötet werden, zu förden. Für den Erfolg der

"Refugien/Hoch Dosis"-Strategie werden von Andow und Hutchison (1998) drei Bedingungen angegeben:

1. Die Vererbung der Resistenz muss rezessiv sein und die Frequenz der Resistenzallele sollte unter 1x10-3 liegen.

2. Die Toxinkonzentration in den Pflanzen muss so hoch sein, dass die Resistenz funktionell rezessiv ist, d. h. dass die rS-Larven abgetötet werden. "Hoch Dosis"

wird als diejenige Dosis definiert, die 95 % der heterozygoten Larven (rS) abtötet bzw. 25-mal höher ist als der LC99.9 empfindlicher Larven (SS), (U.S.

Environmental Protection Agency (EPA), 2001).

3. Die Paarung zwischen den resistenten Faltern (rr) aus den Bt-Flächen und den empfindlichen Faltern (SS) aus den Refugien muss zufällig erfolgen, und das Angebot an empfindlichen Larven muss ausreichend sein, d.h. das Verhältnis von SS-Faltern zu rS- und rr-Falter sollte 500 : 1 sein.

Die EPA schreibt bei Bt-Mais eine Refugienfläche von 20 % vor (U.S. Environmental Protection Agency (EPA), 2001). Die Fläche kann als Block angelegt werden und muss im Umkreis von 400 m (einer Viertel Meile) liegen, wobei der Streifenanbau von zwei bis sechs Reihen empfohlen wird. Saatgutmischungen, die eine Kontrolle der Einhaltungen der Refugienstrategie erleichtern würden, werden nicht empfohlen, da sie in Computermodellen zu einer Resistenzbeschleunigung führen.

Das Gelingen des Resistenzmonitoring-Programms ist von Faktoren auf der Pflanzenebene, der Ebene des Individuums und der Ebene der Schaderregerpopulation sowie von agronomischen Bedingungen abhängig. Daten zur Überprüfung der

"Refugien/Hoch Dosis"-Strategie fehlen zum größten Teil (Losey et al., 2001). Die biologischen Zusammenhänge sind oft sehr komplex und wenig erforscht. Mit Computermodellen wird versucht, eine Resistenzenwicklung zu simulieren, wobei auf Grund der fehlenden Informationen häufig nicht wissenschaftlich abgesicherte Annahmen getroffen werden (Andow und Hutchison, 1998). Aus diesem Grund sind die Vorgaben der EPA für das Resistenzmanagement umstritten und für die Anlage der Refugienstruktur werden je nach Modellannahmen verschiedene Szenarien vorgeschlagen (Alstad und Andow, 1995; Andow und Hutchison, 1998; Gould und Tabashnik, 1998; Gould, 1998; Onstad und Guse, 1999; Davis und Onstad, 2000;

Andow und Ives, 2002). Die zufällige Paarung der Maiszünsler aus den Refugienflächen mit den Maiszünslern aus den Bt-Maisflächen hängt von der Mobilität der Maiszünsler und dem Paarungsort ab. Wird als Paarungsort das Maisfeld angenommen, dann ist ein Streifenanbau zu bevorzugen. Erfolgt die Paarung außerhalb des Feldes auf Grasflächen, ist eine Blockanlage günstiger. Die Mobilität bedingt direkt den maximalen Abstand von Blockrefugienflächen von den Bt-Maisfeldern. Haben die überlebenden Maiszünsler auf Bt-Maisflächen einen Fitnessnachteil, kann es zu einer

zeitlichen Verschiebung des Auftretens der Falter in Bt-Mais- und Refugienflächen kommen, wodurch eine zufällige Paarung aufgehoben würde (Liu et al., 1999). Über die Nutzung alternativer Wirtspflanzen ist wenig bekannt. Untersuchungen von Bourguet et al. (2000b) zeigen genetische Unterschiede zwischen Maiszünslern auf Beifuß (Artemisia vulgaris) und Mais. Sie vermuten daher, dass Artemisia als Refugium nicht zur Verfügung steht. Losey et al. (2001) kommen in ihren Untersuchungen zu dem Schluss, dass alternative Wirtspflanzen nicht ausreichend zur Maiszünslerpopulationsdynamik beitragen und somit Maisrefugienflächen nicht ersetzen können. Wird aber berücksichtigt, dass von der E-Rasse auf Artemisia ein früheres Schlüpfen von Faltern bekannt ist (Lorenz, 1993) und dass die überlebenden Larven auf Bt-Maisfeldern ein verändertes Schlupfverhalten zeigen, ist eine Nutzung von alternativen Wirtspflanzen als zusätzliches Refugium sinnvoll, wenn die Schlupfzeitpunkte der resistenten Falter mit dem Schlupfzeitpunkt von Faltern aus alternativen Wirtspflanzen synchron sind. Bisher sind keine Untersuchungen unter dieser Annahme durchgeführt worden.

Über die Häufigkeit von Resistenzallelen bei Ostrinia nubilalis ist wenig bekannt. In keiner Untersuchung konnte bisher eine Resistenzhäufigkeit von unter 10-3 sicher nachgewiesen werden (Andow et al., 1998a; Venette et al., 2000; Andow et al., 2000). Für Europa liegen keine Daten zur Resistenzhäufigkeit der Maiszünsler vor. Die Bereitstellung ausreichend empfindlicher Maiszünsler (SS) hängt vom Befall in den Anbaugebieten ab. Der HALO-Effekt, d. h. die Reduktion des Befalls in den Bt-Maisflächen, führt zur Reduktion des Befallsdrucks in den Refugienflächen und ist umso größer, je näher die Refugienflächen an bzw. in Bt-Mais-Flächen liegen, so dass der Streifenanbau, der günstiger für eine zufällige Paarung ist, durch den starken Einfluss des HALO-Effekts an Wirkung verliert. Um den tatsächlichen Nutzen von Resistenzmanagementmaßnahmen zu überprüfen und anzupassen, ist ein Resistenzmonitoring von entscheidener Bedeutung, wozu die Ermittlung der Grunddaten, wie die Feststellung der Basisempfindlichkeit vor einem Bt-Maisanbau und die Bestimmung der Resistenzfrequenz, gehört.

4 BASISEMPFINDLICHKEIT