• Keine Ergebnisse gefunden

5.3 Schätzergebnisse

5.3.1 Relative Zusammenhänge

Da im Gegensatz zu einer normalen Regression die marginalen Effekte in einer Probit-Schätzung nicht konstant sind, ist die Interpretation der Ergebnisse der Probitschätzung deutlich komplexer. Anders als in normalen OLS-Schätzungen geben die geschätzten Beta-Werte keinen Hinweis auf die effektive Einflussstärke der Variablen. Vielmehr ist diese Einflussstärke je nach Referenzperson unterschiedlich: Heiratet beispielsweise eine Frau, so verändert sich die Wahrscheinlichkeit, dass sie in einem prekären Arbeitsverhältnis tätig ist, sowohl absolut wie auch relativ in unterschiedlicher Weise, als wenn ein Mann mit sonst gleichen Ausprägungen heiratet. In der Abbildung 5-1 werden die Schätzergebnisse deshalb vorerst nur qualitativ zusammengefasst. Die detaillierten Schätzergebnisse werden in Anhang B wiedergegeben.

Wie die Resultate aus der Schätzung (2) zeigen, eignet sich das im Jahr 2003 verwendete Schätzmodell82 grundsätzlich auch für den erweiterten Zeitraum von 2001 bis 2008. Die qualitativen Ergebnisse stimmen mehrheitlich mit denjenigen aus der Studie von 2003 überein. Eher von einem atypisch-prekären Arbeitsverhältnis betroffen sind demnach folgende Personengruppen:

• Frauen

• Junge Erwerbstätige (unter 25), Erwerbstätige zwischen 25 und 39 sowie Rentner/-innen ab 65 Jahren

• Verheiratete

• Ausländer

• Personen mit einem Abschluss der Sekundarstufe I als höchstem Bildungsabschluss (je tiefer der Bildungsabschluss, desto wahrscheinlicher ist ein atypisch prekäres Arbeitsverhältnis)

• Personen, die in der lateinischen Schweiz wohnhaft sind

• Beschäftigte folgender Wirtschaftsabschnitte: Land- und Forstwirtschaft, Gastgewerbe, sonstige Dienstleistungen und private Haushalte (Referenzbrache ist die öffentliche Verwaltung).

Demgegenüber sinkt die Wahrscheinlichkeit atypisch-prekärer Beschäftigung bei Personen mit einer guten Ausbildung (Tertiärstufe) deutlich. Zudem sind atypisch-prekäre Arbeitsstellen sowohl im Kredit- und Versicherungsgewerbe als auch im Handel und Reparaturgewerbe unwahrscheinlicher. Wie gross die Wahrscheinlichkeit ist, in einem atypisch-prekären Arbeitsverhältnis tätig zu sein, ist demnach abhängig vom Geschlecht, dem Alter, dem

82 Die Schätzung entspricht allerdings nicht exakt dem Vorgehen von Ecoplan 2003. Wie bereits in einem vorhergehenden Kapitel erwähnt wurde, weisst die Definition von atypisch-prekären Arbeitsverhältnissen zwischen den Studien leichte Unterschiede auf. Die Schätzungen in diesem Bericht wurden zudem auf Basis gewichteter Daten vollzogen, während im Jahr 2003 ungewichtete Daten verwendet wurden.

Zivilstand, der Nationalität, dem Bildungsstand und der Branche, in der man tätig ist.

Unterschiede bestehen zudem in den verschiedenen Landesteilen.

Abbildung 5-1: Bestimmungsfaktoren für atypisch-prekäre Arbeit, qualitative Ergebnisse der Probit-Schätzungen

(1) (2) (3) (4) Modell Modell Modell Modell

Frau +*** +*** +*** +***

geschieden/getrennt -* -*

verwitwet -

Regelm. externe Kinderbetreuung -**

Keine regelm. Externe Kinderbetreuung +***

Dummy eigene Kinder <3 Jahre -***

Land- u. Forstwirtschaft +*** +** +

Handel, Reparaturgewerbe +* - -*** -*

Gastgewerbe +*** +*** +*** +***

Verkehr, Nachrichtenübermittlung - - -* -

Kredit- u. Versicherungsgewerbe -*** -*** -*** -***

Sonstige Dienstleistungen +*** +*** +*** +***

Private Haushalte +*** +*** +*** +***

Verarbeitendes Gewerbe -*** -***

Baugewerbe -*** -***

Immobilien, Vermietung, Informatik + +

Unterrichtswesen +

Gesundheits- u. Sozialwesen +

Jahresdummy 2001 - - - -

N 32275 196664 196664 196664

p 3.80E-129 0 0 0

* p<0.05, ** p<0.01, *** p<0.001

Gegenüber den Ergebnissen von 2003 (Schätzung [1]) fällt auf, dass mit einer erweiterten Zeitreihe bis 2008 (Schätzung [2]) neu die Herkunft (Ausland) und die Zugehörigkeit zur lateinischen Schweiz einen signifikanten Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit haben, in einem atypisch-prekären Arbeitsverhältnis tätig zu sein. Hingegen ist die Familienform

„alleinerziehendes Elternteil“ mit dem erweiterten Datensatz nicht mehr signifikant. Aufgrund der in der deskriptiven Statistik (vgl. Abschnitt 3.7) beobachteten Entwicklung insbesondere der Faktoren „Nationalität“ und „Alleinerziehende“ ist deren gestiegene bzw. gesunkene Signifikanz mit der Erweiterung der Zeitreihe plausibel.

Für die Schätzung (2) haben wir die gleichen Einflussfaktoren verwendet, die bereits im Jahr 2003 als relevant erachtet wurden. Aufgrund der erweiterten Zeitreihe ist es allerdings denkbar, dass die 2003 ermittelte Schätzgleichung nicht mehr als optimal betrachtet werden kann. Um dies zu überprüfen, versuchen wir das 2003 verwendete Modell mit identischer Vorgehensweise, aber mit erweiterten Daten zu reproduzieren. Dabei wird wie folgt vorgegangen: Ausgehend von einem vorgegebenen Variablenset werden durch eine schrittweise Eliminierung einzelne Variablen ausgeschlossen, bis nur noch jene berücksichtigt werden, die mindestens auf dem 10%-Niveau signifikante Effekte auf die Wahrscheinlichkeit aufweisen, in einem atypisch-prekären Arbeitsverhältnis tätig zu sein.83 Wie Schätzung (3) in Abbildung 5-1 zeigt, unterscheiden sich die Ergebnisse dieser neuen Schätzgleichung qualitativ nur geringfügig von der bisherigen Schätzgleichung. Über den gesamten Zeitraum von 2001 bis 2008 zeigen sich vermehrt Unterschiede zwischen den einzelnen Branchen. Zudem ist die Wahrscheinlichkeit, in einem atypisch-prekären Arbeitsverhältnis tätig zu sein, für getrennt lebende oder geschiedene Personen signifikant kleiner.

Aufgrund der deskriptiven Analyse der Personen in atypisch-prekären Arbeitsverhältnissen in Kapitel 4.7 ist die Hypothese naheliegend, dass Personen mit eigenen Kindern (insbesondere Frauen) je nach Betreuungssituation eher von atypisch-prekären Arbeitsverhältnissen betroffen sind. Werden entsprechende Variablen in die Schätzung (4) integriert, zeigt sich, dass diese höchst signifikant sind. Gemäss unserer Schätzung sind jene Eltern, deren Kinder regelmässig extern betreut werden oder mindestens ein Kind haben, das jünger als 3 Jahre ist, weniger oft in einem atypisch-prekären Arbeitsverhältnis tätig. Eltern mit Kindern ohne externe Betreuung sind jedoch öfters in einem atypisch-prekären Arbeitsverhältnis tätig. Auf die übrigen Variablen haben die neu eingeführten Variablen nur einen geringen Einfluss. Dies zeigt einerseits, dass wir mit der Integration der Kinderbetreuungsvariablen das Modell verbessern können und andererseits, dass unser Modell bei marginalen Änderungen stabil bleibt.

83 In der Studie aus dem Jahr 2003 wurde das Modell anschliessend in einem weiteren Schritt mit zwei weiteren Schätzungen für andere Zeiträume abgeglichen und mit weiteren Variablen ergänzt. Diese Erweiterung hat aber auf die Schätzergebnisse nur einen geringen Einfluss.