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Regulation epigenetisch relevanter Enzyme in Stammzellen

1   Einleitung

7.1 Regulation epigenetisch relevanter Enzyme in Stammzellen

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Durch die trimere Folsäure siRNA-Struktur wurde außerdem eine deutliche Steigerung der Protein-Regulation im Vergleich zur monomeren Folsäure siRNA errreicht. Wichtig ist, dass in jedem Fall die gleiche Konzentration an siRNA-Duplexen vorlag. Die Konzentration des trimeren Konstrukts betrug somit ein Drittel der monomeren Folsäure-siRNA. So wurde mit dem Duplex eine Regulation von 14 % und durch die trimere Struktur eine Regulation von 41 % erreicht. Das Konzept der dendritischen Strukturen konnte somit erfolgreich auf das Folsäure-System übertragen werden.

7 Anwendung multimerer siRNAs

Im nächsten Schritt sollte die Anwendbarkeit multimerer siRNAs durch Kooperationen aufgezeigt werden. Als Ligand wurde dabei Anandamid eingesetzt. Zusätzlich wurden je nach Anwendung Glucose- oder Cyclodextrin-Modifizierungen verwendet. In einer internen Kooperation mit Fabio Spada sollte ein Transport der trimeren Anandamid Konstrukte in Stammzellen untersucht werden. Dies sollte durch Regulation epigenetisch relevanter Tet-Enyzme erfolgen. In einer weiteren Kooperation mit der Gruppe von Prof. Conzelmann sollte durch die siRNA-Konstrukte Tollwut-Proteine in primären Neruonen reguliert werden. Beide Kooperationen werden im Folgenden beschrieben.

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über einen Zeitraum, welcher gegebenenfalls mehrere siRNA-Transfektionen beinhaltet, erhalten werden. Eine Vielzahl an derzeit für die Transfektion zur Verfügung stehenden Reagenzien und Methoden wie kationische Poly- oder Lipoplexe, virale Vektoren oder Elektroporation sind mit signifikanten zytotoxischen und anderen unerwünschten Nebeneffekten verbunden.[182] Somit stellt ein robuster sowie verlässlicher Transport in Stammzellen eine große Herausforderung dar. Wie in Kapitel 3.2.2 beschrieben, konnte durch Anandamid-siRNA keine toxischen Effekte beobachtet werden, weshalb diese Methode ein vielversprechender Weg für die Transfektion von Stammzellen darstellt. Der erfolgreiche Transport von siRNA in Stammzellen sollte dabei durch Regulation epigenetisch relevanter Proteine erfolgen.

So wird die Differenzierung von Stammzellen epigenetisch kontrolliert und ist Folge gewebespezifischer Expressionsmuster von Genen.[183] Die molekularen Einzelheiten dieses Vorgangs liegen insbesondere in der chemischen Veränderung des Chromatins[184] sowie dem Methylierungsmuster der DNA.[185] Die Methylierung von Cytosin innerhalb von Promotor–

Regionen führt in der Regel zur Inhibierung der Expression des entsprechenden Gens.[186]

Daher muss die Methylgruppe für eine Reaktivierung der Genexpression wieder entfernt werden.[187]In diesem Zusammenhang spielen eine Gruppe von Enzymen, nämlich Tet 1-3 (Ten eleven Translocation) eine wichtige Rolle.[6, 188] Diese können Methylcytosin zu 5-Hydroxymethyl-,[189] 5-Formyl-[190] sowie 5-Carboxylcytosin[190a, 191] oxidieren, was als aktiver Demethylierungs-Weg diskutiert wird. Der genaue Einfluss dieser Enzyme auf die epigenetische Steuerung sowie Differenzierung von Stammzellen ist Gegenstand aktueller Forschung.[6, 192] Aufgrund dieser unklaren Rolle der Tet-Enzyme ist deren Regulation ein relevantes Target für RNA-Interferenz. Anhand der Regulation dieser Enyzme sollte daher der erfolgreiche Transport von Anandamid modifizierter siRNA in embryonale als auch neuronale Stammzellen demonstriert werden. Insbesondere in neuronalen Stammzellen wurde die Regulation von Tet Proteinen durch siRNA kaum beschrieben.

Im ersten Schritt mussten die unterschiedlichen siRNAs gegen Tet1 bzw. Tet2 synthetisiert werden (Tabelle 7.1). Die entsprechenden Sequenzen wurden der Literatur entnommen und von shRNAs abgeleitet.[193] Dabei erfolgte die Festphasensynthese durch den Verfasser, während die Modifizierung mittels Click-Chemie durch Andreas Beil sowie Korbinian Brunner erfolgte.

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Tabelle 7.1 Zusammenfassung der Anandamid-siRNAs zur Regulation von Tet1 und Tet2. Kleine Buchstaben bezeichnen dabei RNA-Oligonukleotide, während große Buchstaben DNA-Oligonukleotide kennzeichnen. X = 2’Fluoro-Oktadiinyl-Uridin.

Duplex

(sense/antisense) Sequenz (sense/antisense) Struktur Tet1-siRNA

(ORN5/ORN6)

5’-gaa-uua-cag-uug-uua-cgg-aXT 3’-TXcuu-aau-guc-aac-aau-gcc-u

AEA-Tet1- siRNA (ORN5+4/

ORN6)

5’-gaa-uua-cag-uug-uua-cgg-aX(+4)T 3’-TXcuu-aau-guc-aac-aau-gcc-u

AEA-Glc-Tri- Tet1-siRNA

(ORN5+1/

ORN6+42)

+1 5’-gaa-uua-cag-uug-uua-cgg-aXT 3’-TXcuu-aau-guc-aac-aau-gcc-u +42

Tet2-siRNA (ORN7/ORN8)

5’-acu-acu-aac-ucc-acc-cua-aXT 3’-TXuga-uga-uug-agg-ugg-gau-u

AEA-Tet2- siRNA (ORN7+4/

ORN8)

5’-acu-acu-aac-ucc-acc-cua-aX(+4)T 3’-TXuga-uga-uug-agg-ugg-gau-u

AEA-Glc-Tri- Tet2-siRNA

(ORN7+1/

ORN8+42)

+1 5’-acu-acu-aac-ucc-acc-cua-aXT 3’-TXuga-uga-uug-agg-ugg-gau-u +42

Hergestellt wurden siRNAs gegen Tet1- bzw. Tet2 ohne Liganden-Funktionalität, wobei die der Literatur entnommene siRNA-Sequenzen überprüft werden sollten. Synthetisiert wurden desweiteren AEA-Tet1-siRNA bzw. AEA-Tet2-siRNA mit Anandamid-Modifizierung sowie die entsprechenden trimeren Strukturen AEA-Glc-Tri-Tet1-siRNA bzw. AEA-Glc-Tri-Tet2-siRNA. Diese waren zusätzlich mit einer Glucose-Funktionalität modifiziert, welche zu einer weiteren Steigerung der Regulationseffizienz führen sollte.

Nach erfolgreicher Synthese dieser Bibliothek wurden die unterschiedlichen siRNAs mit Stammzellen inkubiert, was von Fabio Spada durchgeführt wurde. Dabei wurde das relative Expressionslevel der Tet-Enzyme 72 h nach der Transfektion mittels quantitativer realtime PCR bestimmt. Die Isolation der mRNA sowie die darauffolgende Quantifizierung durch realtime PCR erfolgte durch den Verfasser. In Analogie zu dem beschriebenen

Luciferase-73

Assay (Kapitel 3.1) ist dabei ein interner Standard zur Normalisierung notwendig. Dafür werden nicht regulierte Gene (housekeeping genes) eingesetzt, welche ein konstantes Expressionsniveau unabhängig von externen Einflüssen besitzen sollten. Es wurde dazu nach Leonhardt et al.das mRNA Level von GAPDH (Glycerinaldehyd-3-phosphat-dehydrogenase) gewählt.[194] Dieses Enzym katalysiert innerhalb der Glycolyse die Umwandlung von Glycerinaldehyd-3-Phosphat zu 1,3-Bisphosphoglycerat. Somit wird die Expression der Tet-Enzyme stets in Relation zu GAPDH betrachtet. Die Referenzierung der mRNA-Regulationen erfolgte durch ein Kontroll-Experiment, in welchem das relative mRNA Level von Tet1 bzw.

TET2 in der Abwesenheit von siRNA bestimmt wurde. Erste Experimente wurden in embryonalen Stammzellen durchgeführt (Abbildung 7.1).

Abbildung 7.1 Regulation der Proteine Tet1 und Tet2 in embryonalen Stammzellen durch Tet1-siRNA bzw Tet2-siRNA, welche mittels Lipofectamin 2000 transfiziert wurden. Die relative Expression wurde über das relative mRNA-Level mittels quantitativer realtime PCR bestimmt. Die eingesetzten siRNAs sind in Tabelle 7.1 näher beschrieben.

Da die siRNA-Sequenz von einer shRNA abgeleitet wurde, musste zunächst ihre biologische Aktivität untersucht werden. Dazu erfolgte in erster Instanz eine Lipofectamin 2000 vermittelte Transfektion der Tet1-siRNA bzw. Tet2-siRNA ohne Liganden-Modifizierung. Dabei wurden drei unterschiedliche Konzentrationen eingesetzt (10, 20 sowie 40 nM).

Wie in Abbildung 7.1 erkennbar konnten beide siRNAs eine deutliche Regulation von Tet1 bzw. Tet2 erzielen. Auffällig ist, dass in beiden Fällen bereits durch die niedrigste Konzentration (10 nM) der maximale Effekt erzielt wurde. So konnte das Expressionslevel der

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mRNA von Tet1 um etwa 72 % bzw. von Tet2 auf etwa 50 % reduziert werden. Dies zeigte, dass die gewählten siRNA-Sequenzen erfolgreich für Protein-Regulationen eingesetzt werden können. Warum die siRNA-Sequenz gerichtet gegen Tet2 eine geringere Effektivität zur Regulation besitzt, kann nur schwer festgestellt werden. Prinzipiell ist die Effektivität einer siRNA stets von ihrer Sequenz und somit dem adressierten Bereich auf der mRNA abhängig.[195] Adressiert eine siRNA beispielsweise mRNA-Bereiche, welche durch andere Proteine oder RNA-Sekundärstrukturen blockiert sind, ist keine effektive Regulation möglich.[196]

Im nächsten Schritt wurden die embryonalen Zellen mit den Anandamid modifizierten siRNAs AEA-Tet1-siRNA sowie AEA-Tet2-siRNA ohne Transfektionsreagenz inkubiert. Dabei konnte jedoch keine Regulation beider Enzyme erreicht werden. Um dies näher zu untersuchen, wurden in einem orthogonalen Experiment embryonale Stammzellen mit Anandamid-siRNA mit Fluorophor Markierung inkubiert. Dabei konnte mittels laser scanning konfokal Mikroskopie keine Aufnahme der siRNA detektiert werden. Somit scheinen die in diesen Experimenten eingesetzten embryonalen Stammzellen entgegen der Literatur keine Cannabinoid-Rezeptoren zu exprimieren,[197] so dass keine Aufnahme der Anandamid modifizierten siRNAs möglich ist. Daher wurden darauf folgende Experimente mit neuronalen Stammzellen durchgeführt. Wie in Kapitel 1.6.2 beschrieben sollten insbesondere neuronale Zellen Cannabinoid-Rezeptoren exprimieren.[198]

In erster Instanz wurden diese Zellen mit Anandamid modifzierter AEA-Tet1-siRNA inkubiert, welche wie in vorherigem Abschnitt beschrieben die größte Effektivität aufwies. Diese wurde in zwei Konzentrationen (125 nM sowie 250 nM) mit neuronalen Stammzellen inkubiert.

Zusätzlich erfolgte eine Transfektion in der Gegenward von Lipofectamin 2000. Wie in Abbildung 7.2 erkennbar, konnte die AEA-Tet1-siRNA ohne Transfektionsreagenz eine Regulation von Tet1 in neuronalen Zellen erreichen. Dabei wurde ein konzentrations-abhängiger Effekt erzielt, wobei die Expression der mRNA durch eine siRNA-Konzentration von 250 nM um 42 % reduziert wurde. Innerhalb neuronaler Stammzellen ist somit eine Aufnahme Anandamid modifizierter siRNA möglich. Durch konfokal mikroskopische Studien von Leonhard Möckl (Arbreitskreis Prof. Bräuchle) konnte dies bestätigt werden. Lipofectamin 2000 vermittelte Aufnahme dieser siRNA führte jedoch zu einer Regulation von etwa 58 %.

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Abbildung 7.2 Regulation von Tet1 in neuronalen Stammzellen durch AEA-Tet1-siRNA. Diese wurde mit sowie ohne Lipofectamin 2000 transfiziert. Die relative Expression wurde über das relative mRNA-Level mittels quantitativer realtime PCR bestimmt. Die eingesetzte siRNA ist in Tabelle 7.1 näher beschrieben.

Im nächsten Schritt sollten die optimierten trimeren Strukturen mit Glucose-Modifizierung auf die Regulation von Tet1 untersucht werden. Eingesetzt wurde dabei AEA-Tet1-siRNA sowie die entsprechende trimere Struktur AEA-Glc-Tri-Tet1-siRNA (Tabelle 7.1). In drei unabhängig voneinander durchgeführten Experimenten wurden beide siRNAs mit neuronalen Stammzellen inkubiert und die relative Expression von Tet1 mittels quantitativer realtime PCR 72 h nach der Transfektion bestimmt.

Die entsprechenden Ergebnisse sind in Abbildung 7.3 zusammengestellt. In allen Fällen konnte dabei eine Regulation von Tet1 detektiert werden, wobei durch die trimeren Strukturen stets größere Regulationen erzielt werden konnten. Die relativen Regulationen sowie das Verhältnis der relativen Regulationen erreicht durch die monomere bzw. die trimere siRNA waren dabei jedoch gewissen Schwankungen unterworfen. So wurden durch die AEA-Tet1-siRNA Regulationen zwischen 10 % und 34 % erzielt. Die trimere AEA-Glc-Tri-Tet1-siRNA erzielte demgegenüber Regulationen zwischen 31 % bzw. 67 %. So war die trimere siRNA 1.2 bzw.

2.1 mal effektiver als die monomere siRNA. Diese Schwankungen könnten auf mehrere Ursachen zurückzuführen sein. Da es sich um voneinander unabhängige Experimente handelt, befanden sich die neuronalen Stammzellen stets in unterschiedlichen Passagen. Zusätzlich wird innerhalb eines Experiments stets nur ein well von Zellen transfiziert und dabei das mRNA-Level von TET bzw. GAPDH jeweils im Triplikat gemessen. So wird beispielsweise innerhalb

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des Luciferase Assays stets die relative Expression beider Luciferasen in drei wells gemessen, da der Read Out nach der Zelllyse durch entsprechende Substrat-Zugabe leicht durchführbar ist.

Abbildung 7.3 Regulation von Tet1 in neuronalen Stammzellen durch AEA-Tet1-siRNA sowie AEA-Glc-Tri-Tet1-siRNA. Dargestellt sind drei unabhängig voneinander durchgeführte Experimente. Die angegebene Konzentration bezieht sich auf den siRNA Duplex. Die relative Expression wurde über das relative mRNA-Level mittels quantitativer realtime PCR bestimmt. Die eingesetzten siRNAs sind in Tabelle 7.1 näher beschrieben.

Bei einer realtime PCR hingegen müssen dafür jedoch vier kommerziell verfügbare Kits (Isolation der mRNA, Verdau genomischer DNA, reverse Transkription sowie quantitative realtime PCR) durchlaufen werden, weshalb ein well als technisches Triplikat gemessen wird.

Der Fehler innerhalb eines Experiments berücksichtigt somit kein inhomogenes Wachstum oder unterschiedliche Konfluenz der Zellen. Zusätzlich wurde in der Literatur beschrieben, dass Anandamid mit dem Plastik der wells interagieren kann, wodurch ebenfalls experimentelle Schwankungen entstehen.[159]

Zusammenfassend konnte demonstriert werden, dass Anandamid in neuronalen Stammzellen einen Transport von monomerer bzw. trimerer siRNA bewirken kann. Dabei wurden durch die entwickelten trimeren Strukturen stets größere Regulationen von Tet1 erreicht. Es konnte somit ein Beitrag zur Transfektion von neuronalen Stammzellen geleistet und das Potential von

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Anandamid vermitteltem Transport im Zusammenhang mit den verzweigten trimeren Strukturen unterstrichen werden.

In einer weiteren Anwendung sollte die Regulation von zwei Tollwut-Proteinen in primären neuronalen Zellen untersucht werden. Dies erfolgte in Kooperation mit der Gruppe von Prof.

Conzelmann (Max von Pettenkofer-Institut München) und soll in folgendem Kapitel beschrieben werden.