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Raumkonzept Schweiz: Modellvorhaben sind Übungsfelder für ein gemeinsames Handeln

Regina Gilgen Thétaz

Regina.gilgenthetaz@are.admin.ch

se Organisation, die Stellung Berns zu stärken. Ziel ist es, die Hauptstadtre-gion als Schaltzentrale zwischen den drei Metropolitanregionen Zürich, Ba-sel und Arc Lémanique zu positionie-ren und auf Bundesebene als gleich-wertiger Handlungsraum auftreten zu können. Ausserdem soll die Nähe zur Politik und zum öffentlichen Sektor vermehrt als Standortvorteil genutzt werden. Das 2009 angelaufene Modell-vorhaben Hauptstadtregion Schweiz trug massgeblich zum neuen Selbstbe-wusstsein dieser Region bei. Es führte indirekt dazu, dass der Raum Bern in der überarbeiteten Fassung des Raum-konzepts Schweiz von 2012 als «gross-städtisch geprägter Handlungsraum»

fungiert. Das Beispiel zeigt: Modellvor-haben stärken bei den Beteiligten das Bewusstsein für grenzübergreifende funktionale Verflechtungen und tragen den bis 2011 auch die

Modellvorha-ben nachhaltige Raument wicklung umgesetzt. So befruchteten sich die konzeptionellen Diskussionen um die Handlungsräume und die praktischen Erfahrungen aus den Modellvorhaben zur grossregionalen Zusammenarbeit gegenseitig.

«Grossstädtisch geprägter Hand-lungsraum»

Ein Beispiel: Im Entwurf des Raumkon-zepts Schweiz von 2008 fiel die Haupt-stadtregion Bern nicht in die Katego-rie der «Metropolitanräume mit inter-nationaler Ausstrahlung», sondern le-diglich in jene der «Städtenetze». Dem widersetzte sich der 2010 gegründete Verein Hauptstadtregion Schweiz. Mit einem Modellvorhaben versucht die-Das Raumkonzept Schweiz steht

un-ter der Leitidee «Vielfalt, Solidari-tät und Wettbewerbsfähigkeit erhal-ten». Damit haben sich Bund, Kanto-ne, Städte und Gemeinden das Ziel ge-setzt, mit der nachhaltigen Raument-wicklung Ernst zu machen. Das Raum-konzept gibt zudem Auskunft über die nötigen planerischen Massnahmen und über mögliche Strukturen der Zu-sammenarbeit. Dass dies dringend nö-tig ist, zeigt ein Blick auf die Entwick-lung von Energie- und Landschaftsver-brauch: Die Schweiz verbraucht heute fünfmal mehr Energie als in den Fünf-zigerjahren, wobei Verkehr und Gebäu-deenergie die Haupttreiber sind. Die Siedlungsfläche der Schweiz wiede-rum ist seit den Achtzigerjahren um ein Viertel gewachsen. Mit dieser Ex-pansion geht nicht nur wertvolles Kul-turland verloren, sondern zunehmend büsst der ländliche Raum auch seine typischen Merkmale ein. Das Raum-konzept gibt deshalb Hinweise darauf, wie Verkehrs- und Energienetze zu op-timieren sind, und wie effiziente Sied-lungsstrukturen geschaffen werden können.

Die Modellvorhaben nachhaltige Rau-mentwicklung helfen, Massnahmen zu testen und umzusetzen, die die-ser Entwicklung entgegenwirken. Sie stellen somit ein wichtiges Übungs-feld für den Übergang zu einer nach-haltigen Raumentwicklung dar. Insbe-sondere können die Modellvorhaben dazu beitragen, dass innovatives Den-ken und Handeln fortan auch über die Grenzen von Gebietskörperschaften und Staatsebenen hinweg erfolgt. Die Zusammenarbeit in grenzübergreifen-den Handlungsräumen ist für das im Dezember 2012 verabschiedete Raum-konzept Schweiz zentral.

Gegenseitige Befruchtung in der Erarbeitungsphase

Die tripartite Erarbeitung des Raum-konzepts Schweiz erstreckte sich von 2006 bis 2012. Parallel dazu

wur-tigkeit hat. Dementsprechend stehen die auf Innenentwicklung und quali-tativ hochstehende Raumgestaltung ausgerichteten Handlungsansätze des Raumkonzepts Schweiz nun im Fokus.

Bisweilen nehmen Modellvorhaben solche Herausforderungen allerdings vor weg. So wurde in den Modellvor-haben 2007 bis 2011 beispielsweise das Instrument Raum+ geschaffen: Im Kanton Schw yz soll eine laufend aktu-alisierte Bestandesaufnahme der Bau-reser ven die Siedlungsent wicklung nach innen unterstützen. In Schaff-hausen wiederum entstand in Koope-ration mit privaten Wohnungseigentü-mern ein Analysetool zum Flächenma-nagement.

Das Raumkonzept Schweiz will den bisher üblichen, hoheitlichen Hand-lungsansatz überwinden. In Zukunft soll die Strategie für eine räumliche Entwicklung vermehrt durch eine part-nerschaftliche Zusammenarbeit der Akteure gestaltet werden. Die Modell-vorhaben können dazu beitragen, die gemeinsame Planung als neue Kultur in der Schweizer Raumentwicklung zu etablieren.

Regina Gilgen Thétaz, 1970, studierte Architektur an der ETH Lausanne. Nach-dem sie mehrere Jahre als Raumplanerin in der Privatwirtschaft tätig war, stiess sie Anfang 2013 als wissenschaftliche Mitarbeiterin zum ARE. In der Sektion Bundesplanungen ist sie für die Folgearbeiten des Raumkonzepts Schweiz tätig.

derem um die Schwerpunktthemen Agglomerationspolitik, ländliche Räu-me, Verkehrskoordination, Energie so-wie Nutzen-Lasten-Ausgleich. Künftige Modellvorhaben sollten dazu genutzt werden, diesbezüglich Impulse zu set-zen. Dabei sollen die Handlungsräume sowohl praktisch als auch begrifflich noch stärker bei den betroffenen Ak-teuren verankert werden. Modellvor-haben bieten hier ein willkommenes Übungsfeld. Sie können die Umsetzung des Raumkonzepts unterstützen und positive Erfahrungen mit überörtlicher Zusammenarbeit ermöglichen.

Am 3. März 2013 sprachen sich die Schweizer Stimmberechtigten deutlich für die Revision des Raumplanungsge-setzes aus. Dies unterstreicht, dass die Bevölkerung bei der Siedlungsent-wicklung und Landschaftsqualität kla-re Erwartungen hinsichtlich Nachhal-zur Bildung von Handlungsräumen bei.

Es sollen sich Vereine, Strukturen und Organisationen formieren, welche die grossregionale Zusammenarbeit über-haupt erst ermöglichen. Denn nicht nur in der Hauptstadtregion, sondern auch im Metropolitanraum Zürich, dem Aareland und im Jurabogen konnte mit Modellvorhaben der Aufbau geeigne-ter Zusammenarbeitsstrukturen ungeeigne-ter- unter-stützt und beschleunigt werden.

Mit Modellvorhaben Impulse für die Umsetzung des Raumkonzepts Schweiz setzen

Die Modellvorhaben 2007 bis 2011 standen in einer intensiven Wechsel-wirkung mit der Erarbeitung des Raum-konzepts Schweiz. Bei der Umsetzung des Raumkonzepts geht es unter

an-Das Raumkonzept Schweiz will Siedlungen und Landschaften aufwerten. Die Planung von Verkehrsinfrastrukturen und die Vorstel-lung der zukünftigen EntwickVorstel-lung von Land-schaftsräumen sollen optimal aufeinander ab-gestimmt werden. Mit überregionalen Hand-lungsansätzen gelingt es, die nachteiligen Auswirkungen des Verkehrs auf Menschen, Wirtschaft und Natur zu meistern.

Foto: Alexander Jaquemet, Erlach

und miteinander verbinden. Im Initi-alprojekt Landschaftsspange Sulperg-Rüsler wiederum werden gemeinsame Zukunftsperspektiven für den Land-schafts- und Freiraum zwischen den Gemeinden Neuenhof, Killwangen, Wettingen und Würenlos entworfen.

Ein von den vier Gemeinden beschlos-sener, regionaler Sachplan zeigt, wie die Vision umgesetzt werden soll.

Nun liegt es an der Bevölkerung, den Agglopark Limmattal zu entdecken und mit Leben zu füllen. Eine Wande-rung oder Velotour entlang der Limmat bietet ungeahnte Landschaftserlebnis-se: In den Limmatauen zwischen Dieti-kon und Geroldswil lassen sich Pflan-zen und Tiere beobachten; regiona-le Köstlichkeiten geniesst man im Re-staurant «Zu den zwei Raben» im Klos-ter Fahr; die Limmatinsel Spreitenbach lädt zum Sprung ins kühlende Nass ein;

auf dem Limmatstausee kommen Ru-derfreunde auf ihre Rechnung; das Zis-terzienserkloster in der Limmatschlau-fe Wettingen bietet ein Kulturerleb-nis. Herzlich willkommen im Agglopark Limmattal!

www.agglopark-limmattal.ch

Christian Bachofner, 1962, dipl. Ing. FH in Raumpla-nung FSU. Nach dem Studi-um war Bachofner bei der Metron Raumentwicklung und bei der Regionalplanung Zürich und Umge-bung (RZU) als Projektleiter und Planungsbera-ter tätig. Seit 2006 arbeitet er für die Raument-wicklung des Kantons Aargau als Projektleiter im Bereich Siedlung und Freiraum.

Bäderkultur, Flussauen, klösterli-che Ruhe, Seenlandschaft, Inselleben und Stadtpromenaden: Wer verbindet dies schon mit dem Limmattal? Wohl die wenigsten. Vielmehr prägen IKEA, Rangierbahnhof, Fressbalken oder die beiden Shoppi-Hochhäuser «Blut- und Leberwurst» in Spreitenbach das Bild des Limmattals. Tatsächlich fand in den vergangenen Jahren eine stürmi-sche Entwicklung statt; Landschaft und Freiräume gerieten durch zahlrei-che Siedlungsbau- und Infrastruktur-projekte stark unter Druck.

Genau da setzt der gemeinde- und kantonsübergreifende Agglopark Lim-mattal den Hebel an. Die Kantone Aar-gau und Zürich entwarfen – gemein-sam mit den beiden Regionalplanungs-verbänden Baden Regio und der Zür-cher Planungsgruppe Limmattal, der Stadt Zürich sowie 16 weiteren Städ-ten und Gemeinden – ein kantonsübergreifendes Freiraumkonzept. Die -ses liefert Strategien für den Umgang mit Landschafts- und Freiräumen und schlägt anhand verschiedener Initial-projekte ein Massnahmenbündel vor.

Dabei bildet das blaue Band der Lim-mat als durchgehende, grosszügi-ge Natur-, Kultur- und Erholungsland-schaft zusammen mit den bewalde-ten Hügelzügen und den zwischen den Siedlungen liegenden Freiraumspan-gen das Grundgerüst des Aggloparks Limmattal.

Zwei Initialprojekte werden zurzeit umgesetzt. Beim Projekt Limmatufer-weg steht die Aufwertung der Limmat als naturnahe Erholungsachse im Zent-rum. Vorgesehen ist eine durchgehen-de, attraktive Velo- und Fusswegver-bindung von Zürich bis nach Baden mit Aufenthaltsmöglichkeiten am Wasser und landschaftsbezogenen Erholungs-angeboten. Sie soll Natur- und Kultur-angebote besser zugänglich machen Im Limmattal, einem der

dyna-mischsten Wirtschaftsräume der Schweiz, sind Landschaft und Frei-raum nicht nur ein wichtiger Stand-ortfaktor. Vielmehr leistet die natür-liche Umwelt auch einen entschei-denden Beitrag zur Lebensqualität der rund 250‘000 Einwohnerinnen und Einwohner sowie der 150‘000 Arbeitsplätze. Umfragen zeigen, dass Landschaft und Natur bei der Bevölkerung höher im Kurs ste-hen als beispielsweise tiefe Steu-ern oder das Arbeitsplatzangebot.

Diesem Bedürfnis nach Freiräumen will der Agglopark Limmattal Rech-nung tragen. Das Projekt schafft ein gemeinsames Bewusstsein für die-sen Raum, setzt die Landschaft als Erholungs- und Naturraum in Wert und gibt über die Region hinaus Im-pulse zur Entwicklung und Gestal-tung landschaftlicher Naherholungs-räume.

Christian Bachnofner christian.bachofner@ag.ch

Agglopark Limmattal: Ein Gesamtprojekt