• Keine Ergebnisse gefunden

nach Sozialtransfer vor Sozialtransfer

II.3. Kinderarmut und Bildung

II.3.3. Handlungsmöglichkeiten 1. Frühkindliche Bildung

II.3.3.6. Rahmenbedingungen schaffen

Wie im zweiten Berichtsteil bereits beschrieben, zeigt der 2. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, dass arme Kinder oft gesundheitliche Probleme haben oder in ihrer körperlichen Entwicklung zurückgeblieben sind. Ebenso können unregelmäßige Zahlungen von Essensgeld in Kinderbetreuungseinrichtungen oder mangelnde körperliche Pflege, Auffälligkeiten im Spiel- und Sprachverhalten oder geringere Teilnahme am Gruppengeschehen Zeichen für Armut sein. Armutsfolgen zeigen sich dann im Schulerfolg und in der schulischen Laufbahn. Für den mangelnden Schulerfolg ausschlaggebend sind dann in vielen Fällen eine verspätete Einschulung, Leistungsprobleme, mangelnde deutsche Sprachkenntnisse, eine fehlende Integration in die Klassengemeinschaft und eine geringe Förderung durch die Eltern.

Um Kinder aus sozial schwachen Haushalten zu stärken und ihnen Chancengleichheit zu geben, ist es daher wichtig im gesamten schulischen Umfeld Rahmenbedingungen zu

diesen Grundbedürfnissen zählen insbesondere eine ausreichende Ernährung, die Teilnahmemöglichkeit an schulischen und außerschulischen Veranstaltungen, die Verfügbarkeit über Arbeits- und Lernmittel und die Stärkung des Selbstbewusstseins der Schülerinnen und Schüler.

So führt beispielsweise die unregelmäßige Zahlung von Essengeld oder gar der Verzicht auf die Teilnahme am Schulessen zur Ausgrenzung und Benachteiligung sozial schwacher Schülerinnen und Schüler.

Hungrige Kinder lernen schlechter und der Ausschluss vom gemeinschaftlichen Essen nagt am Selbstbewusstsein. Ebenso problematisch ist es, wenn Kinder nicht an Klassenfahrten oder anderen außerschulischen Veranstaltungen teilnehmen können, weil die Eltern nicht in der Lage sind, die finanziellen Anforderungen zu leisten. Dies führt dazu, dass den Kindern Gemeinschaftserfahrungen fehlen und Ausgrenzungsgefühle entstehen.

Ein Ziel einer schulischen Kampagne für die Verbesserung von Rahmenbedingungen für sozial benachteiligte Schülerinnen und Schüler könnte es daher sein, einen Komplex kostenfreier Angebote für die Schülerinnen und Schüler zu entwickeln. Dabei sollten mindestens deren Grundbedürfnisse gedeckt werden. Gleichzeitig ist an den Schulen zu gewährleisten, dass Kinder nicht wegen Geldmangels von außerschulischen Aktivitäten ausgeschlossen werden. Dazu zählen unter anderem auch die Umweltbildung/Bildung für nachhaltige Entwicklung, Waldpädagogik, Landwirtschaft, etc.

Um die beschriebenen Ziele zu erreichen, könnten nachfolgende Punkte Elemente einer Kampagne bilden, wobei zunächst zu klären ist, welche dieser Aufgaben besser in kommunaler Verantwortung, in Landes- und welche in Bundeszuständigkeit anzugehen sind und wie sich die finanziellen Rahmenbedingungen für die Realisierung darstellen.

Dabei ist auch zu prüfen, ob eine generelle Freigabe dieser Leistungen finanzierbar ist, bzw.

ob diese Leistungen nur als antragsgebundene Leistungen für bedürftige Kinder gewährt werden sollen. Diese Leistungen wären dann als Leistungen zu begreifen, die weder auf das Sozialgeld noch auf den Regelsatz anzurechnen sind. Folgende Punkte sind, aufgrund der obigen Ausführungen, Gegenstand der näheren Betrachtung:

• kostenlose Schulspeisungen

• kostenlose Lernmittel,

• kostenlose Arbeitsmittel,

• kostenlose Erstausrüstung für Schulanfänger,

• verbilligte oder kostenlose Teilnahme an Schulausflügen oder -fahrten.

Viele dieser Punkte sind bereits in der Diskussion. Nach einem Bericht der Volksstimme, vom 01.03.2008 prüft beispielsweise das Jugendamt der Stadt Magdeburg die Situation bei der Mittagessenversorgung in Tageseinrichtungen. Dahinter steht die Überlegung, ob die Kommune hilfebedürftigen Kindern ein kostenloses Mittagessen anbieten soll.

Im Land sollte zur Unterstützung solcher Bestrebungen an den Schulen eine vertiefte Kommunikation mit dem Ziel in Gang gesetzt werden, Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und Eltern dafür zu gewinnen, das solidarische Prinzip weiter zu entwickeln und das Selbstbewusstsein der Schülerinnen und Schüler zu stärken. Ein Element solcher Initiativen könnte sein, dass Schulfahrten und andere außerschulische Aktivitäten von vornherein in Zahl und Umfang so geplant werden, dass auch sozial schwächere Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit der Teilhabe haben. Kooperationen von Vereinen oder engagierten Bürgerinnen und Bürgern mit den Schulen könnten genutzt werden, um allen Schülerinnen und Schülern kostenlose oder kostengünstige musische, künstlerische oder sportliche Angebote anzubieten. Von großer Wichtigkeit wäre es auch, den Kindern Zukunftsperspektiven aufzuzeigen. In diesem Zusammenhang ist der Verzicht auf Studiengebühren in Sachsen-Anhalt, auch gegen den Bundestrend, sicher ein zentral richtiger und wichtiger Schritt. Von zentraler Wichtigkeit ist es jedoch auch, den Jugendlichen Zugang und Perspektiven für ihre Ausbildung und den Arbeitsmarkt zu schaffen. Über Maßnahmen der Landesregierung dazu wurde bereits im Kapitel II.1.7.4. informiert.

II.3.4. Zwischenergebnis und Handlungsoptionen

Generell gilt es Armut zu vermeiden, indem Einstiegs- und Aufstiegschancen für Kinder aus sozial schwachen Haushalten geschaffen werden. Die Landesregierung arbeitet daher bereits an dem wichtigen Ziel, Kindern bessere Bildungschancen zu geben. Armut und Bildung hängen elementar zusammen. Die Zahlen zeigen, dass ohne Abschlusszeugnis und ohne Berufsabschluss das Armutsrisiko deutlich erhöht ist. Noch ist die Quote der Schulabbrecherinnen und Schulabbrecher und die Quote der Förderschülerinnen und Förderschüler über dem Bundesdurchschnitt, doch erste Schritte sind gemacht. Bildung von Anfang an in hoher Qualität, Integration in allgemeinbildende Schulen ist ein wichtiges Ziel im Schulbereich. Durch verbesserte Rahmenbedingungen könnten ganz konkrete Hilfen entwickelt werden, wie das kostenlose Schulessen und Schulmaterial. Aber auch die solidarische Unterstützung durch Lehrerschaft und Eltern und Fördervereine ist wichtig, damit alle Schülerinnen und Schüler regelhaft an außerschulischen Veranstaltungen wie Schulfahrten teilnehmen können. Auch eine bessere Vernetzung zwischen Schulen und Vereinen und engagierten Bürgern ist eine Möglichkeit zur Schaffung kostengünstiger oder kostenloser Bildungs- und Freizeitangebote an Schulen. Diese Angebote sollten immer allen Schülerinnen und Schülern offen stehen, um Diskriminierungen zu vermeiden. Dies bedeutet keine Bevorzugung sozial schwacher Schüler, sondern das Bestreben gilt der bestmöglichen Integration von Kindern aus sozial schwachen Haushalten und damit auch der Stärkung ihres Selbstbewusstseins. Hierbei spielen auch Zukunftsperspektiven eine große Rolle. So kommt dem kostenfreien Studium in Sachsen-Anhalt Signalwirkung zu. Von zentraler Wichtigkeit ist es jedoch auch den Jugendlichen Zugang und Perspektiven für ihre Ausbildung und den Arbeitsmarkt zu schaffen. Wichtig erscheint aber, dass Benachteiligungen durch Armut in allen Bildungs-, Schul- und Ausbildungsarten so weit wie möglich ausgeschlossen werden, ausgehend vom Kleinkindalter, über Grund- und Sekundarschule sowie bis hin zum Ausbildungsbereich und Studium. Über alle Einzelmaßnahmen hinaus wäre es sicherlich von Vorteil, eine durchgängige Konzeption von Bildungsförderung und Bildungserfolg für alle Kinder im Land zu entwickeln. In einem landesweiten Rahmenkonzept sollte das Ziel, Kindern unbeeinflusst von der sozialen Ausgangslage Chancen zu bieten, dargestellt werden.