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8. RAFT-Polymerisationen an Industrierußen

8.11 RAFT-Polymerisation von der Rußoberfläche

8.11.2 RAFT-Polymerisation von der Oberfläche mit „FTBPTTCP“

In Kapitel 8.11.1 wurde bereits gezeigt, dass die RAFT-Polymerisation von der Rußoberfläche erfolgreich verlaufen ist. In diesem Kapitel soll das RAFT-Agens mit der Thioesterfunktionalität in der Ankergruppe untersucht werden. Die modifizierten Industrieruße, welche eine Beladungsdichte von ρAgens = 0,090 mmol/g aufweisen, werden hierzu in Lösungsmittelpolymerisationen von Styrol in Toluol untersucht. Tabelle 8.11.2 listet die Reaktionszusammensetzung auf. Die Konzentration an RAFT-Agens wurde im Vergleich zu vorherigen Experimenten erhöht und die Initiatorkonzentration angepasst, um eine bessere Polymerisationskontrolle zu ermöglichen.

Tabelle 8.11.2 

 Zusammensetzung  des  Polymerisationsansatzes  der  RAFT­Polymerisation  von  der 

Rußoberfläche mit “FTBPTTCP“: 

RAFT-Agens FTBPTTCP 0,030 Mol%

Initiator ACC 0,030 Mol%

Monomer Styrol 36,5 Mol%

Lösungsmittel Toluol 36,5 Mol%

modifizierter

Füllstoff Ruß 27,0 Mol%

Die Polymerisation wird nach Variante 2 durchgeführt. Die Trennung des Polymers in Lösung (PiL) von den Rußpartikeln erfolgt in der Zentrifuge. In Abbildung 8.11.4 ist die Entwicklung des Umsatz-Zeit-Kurve ersichtlich. Auch in diesem Fall wird die Polymerisation in der Anfangsphase inhibiert und die Umsätze steigen erst nach einer Zeit von t = 200 min merklich an. Dies geschieht in diesem Fall allerdings schneller als für die RAFT-Polymerisation mit „FABPTTCP“ von der Rußoberfläche. Vielleicht liegt es im Rahmen der experimentellen Streuung oder der Einfluss der Rußoberfläche war unterschiedlich stark ausgeprägt. Schwankungen in den experimentellen Ergebnissen wurden ja bereits bei den TGA-Messungen identischer Proben von Industrierußen

beobachtet (vgl. Tabelle 8.6.1) und könnten vielleicht auch den Umsatz-Zeit-Verlauf beeinflussen.

0 200 400 600 800 1000

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45

U in %

t in min

Abbildung 8.11.4 

Darstellung  der  Umsatz­Zeit­Verläufe des Polymers in Lösung  (PiL) für eine  kontrollierte  radikalische RAFT­Polymerisation von der Rußoberfläche mit einer Initiatorkonzentrationen  von  c0(ACC) = 0,030 Mol%  und  einer  Rußkonzentration  von  c0(Ruß) = 27,03  Mol%.  Die  Beladungsdichte  des  RAFT­Agens  auf  der  Rußoberfläche  beträgt  ρAgens = 0,090  mmol/g,  wodurch eine RAFT­Agens­Konzentration von c0(FTBPTTCP) = 0,030 Mol% erreicht wird.  

In Abbildung 8.11.5 ist die zeitliche Entwicklung der Molekulargewichtsverteilungen dargestellt. Es ist gut zu erkennen, dass sich die Verteilungen zu höheren Molekulargewichten verschieben, je länger die Reaktion andauert. Dieses Charakteristikum kann nur durch eine kontrollierte Polymerisation hervorgerufen werden.

Da auch in diesem Fall das RAFT-Agens nur an der Rußoberfläche sitz, muss die Kontrolle an dieser Stelle hervorgerufen werden. Es ist also offensichtlich, dass die RAFT-Polymerisation erfolgreich initiiert wird. Diese Tatsache wird ebenfalls durch die Entwicklung der mittleren Molekulargewichte und der Polydispersität mit dem Umsatz in Abbildung 8.11.6 verdeutlicht. Es ist zwar weiterhin ein Hybridverhalten zu erkennen, aber der Anstieg und die Tendenz in der Entwicklung der Molekulargewichte stimmt sehr gut mit den theoretischen Vorraussagen überein. Die Polydispersität liegt in einem

Bereich von PDI = 1,8. Dieser Wert ist nicht aussagekräftig in Hinblick auf einen lebenden Charakter der Polymerisation.

1000 10000 100000 1000000

0,2 0,4 0,6 0,8 1,0

WGPC

Molare Masse in g/mol Zeit

Abbildung 8.11.5 

Darstellung der zeitlichen Entwicklung der normierten Molekulargewichtsverteilung der RAFT­

Polymerisation  von  der  Rußoberfläche  mit  „FTBPTTCP“.  Die  Zusammensetzung  des  Polymerisationsansatzes ist in Tabelle 8.11.2 beschrieben. 

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 0

20000 40000 60000 80000

Mn in g/mol

U in %

Mn(exp) Mntheo Mntheo(T) 1,6

1,8 2,0

PDI

Abbildung 8.11.6 

Darstellung der mittleren Molekulargewichte und der Polydispersität gegen den Umsatz:. Die  rote Linie beschreibt die idealen, theoretischen mittleren Molekulargewichte. Die blauen Punkte  stellen die theoretischen Molekulargewichte unter Berücksichtigung der Terminierung dar. 

In Abbildung 8.11.7 werden die normierten Molekulargewichtsverteilungen des Massendetektors und des UV-Detektors verglichen. Es ist gut zu erkennen, dass die Absorbanz des Signals bei λ = 310 nm im makromolekularen Bereich liegt. Das Signal ist nicht so stark verrauscht und auch die Überlappung der Molekulargewichtsverteilungen ist besser. Es scheint weiniger „totes“ Material entstanden zu sein, als bei der vergleichbaren Polymerisation mit „FABPTTCP“ von der Rußoberfläche. Es kann davon ausgegangen werden, dass fast jeder Polymerkette eine RAFT-Funktionalität trägt und somit befähigt ist, weitere Monomereinheiten anzulagern.

1000 10000 100000 0,2

0,4 0,6 0,8 1,0

WGPC

Molare Masse in g/mol RI

UV (λ=310nm)

Abbildung 8.11.7 

Auftragung  der  normierten  GPC­Detektorsignale  des  Polymers  in  Lösung(PiL)  gegen  das  mittlere Molekulargewicht: Die RAFT­Polymerisation von der Oberfläche erzielte einen Umsatz  von U = 7,21 %. Die schwarze Kurve beschreibt das Massendetektorsignal mit einer mittlere  Molmasse von Mn = 51995 g/mol bei einer Polydispersität von PDI = 1,82. 

Die RAFT-Polymerisation von der Rußoberfläche zeigt in dieser experimentellen Reihe eine bessere Kontrolle der Reaktion. Dieser Umstand lässt sich mit der höheren Konzentration an RAFT-Agens und der angepassten Initiatorkonzentration gut erklären.

Nach der Umsatzbestimmung wird das Polymer in Lösung (PiL) vom Polymer an der Rußoberfläche (PaR) abgetrennt, um den Massenverlust des Polymers an den Rußpartikeln in der thermogravimetrischen Analyse zu untersuchen.

In Abbildung 8.11.8 ist der normierte Verlauf des Massenverlustes gegen die Temperatur für das Polymer auf der Rußoberfläche dargestellt. Es wird der Temperaturbereich von T = 300-500 °C betrachtet, in dem sich das Polymer von der Oberfläche ablöst. Da die Massenverluste in der Anfangsphase variieren (vgl. Abbildung 8.6.1) ist eine Vergleichbarkeit erschwert. Es ist gut zu erkennen, dass die Massenverluste des Polymers an der Rußoberfläche mit fortschreitender Polymerisationszeit zunehmen. Die Farben der Linien sind hierbei mit denen in Abbildung 8.11.5 identisch. Je länger die Polymerketten an der Rußoberfläche werden, umso größer fällt der Massenverlust in der thermogravimetrischen Analyse aus.

300 325 350 375 400 425 450 475 500 0,70

0,75 0,80 0,85 0,90 0,95 1,00

mVerlust in %

T in °C Massenverlust in %

2,9 % 5,5 % 6,3 % 9,9 % 13,5 % Polymer am Ruß

Abbildung 8.11.8 

Darstellung  des  normierten  Verlaufs  des  Massenverlusts  gegen  die  Temperatur:  Die  Prozentangaben beziehen sich auf den effektiven Massenverlust an Polystyrol der einzelnen  Rußproben (PaR). Es wird nur der  für die Polymerablösung wichtige Temperaturbereich  betrachtet. 

Dieses Ergebnis ist bei einer erfolgreichen RAFT-Polymerisation von der Rußoberfläche zu erwarten. Die Massenverluste nehmen stetig zu.