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8. RAFT-Polymerisationen an Industrierußen

8.6 Quantitative Analyse der Verankerung

Die Verankerung der Furanderivate über eine Diels-Alder-Reaktion an die Oberfläche von Industrierußen wird durch Elementaranalyse und durch thermogravimetrische Messungen (TGA-Messungen) quantifiziert. Somit kann die Beladungsdichte ρAgens

bestimmt werden. Der Ruß wurde vor der weiteren Verwendung im Soxhlet mit destilliertem Wasser gewaschen (24 Stunden) und anschließend für weitere 24 Stunden bei T = 100 °C im Hochvakuum getrocknet. Obwohl der Industrieruß unterschiedslos vorbehandelt ist, variieren die Ergebnisse in der Bestimmung des Massenverlusts der TGA-Messung. So ergab die Messung ein und derselben Probe am gleichen experimentellen Setup an unterschiedlichen Tagen auch verschiedene Ergebnisse in der thermogravimetrischen Analyse. In Tabelle 8.6.1 sind beispielhaft die Analyseergebnisse einer Rußprobe aufgelistet. Auffällig sind hierbei die starken Schwankungen des Massenverlustes, obwohl es immer ein und dieselbe Probe war. Proben, welche bei der thermogravimetrischen Messung ein größeres Temperaturintervall durchlaufen, sollten auch einen größeren Massenverlust aufweisen.

Tabelle 8.6.1 

Auflistung der Massenverluste des vorbehandelten Industrierußes: Ein und dieselbe Probe  wurde an verschiedenen Tagen über einen Zeitraum von einem halben Jahr mit Hilfe der  thermogravimetrischen Analyse vermessen. Die Proben wurden immer von Raumtemperatur  (RT)  bis  zur  angegebenen  Höchsttemperatur  unter  Inertgasatmosphäre  erhitzt  und  der  Massenverlust (mVerlust) in Gewichtsprozent ermittelt. 

Probe TIntervall in °C mVerlust in w%

RT-500 2,47 RT-700 8,34 RT-800 9,42 RT-800 0,44 Ruß

RT-1400 7,23

Diese Annahme wird auch anfänglich erfüllt. Allerdings zeigen die Messungen bis T = 800 °C einen widersprüchlichen Verlauf. Anscheinend spielen Umwelteinflüsse, wie Luftfeuchtigkeit und Luftdruck, eine Rolle und können das Ergebnis signifikant

beeinflussen. Die thermogravimetrische Analyse scheint somit nur bedingt geeignet, um den Verlauf der Immobilisierung quantitativ zu beschreiben. Aus diesem Grund wird für die Bestimmung der Beladungsdichte an Ankergruppen bzw. RAFT-Agenzien die Elementaranalyse bevorzugt. Um die Beladungsdichte an der Rußoberfläche zu bestimmen, wird bei der Elementaranalyse der prozentuale Anteil an Schwefelatomen in der Probe bestimmt. Der Schwefelgehalt des unbehandelten Rußes ist so klein, dass eine Bestimmung innerhalb der Kalibrierung nicht möglich ist. Aus diesem Grund wird für den unbehandelten Ruß ein Wert von Null angenommen. Da der Schwefelgehalt der Ankergruppen bzw. der RAFT-Agenzien bekannt ist, kann somit die Beladungsdichte ρAgens berechnet werden. Die thermogravimetrische Analyse wurde jedoch bei allen Proben durchgeführt, um einen zweiten Messwert zu erhalten. Um die zuvor beschriebenen Schwankungen auszugleichen, ist es sinnvoll neben der zu messenden Probe auch am selben Tag immer den vorbehandelten Ruß als Referenz zu messen. Da die beiden Proben den gleichen äußeren Bedingungen unterliegen, kann durch die Differenz der jeweiligen Massenverluste die theoretische Beladungsdichte bestimmt werden. Die so erhaltenen Ergebnisse stimmen in vielen Fällen mit den Ergebnissen der Elementaranalyse überein. Die Hauptanwendung der thermogravimetrischen Messung liegt allerdings in der Bestimmung des Massenverlustes an Polymer, welches an der Oberfläche gebunden ist. Füllstoffe mit Polystyrol an der Oberfläche zeigen einen charakteristischen starken Massenabfall in einem Temperaturbereich von T = 300-500 °C (Abbildung 8.6.1).

100 200 300 400 500 600 700 800 80

85 90 95 100

mVerlust in %

T in °C

Polymer am Ruß

Abbildung 8.6.1 

Darstellung  eines  Kurvenverlaufs der thermogravimetrischen Analyse einer Rußprobe  mit  Polystyrol an der Oberfläche: Der Massenverlust zwischen Raumtemperatur und = 300 °C ist  teilweise sehr unterschiedlich und wird deshalb in der Auswertung nicht berücksichtigt. Der  umrahmte Bereich ist für die Ablösung des Polymers von der Oberfläche relevant. 

In Tabelle 8.6.2 sind die Ankergruppen bzw. RAFT-Agenzien, welche für die Immobilisierung verwendet werden, zur Übersicht in der Strukturformel abgebildet.

Tabelle 8.6.2 

Übersicht der verwendeten Ankergruppen bzw. RAFT­Agenzien: 

Name Strukturformel

FTBP O S

O Br

FABP O O

O Br

FTBPTTCP O S

O

S S S

FABPTTCP O O

O

S S S

In der Tabelle 8.6.3 sind die Ergebnisse der Immobilisierung mit der Ankergruppe

„FTBP“ dargestellt. Das Stoffmengenverhältnis von Ruß und Ankergruppe liegt bei 10:1, wobei hierbei für den Industrieruß eine Molmasse von M = 12 g/mol angenommen wird.

Als Lösungsmittel wird immer Dibenzylether (DBE) verwendet, da dieser eine gute Löslichkeit für alle verwendeten Komponenten hat und einen hohen Siedepunkt aufweist.

Die Proben werden für die angegebenen Zeiten erhitzt und dann für mindestens 12 Stunden in einem Soxhlet mit Tetrahydrofuran gewaschen.

Tabelle 8.6.3 

Auflistung typischer Ergebnisse der Immobilisierung mit der Ankergruppen „FTBP“ auf der  Rußoberfläche: Die Stoffmengenverhältnisse von nRuß:nFTBP:nDBE sind in diesem Fall 10:1:22. 

Name T in °C t in h ρAgens in mmol/g

FTBP01 100 21 0,284

FTBP02 130 12 0,356

FTBP03 170 13 0,263

Der Anstieg des Schwefelgehaltes an der Rußoberfläche ist nach der Immobilisierung signifikant und beweist, dass die Verankerung über eine Diels-Alder-Reaktion möglich ist. In den Ergebnissen der Beladungsdichten in Tabelle 8.6.3 spiegelt sich der Gleichgewichtscharakter der Verankerungsreaktion wider. Bei höheren Umsetzungstemperaturen steigen zunächst die Beladungsdichten an, um dann bei noch höheren Temperaturen wieder abzunehmen. Es scheint also ein Temperaturoptimum für die Verankerung der Furanderivate an der Rußoberfläche zu geben. Die Ergebnisse der Immobilisierung stimmen sehr gut mit anderen Arbeiten[110] überein.

Im folgenden Abschnitt werden die Reaktionszusammensetzungen und die Ergebnisse der Analyse von einigen modifizierten Rußproben in tabellarischer Form wiedergegeben.

Tabelle 8.6.4 

Auflistung des Ergebnisses der Immobilisierung mit der Ankergruppen „FABPTTCP“ auf der  Rußoberfläche: Die Stoffmengenverhältnisse von nRuß:nFABPTTCP:nDBE sind in diesem Fall 10:1:30. 

Name T in °C t in h ρAgens in mmol/g

FABPTTCP01 100 24 0,118

Die Immobilisierung, welche in den Tabellen 8.6.5 und 8.6.6 beschrieben wird, wird erstmalig in zwei Reaktionsschritten durchgeführt, um eine höhere Beladungsdichte zu

erzielen. Im „1.Schritt“ wird hierbei nur die Ankergruppe aufgebracht und dann die Beladungsdichte ermittelt. Die Umsetzung zum RAFT-Agens erfolgt in DMSO unter verschiedenen Reaktionsbedingungen.

Tabelle 8.6.5 

Auflistung  des  Ergebnisses  der  Immobilisierung  mit  der  Ankergruppen  „FABP“  (1,0 eq.)  (1. Schritt) und der anschließenden Umsetzung mit „TTCP“ (1,1 eq.) auf der Rußoberfläche: Die  Stoffmengenverhältnisse von nRuß:nFABP:nDBE sind in diesem Fall 42:1:80. Für die Umsetzung mit 

„TTCP“ beträgt das Stoffmengeverhältnis  nTTCP:nDMSO gleich 1:330.  

Name T in °C t in h ρAgens in mmol/g

1.Schritt 130 48 -

FABPTTCP02 50 20 0,192

Es ist gut zu erkennen, dass die Beladungsdichte für die Verankerungsreaktion in Tabelle 8.6.5 größer ist als zuvor, obwohl sich die Stoffmenge der Ankergruppe bezogen auf die Rußpartikel verkleinert hat und die Lösung stärker verdünnt war. In Hinblick auf die Herstellung von Proben in einem Maßstab von m = 100 g mit einem Füllstoffanteil von 50 Massenprozent wird versucht, eine optimale Zusammensetzung und einen effektiven Temperaturverlauf zu finden, um eine hohe Beladungsdichte mit einem geringen Verbrauch an Verankerungsagenzien zu kombinieren. Aus diesem Grund werden die Reaktionsbedingungen in einem weiten Bereich variiert, was die Vergleichbarkeit der einzelnen Ergebnisse erschwert. Es hat sich leider gezeigt, dass die Umsetzung im

„2. Reaktionsschritt“ nicht quantitativ abläuft. Um die minimale Konzentration an RAFT-Agens zu bestimmen, wird der Massengehalt an Schwefel der modifizierten Rußprobe nach jeder Reaktion bestimmt. Aus der Differenz der beiden Werte, wird die Beladungsdichte für das RAFT-Agens ermittelt. In Tabelle 8.6.6 ist dieser Wert mit ρAgens = 0,035 mmol/g beziffert.

Tabelle 8.6.6 

Auflistung des Ergebnisses der Immobilisierung mit der Ankergruppen „FTBP“ (1,0 eq.) und der  anschließenden  Umsetzung  mit  „TTCP“  (1,1  eq.)  auf  der  Rußoberfläche:  Die  Stoffmengenverhältnisse von nRuß:nFTBP:nDBE sind in diesem Fall 50:1:114. Für die Umsetzung mit 

„TTCP“ sind die Stoffmengeverhältnisse nTTCP:nDMSO gleich 1:330. 

Name T in °C t in h ρAgens in mmol/g

1.Schritt 130 24 0,219

FTBPTTCP03 25 96 0,035

Es ist allerdings festzuhalten, dass die Verankerung von RAFT-Agenzien über eine Diels-Alder-Reaktion sehr erfolgreich abläuft. Die Beladungsdichten variieren in einem Bereich der ebenfalls für eine erfolgreiche Polymerisation von Kieselsäure[23, 63, 98, 111-115]

verwendet wird. Die modifizierten Rußpartikel werden in Lösungsmittelpolymerisationen von Styrol in Toluol verwendet. Aus diesem Grund wurde eine Probe in Toluol für t = 24 h bei T = 87 °C gerührt. Diese Parameter entsprechen den Reaktionsbedingungen der Polymerisation. Es soll geklärt werden, ob es zu einer messbaren Abnahme der Beladungsdichte kommt. Der Vergleich der Ergebnisse der Elementaranalyse vor und nach dem Experiment zeigt keine signifikante Veränderung in der Beladungsdichte. Es kann also davon ausgegangen werden, dass die RAFT-Agenzien durch den thermischen Einfluss der Polymerisation nicht abgelöst werden können.

Tabelle 8.6.7 

Auflistung des Ergebnisses der  Immobilisierung mit der Ankergruppen „FTBP“ (1,0 eq.) und der  anschließenden  Umsetzung  mit  „TTCP“  (1,1  eq.)  auf  der  Rußoberfläche:  Die  Stoffmengenverhältnisse von nRuß:nFTBP:nDBE sind in diesem Fall 39:1:97. Für die Umsetzung mit 

„TTCP“ sind die Stoffmengeverhältnisse nTTCP:nDMSO gleich 1:120. 

Name T in °C t in h ρAgens in mmol/g

1.Schritt 100 48 0,256

FTBPTTCP04 50 24 0,132

8.7 Konventionelle radikalische Polymerisationen in Gegenwart