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2 EINLEITUNG

2.2 R AUCHEN UND F OLGESCHÄDEN

Mit der raschen Ausbreitung des Tabakgenusses auf immer größere Bevölkerungsschichten wurden zunehmend auch gesundheitsschädliche Folgen bei Rauchern beobachtet. Zu Beginn der fünfziger

4 Jahre des letzten Jahrhunderts wurden erstmals Studien veröffentlicht, welche sich mit dem Zusammenhang zwischen Zigarettenkonsum und Lungenkrebs befassten. Ein möglicher Zusammenhang zwischen dem Konsum von Tabakprodukten und der Tumorentstehung wurde bereits 1761 von dem britischen Arzt John Hill dokumentiert. Er beschrieb polypenartige Geschwulste der Nasenschleimhaut, deren Entstehung er auf den Gebrauch von Schnupftabak zurückführte (Hill, 1761). 1795 beobachtete Thomas von Sömmering das gehäufte Auftreten von Lippenkrebs der Unterlippe bei Pfeifenrauchern (Sömmering, 1795). Umfangreichere epidemiologische Studien über den Zusammenhang zwischen der Entstehung von Lungenkrebs und dem Rauchen wurden 1950 in den USA und England veröffentlicht (Doll und Hill, 1950; Wynder und Graham, 1950). Später zeigten tierexperimentelle Studien, bei denen Tabakteer auf die Haut von Kaninchen aufgetragen wurde und dort Hauttumore induzierte, einen Zusammenhang zwischen Tabakprodukten und der Krebsentstehung. Außerdem wurden immer weitere Inhaltsstoffe des Zigarettenrauchs als Kanzerogene identifiziert (Doll, 1998).

Die im Zigarettenrauch enthaltenen krebserregenden Substanzen sind dazu in der Lage, das Erbgut der Zelle, die DNA (Desoxyribonukleinsäure), zu schädigen. Diese DNA-Schäden können zu strukturellen Veränderungen der betroffenen Zelle führen. Auf diese Weise kann eine normale Körperzelle zur Krebszelle mutieren, wenn bestimmte Kontroll- bzw. Reparaturmechanismen versagen. Sind bestimmte Gene der Zelle, welche das Wachstum der Zelle kontrollieren, von den induzierten DNA-Schäden betroffen, so hat die Zelle die Möglichkeit, den programmierten Zelltod (Apoptose) einzuleiten. Auf diese Weise werden fehlerhafte Zellen aus dem Organismus eliminiert. Die Menge der im Tabakrauch enthaltenen Kanzerogene allerdings überfordert diese körpereigenen Reparaturmechanismen, bestimmte Bestandteile des Zigarettenrauchs verhindern sogar die Apoptose von geschädigten Zellen und es kommt zur Entstehung von Krebs.

Mittlerweile sterben weltweit jährlich mehr als fünf Millionen Menschen an den Folgen des Zigarettenrauchens. Außerdem ist anerkannt, dass der Konsum von Tabakprodukten bei der Entstehung von Tumoren in unterschiedlichen Organen eine Rolle spielt (IARC, 2004). In einem Bericht des Deutschen Krebsforschungszentrums wird Rauchen als der wichtigste vermeidbare Risikofaktor bei der Krebsentstehung beschrieben (DKFZ, 2008). Bis in die 1970er Jahre zeigte die Krebsmortalitätsrate in Deutschland, wie auch in anderen westlichen Industrieländern, einen steigenden Verlauf bei männlichen Rauchern und fiel danach mäßig ab. Die Lungenkrebssterblichkeit bei Frauen hingegen zeigt eine leicht steigende Tendenz an. Dabei kann man zeitlich versetzt, um ca.

20 bis 30 Jahre, eine Korrelation zwischen den Rauchgewohnheiten der Bevölkerung und der Krebsmortalitätsrate beobachten. In Deutschland wird Rauchen bei den Männern für 87% der Lungenkrebstodesfälle verantwortlich gemacht, bei den Frauen sind es 56% (Krebsatlas der Bundesrepublik Deutschland 1981-1990). Neben dem Lungenkrebs werden noch weitere Krebsarten verschiedener Organe auf das Zigarettenrauchen zurückgeführt: Fast alle Kopf-Hals-Tumoren

5 (Mundhöhle, Mund- und Rachenraum, Nasenhöhle, Nasennebenhöhle und Kehlkopf), Speiseröhrenkrebs, Magen- und Darmkrebs, Leberkrebs, Bauchspeicheldrüsenkrebs, Blasenkrebs, Harnleiterkarzinom, Nierenzellkarzinom und myeloische Leukämien. Es wurde darüber hinaus bei Frauen eine erhöhte Rate an Zervixkarzinomen beobachtet (Sasco et al., 2004). Eine Zusammenfassung der Todesfälle bei Frauen und Männern im Jahre 2001 ist in Tabelle 1 dargestellt.

Tabelle 1: Geschätzter Anteil der durch Zigarettenrauchen verursachten Krebstodesfälle in Deutschland im Jahre 1995 (modifiziert aus Marquardt und Schäfer).

Rauchen ist jedoch nicht nur ein Risikofaktor für die Entstehung von Krebs, darüber hinaus steigt auch die Gefahr von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie chronisch obstruktive Lungenerkrankungen (COPD), koronare Herzkrankheiten, periphere Verschlusskrankheiten (Thrombosen) und Schlaganfall.

Außerdem liegt bei starken Rauchern ein erhöhtes Risiko vor (20- bis 30-fach über dem von Nichtrauchern), an chronischen Leiden der Atemwege wie chronischer Bronchitis und Emphysemen zu erkranken. Durch konsequenten Rauchverzicht sinkt das Risiko für z.B. Kreislauf-Erkrankungen schnell und kann weitgehend reversibel sein. Ca. 20% aller Todesfälle durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind auf den Zigarettenkonsum zurückzuführen. Je früher im Leben eine Person mit dem Rauchen beginnt, desto größer ist das individuelle Risiko, später eine mit dem Rauchen assoziierte Erkrankung zu entwickeln. Aufgrund der hohen Latenzzeit sind die heute erfassten Zahlen der durch das Rauchen induzierten Krebserkrankungen auf das Rauchverhalten der betroffenen Personen vor mehreren Jahrzehnten zurückzuführen.

Das Rauchen von Zigaretten ist, wie bereits erwähnt, ein Hauptrisikofaktor für chronisch obstruktive Lungenerkrankungen. Diese Erkrankungen der Atemwege sind Folge der durch Rauchen verursachten

6 Veränderungen der zentralen und peripheren Atemwege, der Lungenbläschen (Alveolen) und der Kapillargefäße. Die im Zigarettenrauch enthaltenen Substanzen führen zu einer Lähmung der Flimmerepithelien der Atemwege und bei länger andauerndem Konsum sogar zu einer Degeneration des Flimmerepithels (Ziliartoxizität). Weil dadurch die Selbstreinigungsfunktion des Atemapparates verhindert wird, kommt es zu einer Stauung des Bronchialsekrets und als Folge davon zu Hustenanfällen wie dem morgendlichen Raucherhusten und einer Reduktion der Lungenfunktion.

Durch diese Hemmung der Selbstreinigungsfunktion wird aber auch die kanzerogene Wirkung des Zigarettenrauchs erhöht.

Darüber hinaus haben Raucherinnen ein höheres Risiko für Früh-, Fehl- und Totgeburten, aber auch das Risiko für Schwangerschaften außerhalb der Gebärmutter ist erhöht. Rauchen während der Schwangerschaft führt außerdem zu beeinträchtigter Entwicklung des ungeborenen Kindes, was ein geringeres Geburtsgewicht und eine geringere Größe des Neugeborenen bedingt. Abhängig von der Anzahl der gerauchten Zigaretten während der Schwangerschaft erhöht sich das Risiko von Lippen-Kiefer-Gaumenspalten. Kinder von rauchenden Müttern haben ferner ein erhöhtes Risiko, an plötzlichem Kindstod zu sterben (DKFZ, 2008).