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Rückblick: Wintersemester 1999/00 Megastädte - Weltstädte (Global Cities)

22.10.1999

Weltstadt London

Prof. Dr. W. Gaebe (Stuttgart)

London ist eine fast 2000 Jahre alte Stadt mit einer sehr wechselhaften Entwicklung, die jedoch über Jahrhunderte hinweg politische und räumliche Konstanten aufweist. Sie zeigt auch die für große Städte typischen widersprüchlichen Entwicklungstendenzen wie starke Deindustrialisierung und Zunahme der wissensintensiven Dienstleistungen, demographische, soziale und ökonomische Disparitäten, Agglomerationsvorteile und -nachteile. Die anhaltende Attraktivität des größten Bank- und Finanz-platzes der Erde kann durch standortspezifische Faktoren wie Tradition und Erfahrung und welt-wirtschaftliche Faktoren wie Wirtschaftspolitik und postkoloniale Beziehungen erklärt werden. Die Sanierung und Revitalisierung der Docklands ist ein umstrittenes Beispiel der Stadterneuerungspolitik der britischen Regierung. Dadurch soll die hohe Standortqualität für Wirtschaft und Bevölkerung gespeichert und gestärkt werden. Dynamik und Ungleichgewichte werden an Beispielen erläutert.

16.11.1999

VORTRAG RHEIN-NECKAR AKTUELL: Chancen und Probleme des Einzelhandels in der City am Beispiel von Heidelberg und Mannheim

Dr. Hans P. Fischer (Stuttgart)

Der deutsche Einzelhandel leidet seit vielen Jahren unter stagnierenden Umsätzen bei gleichzeitiger Expansion der Verkaufsflächen insbesondere an sogenannten nichtintegrierten Standorten. Das ist aber nur ein Grund, warum der innerstädtische Einzelhandel unter besonderen Druck geraten ist. Weitere Ursachen für die Probleme des innerstädtischen Einzelhandels liegen in der oft schwieriger gewordenen Erreichbarkeit mit dem motorisierten Individualverkehr und der mangelnden Sicherheit und Sauberkeit in den Innenstädten. Neben diesen vor allem von den Städten zu verantwortenden Rahmen-bedingungen spielen auch hohe Ladenmieten, eine teilweise dadurch bedingte Aufgabe mittelständischer Fachgeschäfte und im Gefolge davon eine Filialisierung und damit einhergehende Uniformierung der Innenstädte eine wichtige Rolle. Hinzu kommt die steigende Bedeutung des Einkaufens über das Internet, das auch Kaufkraftabflüsse aus den Innenstädten befürchten läßt. Der innerstädtische Einzelhandel wird langfristig nur überleben können, wenn die planungsrechtlichen

Möglichkeiten zur Steuerung des großflächigen Einzelhandels an nichtintegrierten Standorten ausgeschöpft werden und gleichzeitig durch ein professionelles Innenstadtmarketing die Kunden in den Innenstädten gehalten werden können. Außerdem muß der innerstädtische Einzelhandel auch versuchen, die Chancen des Internet zu nutzen, indem er selbst als Anbieter im Internet auftritt.

30.11.1999

Welthauptstadt New York – Boom und Menetekel Dr. Werner Gamerith (Heidelberg) 

Trotz einer kurzen Rezessionsphase im Börsen- und Finanzmarkt sowie in nachgeordneten Dienstleistungsbranchen Anfang der 1990er Jahre konnte New York in der Folge seine dominante Position im internationalen Kapitalmarkt weiter ausbauen. Von einer Hochkonjunktur der gesamten US-amerikanischen Wirtschaft zusätzlich profitierend, hat sich New York neben seiner tatsächlichen Bedeutung innerhalb der nationalen städtischen Hierarchie auch den Mythos einer Welthauptstadt erworben. Sein globaler Rang spiegelt sich in einem beispiellosen Boom von Kommerz, Kapital und Kultur wider. Gleichzeitig läßt die Stadt historische Kontinuität erkennen: In New York wurde und wird in einem erbarmungslosen Wettlauf um Design, Ausmaß und Extravaganz Architekturgeschichte geschrieben, und nach wie vor kann sich die Stadt rühmen, eine der wichtigsten Destinationen internationaler Migrationsströme zu sein. Nach einem Überblick über die wichtigsten historischen Eckdaten der Stadtentwicklung würdigt der Vortrag die imposanten Phänomene der metropolitanen Entwicklung New Yorks seit Ende des 19. Jahrhunderts. Demographische und ökonomische Transformationen stehen dabei ebenso im Mittelpunkt wie New Yorks Rolle als globaler Kristallisationspunkt kulturhistorisch bedeutsamer Innovationen und Trends. Der Vortrag wirft aber auch ein Schlaglicht auf die Schattenseiten des metropolitanen Booms – Kriminalität, Armut, Krankheit, bauliche und soziale Devastierung prägen New York mindestens ebenso wie seine schwindelerregenden Umsätze an der Wall Street. Dazu kommt ein immer knapper werdender Stadtsäckel, wodurch längst notwendige Sanierungen und Reformen im öffentlichen Verkehrssystem, im Gesundheits- und Schulwesen in ferne Zukunft verschleppt werden. Der Vortrag zeigt, wie sich in New York globale Vernetzungs- und Akkumulationsprozesse mit lokalen, kommunalpolitischen Problemen in besonderer Weise verzahnen.

14.12.1999

Kairo – Entwicklungsprobleme einer orientalischen Megastadt Prof. Dr. Günter Meyer (Mainz)

In der rund 12 Millionen Einwohner zählenden Metropole Ägyptens treten die ungeheuren Probleme der Urbanisierung in der Dritten Welt mit großer Schärfe zutage. Welche Schwierigkeiten hier zu bewältigen sind, wird anhand der Wohn- und Arbeitsbedingungen der Bevölkerung illustriert, die in der Altstadt und den Totenstädten, in "informellen" Siedlungen am Stadtrand und in den neuen Satellitenstädten lebt.

Analysiert werden auch die sozioökonomischen Ursachen des militanten Fundamentalismus und die Folgen der jüngsten Strukturanpassungspolitik auf die Lebensbedingungen besonders der ein-kommensschwachen Bevölkerungsgruppen in der Megastadt.

11.01.2000

Rangoon, Vientiane und Bangkok – drei südostasiatische Metropolen im Vergleich PD Dr. Paul Reuber (Heidelberg)

Rangoon, Vientiane und Bangkok - drei Hauptstädte, die jeweils mit weitem Abstand das Städtesystem ihres Landes dominieren; drei Städte, die jeweils an einem der drei großen Ströme Südostasiens liegen;

drei Städte, die mit ihrer buddhistischen Tradition viele kulturhistorische Gemeinsamkeiten aufweisen.

Und doch sind es heute drei Städte, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Der Vortrag zeigt das boomende Bangkok als eine Metropole, die sich für den Wettbewerb der Global Cities rüstet. Thailands Hauptstadt ist - trotz Rezession - immer noch einer der wichtigsten Handels- und Finanzplätze Südost-asiens. Deutlich geringer sind die Entwicklungspotentiale des am Irrawaddy gelegenen Rangoon. Der Hauptstadt von Myanmar merkt man die Spuren der Militärdiktatur ebenso an wie den Wirtschafts-boykott der westlichen Industrieländer. Für Vientiane am laotischen Ufer des Mekhong zeigt der stadt-geographische Vergleich schließlich, daß die Stadt trotz der beginnenden politischen und wirtschaft-lichen Öffnung des Landes bis heute den Charakter einer "sozialistischen" Hauptstadt in einem sehr armen Land nicht verloren hat.

25.01.2000

Johannesburg – Stadtentwicklung und struktureller Wandel in der Post-Apartheid-Zeit Prof. Dr. Jürgen Bähr (Kiel)

Der politische Wandel in Südafrika hatte tiefgreifende Auswirkungen auf die Entwicklung der großen Städte. Einerseits hat sich durch die Aufhebung aller Zuzugsbeschränkungen ihre Wachstumsgeschwindigkeit stark beschleunigt, mit der aber kein entsprechendes Wachstum der Beschäftigungsmöglichkeiten und des Wohnungsbaus einhergingen. Die hohen Erwartungen, v. a. der jugendlichen Bevölkerung, sind daher vielfach enttäuscht worden, was sich nicht nur in dramatisch gestiegener Arbeitslosigkeit und dem Entstehen von ausgedehnten Hüttenvierteln dokumentiert, sondern auch zu einer Welle der Gewaltkriminalität als "Problemlösungsstrategie" geführt hat.

Andererseits ist die aus der Apartheid-Zeit ererbte rassisch bestimmte Anordnung der Wohnbereiche in vielfältiger Weise umgeformt worden. Dazu zählen die Bildung neuer Schwarzenghettos in innerstädtischen Bereichen, verbunden mit einem Bedeutungsverlust der City, die Umgestaltung der Townships sowie die Entstehung neuer Wohnformen im suburbanen Bereich. Am Beispiel des größten Ballungsraumes der Republik Südafrika, der heute weit über die Grenzen der Stadt Johannesburg hinausgreift und ca. 7 Mio. Einwohner zählt, werden die angeführten Probleme näher erläutert und dokumentiert, und es wird ein Ausblick auf die zukünftige Stadtentwicklung gegeben.

08.02.2000

SONDERVORTRAG OZEANE UND KÜSTEN: Eiszeit und Treibhausklima: Die Rolle der Meeresströme bei Klimawechseln

Dr. S. Rahmstorf (Potsdam)

Können künftige Klimaänderungen eine Abschwächung oder gar ein Umkippen der Strömungen im Nordatlantik bewirken? Diese Frage erregt immer wieder das Interesse der Medien; sie ist aber auch wissenschaftlich in vielerlei Hinsicht interessant. Klimageschichtliche Daten aus Eisbohrkernen und Tiefseesedimenten weisen auf frühere Instabilitäten in der Zirkulation hin. Systematische Untersuchungen der Physik des Stromsystems zeigen, daß es in der Tat bei einem bestimmten kritischen Grenzwert „umkippen“ kann, es handelt sich um ein klassisches nicht-lineares System mit einem Bifurkationspunkt. Computersimulationen für Treibhausszenarien deuten darauf hin, daß der Nordatlantikstrom sich in den nächsten Jahrzehnten spürbar abschwächen dürfte. Unter bestimmten Umständen könnte die Atlantikzirkulation sogar in die Nähe des kritischen Umschlagpunktes kommen.

Im Extremfall könnte die Menschheit durch eine vorübergehende, in historische Zeitskalen relativ kurz andauernde Erhöhung des Kohlendioxidgehalts der Atmosphäre das Klimasystem in einen grundlegend neuen, über Jahrtausende stablien Zustand kippen, in dem Nordwesteuropa wesentlich kälter als derzeit wäre.