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Quellen und Senken der Schwermetallbelastung der Vilsaue

Im Dokument Jörg Völkel (Seite 112-117)

6 Gesamtdiskussion der Ergebnisse

6.1 Quellen und Senken der Schwermetallbelastung der Vilsaue

Ziel der Arbeit ist die Lokalisierung und Bilanzierung von Schwermetallkontaminationen in der nördlichen Vilstalaue. Aufgrund von Höhe und Verteilung der Schwermetallgehalte in den Auenböden konnten diese als Schadstoffsenken identifiziert werden, insbesondere im Falle von Blei. Primäre Quelle der Bleiausträge ist das ehemalige Bergbaugelände bei Frei-hung/Elbart mit Halden aus den letzten aktiven Phasen des Bergbaus seit 1880. Die Blei-gehalte sind ökologisch besonders kritisch zu bewerten, da sie in extrem hohen Konzen-trationen bis über 2 % vorliegen und unter bestimmten geochemischen Voraussetzungen entgegen bisheriger allgemeingültiger Erkenntnisse in einigen Bereichen sehr leicht mobili-siert werden können (> 50 % mobil). Ihre Verteilung im Flussverlauf mit einer exponentiellen Zunahme der Gehalte in abnehmender Entfernung zum ehemaligen Bergbaugelände deutet auf einen Austrag aus dem Haldenmaterial oder den anstehenden Erzen in einem 2 km brei-ten Streifen aus mittel-keuperzeitlichen Sandsteinen innerhalb der Freihunger Störungszone hin. Ob die Kontamination geogenen oder anthropogenen Ursprungs ist, kann nicht endgül-tig geklärt werden. Mehrere Faktoren stützen jedoch die These, dass der Schadstoffaustrag hauptsächlich anthropogen bedingt ist.

• Einerseits belegen14C-Datierungen an jungen Auenlehmen, mit denen der initiale Ein-trag extrem hoher Bleigehalte datiert wurde, ein Alter, das dem Beginn des Bergbaus im 15. Jahrhundert entspricht (Kap. 5.2.1).

• Andererseits gehen die Bleigehalte in den Profilen südlich des Bergbaugeländes, die nicht mehr im direkten oberflächigen und Grundwasserabstrombereich der Halden lie-gen, bereits in geringen Tiefen auf das Niveau des geogenen Hintergrundgehaltes zurück. Diese Profile haben lediglich in den obersten Zentimetern einen atmosphäri-schen Eintrag der Schwermetalle erfahren, der wahrscheinlich auf ihre Lage zwiatmosphäri-schen mehreren ehemaligen Verhüttungsstätten zurückzuführen ist (Anlage 11.2.1).

• Am Ringlmühlbach, dem Vorfluter, der direkt den Bereich des ehemaligen

Bergbau-areals mit den zurückgelassenen Halden entwässert, treten die höchsten Bleikonzen-trationen auf.

• Ein weiterer Grund für die Annahme einer anthropogen gesteuerten Kontamination der Vilsaue ist die leichte Verlagerbarkeit und spezifische Bindung des Bleis. Geogene Schwermetalle sind in den Böden aufgrund des diagenetischen Alters der Metallver-bindungen meist unlöslich und schwer verlagerbar. Aufgrund von Rekristallisationen der Mineralstruktur oder Okklusion in innere Gitterplätze sind Schwermetalle gut fi-xiert (FÖRSTNER1983, FILIPINSKI et al. 1987, GRUPE & KUNTZE 1988). Sequentiell extrahiert liegen sie in der Regel in der Residualfraktion vor. Die durchgeführten se-quentiellen Extraktionen nach ZEIEN & BRÜMMER (1989) belegen hingegen im Mittel relativ niedrige Bleianteile an der residualen Fraktion von 19,5 %, die damit noch unter denen der mobilen Fraktion liegen.

• In unbelasteten Auenböden nehmen die Schwermetallgehalte mit steigender Entfer-nung vom Ufer zu, da sie an Sorptionspartner wie Ton und Humus gebunden sind, die mit zunehmender Entfernung zum Ufer abgelagert werden (FILIPINSKI & GRUPE

1990). Im Vilstal ist die stärkste Anreicherung in den ufernahen Profilen zu verzeich-nen, was auf fluviatilen Transport und die Ablagerung bei Hochwässern zurückzufüh-ren ist.

Der Truppenübungsplatz Grafenwöhr kann als Quelle der Bleieinträge ausgeschlossen wer-den, da über die Vorfluter Frankenohe und Wiesenlohbach, die Teile des Geländes entwäs-sern, keine nennenswerten Schadstoffeinträge erfolgen. Die über diese Nebenflüsse ange-lieferten Sedimentfrachten, die wegen der zum Teil fehlenden Vegetationsdecke auf dem Truppenübungsplatz sehr hoch sind, führen zu einem Verdünnungseffekt der Schadstoffge-halte bei ihrer Ablagerung in der Vilsaue. Deshalb gehen die GeSchadstoffge-halte an Blei in den Mün-dungsbereichen zunächst deutlich zurück (Abb. 18, S. 64). An der Mündung der Frankenohe ist die Vils stark versandet. Die erodierten, hellen Quarzsande vom Truppenübungsplatz la-gern in dünnen Schichten den Auenlehmen der Vils auf. Diese Horizonte wurden neben den nicht hydromorphen Auensedimenten ebenfalls als aM-Horizonte bezeichnet und weisen geringe Schwermetallgehalte auf.

Zink und Arsen liegen in leicht erhöhten Konzentrationen in den Auenböden vor. Im Falle von Arsen wurden punktuell auch sehr kritische Gehalte im ersten Profilmeter festgestellt.

Insgesamt deuten Höhe und vor allem die fast einheitliche räumliche Verteilung im Flussver-lauf aber nicht auf eine Emission aus dem ehemaligen Bergbau hin. Stattdessen liegen im

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Anstrombereich auf das Bergbaugelände sehr hohe Gehalte an Zink und vor allem Arsen vor. Daher ist eine geogene Quelle wahrscheinlich, zum Beispiel innerhalb der Freihunger Störungszone, im östlich gelegenen Kristallin oder den Permotrias-Sedimenten des Kalten-brunner Sattels.

Die Anreicherung von Blei ist vor allem in den Oberböden erkennbar, was auf den hohen Anteil an organischer Substanz zurückzuführen ist. Der organische Kohlenstoff gilt als bevor-zugter Sorptionspartner für Blei und Schwermetalle im Allgemeinen. Abbildung 27 (S. 84) belegt dies zumindest für den Konzentrationsbereich zwischen 3 und 7 % Cor g. Eine be-vorzugte Sorption des Bleis an organische Substanz wird auch von den Ergebnissen der sequentiellen Extraktionen belegt (Kap. 5.3). 47,6 % des Bleis liegen in der organisch ge-bundenen Fraktion des humosen Oberbodens (aAp) vor. Diese starke Bindung ist somit auch Grund für die hohen Gehalte an Blei in den organikreichen Auenlehmen (vor allem in den aGr-Horizonten) sowie in den anmoorigen Horizonten (aAa). In diesen Horizonten wir-ken allerdings die generell sehr niedrigen pH-Werte der Metallfixierung entgegen, sodass die Anreicherung im aAh und aAp mit deutlich höheren pH-Werten stärker ausgeprägt ist (Abb. 17, S. 61). Die Niedermoortorfe stellen aufgrund der niedrigen pH-Werte keine starke Senke für Blei dar, obwohl sie einen hohen Gehalt an organischer Substanz aufweisen. Sie binden bevorzugt das Zink. Dadurch unterscheidet sich das Zink deutlich von Blei und Ar-sen, die in der Regel ein ähnliches Sorptionsverhalten haben. Infolge der Anreicherungen des Bleis in den organikreichen oberflächennahen Horizonten ergibt sich in den Profilen ein exponentiell abnehmender Tiefengradient mit einer im Mittel dreifachen Anreicherung im ersten Meter. In der Regel ist ab einer Tiefe von 2 m bereits der geochemische Hintergrund-gehalt an Blei erreicht, was in der Gesamtbilanz dazu führt, dass lediglich 23 % aller Proben bis 5 m Tiefe Bleigehalte über 100 mg/kg aufweisen.

Eine weitere Senke der Schwermetallkontamination stellen die eisen- und manganoxidrei-chen aGo-Horizonte dar. Sie enthalten durchschnittlich mehr als 1200 mg/kg Blei (Abb. 17, S. 61). Aufgrund ihrer Lage im Grundwasserschwankungsbereich kommt es bei Absenkung des Grundwasserspiegels oder bei kapillarem Aufstieg des Wassers zur Ausfällung der Oxi-de und HydroxiOxi-de. Die oxidierten Horizonte beinhalten Gehalte an Blei und Arsen, die Grös-senordnungen über den Maßnahmenwerten unter Grünland für den Wirkungspfad Boden-Nutzpflanze nach BBodSchV (1999) erreichen (Messungen mittels FPRFA, vgl. Kap. 6.2).

Die sequentiellen Extraktionen für die aGo-Horizonte haben hohe Anteile der Schwerme-talle an den drei Fraktionen der Oxid-Bindungsformen ergeben. Beim Blei kommen diese Bindungsformen am zweithäufigsten nach der Sorption an organische Bodenbestandteile

vor, beim Zink und Arsen spielen die schlecht kristallinen Eisenoxide als Bindungspartner die führende Rolle. Die oxidierten Auenlehmhorizonte unterliegen dem ständigen Wech-sel der Grundwasserbeeinflussung. Vom Grundwasser herantransportierte Metalle oder mit dem Sickerwasser in die Tiefe verlagerte Anteile werden zusammen mit den pedogenen Oxiden im aGo ausgefällt. Daneben ist der hohe Tonanteil in den Gleyhorizonten ebenfalls ursächlich für Konzentrationsanstiege der Schwermetalle. Tonminerale fungieren wie pedo-gene Oxide und organische Substanz als Sorptionspartner. Tonanteile von etwa 30 % in den aGo- und 20 % in den aGr-Horizonten im nördlichen Vilstal binden zusätzlich Blei, Zink und Arsen (Abb. 27, S. 84). Die Auenböden im Schwankungsbereich zwischen aGo und aGr sind ständig den Anstiegen des Grundwassers ausgesetzt. Damit unterliegen die oxidier-ten Schwermetalle der ständigen Gefahr der Remobilisierung und Emission in Grund- und Oberflächenwässer, wo sie in toxisch ionischer Form vorliegen (MACKLIN& KLIMEK1992).

aM- und alC-Horizonte reichern nur wenig Schwermetalle an. Ihnen fehlen die bevorzug-ten Sorptionspartner, da sie hauptsächlich aus reinen Quarzsanden aufgebaut sind, die kaum Schwermetalle binden. Die zudem niedrigen pH-Werte fördern die Mobilität der Me-talle. Außerdem ist ein Großteil der Schwermetalle, die von der Oberfläche her eingetragen werden, bereits in den hangenden Sedimenten sorbiert. Die erhöhten Gehalte an Blei und Arsen in den lCv-Horizonten nördlich von Vilseck sind geogenen Ursprungs, da sie in den darüberliegenden Sedimenten in wesentlich niedrigeren Gehalten vorkommen und daher ein Eintrag, von der Oberfläche ausgehend, auszuschließen ist. Die schluffigen, glimmer-reichen Ausgangsgesteine östlich von Gressenwöhr sind extrem sauer und deshalb keine Senke für Schwermetalle. Aus den Auensedimenten in die Tiefe verlagerte Schwermetalle unterliegen in diesem Bereich der Gefahr des Durchtransportes in tieferliegende Schichten und der lateralen Verteilung mit dem Grundwasser.

Die Sedimente der Vilssohle sind im Vergleich zu den Auenablagerungen nicht belastet.

Dies führt zu der Vermutung, dass die Sedimente entweder infolge ständiger Umlagerung und Vermischung mit rezentem unbelastetem Material weniger belastet sind oder dass auf-grund von Auswaschung die hohen Bleigehalte im Flussbett bereits diffusiv verdünnt sind.

In der Aue sind die flussnahen Partien grundsätzlich stärker kontaminiert als die Ablagerun-gen in der Auenmitte und am Auenrand. Dies lässt auf die Akkumulation der Schwermetalle bei Hochwässern schließen, welche die flussnahen Bereiche wesentlich häufiger erreichen.

Zu gleichen Ergebnissen sind auch CISZEWSKI (2003) bei der Untersuchung der vertikalen Schwermetallverteilung in Auenprofilen an der Oder sowie MARTIN(1997) bei Untersuchun-gen an der Lahn gekommen. Im Vilstal ist aufgrund folUntersuchun-gender Fakten für die

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taminationsphase von einem fluviatil-partikulären Transport des Bleis während der aktiven Bergbauperiode auszugehen. Der ausgeprägte Tiefengradient sowie die sprunghaft anstei-genden bzw. abfallenden Gehalte in einigen Profilen sprechen dafür. Ebenso die zeitliche Übereinstimmung des Schadstoffeintrages, ermittelt per Datierung der stark bleihaltigen Se-dimente, mit dem Beginn der Blütezeit des Bergbaus. Letztlich belegt die geringe Löslichkeit des Bleis ebenfalls diese Theorie.

Die mit destilliertem Wasser hergestellten Eluatlösungen, welche die Bodenlösungen im Feld simulieren und zusammen mit der Bestimmung der Gesamtgehalte eine Sickerwasser-prognose zulassen, belegen für Zink und Arsen ein gutes Mobilisationspotential. Gerade bei hohen Gesamtgehalten liegen auch in den Eluaten hohe Absolutkonzentrationen vor. Im Mittel beträgt die Wasserlöslichkeit des Zinks 3,3 %, die des Arsens 1,2 %. Für Blei sind die eluierbaren Anteile in reinem Wasser mit 0,5 % sehr gering. Generell beweisen aber die sequentiellen Extraktionen, dass bei Anwesenheit geringer Salzkonzentrationen (erste und zweite Fraktionen der Extraktionen, Kap. 5.3) unter niedrigen pH-Werten und bevorzugt in den grundwassererfüllten Bodenhorizonten die Metalle Blei, Zink und Arsen sehr stark löslich sind. Dass Salzfrachten die Adsorption der Metalle an Schwebstoffe und Sedimente herabsetzen, hat bereits SALOMONS (1980) an meerwasserbeeinflussten Gewässern be-wiesen. In der Literatur ist in vielen Fällen von einer starken Immobilität des Bleis die Rede (z.B. HARRISON & LAXEN1981, HORNBURG& BRÜMMER1993). Die dennoch erhöhte Lös-lichkeit an der Vils ist vermutlich auch durch das Vorliegen einer karbonatischen oder oxidi-schen Bleispezies bedingt. Aus den ehemals sulfidioxidi-schen Bleierzen von Freihung mit der un-löslichen Fraktion des Bleisulfids sind nach Verwitterung der Erze Karbonate und Oxide ent-standen, nach BATAILLARD et al. (2003) die bestlöslichen Bleispezies. Das Löslichkeitsver-halten ändert sich häufig an Schicht- und Horizontgrenzen, insbesondere wenn oxidierende in reduzierende Bedingungen übergehen. Somit können Senken, die zuvor Schwermetal-le angereichert haben, sekundär als KontaminationsquelSchwermetal-len fungieren (MACKLIN1996). Bei Grundwasserspiegelanstiegen, Erhöhungen der Salzkonzentrationen oder Absenkung der pH-Werte, beispielsweise durch Düngung, ist eine sekundäre Mobilisierung selbst des im Allgemeinen immobil im Boden fixierten Bleis möglich.

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