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Qualitätsmanagement und Qualitätssicherung – Häufig gestellte Fragen – Kommission „Qualitätsmanagement

Im Dokument Nachruf auf Prof. Dr. Klaus Grawe (Seite 59-62)

und Qualitätssicherung“ der BPtK

1. Warum wird das Thema im Gesundheitswesen derzeit so intensiv und kontrovers diskutiert?

Im Gesundheitsreformgesetz (2000) und nachfolgend im Gesundheitsstrukturgesetz, im Fallpauschalengesetz (2002) sowie im

Bundespsy therapeut

Gesundheitssystem-Modernisierungsgesetz (2003) wurde im Sozialgesetzbuch V (SGB V, § 135 bzw. § 135a) die Durchführung von Maßnahmen des Qualitätsmanagements und der Qualitätssicherung auch in der am-bulanten Versorgung gesetzlich festgelegt:

„Die Leistungserbringer sind zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität der von ihnen erbrachten Leistungen verpflichtet.

Die Leistungen müssen dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen und in der fachlich gebotenen Qualität erbracht werden“. An gleicher Stel-le wird weiterhin gefordert, dass alStel-le Leistungserbringer (also sowohl Ärzte als auch Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychothera-peuten) verpflichtet sind, sich an Maßnah-men zu beteiligen, die auch das Erfassen von Ergebnisqualität gestatten sollen.

Schon seit langem sind Qualitätsmanage-ment und Qualitätssicherung ein Thema für den Bereich der stationären Versorgung.

Die erneute Diskussion ist auch auf dem Hintergrund der zunehmend kritischen fi-nanziellen Situation im Gesundheitswesen zu sehen. Insgesamt liegt eine fach- und sachgerechte Form des Qualitätsmanage-ments und der Dokumentation der Struk-tur-, Prozess- und Ergebnisqualität im Inte-resse von betroffenen Patientinnen und Patienten, der Solidargemeinschaft der Krankenversicherten, aber auch der Leis-tungserbringer (Ärzte, Psychotherapeuten, Kliniken). Ziel ist dabei, dass die vorhan-denen Ressourcen des Gesundheitssys-tems angemessen und möglichst effektiv genutzt werden können.

Befürwortende Stimmen erhoffen sich fol-gende Auswirkung:

■ mehr Transparenz der Angebote der medizinischen und psychotherapeuti-schen Versorgung, die einer zunehmend kritischen und aktiven Rolle der Patien-ten in der Auswahl von Behandlungen und Behandlern gerecht werden

■ Verbesserung der Versorgung bei gleich-zeitig „gerechter“ Verteilung der Res-sourcen,

■ angemessene Außendarstellung der Profession

■ effizientere Organisation der Arbeitsab-läufe

■ Absicherung hoher Qualitätsstandards durch ständige Überprüfung und Wei-terentwicklung der Arbeitsabläufe Kritische Stimmen äußern zu diesem The-ma folgende Befürchtungen:

■ Die Maßnahmen werden durch Bürokratisierung zu einer zusätzlichen Belastung von Kolleginnen und Kolle-gen führen und damit letztlich die Ver-sorgung eher verschlechtern

■ Die Maßnahmen werden zu einer ver-stärkten externen Kontrolle führen, die Gestaltungsmöglichkeiten therapeuti-schen Handelns einschränken und ei-nen ungünstigen Einfluss auf therapeu-tische Prozesse haben

■ Die Maßnahmen werden zu einem

„Benchmarking“ (Leistungsvergleich zwischen Praxen) führen, die vor allem die Behandlung schwer und chronisch kranker Patienten mit ungünstiger Pro-gnose unattraktiv macht und deren Ver-sorgung verschlechtert

■ Die Maßnahmen dienen einseitig den Interessen der Krankenkassen an Kos-tenersparnis

■ QM ist ein zusätzlicher Zeit- und Kosten-faktor für Praxen und Institutionen

■ Obwohl eine Zertifizierung gesetzlich nicht gefordert ist, wird ein „Zertifizie-rungssog” entstehen. Dies wird die Krankenkassen dazu einladen, Einzel-verträge ausschließlich mit zertifizierten Praxen abzuschließen

2. Wer ist für die Erstellung von Richtlinien und die Gestaltung von entsprechenden Maßnahmen für die Psychotherapie zuständig?

Im berufsrechtlichen Sinne fällt die Ausge-staltung von QM und QS in den Kompe-tenzbereich der Landespsychotherapeu-tenkammern. Im Sinne des Sozialrechts sind im Bereich der ambulanten Versor-gung die Kassenärztlichen VereiniVersor-gungen für die Einführung und Durchführung von Maßnahmen des Qualitätsmanagements und der Qualitätssicherung verantwortlich (§ 136 SGB V). Die Entwicklung von Krite-rien zum Qualitätsmanagement liegt dabei nach geltendem Recht beim Gemeinsa-men Bundesausschuss, also jenem Gremi-um, dem in der Besetzung für die

vertrags-ärztliche Versorgung (gemäß § 91 Abs. 5 SGB V) Vertreter der Leistungserbringer (also der Ärzte und Psychotherapeuten in der KBV) und der Krankenkassen sowie mit beratender Stimme auch Patientenvertreter angehören.

3. Was ist der Unterschied zwischen Qualitätsmanagement und

Qualitätssicherung?

Der Begriff Qualitätsmanagement hat seit 1995 (Übersetzung der ISO-Norm 8402) die bisherige übergeordnete Bezeichnung Qualitätssicherung abgelöst. Nach der DIN EN ISO-Norm 9000 (2000) ist unter Qualitätssicherung jener Teil des Qualitäts-managements zu verstehen, der alle Maß-nahmen umfasst, mit denen Qualitätsan-forderungen erfüllt werden.

Damit bedeutet QM die Definition von Bereichen, Prozessen und Zielen, während Qualitätssicherung konkrete inhaltliche Maßnahmen umfasst, die geeignet sind, die definierten Ziele zu erreichen und zu dokumentieren.

Es kann zwischen interner und externer Qualitätssicherung unterschieden werden.

Bei der internen Qualitätssicherung behält der Praxisinhaber (bzw. die Klinik) die Ver-antwortung über den gesamten Prozess, von der Definition der Qualitätskriterien über die Einrichtung eines passenden In-strumentariums, die Durchführung und Auswertung von Dokumentation und Mes-sungen bis zur Qualitätsbeurteilung und -aufrechterhaltung.

Externe Qualitätssicherung bedeutet, dass die Aktivitäten in der Praxis Gegenstand einer externen Überprüfung sind. Für den Bereich der ambulanten Psychotherapie ist das Gutachterverfahren zur Bewilligung der Kostenübernahme ambulanter Psychothe-rapien im Rahmen der Gesetzlichen Kran-kenversicherung die am weitesten verbrei-tete Maßnahme der externen Qualitäts-sicherung.1

Von Donadebian wurde im Jahre 1986 die Unterscheidung von Struktur-, Prozess- und 1 Das Gutachterverfahren kann zugleich auch als Maßnahme der internen QS genutzt werden.

Bundespsy therapeut Ergebnisqualität vorgeschlagen. Auch für den Bereich der Psychotherapie lassen sich unter diesem Ordnungsprinzip folgende Zuordnungen vornehmen, wobei diese sich jeweils auf drei Ebenen der Versorgung beziehen können, nämlich das Gesund-heitssystem als Ganzes, eine Behandlungs-einrichtung (z. B. Klinik oder Praxis) sowie auf eine konkrete psychotherapeutische Leistung selbst (Härter et al., 2003).

Strukturqualität: Zu strukturellen Merkmalen der Gesundheitsversorgung gehören alle gesetzlichen Verordnungen sowie nach-geordnete Regelungen für diesen Bereich.

Wichtig sind dabei z. B. die Ausbildungs- und Prüfungsverordnungen und deren Umset-zung, die Regelungen von Maßnahmen der Aus-, Fort- und Weiterbildung, die Ausstat-tung von Kliniken und Praxen sowie die Fi-nanzierung der Gesundheitsversorgung. We-sentliche Parameter für die Qualität im Versorgungskontext sind dabei der Bedarf an Versorgung, der sich an der Auftretens-häufigkeit (Prävalenz und Inzidenz) von Er-krankungen und Störungen richten sollte, die Versorgungsdichte und damit die Verfügbarkeit und Erreichbarkeit von wirk-samen Leistungen. Auf der Ebene der Behandlungseinrichtung sowie der konkre-ten Dienstleistung gehören zur Struktur-qualität die Qualifikation des Therapeuten (inklusive dessen Fortbildungsmaßnah-men), die Verfügbarkeit der therapeutischen Fertigkeiten, deren individuelle Verfügbarkeit, die Art und Ausstattung der Praxis (z. B. Vor-kehrungen zur Einhaltung der Schweige-pflicht und des Datenschutzes, Verfügbarkeit von Patienteninformationen über den Ab-lauf der Therapie) sowie die Organisation von Abläufen innerhalb der Praxis.

Prozessqualität: Hierzu gehört auf der Ebe-ne des Gesundheitssystems u. a. die Vernetzung von Versorgungseinrichtungen und die Auslastung von Einrichtungen; auf der Ebene der Behandlungseinrichtung die Art und Durchführung diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen, der Ablauf der Behandlung selbst (Aufnahme – Ent-lassung) sowie die Umsetzung der Koo-peration mit anderen Berufsgruppen. Auf der Ebene der konkreten Behandlungs-maßnahme sind insbesondere die Thera-peut-Patient-Beziehung sowie die Indika-tionsstellung von Bedeutung. Ggf. gehört

hierzu auch die Berücksichtigung von evidenzbasierten Leitlinien.

Ergebnisqualität: Parameter der Ergebnis-qualität für die Behandlungseinrichtung sind die Kosten, die Dosis-Wirkungsrelation, Art und Umfang von Komplikationen bei der Behandlung, der durchschnittliche Er-folg und die Stabilität des ErEr-folgs der Be-handlung. Auf der Ebene der konkreten individuellen Behandlung ist der jeweilige Erfolg von Bedeutung, erfassbar durch statt-gefundene Heilung oder Verminderung von Leid, verbesserte Teilhabe am beruflichen und sozialen Leben sowie erhöhter Zufrie-denheit und Lebensqualität beim Patien-ten und/oder dessen Angehörigen.

4. Welche Vorgaben zum einrich-tungsinternen Qualitätsmanage-ment in ambulanten ärztlichen und psychotherapeutischen Praxen sind vom Gemeinsamen Bundesaus-schuss zu erwarten?

Nach bisher vorliegenden Informationen diskutiert der Gemeinsame Bundesaus-schuss als Grundelemente eines ein-richtungsinternen Qualitätsmanagements folgende Aspekte:

Bereich „Patientenversorgung“ (Beachtung von Leitlinien und Ausrichtung an Qualitäts-standards sowie Patientensicherheit, Pa-tientenmitwirkung und -information; Struk-turierung von Behandlungsabläufen) Bereich „Praxisführung, Mitarbeiter, Orga-nisation“ (u. a. Terminplanung, Daten-schutz, Kooperation mit anderen Versor-gungseinrichtungen)

Instrumente des internen Qualitätsma-nagements (z. B. Zielfestlegung, Zielerrei-chung, Prozess- und Ablaufbeschreibun-gen, PatientenbefragunAblaufbeschreibun-gen, Beschwerde-management, NotfallBeschwerde-management, Doku-mentation von Behandlungsabläufen und der Zielerreichung)

5. Gibt es Modelle und Hilfe-stellungen für die Umsetzung der QM-Maßnahmen in der Praxis?

■ Es gibt eine Reihe von Modellen, die zunächst für den Gebrauch in ärztlichen Praxen erarbeitet wurden. Eines der

be-kannteren ist das QEP (Qualität und Ent-wicklung in Praxen), welches von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung entwickelt wurde. Das System ist mo-dular aufgebaut und bietet eine inhalt-liche Strukturierung für ein einrichtungs-internes QM in folgenden Bereichen:

■ Praxisführung

■ Patientenversorgung

■ Vermittlung von Informationen und Patientensicherheit

■ Mitarbeiter und Fortbildung

■ Rahmenbedingungen und Praxis-organisation

Beispiele für Zielbereiche eines QM in der ambulanten Praxis sind:

■ Wie gut können Patienten die Praxis und/oder die Praxisinhaber telefonisch erreichen?

■ In welchem Zeitraum kann ein Erst-gespräch angeboten werden?

■ Nach welchen Kriterien und in welchem Zeitraum wird über das Angebot eines Therapieplatzes entschieden?

■ Wann und wie werden Patienten wei-ter verwiesen?

■ Wie ist der schriftliche und/oder telefo-nische Kontakt zu Hausärzten oder an-deren überweisenden Ärzten organi-siert?

■ Wie sind die Abläufe und Handlungs-anweisungen für Krisensituationen ge-regelt (z. B. bei Suizidalität)?

Neben QEP (www.kbv.de/QM/) sind als weitere spezifisch für den ambulanten Be-reich entwickelte QM-Systeme insbesonde-re das KVWL-Praxis-QualitätsManagement KPQM (www.kvwl.de/arzt/q_sicherung/

qm/) sowie das QM-System qu.no der KV Nordrhein (www.kvno.de) zu nennen.

6. In welchem Zeitraum sollen die Maßnahmen eingeführt werden?

Soweit bisher bekannt wurde, sind zunächst etwa zwei Jahre vorgesehen, um den ein-zelnen Praxen Zeit für die Implementierung der internen QM-Maßnahmen zu geben.

In weiteren 2 Jahren soll die Umsetzung in die Praxis abgeschlossen sein, die dann im 5. Jahr für Dritte nachvollziehbar dokumen-tiert werden soll. Weiterhin ist vorgesehen, dass nach dieser Zeit bei den KVen ange-siedelte QM-Kommissionen

stichproben-Bundespsy therapeut

artig bei ca. 2,5 % der Niedergelassenen die Darlegungen anfordern und auf dieser Grundlage die getroffenen Maßnahmen hinsichtlich der Praktikabilität, aber auch insgesamt den Nutzen hinsichtlich der Ver-besserung der Versorgung überprüfen.

7. Müssen Praxen sich zertifizieren lassen?

Das Sozialgesetzbuch fordert keine Zer-tifizierung der QM-Systeme. Die Einführung einer Zertifizierungspflicht für QM-Systeme ist vor Ablauf von 5 Jahren nach Inkrafttreten der Richtlinie auch in der Zu-kunft sicherlich nicht zu erwarten.

8. Werden die QM-Systeme den besonderen Anforderungen des psychotherapeutischen Arbeitens gerecht?

Die verschiedenen QM-Systeme wurden teilweise (z. B. QEP) in Pilotphasen auch in Psychotherapeutischen Praxen erprobt.

Bestimmte Aspekte des praxisinternen QM können bspw. bei Einzelpraxen verkürzt oder ganz ausgelassen werden. Der Nut-zen der Einführungsveranstaltungen ist stark abhängig von der Trainerauswahl und der Zusammensetzung der Trainings-gruppen. Empfehlenswert ist es, dass sich die Psychotherapeuten und -innen in Grup-pen für die Durchführung der Einführungs-seminare organisieren.

9. Werden die Maßnahmen zu einer zusätzlichen Belastung der Kollegin-nen und Kollegen sowie der Patien-tinnen und Patienten führen?

Es kann davon ausgegangen werden, dass anstehende Umstellungen und Neuerungen sowohl für Patientinnen und Patienten als auch für Therapeutinnen und Therapeuten

mit einem Mehraufwand einhergehen.

Andererseits werden in nahezu allen Praxen bereits jetzt Maßnahmen zum Qualitäts-management und zur Qualitätssicherung durchgeführt. Im Einzelfall wird es darum gehen, diese Maßnahmen systematisch zu dokumentieren und sie ggf. auch darum zu systematisieren bzw. an empfohlene Muster anzupassen. Hierbei kann die Teilnahme an entsprechenden Fortbildungsmaßnahmen hilfreich sein. Die Kammern planen, entspre-chende Veranstaltungen anzubieten.

10. Was kosten die Maßnahmen zum QM?

Kosten entstehen sicherlich in Form von Aufwand im Zusammenhang mit

digen Fortbildungen und einer ggf. notwen-digen Umstellung von Praxisroutinen.

Zurzeit macht der Wettbewerb der QM-Systeme, die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, den einzelnen Kassen-ärztlichen Vereinigungen, von Berufsver-bänden und von anderen Gesellschaften angeboten werden, die jeweiligen Ein-führungsseminare und Materialien sehr preisgünstig. Schulungen zu QEP werden für circa 150 - 200 € angeboten. Es lohnt sich also, einen Preisvergleich anzustellen.

Als positiver Nebeneffekt können aktuelle Maßnahmen des QM/QS – wie beispiels-weise die Teilnahme an Qualitätszirkeln – auch als Fortbildungseinheiten angerech-net werden.

Im Dokument Nachruf auf Prof. Dr. Klaus Grawe (Seite 59-62)