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Die Geschichte der Erforschung der Rolle der Purine als extrazelluläre Botenstoffe beginnt mit Untersuchungen über die Wirkung von Adenosin und AMP im Herz-Kreislauf-Geschehen sowie im Darm (DRURY und SZENT-GYÖRGYI 1929). Es folgen weitere Versuche am Herz-Kreislauf-System, aber auch an Thrombozyten (BORN 1962) und Mastzellen (COCKCROFT und GOMPERTS 1980). Im Laufe der Zeit wird festgestellt, dass Purine die unterschiedlichsten Zellen und Körperfunktionen beeinflussen (RALEVIC und BURNSTOCK 1998).

Den ersten konkreten Hinweis auf die Existenz spezifischer Purinrezeptoren liefern SATTIN und RALL (1970). Ihre Untersuchungen ergeben, dass die durch Adenosin bedingte cAMP-Anhäufung in Hirnzellen von Ratten durch Methylxanthine antagonisiert werden kann. 1978 schlägt BURNSTOCK eine Unterteilung der Purinrezeptoren in P1- und P2-Rezeptoren vor, wonach Adenosin der natürliche Ligand für P1- und ATP und ADP die natürlichen Liganden für P2-Rezeptoren sind. Diese Hauptunterteilung ist grundsätzlich erhalten geblieben.

Basierend auf neuen Erkenntnissen über die Spezifität sowie Molekularstruktur der verschiedenen Purinrezeptoren wurde eine weitere Unterteilung vorgenommen (ALEXANDER et al. 2004). So gehören zu der Familie der P1-Rezeptoren, auch Adenosin-Rezeptoren genannt, vier G-Protein-gekoppelte Adenosin-Rezeptoren: A1, A2A, A2B und A3. Die P2-Rezeptor-Familie wird unterteilt in die Ionen-Kanal-gekoppelten P2X und die G-Protein-gekoppelten P2Y-Rezeptoren.

2.3.3.1 G-Protein-gekoppelte Rezeptoren

G-Protein-gekoppelte Rezeptoren bilden die größte Superfamilie an Proteinen im Organismus. Sie bestehen aus sieben transmembranären, α-helikalen Segmenten, die abwechselnd über extra- und intrazelluläre Schleifen verbunden sind. Das Stickstoff-Ende befindet sich extra-, das Carboxyende intrazellulär. Es sind sechs Subfamilien bekannt. Die Adenosin- und P2Y-Rezeptoren gehören der Subfamilie A (Rhodopsin-Rezeptor ähnliche G-Protein-gekoppelte Rezeptoren) an. Am G-Protein findet ein Guanin-Nukleotid-Austausch statt: die Aktivierung des Rezeptors bewirkt eine Strukturänderung in der α-Untereinheit des G-Proteins, welche zu einer Abgabe von GDP, gefolgt von einer GTP-Bindung, führt.

Daraufhin dissoziiert die GTP-gebundene Form der α-Untereinheit vom Rezeptor sowie vom stabilen βγ-Dimer. Sowohl die GTP-gebundene α-Untereinheit als auch das βγ-Dimer können verschiedene Signalwege wie die Stimulation oder Inhibition der Adenylat-Zyklase, Aktivierung von Phospholipasen, sowie Regulierung der Kalium- und Calcium-Kanal-Aktivität modulieren. Adenosin- und P2Y-Rezeptoren sind an verschiedene G-Proteine gekoppelt. Die meisten Rezeptoren sind an mehrere unterschiedliche G-Proteine (z.B. G0, Gi, Gs, ...) gekoppelt (GETHER 2000).

2.3.3.2 Adenosin-Rezeptoren

Aufgrund der Ergebnisse molekularer, biochemischer und pharmakologischer Studien kann heute eine Einteilung der Adenosin-Rezeptoren in vier Subtypen durchgeführt werden (Tabelle 1) (RALEVIC und BURNSTOCK 1998).

Tabelle 1: Übersicht Adenosin-Rezeptoren (FREDHOLM et al. 2000, KLOTZ 2000)

z.B. CGS21680 z.B. IB-MECA

(N6

z.B. ZM241385 z.B. Enprofyllin z.B. MRS 1067

Alle vier Adenosin-Rezeptoren konnten bislang bei Mensch, Ratte und Maus nachgewiesen werden. Die Proteine bestehen aus 317 bis 412 Aminosäuren, was einer Größe von ca. 36 bis 45 kDa entspricht. Die Rezeptoren besitzen Glykosylierungsstellen, wobei die Wirkung der Glykosylierung unbekannt ist (OLAH und STILES 1995).

Alle chemisch hergestellten Agonisten, ob spezifisch oder unspezifisch, basieren auf der Struktur des natürlichen Liganden Adenosin. Adenosin selbst ist aufgrund seiner schnellen Metabolisierung durch diverse Enzyme für pharmakologische Studien wenig geeignet. Um die Potenz oder Selektivität zu erhöhen, wird bei der Synthese von Agonisten das Molekül Adenosin an einer oder mehreren von drei möglichen Stellen substituiert: die 5’-Position der Ribose und die 2- sowie N6-Position des Purins.

Methylxanthine sind die Prototypen der Antagonisten für Adenosin-Rezeptoren. Andere Strukturen wie die Triazoloquinazoline, Triazolotriazine, Dihydropyridine und Adenin-Derivate bilden die Basis für Nicht-Xanthin-Antagonisten. Während für die Rezeptoren A1, A2A und A3 potente spezifische Agonisten, Antagonisten und Radioliganden synthetisiert werden konnten, fehlt für den Rezeptor A2B ein spezifischer Agonist (KLOTZ 2000).

Ein gemeinsames Merkmal der Adenosin-Rezeptoren ist die Kopplung an die Phospholipase C (PLC). Ihre Aktivierung führt zur Hydrolyse von Phosphatidylinositol-4,5-Diphosphat

(PIP2), wodurch Diacylglycerol (DAG) und Inositol-1, 4, 5-Triphosphat (IP3) entstehen. Dies bewirkt wiederum eine Aktivierung der Proteinkinase C (PKC) sowie eine Erhöhung des intrazellulären Calcium-Spiegels (BERRIDGE 1993). Zusätzlich greifen die Adenosin-Rezeptoren in die Regulation der Adenylat-Cyclase ein. So bewirken die A1- und A3 -Rezeptoren eine Inhibition, die A2A- und A2B-Rezeptoren dagegen eine Stimulation der Adenylatcyclase. Auf diese Weise beeinflussen sie den zellulären Gehalt an cyclischem Adenosin-Monophosphat (cAMP) (FREDHOLM et al. 2000).

2.3.3.3 P2Y-Rezeptoren

P2Y-Rezeptoren sind Proteine, die aus 308 bis 377 Aminosäuren bestehen und je nach Glykosylierung eine Molekülmasse von 41 bis 53 kDa besitzen.

P2Y1, P2Y2, P2Y4, P2Y6, P2Y11, P2Y12, P2Y13 sowie P2Y14 sind bei Säugetieren geklonte Rezeptoren für Nukleotide. Für manche der Rezeptoren, wie bspw. p2y5, sind keine Agonisten bekannt, sie werden daher „orphan receptors“ genannt. Andere Subtypen (z.B.

chick p2y3, Xenopus p2y8) sind wiederum bei Säugetieren nicht geklont worden (KING et al.

2000, ZHANG et al. 2002; ABBRACHIO et al. 2003).

Die natürlichen Agonisten der P2Y-Rezeptoren sind die Purine ATP und ADP sowie die Pyrimidine UTP und UDP. Wie bei den Adenosin-Rezeptoren auch kommt es bei der Ligandenbindung an einen P2Y-Rezeptor über die Kopplung an ein G-Protein zur Aktivierung der PLC, welche zur IP3-Bildung und Calcium-Mobilisierung aus intrazellulären Speichern führt. Für manche P2Y-Rezeptoren ist auch eine Kopplung an die Adenylat-Cyclase beschrieben (RALEVIC und BURNSTOCK 1998). Zusätzlich aktivieren P2Y2 -Agonisten über die PKC MAP-Kinasen (HUWILER und PFEILSCHIFTER 1994, GRAHAM et al. 1996, GAO et al. 1999). Generell ist die Potenz der Agonisten und Antagonisten abhängig von der Spezies und von der Rezeptordichte des jeweiligen Gewebes. In Tabelle 2 sind die wichtigsten Charakteristika der P2Y-Rezeptoren aufgeführt.

Tabelle 2: Übersicht P2Y-Rezeptoren (KING et al. 2000, NICHOLAS 2001, ZHANG et al.

2002, ABBRACCHIO et al. 2003)

Rezeptor P2Y1 P2Y2 P2Y4 P2Y6 P2Y11 P2Y12 P2Y13 P2Y14

2.3.3.4 P2X-Rezeptoren

P2X-Rezeptoren sind vor allem in reizleitenden Geweben wie Nervenzellen und Zellen der glatten Muskulatur vertreten. Sie sind jedoch auch in Makrophagen (SURPRENANT et al.

1996) oder Epithelien (GRÖSCHEL-STEWART et al. 1999) nachweisbar. Es handelt sich um membrangebundene Ionenkanäle, die vom natürlichen Liganden ATP aktiviert werden (LAMBRECHT 2000). Mehrere Untereinheiten bilden eine homomere oder heteromere Pore.

Die genaue Anzahl der Proteine, die eine Rezeptoreinheit bilden, ist bisher nicht bekannt, es werden allerdings trimere und/oder hexamere Strukturen vermutet (KAKH et al. 2000).

Sieben verschiedene Proteine (P2X1-7) konnten bisher geklont werden (RALEVIC und BURNSTOCK 1998).

Die Proteine bestehen aus 379 bis 595 Aminosäuren mit zwei hydrophoben Transmembran-Domänen und einer extrazellulären, cysteinreichen, hydrophilen Schleife. Sie vermitteln im Gegensatz zu den G-Protein gekoppelten Purinrezeptoren eine schnelle (innerhalb von 10 ms) und nicht selektive Permeabilität für Kationen (Na+, K+ und Ca2+), woraus eine Depolarisierung der Zelle folgt (KHAKH et al. 2001).

Der P2X7-Rezeptor nimmt eine Sonderstellung ein, indem er nur homomere Ionenkanäle formt (TORRES et al. 1999). Nach einer kurzen Stimulierung durch ATP oder andere Agonisten kommt es zunächst zu einem Kationeneinstrom, wie er auch bei den anderen P2X-Rezeptoren zu beobachten ist. Bei wiederholten Rezeptorstimulierungen kommt es allerdings zur Bildung einer nicht-selektiven Pore, die auch für größere Moleküle durchlässig ist, wodurch es zum Tod der Zelle kommt (SURPRENANT et al. 1996). Darüber hinaus stellen KIM et al. (2001) fest, dass die Aktivierung des Rezeptors zu seiner Dephosphorylierung führt, und dass diverse Proteine mit ihm interagieren. Die Autoren schließen aus ihren Ergebnissen, dass diese Proteine an den Zytoskelett-Veränderungen beteiligt sind, die zum Zelltod führen. An Makrophagen führt eine Stimulierung des P2X7-Rezeptors zu einer Freisetzung von IL-1β (FERRARI et al. 1997). SOLLE et al. (2001) zeigen, dass der P2X7 -Rezeptor an der Externalisierung von pro-IL-1β und dessen Aktivierung durch die Caspase-1 beteiligt ist. In Tabelle 3 sind die drei Gruppen der P2X-Rezeptoren dargestellt.

Tabelle 3: Übersicht P2X-Rezeptoren (KHAKH et al. 2000):

αβmeATP-sensitiv nicht αβmeATP-sensitiv nicht αβmeATP-sensitiv schnell desensitiviert (< 1 s) langsam desensitiviert (> 1 s) langsam oder nicht

desensitiviert

Suramin-sensitiv Suramin-sensitiv nicht Suramin-sensitiv

Da bisher nur wenige selektiv wirkende Agonisten und Antagonisten entwickelt wurden, bleibt es schwierig, einen einzelnen P2X-Rezeptor-Typen zu stimulieren (LAMBRECHT 2000).