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Psychotherapeutenkammer Berlin

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Selektive Einzel- und Gruppenverträge – eine Alternative für Psychologische Psycho-therapeuten und Kinder- und JugendlichenpsychoPsycho-therapeuten zur herkömmlichen kollektivvertraglichen Regelversorgung?

Der Ausschuss „Neue Versorgungsformen“

der Psychotherapeutenkammer Berlin hat-te am 20. November 2008 zu einer wei-teren Informationsveranstaltung über neue Versorgungsmodelle eingeladen. Das Inte-resse war groß; über 100 interessierte PP und KJP folgten der Einladung.

Inanspruchnahme neuer Ver­

sorgungsformen bei PP und KJP noch verhalten

Noch gibt es wenige Verträge im Rah-men neuer, selektiver VersorgungsforRah-men, an denen PP und KJP teilhaben. Wenn Psychotherapeut/-innen beteiligt sind, dann sind es eher ärztliche Kolleg/-innen.

Immanuel Lütjohann, Leiter der Abteilung Psychologische Psychotherapeuten bei der Techniker Krankenkasse (Hauptverwal-tung), führte aus, dass z. B. die meisten IV-Verträge seitens der TK in den Bereichen Orthopädie, Onkologie, Schmerztherapie, Kardiologie und Psychiatrie geschlossen werden. Die TK rechnet aufgrund der

ho-hen und immer noch steigenden Prävalenz psychischer Störungen mit einem steigen-den Bedarf an Versorgungskonzepten für chronisch Kranke. Laut TK-Gesundheitsre-port 2008 hatte jeder Fünfte Erwerbstätige eine psychische Diagnose. Da die meisten psychischen Störungen oder Beschwerden multifaktoriell zu se-hen sind, erscheinen Behandlungsmöglich-keiten im interdiszipli-nären Rahmen, wie sie neue Versorgungsfor-men bieten, geradezu ideal. Schizophrenien, affektive Störungen und Neurotische Stö-rungen verursachten 2008 ca. 70% der Krankenhausausga-ben in der Psychiat-rie, so Lütjohann. Die Kostenhöhe werde laut TK weniger durch die Krankheitslast sondern vielmehr durch fehlende Koordi-nation der Versorgung verursacht. Es gebe immer noch eine strenge Trennung zwi-schen den Sektoren. Das führe zu Doppel-untersuchungen, mangelnder Nachsorge, zur unzureichenden Verzahnung zwischen stationärer und ambulanter Versorgung, Fehleinweisungen, Informationsdefiziten.

Bei neuen Versorgungsformen solle daher die Verbesserung der Qualität sowie mehr Wirtschaftlichkeit im Vordergrund stehen.

Welche Vorteile können neue Versorgungsmodelle bieten?

Ziel aller neuer Versorgungsformen ist es, chronisch und psychisch Schwerstkranke

besser zu erreichen. Eine abgestimmte Behandlung und eine enge Kooperation zwischen den behandelnden Ärzt/-innen und Psychotherapeut/-innen sollen den Patient/-innen lange Wege, Wartezeiten und Mehrfachuntersuchungen ersparen.

Die Behandlung von Komorbidität kann durch die unmittelbare Zusammenarbeit unterschiedlicher Fachkräfte und definier-te Behandlungspfade verbessert werden.

Das Steigern der Servicequalität ist durch zusätzliche ambulante Leistungen (z. B.

Psychoedukation) möglich.

Je nach Vertrag können sich konkrete Vor-teile für PP und KJP oder „die Anbieter“ er-geben: Senkung der Betriebskosten (Teilen von Praxisräumen, Geräten und Personal), flexiblere Arbeitseinteilung, Entlastung von Verwaltungsaufgaben und damit einherge-hend eine größere Arbeitszufriedenheit.

Absprachen über Kompetenzen und ein gemeinsames Informationsmanagement gewährleisten eine hohe Prozessqualität.

Die Fragmentierung in der Versorgung der Patient/-innen würde durch diese Art von Zusammenarbeit aufgehoben wer-den können, meint Michael Krenz, Prä-sident der Psychotherapeutenkammer Berlin. Die einzelnen Professionen (Arzt/-in; Psychotherapeut/-(Arzt/-in; etc.) könnten vielmehr als bislang inhaltlich aufeinander Bezug nehmen.

Prof. Dr. Armin Kuhr, Vorsitzender des Aus-schusses „Neue Versorgungsformen“ der Psychotherapeutenkammer Berlin, fordert die Fachkolleg/-innen auf, die Möglichkei-ten der neuen Versorgungsformen mutig zu nutzen.

Berlin

Mitteilungen der Psychotherapeutenkammer

Vielfältige Kooperationsmög­

lichkeiten durch gesetzliche Neuerungen

Mit dem GKV-Modernisierungsgesetz, den Reformen durch das Vertragsarztrechtsän-derungsgesetz und das GKV-Wettbewerbs-stärkungsgesetz 2007 bestehen heute viele Möglichkeiten für Ärzt/-innen und Psychotherapeut/-innen, ihren Beruf in Kooperation auszuüben. Neben den tra-ditionellen Formen der Zusammenarbeit (Gemeinschaftspraxis, Praxisgemeinschaft,

Praxisnetz oder Belegarztvertrag) können andere Vertragsgemeinschaften eingegan-gen werden. Zum 1.1.2009 ist durch eine gesetzliche Klarstellung die Ausschreibung und Nachbesetzung hälftiger Praxissitze möglich geworden. Das kann bei Vertrags-gestaltungen in Bezug auf Neue Versor-gungsformen Vorteile ergeben.

Bei der Wahl der Kooperationsform sind persönliche Erwartungen und Einstellungen, regionale Gegebenheiten, die eigene Praxis-struktur und die Möglichkeiten der

Kooperati-onspartner zu berücksichtigen. Ganz wichtig:

Die KBV gibt bundesweite Empfehlungen und Musterverträge heraus; entscheidend sind jedoch immer die Regelungen auf Lan-desebene (d. h. KV Berlin). Gesine Klute von der KBV erläuterte die Vertragsmöglichkeiten auf unterschiedlicher Rechtsebene (s. u.).

Vertragspartner für die Krankenkassen sind ausschließlich Vertragspsychotherapeut/-in-nen. Diese können jedoch je nach Vertrags-gestaltung mit ihrer ganzen Praxis entspre-chende Verträge zur Integrierten Versorgung Praxisnetze als

(§ 95 SGB V) Hausarztzentrierte Versorgung Wirtschaft-lichkeit der Versorgung übertragen bzw. ärztl. Zentren (fachübergreifende, ärztlich geleitete Ein-richtungen) Ärzte können als Vertragsärzte oder Angestellte arbeiten gründungsberechtigt sind alle Leistungser-bringer, die aufgrund von Zulassung, Ermächtigung oder Vertrag an der medi-zinischen Versorgung teilnehmen

Koordinationsfunktion des Hausarztes Facharztzugang grundsätzlich nur über Hausarzt

Krankenkassen subs-tituieren während der Laufzeit des Vertrages den subs-tituieren während der Laufzeit des Vertrages den subs-tituieren während der Laufzeit des Vertrages den Sicherstellungsauf-trag der KVen Keine Beteiligung der KVen möglich

Es gelten die

Regelun-gen für Vertragsärzte Einzelvertraglich, das heißt Krankenkassen mit einzelnen Ärzten, Ärztegemeinschaften, KVen mit Ermächtigung von Hausärztegemein-schaften oder Trägern von Einrichtungen, die besondere ambulante ärztliche Versorgung anbieten

Einzelvertraglich, das heißt Krankenkassen mit einzelnen Ärzten, Ärztegemeinschaften, KVen oder Trägern von Einrichtungen, die besondere ambulante ärztliche Versorgung anbieten

Zum Thema ADS/

ADHS arbeitet die KBV zurzeit an einem Mustervertrag

Quelle: vgl. Kassenärztliche Bundesvereinigung „Ärztliche Kooperationsformen“, www.kbv.de, 13.11.2007, Zugriff 27.11.08 bedienen. Dies bedeutet, dass auch PP und

KJP mit Fachkunde in einem Richtlinienver-fahren, die über keinen eigenen Kassensitz verfügen, innerhalb einer Praxisgemein-schaft gemeinsam mit einem zugelassenen PP/KJP an Verträgen zur Integrierten Versor-gung teilnehmen können. Leistungen, die innerhalb eines Vertrages zur Integrierten Versorgung erbracht werden, sind dabei

keine Leistungsausweitung für die vertrags-psychotherapeutische Tätigkeit.

Beispiel: Medizinisches Versorgungszentrum (§ 95 Abs. 1 SGB V)

Medizinische Versorgungszentren (MVZ) sind fachübergreifende und ärztlich (bzw.

ärztlich und psychotherapeutisch) geleite-te Einrichtungen, in denen Vertragsärzt/-innen und Vertragspsychotherapeut/-in-nen in freiberuflicher Form, aber auch als Angestellte tätig sein können. MVZ sind in die vertragsärztliche Versorgungsstruktur eingebunden (§ 95 Abs. 1 Satz 2 SGB V).

MVZ können sich als juristische Person des Privatrechts, GmbH oder AG gründen. Die

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Berufsträger, z. B. PP, sind entsprechend

§ 1 PsychThG eigenverantwortlich und selbstständig für das MVZ tätig, aber nicht gewerblich oder kaufmännisch handelnd.

Der Gesellschaftsvertrag darf keine medi-zinischen Weisungsbefugnisse der Gesell-schafter gegenüber den angestellten PP beinhalten. Ein MVZ verfügt über fachüber-greifende Kompetenz, da die Versorgung durch mindestens zwei Fachärzte unter-schiedlicher Fachrichtung oder einem Arzt und einem PP/KJP erfolgt. Angestellten PP oder KJP werden entsprechend ihrer Arbeitszeit anteilig bei der Berechnung des Versorgungsgrades in der Planungsregion berücksichtigt. So kann z. B. ein Praxissitz (mit 100%) eingebracht werden, der von zwei Personen geteilt wird. Die Zulassung erfolgt durch den Zulassungsausschuss der jeweils zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung.

Beispiel: Integrierte Versorgung (§§ 140a ff. SGB V)

Es handelt sich um eine Kooperationsver-sorgung, welche leistungssektorenüber-greifend (z. B. stationär/ambulant) oder fachübergreifend (z. B. Hausarzt/PP oder KJP) innerhalb eines Leistungssektors ist.

Der Sicherstellungsauftrag liegt bei den Kassen, nicht bei der KV. Bundesweit gibt es ca. 6000 IV-Verträge. Die Anschubfi-nanzierung seitens der KBV läuft nun zum Jahresende aus. Bei optimaler Vertrags-gestaltung können sich Vorteile ergeben wie: eine zeitnahe Versorgung für Patient/-innen, eine Erfolgsbeteiligung für PP und KJP z. B. bei vorzeigbaren Heilungsergeb-nissen unter Einhaltung vorgegebener Stundenlimits. Ob IV-Verträge die Psycho-therapie-Leistungen analog der Richtlinien-Verfahren abdecken können, muss kritisch geprüft werden.

Welche Erfahrungen machen PP/KJP mit den neuen Versor­

gungsmodellen?

Dr. Dipl.-Psych. Bernd Heimerl ist einer der wenigen PP in Berlin, der in einem Me-dizinischen Versorgungszentrum (MVZ) arbeitet. Seit 1 ½ Jahren ist er dort unter der Leitung zweier ärztlicher Gesellschaf-ter als PP angestellt und steht dem

Ver-sorgungsmodell mittlerweile eher kritisch gegenüber. Die Organisationsstruktur des MVZ sei sehr stark ärztlich organisiert mit Wechselschicht, Rufbereitschaft, Zuwei-sungen über die Sprechstundenhilfe usw.

PP sei von der Vertragsgestaltung her eher dem Assistenzarzt, nicht aber dem Fach-arzt gleichgestellt. 40 Therapiestunden pro Woche (ohne Supervision, Berichtserstel-lung usw.) seien die Regel. Laut Heimerl würden die Synergieeffekte und Abspra-chen zwisAbspra-chen den einzelnen Disziplinen wenig genutzt werden. Mediziner und PP würden weiterhin getrennt voneinander arbeiten. Laut Heimerl sei der Nutzen ei-nes MVZ fachlich gesehen und hinsichtlich der Patienten nur mäßig. Ab 2009 will sich Heimerl in eigener Praxis niederlassen.

Dipl.-Psych. Hans-Jürgen Kraux arbeitet seit 12 Jahren im Brustzentrum der Sana-Klinik in Lichtenberg. Sein Ziel und das sei-ner Kollegen ist der weitere Ausbau eines psychotherapeutischen Netzwerkes im Rahmen der Integrierten Versorgung für den Bereich Psychoonkologie. Nach § 140 a-d SGB V gibt es eine vertraglich verein-barte Versorgungskette: Intern kooperiert Kraux mit der Frauenklinik, der Pathologie, Radiologie und Seelsorge. Extern mit der Strahlentherapie, der Selbsthilfe, den on-kologischen Praxen sowie mit drei Psycho-therapeutischen Praxen. Die Grenzen zwi-schen dem stationären und ambulanten Bereich sind fließend. Ziel der interdiszip-linären Zusammenarbeit sei die zeitnahe, problemorientierte Versorgung von schwer Krebskranken; vor allem Patient/-innen, die häufig nicht mehr allzu viel Lebenszeit vor sich haben. Dazu sei eine rasche und flexible Terminvergabe notwendig. Je nach Prozess der Krankheitsverarbeitung seien kürzere Therapiesequenzen erforderlich.

Inhaltlich gehe es um Krankheitsverarbei-tung, Verbesserung von Lebensqualität, Klärung psychosozialer und intrapsychi-scher Konflikte. All diese Leistungen und Rahmenbedingungen kann die Integrierte Versorgung bieten.

Voraussetzungen für das Gelingen dieser Art psychoonkologischer Versorgung seien ein professionelles Netzwerk, Transparenz bei den Leistungen, Qualitätssicherung,

klare ökonomische Absprachen sowie öko-nomische Grenzen. Sinnvoll sei es, wenn es auf Psychoonkologie spezialisierte Be-ratungsstellen und Dienste gebe, meinte Kraux. Psychoonkologische Nachsorge soll-te konzeptionell in das Versorgungskonzept mit eingeschlossen sein. Ein großes Prob-lem sei noch die Finanzierung der Integ-rierten Versorgung. Psychotherapie-Stellen werden beispielsweise über Studiengelder, nicht aber über einen eigenen Haushalts-ansatz finanziert. Was noch zu klären ist, ist eine vergleichbare Diagnostik und Indi-kation seitens der einzelnen Fachrichtun-gen, eine einheitliche Dokumentation und Qualitätssicherung. Zu wünschen wäre eine psychoonkologische Kurzzeittherapie (max.

12 Stunden), die über ein eigenes Budget der Klinik abgerechnet wird.

Fazit

Noch sind die vielfältigen Möglichkeiten neuer Versorgungsmodelle unter den PP und KJP wenig bekannt und der Nutzen für die Profession schlecht kalkulierbar. In erster Linie scheinen zunächst ärztliche Kolleg/-innen oder Gesellschafter von den neuen Versorgungseinrichtungen zu profi-tieren. Inwieweit Patienten einen Nutzen aus den neuen Angeboten ziehen, muss sorgfältig evaluiert werden. Ob es PP und KJP gelingt, sich auf dem neuen Markt zu positionieren, hängt von der Gesundheits-politik und letztlich auch vom Geschick und von der Lobby der PP und KJP selbst ab. Eine kritische Diskussion unter den Kammermitgliedern selbst steht noch aus und soll in den nächsten Ausgaben repli-ziert werden.

Weitergehende Informationen:

Bei der KBV können Sie gegen eine

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bühr von 19,90 EUR den „Kooperations-kompass – Wege der Zusammenarbeit“

online bestellen: http://www.kbv.de/

publikationen/10686.html#fsohdvyhkl.

Im kommenden Jahr soll zudem der

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derzeit vergriffene Leitfaden der KBV zur Gründung eines MVZ neu aufgelegt werden.

Dr. Beate Locher, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit

Berlin

Mitteilungen der Psychotherapeutenkammer