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Professionelle integrations- integrations-manager als einzelkämpfer

3.1 Idealtypen des kommunalen Integra-

3.1.5 Professionelle integrations- integrations-manager als einzelkämpfer

in manchen kleineren und ländlicheren kommunen wurden gezielt Personalstellen geschaffen, die für die ausgestaltung und koordinierung des Themas integration verantwortlich sind. dies bedeutet, es wurde keine zusätzliche Verwaltungs- struktur in Form von abteilungen, Fachbereichen oder Stabstellen geschaffen, sondern die Personalstelle mit dem aufgabenzuschnitt der „integration“ oder „Flüchtlingsarbeit“

in einem bereits vorhandenen Verwaltungsbereich verortet.

Wurde dies nicht durch weitere Maßnahmen (z. B. Main- streaming, s.u.) ergänzt, wurden innerhalb der Verwaltung in der regel alle kommunalen integrationsaufgaben mit ein bis zwei Personen assoziiert.

Je nach kommune zeigen sich große unterschiede hinsicht-lich der Bandbreite der aufgaben als auch bezüghinsicht-lich der Verortung innerhalb der Verwaltungshierarchie. nicht immer erscheint die Zuordnung auf den ersten Blick logisch. So wurde in einem Fall eine neue sozialpädagogisch orientierte Stelle im „amt für ordnung und Sicherheit angesiedelt.

dabei handelt es sich um eine halbe und befristete Stelle, die sozialpädagogische Tätigkeiten innerhalb der Flücht-

lingsarbeit wahrnimmt. in einer anderen kommune wurde eine Stelle mit derselben aufgabenbeschreibung im Sach-bereich „grenzüberschreitende Zusammenarbeit“ beim Bürgermeister angedockt (kreisangehörige kommune, #14).

in kommunen, in denen einzelne Personalstellen mit dem Thema betraut sind, nimmt die Zusammenarbeit mit ehren- amtlichen sowie freien Trägern einen besonderen Stellen- wert ein. in einigen kommunen ist die neue Stelle auch explizit für diesen Zweck geschaffen worden, wie die konkrete Bezeichnung „ehrenamtskoordinator oder ehrenamtsansprech- partner“ (kreisangehörige kommune, #19) verdeutlicht.

Ähnlich wie bei zahlreichen kommunen ohne formale Ver-waltungsstrukturen, leisten Wohlfahrtsverbände und ehrenamtliche einen großen Teil der integrationsarbeit, haben aber immerhin eine ansprechperson in der Verwaltung.

die etablierung von einzelnen Personalstellen mag in kleineren, kreisangehörigen kommunen zwar die Personal- stärke betreffend ausreichend sein, jedoch berichteten unsere gesprächspartnerinnen und -partner, dass die eigene Position eine ämterübergreifende Zusammenarbeit innerhalb der Verwaltung kaum ermöglichte. Zusätzlich einschränkend wirkt die reduzierung der integrationsarbeit auf bestimmte Themengebiete. die thematische erweiterung und ausgestal- tung obliegt dem engagement und können der einzelperso-nen im Wechselspiel mit zivilgesellschaftlichen akteuren.

3.1.6 Mainstreaming

die Verteilung von integrationsaufgaben auf mehrere dezer-nate oder abteilungen war in zahlreichen der untersuchten Städte oder landkreise üblich und dürfte auch bundesweit die regel sein. dies kann nicht überraschen, liegt es doch im viel besprochenen Charakter des Politikfelds als Quer-schnittsaufgabe begründet (dazu u. a. reichwein 2018: 696;

kühn 2018: 25 ff.). diese Perspektive war in den befragten kommunen, insbesondere (kreisfreien und kreisangehörigen) Städten und landkreisen, weit verbreitet:

„Und da Migration am Ende eine Querschnittsauf-gabe […] ist, zieht sich das auch durch nahezu alle Teile der Verwaltung. Also Sie werden kaum einen Bereich unserer Verwaltung finden, der dort nicht in irgendeiner Form auch benannt ist.“

(kreisfreie Stadt, #87)

„Also ich glaube, Integration ist immer eine Querschnittsaufgabe. […] Da muss man sich das so vorstellen: Die Leute, gerade die neu Zugewan-derten, sprechen als Erstes bei den Kollegen aus dem Bereich Soziales vor. Dann wird aber in diesem Erstgespräch schon geklärt, sind da Kinder dabei. Dann kommt der Fachdienst dazu, der den Bereich Schule betreut, beziehungsweise auch der Fachdienst Kindergärten. Kommt auch immer auf die Familien an, welche Ämter die dann direkt einbeziehen. Geht aber dann weiter, bei der Unterbringung von den Flüchtlingen, wird das Ordnungsamt gegebenenfalls eingebunden.

Durchzieht sich also eigentlich durch alle Ämter, die wir hier im Hause haben. Natürlich sind auch einzelne Ämter, wie die Kämmerei jetzt zum Beispiel, weniger betroffen. Aber grundsätzlich ist Integration hier eine Querschnittsaufgabe.“

(kreisangehörige kommune, #51)

um einer inhaltlichen Zersplitterung und widersprüchlichen Maßnahmen entgegen zu wirken, bauten einige der unter-suchten kommunen zusätzlich zu dieser bloßen Feststellung auf eine koordinierte ämter- und ressortübergreifende Zusammenarbeit im Sinne eines Mainstreaming-ansatzes.

unter dem Begriff des Mainstreaming lassen sich recht unterschiedliche programmatische konzepte verstehen. in der integrationspolitik ist damit meist ein inklusiver ansatz gemeint, der versucht, Migrationssensibilität in regelstruk-turen einzuführen. kommunen, die wir diesem Typ zuordnen, ging es nicht nur um den austausch und Vernetzung von migrationsspezifischen akteuren eines dezernates unter- einander (wie z. B. Flüchtlingskoordinatoren und Bildungs- koordinatoren für neuzugewanderte). Vielmehr waren sie bemüht, auch einheiten anderer dezernate zu involvieren.

Während ein so verstandenes integrationsmanagement

in einigen der untersuchten kommunen bereits seit vielen Jahren ein festgeschriebener Bestandteil des arbeitsver-ständnisses im Bereich von integration war, hatten sich in anderen kommunen erst nach 2015 ämterübergreifende austausch- und arbeitsweisen entwickelt. So wurde in einem interview eine mittlerweile aufgelöste Taskforce als Hauptgrund für die heutige gute Zusammenarbeit genannt:

„Die können plötzlich zum Telefon greifen und sagen: Mensch, den habe ich schon mal gesehen in der Taskforce und dann geht es eben schlichtweg schneller, als vorher, wenn man irgendeinen unbe-kannten Mitarbeiter, in dem der Baubewilligungs-behörde oder in dem irgendetwas anderem, ja, [wenn] man die halt anschreibt und praktisch über den normalen Briefverkehr geht.“

(kreisfreie Stadt, #16)

Wie hier, so wurden informelle netzwerke und gemeinsame erfahrungen aus der Zeit hoher Zuwanderung (2015 / 16) häufig als entscheidend für das gelingen von Mainstreaming- ansätzen benannt. Teilweise wurde auch versucht, wichtige aspekte einer kooperation zu formalisieren, insbesondere, wenn nicht-kommunale akteure, wie Handwerkskammern oder die Bundesagentur für arbeit involviert waren:

„Und das ist ein Projekt, wo wir auch einen Kooperationsvertrag geschlossen haben mit dem Jobcenter, der Agentur, den Handwerkskammern, der Ausländerbehörde und uns als Landkreis, dass wir in diesem Punkt eben besonders zusammen-arbeiten in diesem Projekt und das klappt, ehrlich gesagt, hervorragend.“

(landkreis, #18)

allerdings wurde in einigen interviews auch deutlich, wo die grenzen eines Mainstreaming-ansatzes liegen. ohne zentrale koordinierung – und möglicherweise auch Weisungsbe- fugnis der koordinierenden Stelle – sahen einige gesprächs-partner die gefahr von Verantwortungsdiffusion steigen.

„[Der] Mainstreaming-Ansatz, den man verfolgt hat 2016 / 17 nach dem Motto, alle Regeldienste müssen eingebunden sein, müssen sich dieser Zielgruppe auch annehmen. Und man hat aber gemerkt, würde ich jetzt behaupten, aus meiner Perspektive, dass das nicht schlagkräftig ist. So, also diese Strukturen sind noch nicht so weit im Mainstreaming, um Ver-antwortung zu übernehmen für Integration und brauchen eigentlich noch eine zentrale Steuerung von oben.“

(kreisfreie Stadt, #32)

dieses Problem ist typisch für Querschnittsaufgaben und Mainstreaming-ansätze und wird für den integrationsbereich seit Jahren als potenzielle „strukturelle Überforderung“

(gehne und kurtenbach 2018: 306) diskutiert. Für die unter-suchten kommunen gilt daher auch: insbesondere zahl-reiche kreisfreie Städte und landkreise nahmen für sich in anspruch, im Sinne einer Querschnittsaufgabe zu handeln.

Bei näherer Betrachtung wurde dieses Versprechen jedoch nur in wenigen Fällen wirklich vollumfänglich eingelöst.

kommunen, die ausschließlich dem idealtyp „integrations-management als Querschnittsaufgabe“ zuzuordnen sind, gibt es daher kaum. Meist wird der Typ ergänzt durch eine starke informelle komponente. eine alternative, tatsächlich einen praxistauglichen Whole-of-government-ansatz (siehe z. B. Christensen und lægreid 2007; ohliger und Meshgenna 2017) zu realisieren, sehen immer mehr kommunen in der entwicklung einer zentralisierten Struktur, wie sie im Folgenden beschreiben wird.