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Behördenkontakt auf landesebene

eine weitaus höhere Zahl von kommunen berichtete von Behördenkontakten auf landesebene. insgesamt standen laut eigener angaben 48 kommunen, davon 18 landkreise, 20 kreisfreie Städte und zehn kreisangehörige kommunen, in irgendeiner Form mit Behörden auf landesebene in kontakt, um auf die integrationspläne des landes einfluss zu nehmen. der kontakt bestand mit verschiedenen Behörden und unterschiedlichen ebenen innerhalb derselben Behörde und konnte in seinem Ziel von kommune zu kommune variieren.

Bei den Behörden, mit denen kommunen auf landesebene in kontakt standen, handelte es sich zumeist um „klassische“

Ministerien, die im Bereich integration tätig werden:

Soziales, inneres, arbeit, Bildung, Familie. Vereinzelt wurden aber auch kooperationen mit weniger klassischen Fach- gebieten genannt, wie beispielsweise dem Fachgebiet der infrastruktur. als Teil der regierung stellte die integrations- beauftragte des landes für zahlreiche kommunen eine zentrale direkte ansprechperson dar.

ein kontakt bestand nach angaben der interviewten Per- sonen häufig auf fachlicher ebene in den Behörden. So verwiesen zahlreiche kommunen auf regelmäßig stattfin- dende arbeitsgruppentreffen und abstimmungsrunden in den Ministerien auf Sachebene. die regelmäßigen Treffen der integrationsbeauftragten mit der landesintegrations-beauftragten, der koordinierungsstellen beim land, oder der integrationszentren mit dem entsprechenden landes-ministerium waren weitere Beispiele für einen regelmäßigen fachlichen austausch der kommunen mit den landes-behörden. Teilweise schienen kommunen sogar in enger abstimmung mit den Ministerien zu arbeiten – auch jenseits der Pflichtaufgaben. So hob beispielsweise der Vertreter

einer kreisfreien Stadt hervor, dass man dem Ministerium zuarbeiten könne; eine andere kommune sprach von einer

„Beteiligungskultur“ (kreisfreie Stadt, #71). umgedreht besuchten Vertreter der Ministerien die kommunen auch vor ort, zum Beispiel bei klausurtagungen im landkreis, bei Veranstaltungen vor ort oder um Bedarfe zu erfragen.

auch wenn der kontakt zwischen kommunen und landesbe- hörden zumeist auf Fachebene geschah, hatten kommunen zuweilen auch kontakt zur ebene des Staatssekretärs oder Ministers. in manchen Fällen geschah dies in Form von regelmäßigen Fachgesprächen oder durch persönliche, anlassbezogene Treffen. Häufiger schien dies jedoch durch die Teilnahme der kommune an Veranstaltungen zu erfolgen, an denen ein ranghoher Vertreter eines landes- ministeriums teilnahm. der kontakt auch zu den politischen eliten wurde als wertvoll empfunden, auch wenn man sich der begrenzten Möglichkeiten bewusst war, wie dieses Zitat eines Vertreters einer landkreisverwaltung verdeutlicht:

„[Ich] versuche auch zu Veranstaltungen zu gehen, wo ich weiß, neulich war der Bildungsstaats- sekretär hier in der Schule nebenan, da gehe ich dann auch hin, weil ich die Gelegenheit beim Schopfe packe, um ihm zu sagen, dass an der ein oder anderen Stelle Nachholbedarf besteht. Ja, das sind ja immer diese Multiplikatoren, ich meine in der Regel können die auch nicht von heute auf morgen schnips machen und irgendwas anders machen, aber etwas auf den Weg bringen und das ist ja schon mal ein erster Schritt.“

(landkreis, #18)

Sowohl bestehende Strukturen als auch einzelne Personen konnten eine zentrale rolle beim Zugang zu Ministerien spielen. einige interviewte Personen betonten, dass der kontakt in die Ministerien über bestehende Strukturen lief.

kontakt bestand beispielsweise zu den Ministerien, über welche die kostenerstattungsverfahren liefen oder die die entsprechenden Förderrichtlinien verantworteten. So ver-deutlichte ein Mitarbeiter der Verwaltung einer kreisfreien Stadt beispielsweise:

„[…] mit den Ministerien, die zum Teil eben auch Kostenerstattungsverfahren machen. Da gibt es keine extra Strukturen oder so, sondern praktisch da werden praktisch die, ja, die gut etablierten und funktionierenden Kommunikationsstrukturen genutzt.“

(kreisfreie Stadt, #16)

die rolle und kontakte einzelner Personen erleichterten einigen kommunen die einflussnahme auf landesebene.

kontakte über die Partei oder die Tatsache, dass der Minister aus dem landkreis kam, ermöglichten laut dieser kom-munen bessere kontakte auf landesebene. des Weiteren verwiesen kommunen vereinzelt darauf, dass die Mitglied-schaft in überregionalen gremien oder auch der landesvor-sitz der arbeitsgruppe der Beauftragten für Migration und integration den Zugang zu den politischen eliten im Bundes-land erleichtert hat.

Mit dem kontakt in die landesbehörden verfolgten die inter-viewten kommunen unterschiedliche Ziele. auch wenn das konkrete Ziel auch hier nicht immer offensichtlich wurde, so lässt sich dennoch ein grober eindruck gewinnen.

einige kommunen blieben bei ihrer Zielverfolgung recht vage:

Man schildere Probleme, kommuniziere Bedarfe und liefere denkanstöße. andere kommunen erläuterten konkre- ter, warum sie einfluss auf integrationspläne des landes nehmen wollten. in einigen Fällen schien dies zu geschehen, um die Situation vor ort im rahmen der bestehenden regelungen zu verbessern. der kontakt ins Ministerium sollte insbesondere die finanziellen Bedarfe der kommune

sicherstellen, wie zum Beispiel durch den erwerb von Förder- mittelgeldern, die Finanzierung von Stellen oder die Verhandlung von aufwandsentschädigungen. in diesem Zusammenhang verwies ein Vertreter der Verwaltung einer kreisangehörigen kommune auf die zehrenden, jedoch letztlich konstruktiven ergebnisse:

„Natürlich was die finanziellen Aufwendungen anbelangt auch mit dem Innenministerium verständigt, das Land hat nicht mit dem Bund verhandelt, da ist ja auch Einiges gelaufen im Grunde, wenn man das so begleitet hat dann. Man muss natürlich auch einfordern, wenn man selbst Aufwand hat, das hat natürlich lang gedauert, aber ich denke mal, wir sind da zu einem guten Ergebnis auch gekommen in der letzten Konsequenz.

Da kann man jetzt z. B. mehr sagen, so ganz konkret an welcher Stelle, ich denke mal, dass es da mehr um die Verteilung der Mittel ging, um die Flüchtlinge vernünftig unterzubringen und auch zu begleiten.

Aber ich denke, da haben wir Lösungen gefunden und Ansätze.“

(kreisangehörige kommune, #12)

des Weiteren versuchten einige kommunen, konkrete lokale interessen auf landesebene zu bewerben. als solche haben sie nicht nur einen einfluss auf die kommune selbst, sondern auch auf andere kommunen im land. ein Vertreter der Verwaltung einer kreisfreien kommune berichtete beispiels-weise davon, durch die Bewerbung der einführung einer Pauschale für Migrationssozialarbeit im land „verfehlter Bundespolitik“ entgegenwirken zu können. der regelmäßige und direkte kontakt ins Ministerium, so die Verwaltungs- mitarbeitende, ermöglichten die einführung:

„So haben wir es geschafft, im regelmäßigen Gespräch auf Staatssekretärinnenebene mit den Ministerien zu sprechen hier in [Land]. Da gibt es dann immer ein Fachgespräch mit [Stadt] und da konnten wir ganz viele Dinge, also nicht nur für [Stadt], sondern für das ganze Bundesland ansprechen und auf den Weg bringen.“

(kreisfreie Stadt, #17)

eine weitere kommune berichtete davon, alle kontakte auf landesebene, einschließlich mehrerer Ministerien und unter Beteiligung des lokalen abgeordneten, in anspruch zu nehmen um lokale interessen zu bewerben:

„Und beim Land sind wir auch direkt, […] über die Zuzugssperre, dritter Arbeitsmarkt, im ganz regelmäßigen Austausch mit [dem] Innenminis-terium, mit [dem] Integrationsministerium. Auch Landtagsabgeordnete [Name] hier aus der Region, ist da immer eingebunden. Also die politische Zusammenarbeit Richtung Land, die ist nicht immer spannungsfrei. Das ist wahrscheinlich auch bekannt, aber konstruktiv. Also auch die Zuzugssperregeschichte wurde politisch hart diskutiert, aber konstruktiv. War dann auch im Ergebnis, das denke ich, allen Seiten gerecht wurde.“

(kreisfreie Stadt, #8)

eine weitere kommune setzte sich für eine Veränderung des Verteilmechanismus‘ auf landesebene ein:

„Wo wir natürlich auch kritisch anmerken, dass Integration in wesentlichen Teilen bei uns gehemmt wird, dadurch, dass unsere Landes- regierung zum Beispiel Schwerstkriminelle auf die Landkreise verteilt und wir dadurch natürlich eine sehr negative Außenwirkung haben, die Integrationserfolge zum Teil komplett überdeckt.

Und da natürlich auch eine entsprechende Stim-mung in der Bevölkerung entsteht. Das sind alles so Wechselwirkungen, wo wir dann auch mit den entsprechenden Leuten im Austausch stehen. Bis hin zur Landesausländerbeauftragten, die jetzt erst vorige Woche bei mir hier wieder war, wo wir dann diese Dinge auch ansprechen, um positive Effekte eventuell zu erreichen.“

(landkreis, #91)

Schließlich verwiesen einige kommunen darauf, durch den kontakt in die Ministerien an der entwicklung von gesetzes- initiativen und Verwaltungsvorschriften beziehungsweise an der entwicklung eines landesweiten integrationskonzepts mitwirken zu können:

„Es gibt Arbeitsgruppen in den Ministerien […].

Und wenn dort bestimmte Dinge in Vorbereitung sind, werden wir ja auch einbezogen. Wir werden A um Entwürfe gebeten, wir werden B um Stellung-nahmen gebeten zu bestimmten Dingen. Oder zum Beispiel hat das [Ministerium] ja in ein Zuwande-rungs- und Integrationskonzept erarbeitet, und dort hat es also ganz aktive Veranstaltungen, Verbändegespräche und Workshops dazu gegeben, o Vertreter aus allen Bereichen mitarbeiten konnten. Da ging also ein Aufruf an alle Akteure wieder, seien es Behörden, seien es Vereine, seien es Netzwerke et cetera, sich dort einzubringen.“

(kreisfreie Stadt, #79)

Mit Blick auf die strukturellen gegebenheiten vor ort, ist zunächst festzuhalten, dass sich im Vergleich zur gesamt-gruppe der kommunen, die sich zu dieser Frage geäußert hatte (n=73) um vergleichsweise viele kreisfreie Städte (87 Prozent der antwortenden, kreisfreien Städte) und landkreise (78 Prozent), und vergleichsweise wenige kreis- angehörige kommunen (27 Prozent) handelt. Betrachtet man die gruppe aus der Perspektive des ausländeranteils, so waren keine auffälligkeiten erkennbar, ebenso wenig für die Verteilung der politischen Mehrheitsverhältnisse.

Ausrichtung kommunaler