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6. Weltweite Verbreitung japanischer Mikrowellenkochgeräte 186

Abbildung 39 Ausfuhrbetrag aller in Japan produziwerten Mikrowellenkochgeräte im Jahr 1985 (Einheit: Yen) (Zaimushō 1985).

3785 51%

3596 48%

74 1%

Japan Nordamerika Europa

Schaubild 11 Produktionsort von Mikrowellenkochgeräten im Jahr 1983 (Einheit 1000)

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europäischen Ländern produziert wurde.266 Vor dem Hintergrund dieser Reaktionen der japanischen Hersteller und langen Verhandlungen mit ihnen zog die CECED schließlich die Klage auf Anti-Dumping-Maßnahmen Ende 1988 zurück.267

Obwohl die japanischen Hersteller Mikrowellenkochgeräte in Europa produzierten, wurden die wichtigsten Bestandteile wie Magnetrone weiterhin aus Japan importiert und anschließend in den europäischen Produktionsstätten zum Bau der Geräte verwendet.268 Bald begannen die japanischen Hersteller jedoch auch mit der Produktion der – bisher aus Japan importierten – Bestandteile in Europa.269 Das veranlasste die Einführung des Zusatzartikels 13:10 der EC-Anti-Dumping-Regelungen (EEC Regelung 2176/84). Dieser Zusatzartikel schreibt vor, dass nicht nur einem fertigen Produkt aus Japan, sondern auch den Bestandteilen aus Japan eine Dumpingsteuer auferlegt werde, selbst wenn diese Bestandteile in Europa zum Bau der Geräte weiter verwendet würden. Falls das Mikrowellenkochgerät aus Japan der Dumpingsteuer unterliegt, werden auch die aus Japan importierten Bestandteile des Mikrowellenkochgeräts der Dumpingsteuer unterliegen, wenn diese Bestandteile insgesamt einen Wert von über 60 % des gesamten Geräts ausmachen.270 Dieser Zusatzartikel bezüglich der Bestandteile kam jedoch nie zur Anwendung, da die Klage auf Anti-Dumping-Maßnahmen Ende 1988 zurückgezogen wurde.271

Über die Eröffnungen neuer Produktionsstätten in Europa hinaus versuchten einige japanische Hersteller wie Matsushita (Panasonic) und Sanyo, auch durch Autorisierung von Lizenzen bzw. durch Know-how-Transfer an die europäischen Kooperationspartner die Klage auf Anti-Dumping-Maßnahmen zu ihren Gunsten zu beeinflussen.272

6.4 Stabile Inlandsnachfrage (Phase V: 1987 - 1990)

Im Jahr 1989 stieg die Verbreitungsrate des Mikrowellenkochgeräts in Japan über 60 %.

Sowohl teure Kombi-Geräte als auch preiswertere Solo-Geräte verkauften sich gut. Zu dieser Zeit kosteten Solo-Geräte mit Sensoren und Mikrocomputer nur noch ca. 33.000 Yen (ca. 370 DM).273

Japanische Hersteller generierten weiterhin neue Ideen, um das

266 NKS 28. Dezember 1987.

267 Nihon denki kōgyō-kai (Hrsg.) 1998, S.156-158.

268 NKS 11. Januar 1985.

269 NKS 12. März 1988.

270 NKS 13. Januar 1987.

271 Nihon denki kōgyō-kai (Hrsg.) 1998, S.158.

272 Matsushita (Panasonic) exportierte bereits vor dem Jahr 1978 seine Mikrowellenkochgeräte als OEM an die Firma Bosch und Siemens Hausgeräte und Sanyo seit 1980 an die Firma Miele. Siehe NKS 27.

Januar 1978; NKS 10. Oktober 1987;

http://www.bsh-group.de/dynamic/content/unternehmen/geschichte.php?lang=de (Letzter Zugriff am 09.02.2006)

273 NKS 8. September 1986 und NKS 22. August 1989.

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Mikrowellenkochgerät noch attraktiver zu machen. Neben Einführung weiterer technologischer Finessen, die im Abschnitt 6.4.1 beschrieben werden, wurden Mikrowellenkochgeräte in unterschiedlichem Design auf den Markt gebracht – beispielsweise mit bunten oder durchsichtigen Gehäusen oder in Eierform.274 Die Firma Mitsubishi verwirklichte ein Mikrowellenkochgerät, in dem man zum Beispiel Frikadellen oder Steaks auf einer Bratpfanne erhitzen konnte, die zuvor auf dieser Pfanne außen knusprig angebraten worden waren. Bis dahin war es überhaupt undenkbar gewesen, Metall im Mikrowellenkochgerät zu verwenden.275

6.4.1 Einführung weiterer technischer Finessen: Wechselrichter und Fuzzy-Logik

In dieser Phase V kam es zur Einführung weiterer technischer Finessen wie Wechselrichter und Fuzzy-Logik in verschiedenen elektrischen Haushaltsgeräten: Mikrowellenkochgerät Kühlschrank, Waschmaschine, Klimaanlage, etc. Bei der Einführung von Wechselrichter und Fuzzy-Logik handelte es sich um einen Boom – genau wie damals in der zweiten Hälfte der 1970er Jahren die Einführung von Mikrocomputern in Elektrogeräten einen technischen Boom darstellte.276

Bei einem Wechselrichter handelt es sich um ein elektrisches Gerät, das Gleichspannung in Wechselspannung bzw. Gleichstrom in Wechselstrom umwandelt. Seit 1988 wurde der Wechselrichter in das Mikrowellenkochgerät integriert, weil dies dreierlei Vorteile hatte. Erstens, um das Magnetron mit Hochspannung zu versorgen, wurde bisher ein schwerer Transformator verwendet, der ca. 3,5 Kg wog. Durch die Einführung eines Wechselrichters wurde es nun möglich, einen kleineren, leichteren Transformator zu benutzen und gleichzeitig den Elektrizitätsverbrauch zu reduzieren. Bisher war es zweitens für die Hersteller aufwendig, die Mikrowellenkochgeräte je nach Verkaufsgebiet mit unterschiedlichen Eingangsfrequenzen (50 Hz oder 60 Hz) anzubieten. Hintergrund dafür ist, dass der nördliche Teil Japans mit Strom einer Frequenz von 50 Hz versorgt wird, während der südliche Teil Japans mit einer Frequenz von 60 Hz versorgt wird. 277 Die Mikrowellenkochgeräte mit unterschiedlichen Eingangsfrequenzen auszustatten, war dank des Wechselrichters nicht mehr notwendig. Denn ein Wechselrichter funktioniert mit beiden Frequenzen, so dass die Hersteller – nach Einbau des Wechselrichters – die gleichen Mikrowellenkochgeräte unabhängig vom Gebiet verkaufen konnten. Drittens wurde bislang die Leistung eines Mikrowellenkochgeräts durch häufiges Ein- und Ausschalten des Magnetrons reguliert, da die Leistung eines Magnetrons selbst nicht regulierbar ist. Der

274 NKS 14. Januar 1986 und NKS 15. August 1988.

275 NKS 14. Juli 1989.

276 NKS 7. Juli 1990 und NKS 20. August 1990.

277 Dazu siehe Fußnote 55 im Abschnitt 4.2.1.2.

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Wechselrichter ermöglichte eine optimalere Regulierung, da das Magnetron durch den Wechselrichter noch häufiger ein- und ausgeschaltet werden konnte.278

Während durch die Einführung von Wechselrichtern somit wesentliche Vorteile erzielt wurden, schätzten die Verbraucher die Einführung der Fuzzy-Logik nicht sehr. Das englische Wort „fuzzy“ bedeutet auf Deutsch soviel wie „ungenau, verschwommen, unscharf“.

Während die bisherige Boolesche Logik zweiwertig ist, also nur die Wahrheitswerte Wahr oder Falsch zulässt, kennt die Fuzzy-Logik auch Wahrheitswerte zwischen Wahr und Falsch, so dass damit auch unscharfe Mengenabgrenzungen mathematisch behandelt werden können.279 Dass die Fuzzy-Logik damals in Japan groß in Mode war, wird auch dadurch deutlich, dass das Wort „Fuzzy“ mit dem Preis „das Wort des Jahres 1990“ ausgezeichnet wurde.280 Ein neues „Fuzzy-Mikrowellenkochgerät“ – so die japanischen Hersteller in ihrer Werbung – ermögliche es, den Geschmack eines professionellen Kochs zu Hause zu realisieren.281 Jedoch stand diese neue Technologie in einem Gerät nur in eingeschränkter Form zur Verfügung, sie war nicht für alle Funktionen verfügbar. Im Unterschied zu den Herstellern gab es auch kritische Stimmen: in einem damaligen Artikel einer Verbraucherzeitschrift war zu lesen, dass die im Fuzzy-Gerät zubereiteten Gerichte nicht sonderlich gut schmeckten.282

6.4.2 Wachstum in Asien

Das erste Magnetron für Mikrowellenkochgeräte wurde in den USA entwickelt. Jedoch existierten in den 1980er Jahren kaum Hersteller in den USA, die Magnetrone für Mikrowellenkochgeräte produzierten, da amerikanische Hersteller im Vergleich zu japanischen nicht mehr wettbewerbsfähig waren. Im Jahr 1987 wurden 90 % der Magnetrone weltweit in Japan produziert.283

Zu dieser Zeit begannen japanische Hersteller mit der Produktion von Magnetronen im Ausland.284 Diese Verlagerung von Produktionsstätten hatte nicht nur zum Ziel, den Ausgang der Anti-Dumping-Untersuchung in Europa zu ihren Gunsten zu beeinflussen,285 sondern war insbesondere darauf ausgerichtet, die Kosten durch die Auslagerung der

278 NKS 29. Mai 1987; Cockburn und Ormrod, S.85; TM 48, Jan.-Feb. 1989, S.71-72.

279 http://www.lexikon-definition.de/Fuzzy-Logik (Letzter Zugriff am 10.02.2006).

280 TM 74, September 1992, S.6.

281 NKS 14. Juli 1990.

282 TM 74, September 1992, S.10-11.

283 Ketteringham und Nayak 1987, S.211 und NKS 31. August 1987.

284 Während die Firma Matsushita (Panasonic) beispielsweise Produktionsstätten in Brasilien, China und Großbritannien eröffnete, ging die Firma Hitachi nach Taiwan und die Firma Sanyo nach Großbritannien.

Siehe Maejima und Saitō 1996, S.16; NKS 6. März 1987; NKS 28. Dezember 1987; NKS 12. März 1988;

NKS 7. Juli 1994.

285 Details siehe 6.3.5.

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Produktion in Entwicklungsländer (Brasilien und Thailand) zu reduzieren. Diese Maßnahme war notwendig geworden, da die Kosten in Japan wegen des hohen Yen-Kurses seit Anfang der 1980er Jahre gestiegen waren und sich seit der zweiten Hälfte der 1980er Jahre auch koreanische Hersteller wie Samsung, Goldstar286 und Daewoo weltweit auf den Markt drängten.287 Während Japan zu Beginn der 1960er Jahre die amerikanischen Hersteller aufzuholen begann, waren es in den 1980er Jahren die koreanischen Hersteller, die die japanischen Hersteller zu überrunden drohten. Obwohl japanische Hersteller bis heute noch auf dem Markt überleben, ist die Inlandproduktion von Magnetronen seit 1988 zurückgegangen (Schaubild 12).

Eine ähnliche Tendenz lässt sich auch in Bezug auf Mikrowellenkochgeräte beobachten. Im Jahr 1984 verfügten vier große japanischen Hersteller – Matsushita (Panasonic), Toshiba, Sanyo und Sharp – noch über 70% des Weltmarkts aller produzierten Mikrowellenkochgeräte.288 Doch ab der zweiten Hälfte der 1980er Jahre stieg die Wettbewerbsfähigkeit koreanischer Hersteller und seit Anfang der 1990er Jahre auch die der chinesischen Hersteller.289 Obwohl japanische Hersteller entsprechende Maßnahmen ergriffen, um ihre Produktionsstätten ins Ausland zu verlagern, waren die japanischen Hersteller nicht mehr so kraftvoll wie früher. Im Jahr 2000 machten allein die Mikrowellenkochgeräte der koreanischen Firma Samsung ca. 24 % des Weltmarkts aus und die der chinesischen Firma Galanz ca. 30%.290

Auf diese Art und Weise wurden die Produktionsstätten von Mikrowellenkochgeräten zuerst aus den USA nach Japan verlagert und später von Japan nach Korea und China.

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1962 1965 1968 1971 1974 1977 1980 1983 1986 1989 1992 1995 1998 2001

Millio n e n

Mikrowellenkochgerät