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Chemische Reaktionen zeichnen sich durch das Brechen und Bilden von chemisch-en Bindungchemisch-en aus, was mit einer Ver¨anderung der elektronischen Strukturen der reagierenden Spezies w¨ahrend der Reaktion einhergeht. Gegen¨uber Reaktionen in der Gasphase hat in kondensierter Phase das L¨osungsmittel einen erheblichen Einfluß auf die ver¨anderten elektronischen Strukturen im Verlauf der Reaktion.

Um ein vollst¨andiges Verst¨andnis chemischer Reaktionen zu erhalten, ist es daher

unumg¨anglich, den Einfluß des L¨osungsmittels im Detail zu verstehen. Das Studi-um des L¨osungsmittelbeitrags gestaltet sich in der Praxis allerdings als schwierig, da sich Beitr¨age der eigentlichen Reaktion und der reinen Solvatation durch das L¨osungsmittel ¨uberlagern. Daher werden nicht-reaktive Spezies zum Studium der Solvatation herangezogen, wobei vorausgesetzt werden muß, daß die ¨Anderung des Systems durch die eingebrachte Substanz klein bleibt und die zugrundelie-gende Dynamik nur unwesentlich beeinflußt wird. ¨Ublicherweise werden dazu or-ganische Farbstoffmolek¨ule als sogenannte Farbstoffsonden verwendet.

Molek¨ule in fl¨ussiger Phase befinden sich in st¨andiger Bewegung und wei-sen eine charakteristische zeitliche und r¨aumliche Dynamik auf. In Abwesen-heit ¨außerer St¨orungen befindet sich ein gel¨oster Farbstoff daher in einem de-finierten dynamischen Gleichgewichtszustand mit dem L¨osungsmittel, welcher durch die L¨osungsmittel-L¨osungsmittel-Wechselwirkungen und zus¨atzlich durch die L¨osungsmittel-Farbstoff-Wechselwirkungen bestimmt ist. Die Dynamik der Fl¨ussigkeit in diesem Gleichgewichtszustand ist von grundlegendem Interesse und kann mittels der 3-Puls Photon-Echo Peakshift Spektroskopie bestimmt werden (siehe dazu Kapitel 2.3).

Das Studium der Solvatationsdynamik ist weiterhin ¨uber den angeregten Zustand des eingebrachten Farbstoffes m¨oglich. Im Gegensatz zur Gleichgewichtsdynamik des L¨osungsmittels im Grundzustand, beschreibt die Solvatation im angeregten Zustand die zeitabh¨angige Relaxation der L¨osungsmittelmolek¨ule aufgrund einer instantanen ¨Anderung des elektronischen Zustandes und ist daher auch in einen Zusammenhang mit den sich ¨andernden elektronischen Strukturen bei einer che-mischen Reaktion zu bringen. Durch die instantane Anregung der Farbstoffsonde befinden sich die L¨osungsmittelmolek¨ule, welche zuvor im Gleichgewicht mit der gel¨osten Spezies im Grundzustand vorlagen, in einem Nichtgleichgewichtszustand.

Infolgedessen ver¨andern sie daher ihre Position und/oder Orientierungen, um in ein erneutes Gleichgewicht mit dem neu erzeugten Zustand zu gelangen.

Die ¨Anderung der elektronischen Dichteverteilung im angeregten Zustand in po-laren Fl¨ussigkeiten wird in der Mehrzahl der bisher ver¨offentlichten Arbeiten zur Solvatationsdynamik als das Schalten eines Dipolmomentes des verwendeten Farbstoffes bei elektronischer Anregung verstanden. Im Grundzustand besitzt der Farbstoff nur ein geringes bzw. kein Dipolmoment und befindet sich im Gleich-gewicht mit seiner Umgebung. Bei elektronischer Anregung wird dieses in seiner Gr¨oße bzw. seiner Ausrichtung ver¨andert, wodurch es zu einer entsprechenden Stabilisierung des ver¨anderten Dipols durch das L¨osungsmittel kommt (siehe Ab-bildung 2.1). Diese Art der Solvatation wird als polare bzw. dipolare Solvatation bezeichnet und ist sowohl experimentell als auch theoretisch eingehend untersucht worden [3,10,11,12,13]. Dar¨uberhinaus gibt es aber auch noch weitere Modell-vorstellungen, welche z. B. die Solvatation in unpolaren Medien beschreiben. Als Beispiel sei hier das viskoelastische Modell von Mark Berg angef¨uhrt, welches die Dynamik der Solvatation mit mechanischen Eigenschaften des Systems

be-2.1. PRINZIP DER SOLVATATION 9

Abbildung 2.1:Erzeugung und Solvatation eines Dipoles in einem dipolaren L¨ o-sungsmittel in schematischer Darstellung.

schreibt [14,15,16]. Eine elektronische Anregung f¨uhrt neben einer eventuellen Anderung des Dipolmomentes auch zu einer ¨¨ Anderung der Form und/oder Gr¨oße des Farbstoffmolek¨uls. Der auf diese Weise erzeugte Nichtgleichgewichtszustand gibt wiederum Anlaß zur Reorganisation der L¨osungsmittelmolek¨ule. W¨ahrend dieser Effekt in polaren Fl¨ussigkeiten meist vernachl¨assigbar ist, kann er in un-polaren Fl¨ussigkeiten bestimmend sein. Einen umfassenden ¨Uberblick ¨uber die Mechanismen und Theorien der Solvatation in polaren und unpolaren Umgebun-gen geben Bagchi und Biswas [3].

Beim Studium der Solvatationsdynamik sind eine Vielzahl unterschiedlicher Fragestellungen von Interesse. Insbesondere stellt sich die Frage, auf welchen Zeitskalen die Solvatation stattfindet und wie ihr zeitlicher Verlauf beschrieben werden kann. Weiterhin gilt es, die molekularen Mechanismen zu ergr¨unden, die dem beobachteten Solvatationsverlauf zugrunde liegen und den Einfluß ¨außerer Parameter zu bestimmen.

Zur Kl¨arung dieser Fragestellung sind eine Vielzahl unterschiedlichster Modelle propagiert worden. Die einfachsten Ans¨atze behandeln das L¨osungsmittel als rei-nes Dielektrikum, das durch die makroskopische Gr¨oße der Dielektrizit¨ atskonstan-ten beschrieben wird. Molekulare Eigenschafatskonstan-ten des L¨osungsmittels werden bei diesen Beschreibungen außer Acht gelassen. Eine Behandlung dieser Theorien bie-tet beispielsweise Fr¨ohlich [17]. Diese einfachen Kontinuumsmodelle sind jedoch nicht in der Lage die komplizierten Vorg¨ange der Solvatation in komplexeren Sy-stemen, wie z. B. Wasser, ausreichend zu beschreiben. In solchen F¨allen muß auf die molekularen Eigenheiten der L¨osungsmittelmolek¨ule eingegangen werden. So werden f¨ur die m¨oglichen Freiheitsgrade der an der Solvatation beteiligten Mole-k¨ule beispielsweise Rotationen, Librationen und Translationen herangezogen. Im mechanistischen Bild der Brown’schen Oszillatoren wird eine Fl¨ussigkeit als ein System stark gekoppelter ged¨ampfter harmonischer Oszillatoren beschrieben, die durch ihren Ort und ihre Auslenkung charakterisiert sind. Dieses Modell hat sich bei der Beschreibung komplizierter Systeme als ¨außerst aussagekr¨aftig erwiesen und wird von Mukamel ausf¨uhrlich behandelt [18].