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Praktische Erfahrungen

Im Dokument AK Bibliothek Tirol als Lernort (Seite 28-31)

SEHEN – HÖREN – RIECHEN – SCHMECKEN – FÜHLEN Produktive Recherche – 2C in der AK Bibliothek

6.3. Praktische Erfahrungen

Bei einem Workshop in Zusammenarbeit mit dem Grundbildungsprojekt der VHS Tirol konnte ich das Konzept mit meiner Kollegin Claudia Dengg erstmals mit einer Gruppe von sechs Frauen, die Deutsch lernen, ausprobieren. Durch die Grundbildungsinitiative der Volkshochschule Tirol erhalten Menschen mit deutscher Muttersprache oder Menschen mit Migrationshintergrund, die Schwierigkeiten mit Lesen, Schreiben oder Rechnen haben, eine zweite Chance, sich diese Grundkompetenzen anzueignen.29

Als ein wesentlicher Faktor für das gute Gelingen dieses Workshops erwies sich die gründliche Vorbereitung. So haben wir in einem Vorgespräch mit der Kursleiterin die Sprachkenntnisse und Interessen der Gruppe geklärt. Die Kursleiterin erhielt auch Informationen über den geplanten Ablauf. Erfreulicherweise erklärte sich die Kursleiterin auch bereit, den Besuch in der Bibliothek mit ihrer Gruppe im Kurs durch verschiedene Übungen vorzubereiten. Mit einem Dominospiel und Wort-Bild-Zuordnungen haben sich die Frauen bereits mit wichtigen Begriffen der Bibliothek vertraut gemacht.

Die Einstiegsübung in der Bibliothek „Erkennen und Benennen“ war dadurch für die Gruppe schon vertraut. So konnten sich dann alle fünf Teilnehmerinnen aus der Türkei und die Teilnehmerin aus Afghanistan trotz geringer Sprachkenntnisse aktiv einbringen und die Freude über ihr Wissen und das Erfolgserlebnis war allen anzusehen. Die Frauen beteiligten sich dann auch bei den weiteren Aktivitäten wie dem Ordnen und Suchen der Medien sehr engagiert und erkundeten aufmerksam die Bibliothek.

Bewährt hat sich auch die gezielte Auswahl der Medien mit dem Schwerpunkt Deutsch als Fremdsprache. So entdeckten die Teilnehmerinnen für sie interessante Medien und wählten auch beim Rundgang bereits sehr gezielt Medien aus, die sie für ihren Lebensalltag und das Erlernen der deutschen Sprache benötigen.

Der Workshop dauerte ungefähr eine Stunde. Im Anschluss blieb noch eine halbe Stunde freie Zeit. Einige Teilnehmerinnen haben dabei schon Medien ausgeliehen. Die Formulare für die Anmeldung wurden bei der Vorbereitung gemeinsam mit der Kursleiterin ausgefüllt, womit eine Stresssituation beim Lesen und Schreiben vermieden werden konnte.

29 Volkshochschule Tirol: http://www.grundbildung-tirol.at/; 16.11.2015.

6.4. Evaluierung

Durch die Nachbereitung des Workshops im Kurs hat die Kursleiterin das Wissen über die Bibliothek durch Übungen gefestigt, was am Beispiel der Öffnungszeiten verdeutlicht wird:

Kreisen Sie die richtige Antwort ein:

Ist die Bücherei jeden Nachmittag geöffnet?

• Ja, jeden Nachmittag. • Nein, am Freitagnachmittag ist sie geschlossen.

Gibt es am Donnerstag eine Mittagspause?

• Nein, es ist durchgehend offen • Ja, von 12 Uhr bis 13 Uhr ist Mittagspause.

Kann ich um 8.00 Uhr schon in die Bücherei kommen?

• Ja, um 8.00 Uhr ist offen. • Nein, die Bücherei öffnet erst um 9.00 Uhr.30

Ihren positiven Eindruck hat die Kursleiterin in einer E-Mail an das Team der AK Bibliothek ausgedrückt: Dass das Interesse der Frauen so riesig ist, hatte ich dann auch wieder nicht erwartet. Jedenfalls war es auch für mich ein sehr spannender Workshop.31

Zur Evaluierung im Kurs verwendeten wir ein Stimmungsbild. Zu drei Fragen klebten die sechs Teilnehmerinnen jeweils einen farbigen Punkt zu dem für sie zutreffenden Smiley. Das einhellige Ergebnis dokumentiert die positive Grundstimmung.

30 Arbeitsmaterialien von Monika Grießer, Kursleiterin Grundbildungsprojekt VHS Tirol.

31 Auszug aus einer E-Mail von VHS-Kursleiterin Monika Grießer an die AK Bibliothek Tirol; 17.06.2015.

6.5. Konsequenzen und Entwicklung

Die positiven Erfahrungen beim Workshop mit den Frauen der VHS-Grundbildungsgruppe sind eine Motivation, unsere Aktivitäten zur Förderung der interkulturellen Bibliotheksarbeit fortzusetzen. So möchten wir weiterhin Workshops für Gruppen mit nicht-deutscher Muttersprache anbieten. Wichtig sind für uns dabei die Kontakte mit Institutionen, die mit Gruppen mit nicht-deutscher Muttersprache arbeiten, wie VHS Tirol, BFI Tirol und die Initiative „Frauen aus allen Ländern“. Damit ist möglich, mit Projektverantwortlichen zusammenzuarbeiten. Die Vor- und Nachbereitung des Workshops hat sich als besonders wichtig für den nachhaltigen Erfolg der Bibliothekseinführung erwiesen.

Trotz des personellen Aufwands ist auch bei kleinen Gruppen notwendig, dass zwei Verantwortliche des Bibliotheksteams den Workshop betreuen und gestalten. Gerade der persönliche Kontakt und die durchgehende Präsenz ermöglichen trotz der Sprachbarrieren einen regen Austausch und eine positive Atmosphäre. Damit entsteht eine gute Basis, um Menschen mit nicht-deutscher Muttersprache den Zugang zur Bibliothek zu erleichtern.

Gerne möchten wir weitere interkulturelle Aktivitäten starten, wobei die BVÖ-Broschüre

„Interkulturelle Bibliotheksarbeit“32 dazu vielfältige und praktisch erprobte Ideen bietet. Ein

„Mehrsprachiger Lesetreff für Frauen“ könnte sich gut als Fortsetzung der Workshops zum gemeinsamen Austausch über Medien und Literatur sowie zur Vernetzung entwickeln.33 Die Förderung der Lese- und Sprachkompetenz für Kinder mit Migrationshintergrund ist uns in der AK Bibliothek Tirol sehr wichtig. Eine interessante Anregung dazu ist das Projekt

„LesementorInnen in der Bibliothek“, das von Barbara Irsara beschrieben wird:

Die Tätigkeit einer Lesementorin bzw. eines Lesementors stellt eine Form des Beistandes bei der schulischen Entwicklung von Kindern mit Migrationshintergrund dar. *…+ Durch gemeinsames Lesen, Vorlesen und in Gesprächen werden die SchülerInnen auf spielerische Weise an Texte herangeführt und so zum Zuhören und Lesen animiert. Über soziale Bindungen wird die zu erlernende Sprache positiv erlebt.34

32 Rabus, Silke / Nicholls, Catherine (Red.): Interkulturelle Bibliotheksarbeit. Wien: BVÖ 2015.

33 Vgl. Hermann, Michaela: Mehrsprachiger Lesetreff für Frauen. Die Bibliothek gemeinsam (neu) entdecken. In:

Interkulturelle Bibliotheksarbeit, S. 12f.

34 Irsara, Barbara: LesementorInnen in der Bibliothek. Gemeinsames Lesen mit Kindern von MigrantInnen. In:

Interkulturelle Bibliotheksarbeit, S. 22.

7. Die Welt der Bücher entdecken

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