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Prävalenz der SIV-Infektion und S-AIDS-Erkrankung

Im Dokument Die Immunschwäche der Katze (Seite 90-94)

7 Überblick über die HIV-Infektion des Menschen

8.3 Prävalenz der SIV-Infektion und S-AIDS-Erkrankung

Untersuchungen haben ergeben, dass es mittlerweile mindestens 20 Primatenspezies gibt, die Lentiviren in sich tragen, welche entweder mit SIV oder

HIV kreuzreagieren (Kanki et al. 1985; Schneider et al. 1987; Schneider/Hunsmann 1988; Letvin/Desrosiers 1994; Bailes 2003).

Erstmals ließ sich das SIV von Rhesusaffen isolieren, die in Zoos oder Primatenzentren gehalten worden und an Erkrankungen gestorben waren, deren Symptome jenen der menschlichen Immunschwächekrankheit AIDS stark ähnelten (Daniel et al. 1985; Kanki et al. 1985; Mansfield et al. 1995; Gardner 1996; Gardner 2003). Frei lebend sind Rhesusaffen und andere Affenarten, die mit diesen verwandt sind, in Asien beheimatet. Interessanterweise konnten bei diesen Tieren bislang keine SI-Viren nachgewiesen werden. Da die Transmission des Virus – analog zum FIV – durch Bisse erfolgt, findet man das SIV unter Rhesusaffen, die in benachbarter Gefangenschaft zu infizierten afrikanischen Affenarten leben.

Wildlebende Affenarten afrikanischen Ursprungs weisen, je nach Spezies, zum Teil eine sehr hohe Seroprävalenz des SIV auf. Diese reicht von 9 % bei den Brazzameerkatzen (Cercopithecus neglectus) bis zu 32 % bei den Diademmeer-katzen (Cercopithecus mitis). Im Gegensatz dazu findet man das Virus bei Makaken, die in den USA in Gefangenschaft leben, nur in äußerst geringem Ausmaß, mit einem Anteil an SIV-Antikörpern von 0,35 % (Daniel et al. 1988). Bei Affen der Neuen Welt sowie bei wildlebenden asiatischen Spezies konnte bislang kein SIV nachgewiesen werden. Eine völlig konträre Situation ergibt sich dagegen im Hinblick auf das STLV-1, welches speziell unter den asiatischen Affenarten und denen der Neuen Welt verbreitet ist. Dieser Unterschied könnte ein Indiz für den evolutionären Ursprung des SIV sein, dem es weiter nachzugehen gilt (Letvin/Desrosiers 1994).

Bis 1994 hatte man bereits 19 Affenarten der Alten Welt identifiziert, die sich seropositiv für SIV erwiesen (Letvin/Desrosiers 1994, 6f.; Lowenstine et al. 1986;

Daniel et al. 1988). Aus Mandrills (Papio sphinx) gelang es in der Folgezeit, eine weitere Unterart des SIV zu isolieren, das SIVmnd, desgleichen aus den Rußmangaben (Cercocebus atys lunulatus), das SIVwcm. Letzteres weist eine enge Verwandtschaft zum SIVagm (Afrikanische Grüne Meerkatze) auf. Auch bei den Diademmeerkatzen konnte man ein neues SI-Virus finden, das SIVsyk (Letvin/Desrosiers 1994).

Obwohl die Seroprävalenz bei der Afrikanischen Grünen Meerkatze (Cercopithecus aethiops) bei über 30 % liegt (Kraus et al. 1989), scheint deren Virus (SIVagm) nicht pathogen zu wirken, denn die Tiere zeigen keinerlei Anzeichen von S-AIDS oder einer Immunsuppression. Dies wurde unter natürlichen Bedingungen ebenso beobachtet wie unter experimentellen (Ohta et al. 1988).

Über einen langen Zeitraum ging man davon aus, dass überhaupt keine der afrikanischen Affenspezies infolge einer SIV-Infektion erkranken würde. In Bezug auf HIV-Infektionen rückte diesbezüglich insbesondere das SI-Virus der Schimpansen (SIVcpz) in den Fokus des Interesses, weil dieses den höchsten Verwandtschaftsgrad zum HI-Virus zeigt (Peeters et al. 1989, 1992). Anfangs dachte man, dass auch Schimpansen nicht an S-AIDS erkranken würden. Dies konnte jedoch mithilfe empfindlicher Urin- und Kottests widerlegt werden. Die Studien ergaben, dass die Sterblichkeitsrate infizierter Tiere im Vergleich zu uninfizierten deutlich gesteigert ist. Darüber hinaus konnte man bei den Untersuchungen am Gewebe von Schimpansen zeigen, dass der Anteil der CD4+-Lymphozyten von Tieren, die infolge einer S-AIDS-Erkrankung gestorben waren, sich stark vermindert hatte – vergleichbar mit denen eines an AIDS erkrankten Menschen im letzten Stadium. Heute scheint es darüber hinaus wahrscheinlich, dass die Quelle von HIV auf Schimpansen zurückzuführen ist. SIVcpz hat sich offenbar aus der Kombination zweier Affenviren – denen von Mangaben und Meerkatzen – entwickelt (Sharp et al.

1995; Folks 2000; N. Z. 2003). Das SIVcpz wurde dann sehr wahrscheinlich über den Verzehr von infiziertem Schimpansenfleisch auf den Menschen übertragen (Hof/Dörries 2009). Durch das Studium des entsprechenden Schimpansen-Virus erhofft man sich demzufolge tiefer greifende Erkenntnisse über den exakten Verlauf der Infektion, die bis heute nicht in all ihren Einzelaspekten aufgeklärt ist, sowie auch über die AIDS-Erkrankung als solche (Hof/Dörries 2009). Darüber hinaus dienen entsprechende Untersuchungen der Weiterentwicklung von therapeutischen Wirkstoffen, vor allem in Hinblick auf die Entwicklung einer möglichen Vakzine.

Trotz aufwendiger Untersuchungen konnte das SIVcpz anfangs zunächst bei Schimpansen überhaupt nicht nachgewiesen werden. Erst später gelang es Peeters

et al., das Virus aus Schimpansen zu isolieren, die in Teilen Westafrikas, wie z. B.

Gabun und Kamerun, in Gefangenschaft lebten (Peeters et al. 1989 und 1992).

Deshalb herrschte lange Zeit auch Unsicherheit in der Frage, ob sich Schimpansen überhaupt auf natürlichem Wege infizieren. „Auf der Suche nach dem Ursprung der Immunschwächekrankheit Aids [!] haben Forscher ein dem HIV ähnliches Virus“

dann jedoch „erstmals bei einem frei lebenden Schimpansen nachgewiesen. Die Entdeckung erhärtet die Hypothese, dass sich das für den Menschen tödliche HI-Virus aus einer Variante in wildlebenden Schimpansen entwickelt hat“ (N. Z. 2002).

Dieser Nachweis gelang schließlich im Jahr 2001 in einer Schimpansenkolonie der Verhaltensforscherin Jane Goodall in Tansania. Mithilfe eines hochsen-sitiven Tests, mit welchem Urin- und Fäkalproben der Gruppe untersucht werden konnten, testete man 58 Tiere aus der Schimpansenkolonie Goodalls, wurde dabei jedoch nur bei einem 23-jährigen Männchen fündig. Dieses war mit dem Virusstamm SIVcpz infiziert. Die Studienleiterin Beatrice Hahn von der University of Alabama zog daraus den Schluss, dass dieses Virus anscheinend nur geringfügig infektiös sein kann. Überaus interessant war auch die Tatsache, dass der Schimpanse keinerlei AIDS-Symptome aufwies.

Neben den Schimpansen sind zudem die Rußman-gaben (Cercocebus atys) im Hinblick auf neue Erkenntnisse über die humane AIDS-Erkrankung von partiellem Interesse. Man begründet dies mit deren Beheimatung in Westafrika (Letvin/Desrosiers 1994).

Jane Goodall und Schimpanse Foto: Michael Neugebauer

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