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3. Material und Methoden

5.3 Prävalenz an verschiedenen Beprobungszeitpunkten

5.3.1 Mast

In der vorliegenden Studie wurden 96 Mastschweine mittels Nasentupfer beprobt. 83 davon erwiesen sich als MRSA-positiv, was einer Prävalenz von 86% entspricht. Im Gegensatz dazu ermittelte FRICK (2010) eine weitaus geringer Quote von nur 36%, die sich mit der von DE NEELING et al. (2007) publizierten Nachweisrate von 39%

MRSA-positiven Masttieren deckt. Auch die Arbeitsgruppe um KELLER (2010) konnte in Nordwestdeutschland nur eine MRSA-Prävalenz von 55% bei Mastschweinen nachweisen.

Die Diskrepanz dieser Werte ist aber damit zu erklären, dass in der vorliegenden Studie jedes der Tiere über eine Mastperiode viermal beprobt wurde und ein Tier als MRSA-positiv gewertet wurde, sobald ein einziges Mal methicillin-resistenter Staphylococcus aureus nachgewiesen werden konnte.

Betrachtet man jedoch jeden Beprobungstermin isoliert, so werden auch dort im Schnitt sehr hohe MRSA-Prävalenzen erreicht. Es zeigten sich zum Zeitpunkt der Einstallung 72% der beprobten Tiere MRSA-positiv, nach zwei Wochen wurde mit

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81% positiver Tiere ein Peak erreicht, der dann stetig abfiel. So waren nach sechs Wochen Mastdauer noch 76% der Tiere MRSA-positiv und zum Zeitpunkt der Ausstallung nur noch 67%.

Dieser Peak nach zwei Wochen Mastdauer erscheint nachvollziehbar, da in drei der vier Betriebe kurz nach der Einstallung eine metaphylaktische Gabe von Antibiotika über das Futter erfolgte. In Bestand 61 und 66 wurde Amoxicillin, in Bestand 62 eine Kombination aus Tetracyclin und Tylosin verabreicht. Nach MEEMKEN et al. (2008) werden durch den Einsatz von antimikrobiellen Substanzen resistente Stämme selektiert und sensible Stämme unterdrückt oder vernichtet. Auch GONZALES et al.

(1997) sehen den übermäßigen Einsatz von Antibiotika als einen der Hauptrisikofaktoren für die Entstehung und Weiterverbreitung von MRSA, insbesondere deren routinemäßige und ungezielte Anwendung ohne konkrete Indikationsstellung sowie inadäquat verlängerte prophylaktische Gaben.

Betrachtet man dabei die Bestände 61 und 66, so kann man in Übereinstimmung mit VAN DUIJKEREN et al. (2007) zu der Schlussfolgerung gelangen, dass der Zukauf MRSA-positiver Ferkel mit dem Nachweis methicillin-resistenter Staphylococcus aureus-Stämme im Mastbetrieb korreliert. Die wenigen zum Zeitpunkt der Einstallung MRSA-negativen Tiere werden dann innerhalb der ersten zwei Wochen im Maststall durch die häufigen und engen Tier-zu-Tier-Kontakte und möglicherweise auch durch den mit MRSA behafteten Staub ebenfalls zum Träger von methicillin-resistenten Staphylococcus aureus.

Auch Bestand 67 übernimmt seine Ferkel aus dem Flatdeck zu 100% MRSA-positiv in den Maststall. Dann jedoch erfolgt ein stetiger Abfall der Prävalenzen bei jedem Beprobungstermin. Ein Ergebnis, dass sich mit der Arbeit von SMITH et al. (2009) deckt. Auch diese Arbeitsgruppe ermittelte in der Altersgruppe der neun bis zwölf Wochen alten Mastläufer eine Prävalenz MRSA-positiver Tiere von 100%, die bis zum Ende der Mast auf 50% abfiel. Da hier auf die Gabe von Antibiotika als Metaphylaxe verzichtet wird, könnte man wie FRICK (2010) einen möglichen Erklärungsansatz darin sehen, dass die Tiere mit zunehmendem Alter und reiferem Immunsystem die Trägerschaft von methicillin-resistentem Staphylococcus aureus verlieren.

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Ein ganz anderes Bild ergibt sich in Bestand 62. Hier zeigten zum Zeitpunkt des Einstallens alle beprobten Mastläufer ein MRSA-negatives Ergebnis. Im ersten Durchgang konnte dann ab der zweiten Mastwoche bei durchschnittlich sieben Tieren methicillin-resistenter Staphylococcus aureus nachgewiesen werden. Im zweiten Durchgang gelang dieser Nachweis nur bei zwei Tieren nach zwei Wochen Mastdauer. Dies deckt sich mit den Ergebnissen von MEEMKEN et al. (2008), dass trotz eines gemeinsamen Luftraums MRSA-positive und MRSA-negative Tiere nebeneinander vorkommen können. Sie sehen dafür zwei mögliche Erklärungen.

Zum einen könnte eine stabile nasale Besiedlung mit MSSA oder anderen Bakterien eine protektive Wirkung im Sinne eines „competitive-exclusion-Phänomens“

gegenüber der Anhaftung von MRSA an die Nasenschleimhaut aufweisen. Zum anderen muss ein beinahe ausschließlicher direkter Übertragungsweg angenommen werden, bei dem die Rüssel-zu-Rüssel- oder Rüssel-zu-Staub-Übertragung nicht notwendigerweise alle Tiere in einer Gruppe erreicht (MEEMKEN et al., 2008).

Die Prüfung in wie weit durch MSSA oder möglicherweise auch andere Bakterien ein

„competitive-exclusion-Phänomen“ zum Tragen kommt, sollte Gegenstand weiterführender Studien sein.

Eine generelle Aussage über mögliche Risikofaktoren für den Nachweis von methicillin-resistentem Staphylococcus aureus in Mastschweineherden ist auf Grund der geringen Anzahl beprobter Bestände nicht möglich. Jedoch sehen TENHAGEN et al. (2010) in ihrer deutschlandweiten Studie die Betriebsgröße als den wichtigsten Faktor im Hinblick auf den Nachweis von MRSA an. Je größer die Tierzahl eines Betriebs, desto höher die Wahrscheinlichkeit, methicillin-resistenten Staphylococcus aureus in diesem Bestand nachzuweisen. Es gilt dabei aber zu bedenken, dass dieser Einflussfaktor meist viele andere als riskant anzusehende Faktoren wie den Zukauf von Tieren aus mehreren Aufzuchtbeständen, die möglicherweise MRSA einschleppen, oder den vermehrten Einsatz von Antibiotika mit sich zieht.

Interessanterweise konnten sowohl TENHAGEN et al. (2010) als auch FRICK (2010) nachweisen, dass in Beständen mit kontinuierlicher Belegung signifikant weniger methicillin-resistente Staphylococcus aureus nachgewiesen werden konnten als in Beständen mit Verfahren. Möglicherweise gibt es beim

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Verfahren gerade am Anfang hohe Prävalenzen, während bei kontinuierlicher Belegung auch die älteren wieder MRSA-negativen Tiere mit eingerechnet werden.

5.3.2 Zucht

5.3.2.1 Ferkel

In der vorliegenden Arbeit konnten methicillin-resistente Staphylococcus aureus in 70% der von Saugferkeln und in 77% der von Absatzferkeln entnommenen Proben nachgewiesen werden. Dies liegt weit über den von anderen Autoren publizierten Nachweisraten. So beschrieben MEEMKEN et al. (2007) 10% MRSA-positive Saugferkel und 17% MRSA-positive Absatzferkel in Nordwestdeutschland. Diese Untersuchungen wurden jedoch nicht direkt im Bestand durchgeführt, sondern im Zuge der Sektion dieser Tiere im Rahmen der Abklärung verschiedenster tierärztlicher Verdachtsdiagnosen. Zu ähnlichen Ergebnissen gelangten auch KHANNA et al. (2007), die 20% MRSA-positive Saugferkel und 28% MRSA-positive Absatzferkel ermitteln konnten. Auch FRICK (2010) konnte in seiner ebenfalls in Bayern durchgeführten Studie nur eine Prävalenz MRSA-positiver Ferkel jeglichen Alters von 38% ermitteln. Die Werte der eigenen Untersuchung sind in dieser Hinsicht jedoch nur eingeschränkt aussagekräftig, da eine Vorauswahl der Bestände auf Grund MRSA-positiver Staubproben stattfand, um den Kolonisationsverlauf von Ferkeln aus MRSA-positiven Beständen untersuchen zu können.

Im Hinblick auf die Ergebnisse der drei Beprobungstermine konnte kein statistisch signifikanter Unterschied festgestellt werden. So konnten im Zeitraum von maximal 24 Stunden nach der Geburt 71%, beim Absetzen 69% und am Ende der Flatdeckphase 77% MRSA-positive Tiere über alle drei Bestände hinweg detektiert werden.

Übereinstimmend mit NATHAUS et al. (2010) kann in dieser Studie festgestellt werden, dass die Intraherdenprävalenz und Kolonisationsdynamik von Bestand zu Bestand große Unterschiede aufweist und möglicherweise von noch unbekannten Faktoren abhängt.

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So wurden in Bestand 63 an nahezu allen Beprobungsterminen Prävalenzen MRSA-positiver Tiere von 100% erreicht. Untersuchungen des Stallstaubs zum Zeitpunkt des Absetzens zeigten, dass sowohl das Abferkelabteil als auch das Flatdeck zu diesem Zeitpunkt MRSA-positiv waren. Bis auf eine Sau waren bei der Geburt alle Muttertiere, beim Absetzen dann alle Muttertiere MRSA-Träger. Neben dem direkten Sauen-Ferkel-Kontakt und dem MRSA-positiven Stallstaub dienen möglicherweise auch noch andere Vektoren wie Instrumente zur Saugferkelversorgung oder der direkte Kontakt zu einem eventuell MRSA-positiven Betreuer als Besiedlungsquellen.

Da die durch Sockentupfer entnommenen Umgebungsproben durchgehend an allen Beprobungsterminen seit dem Einstallen der Sauen in den Abferkelstall und auch im Flatdeck MRSA-positiv waren, bleibt hier die Frage in wie weit die Keim-Kontamination aus vorangegangenen Durchgängen eine Rolle spielt. NATHAUS et al. (2010) sehen den Einfluss nur dann als gering an, wenn die Regeln der guten landwirtschaftlichen Praxis hinsichtlich der Hygiene eingehalten werden.

In Betrieb 64 konnte in einem Durchgang sehr deutlich, im anderen nur geringfügig der von ZWAMBAG et al. (2009) und WEESE et al. (2010) beschriebene Anstieg der MRSA-Nachweise beim Absetzen beobachtet werden. Mögliche generelle Einflussfaktoren für diesen Peak sind der Stress beim Absetzen, das Durchmischen von MRSA-positiven und MRSA-negativen Ferkeln, vermehrte Staubverwirbelung beim Umtreiben oder aber gegebenenfalls auch das Handling durch einen eventuell MRSA-positiven Betreuer. Überprüft werden sollte, inwieweit eventuelle Veränderungen der nasalen Mikroflora, zum Zeitpunkt des Absetzens einen Anstieg von MRSA erklären könnten. Da in diesem Fall vor dem Absetzen keine Antibiotika verabreicht wurden, kann bis zu diesem Zeitpunkt eine Beeinflussung der nasalen Besiedlung durch Antibiotikagabe ausgeschlossen werden. Das Flatdeck wurde unmittelbar vor der Belegung mittels einer Staubprobe überprüft, wobei kein MRSA nachgewiesen wurde. Auch eine Beeinflussung des MRSA-Status der Ferkel durch eine mangelhafte Reinigung des Flatdecks kann also ausgeschlossen werden.

Ganz anders stellt sich die Situation in Bestand 65 dar. Hier kann in beiden Durchgängen ein Abfall der MRSA-Prävalenz beim Absetzen auf 0% beobachtet werden. Denkbar wäre eine Besiedlung der Nasenhöhle der Ferkel mit

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sensiblen Staphylococcus aureus (MSSA) oder anderen Keimen der Normalflora, die einen protektiven Effekt ausüben. Diese Hypothese überprüften DALL’ANTONIA et al. (2005) beim Menschen und kamen zu dem Ergebnis, dass von der Besiedlung mit MSSA ein Schutz gegenüber einer Besiedlung mit MRSA ausgeht, dessen Effizienz sie auf 78% schätzten. In der Tiermedizin zeigten erste Ergebnisse von NATHAUS et al. (2010), dass bei Ferkeln, die unmittelbar nach der Geburt nasal mit MSSA besiedelt waren, später nur halb so oft MRSA nachgewiesen werden konnte wie bei Ferkeln, die nach der Geburt nicht mit MSSA kolonisiert waren.

5.3.2.2 Sauen

In der hier vorliegenden Arbeit konnten bei 66% aller an Sauen durchgeführten Beprobungen methicillin-resistente Staphylococcus aureus nachgewiesen werden.

Allerdings wurde auch hier eine Vorauswahl der beprobten Zuchtbestände anhand von MRSA-positiven Staubproben durchgeführt und jede Sau an fünf verschiedenen Zeitpunkten beprobt. Dabei war jede Sau an mindestens einem Beprobungszeitpunkt MRSA-positiv, so dass alle untersuchten Tiere zumindest temporär MRSA-Träger waren.

Vergleicht man diese Ergebnisse mit anderen Studien, kommen diese zu weit geringeren Nachweisraten. So ermittelte FRICK (2010) in Bayern eine MRSA-Prävalenz bei Sauen von 24%, MEEMKEN et al. (2008) konnten in Nordwestdeutschland gar keine MRSA-positiven Sauen nachweisen und SMITH et al. (2009) publizierten im Rahmen einer Studie in Iowa und Illinois eine Nachweisrate von 36%.

In der durchgeführten Studie konnten zu den fünf verschiedenen Beprobungszeitpunkten folgende MRSA-Prävalenzen von Sauen ermittelt werden:

63% zum Zeitpunkt der Einstallung in den Abferkelstall, 54% maximal 48 Stunden vor der Geburt, 75% maximal 24 Stunden nach der Geburt, 67% beim Absetzen und 83% am Ende des Deckzentrums. Statistisch signifikante Unterschiede wurden zwar nicht nachgewiesen, ein denkbarer Erklärungsansatz für die dennoch bestehenden Schwankungen ist aber das unterschiedliche Maß an Tier-zu-Tier-Kontakten, welches den Sauen beim Durchlaufen eines Reproduktionszyklus möglich ist. Die

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Zeit bis zum Einstallen in den Abferkelstall verbringen die Muttertiere im Wartestall, wo in den Sauengruppen uneingeschränkter Tierkontakt möglich ist. Im Abferkelstall hingegen werden die Tiere in Kastenständen untergebracht, der einen Kontakt zu Artgenossen unterbindet, so dass die MRSA-Prävalenz auf Grund mangelnder Möglichkeiten zur Reinfektion sinken könnte. Der Geburtsstress und der vermehrte Kontakt mit den Ferkeln lassen die MRSA-Nachweisrate dann nach der Geburt kurzfristig wieder ansteigen. In den drei bzw. vier Wochen bis zum Absetzen kann sich das Immunsystem wieder erholen und die Tiergruppe um Muttertier und Ferkel bleibt stabil, so dass die Prävalenz wieder absinkt. Im Deckzentrum, das meist keiner regelmäßigen Reinigung und Desinfektion unterworfen ist, werden die Tiere neu durchmischt und kommen zum einen durch die Sauen in den unmittelbar angrenzenden Kastenständen zum anderen durch die Umgebung wieder vermehrt mit methicillin-resistenten Staphylococcus aureus in Kontakt, so dass hier die Prävalenz wieder ansteigt.

In jedem Durchgang wurden bei der Beprobung der Sauen im Deckzentrum auch die Sucheber mittels Nasentupfer auf das Vorhandensein von MRSA getestet. 67%

erwiesen sich jedoch als MRSA-negativ, was auf eine eher untergeordnete Rolle der Sucheber bei der Reinfektion der Sauen schließen lässt.

Auch Antibiotikagaben scheinen in der Sauenhaltung weniger von Bedeutung, da die Muttertiere im Gegensatz zu Ferkeln und Mastschweinen im Regelfall auf Einzeltierebene und nach Bedarf behandelt werden, so dass hier der Selektionsdruck für die Vermehrung und Persistenz von methicillin-resistenten Staphylococcus aureus geringer erscheint.

Nach BROENS et al. (2010b) ist der wichtigste Faktor im Hinblick auf den Nachweis von methicillin-resistenten Staphylococcus aureus in Zuchtbeständen die Betriebsgröße, die in engen Zusammenhang steht mit anderen Faktoren wie Antibiotikaeinsatz, Zukauf von Sauen und allgemeiner Betriebshygiene. Sie konnten zeigen, dass nur 40% der kleinen Betriebe (unter 250 Sauen) MRSA-positiv waren, im Gegensatz zu über 80% MRSA-positiven großen Betrieben (über 500 Sauen).

Auch eine europaweite Studie der European Food Safety Authority (EFSA, 2010) bestätigt, dass nur die Herdengröße einen statistisch signifikanten Einfluss auf das

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Risiko einer Kontamination der Herde mit MRSA hat. So haben Ferkelerzeuger mit mehr als 100 Zuchtsauen ein doppelt so hohes Risiko der Kontamination als Bestände mit weniger als 100 Zuchtsauen. Plausible Erklärungen hierfür sind ein größeres Risiko des Eintrags infektiöser Partikel von außerhalb, ein größeres Risiko der Übertragung innerhalb eines großen Bestands und Management- und Umwelteinflüsse, die mit großen Beständen assoziiert sind (GARDNER et al., 2002).

Diese Vermutungen bestätigen auch WAGENAAR und VAN DE GIESSEN (2009a), nach denen die Intraherdenzirkulation von Pathogenen in größeren Herden stärker ausgeprägt ist, da mehr potentielle Verbreiter und Empfänger von MRSA zugegen sind. Jahreszeitliche Einflüsse scheinen dagegen nicht zu bestehen (EFSA, 2010).

5.4 Zusammenhang zwischen Kolonisationsstatus der Sau und