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Potential der Kennfelderweiterung hinsichtlich einer Aufwei-

4.5 Dynamische Optimierung

4.5.5 Potential der Kennfelderweiterung hinsichtlich einer Aufwei-

Im Folgenden soll anhand von Experimentalergebnissen dargestellt werden, wel-ches Potential die Kennfelderweiterung um den Parameter Drehmomentgradient im Vergleich zu statischen Kennfeldstrukturen aufweist. Es wurde am Beispiel des Nutzfahrzeugmotors OM441 LA untersucht, wie das erweiterte Einspritzbeginn-Kennfeld f¨ur den dynamischen Motorbetrieb dahingehend optimiert werden kann, dass der Trade-Off zwischen Kraftstoffverbrauch undN Ox-Emission in einem gege-benen Testzyklus mit Beschleunigungs- und Verz¨ogerungsanteilen minimiert wird.

Drehmoment in Nm konst. ϕEB-Kennfeld

(a)Positive Lastgradienten konst. ϕEB-Kennfeld

(b)Negative Lastgradienten

Abb. 4.20Untersuchte Last(Drehmoment-)gradienten bei n= 1875min−1

Dazu wurden zun¨achst Lastrampen mit positiven bzw. negativen Drehmomentgra-dienten bei konstanter Drehzahl an diesem 6-Zylinder-Nfz-Dieselmotor mit VTG-Lader gefahren (Abb. 4.20). Als F¨uhrungsgr¨oßen-Kennfelder kam hierbei ein Satz

station¨ar optimierter Einspritzbeginn- und VTG-Sollwertkennfelder (ohne Kennfeld-erweiterung) zum Einsatz. In Abb. 4.21 ist der Vergleich zwischen dynamischer Messung und der Interpolation aus station¨ar vermessenen Betriebspunkten darge-stellt. Deutlich zu erkennen sind die Zunahme des Einbruchs in derN Ox-Kurve und die wachsende ¨Uberh¨ohung der Opazit¨at mit steigendem Lastgradienten. Als Haupt-ursache daf¨ur sind der verz¨ogerte Ladedruckaufbau und die voneinander abweichen-den Verl¨aufe der thermischen Zustandsgr¨oßen zu nennen. Diese Zusammenh¨ange k¨onnen durch die quasistation¨are Betrachtungsweise nicht abgebildet werden.

Opazität in HSU dM/dt = 18 Nm/s (interpoliert) dM/dt = 67.5 Nm/s dM/dt = 67.5 Nm/s (interpoliert) dM/dt = 540 Nm/s dM/dt = 540 Nm/s (interpoliert)

(a)dM/dt= 270N m/s dM/dt = -18 Nm/s (interpoliert) dM/dt = -67.5 Nm/s dM/dt = -67.5 Nm/s (interpoliert) dM/dt = -540 Nm/s dM/dt = -540 Nm/s (interpoliert)

(b)dM/dt=−270N m/s

Abb. 4.21 Vergleich realer und quasistation¨ar simulierter N Ox- und Opazit¨ ats-verl¨aufe,

”Rampenstart“ bei 30s

Da sich die dynamischen Effekte am st¨arksten bei betragsm¨aßig sehr hohen Lastgra-dienten auspr¨agen, wurden f¨ur die systematische Untersuchung der Einflussm¨ oglich-keiten der Kennfelderweiterung Lastrampen mitdM/dt=±270N m/s herausgegrif-fen. Dieser Wert tritt auch im Modellzyklus21noch relativ h¨aufig auf. Das F¨ uhrungs-gr¨oßen-Kennfeld f¨ur den Einspritzbeginn wird nun um die Dimension Drehmoment-gradient erweitert, sodassGl. 4.19 gilt.

Erweitertes EB-Kennfeld

Abb. 4.22zeigt die untersuchten Einspritzbeginnvorgaben (Rampenstart bei 30 s, Rampenl¨ange 2 s). Die Auswertung der Ergebnisse zeigt, dass auch f¨ur die Opti-mierung in dynamischen Testl¨aufen - analog zur station¨aren Motorabstimmung -prinzipielle Zielkonflikte gel¨ost werden m¨ussen.

21vgl.Abb. 4.8auf Seite 30

VTG in %

29.5 30.5 31.5 32.5

VTG-Kennfeld

A (ohne Erweiterung)

B C

D E

F G

Abb. 4.22 Sollwertverlauf f¨ur verschiedene Einspritzbeginn- (A-G) und VTG-Kennfelder (1-2)

(a)VTG fest auf 100% (Variante 1)

Stickoxidemission in g/kWh

A (ohne Erweiterung)

B C

D E

F G

(b)VTG aus Kennfeld gesteuert (Variante 2)

Abb. 4.23 Verlauf von N Ox-Emission und Opazit¨at bei n= 1875min−1 und dM/dt= 270N m/s bzw. dM/dt=−270N m/s unter EB-Kennfeldvariation (A-G)

Alle Rampen-Versuche wurden jeweils nach zwei verschiedenen VTG-Steuerstrategien durchgef¨uhrt, einmal mit dem konstanten engsten Turbinen-querschnitt (100 %)22, das andere Mal mit einer gesteuerten VTG aus einem station¨ar optimierten nichterweiterten Kennfeld.

22Zur Kennzeichnung der Verstellposition des VTG-Leitapparates wurde in dieser Arbeit der

Kraftstoffmasse in kg

max. Opazität in HSU

7.8

(a)VTG fest auf 100% (Variante 1)

Kraftstoffmasse in kg

max. Opazität in HSU

10.5

(b)VTG aus Kennfeld gesteuert (Variante 2)

Abb. 4.24 Kumulierte Messwerte f¨ur N Ox-Emission, Opazit¨at und Kraftstoff-verbrauch bei n= 1875min−1 und dM/dt= 270N m/s unter EB-Kennfeldvariation (A-G)

Aus den Signalverl¨aufen inAbb. 4.23und den dazugeh¨origen Zyklussummenwerten entsprechendAbb. 4.24 lassen sich folgende Zielkonflikte ableiten:

1. Die ¨Anderungen der Summenwerte f¨ur die entstehende Stickoxidmasse und den Kraftstoffverbrauch verhalten sich bei allen gew¨ahlten Kennfeldbelegun-gen geKennfeldbelegun-genl¨aufig. Es war nicht m¨oglich, ausgehend von der Basiskonfiguration, beide Zielgr¨oßen gleichzeitig abzusenken.

2. Entgegen dem aus Station¨arversuchen bekannten Zusammenhang zwischen N Ox-Emission und Schw¨arzungszahl ver¨andern sich die H¨ohe des Rußstoßes und der Betrag der Stickoxidmasse nicht prinzipiell gegenl¨aufig zueinander.

Es entsteht jedoch auch hier ein Zielkonflikt im Sinne der gew¨unschten Be-triebsstrategie, in der Art, dass zumindest bei gesteuertem VTG-Kennfeld f¨ur eine Absenkung des Kraftstoffverbrauchs ein etwas gr¨oßerer Rußstoß in Kauf genommen werden muss.

prozentuale Verstellweg des elektropneumatischen VTG-Aktors benutzt. 100 % entspricht dabei dem kleinstm¨oglichen und 0% dem gr¨oßtm¨oglichen Anstr¨omquerschnitt der Turbine

3. Bei geschlossener VTG besteht ein N Ox-Opazit¨ats-Trade-Off.

(a)VTG fest auf 100% (Variante 1)

Kraftstoffmasse in kg

(b)VTG aus Kennfeld gesteuert (Variante 2)

Abb. 4.25 Kumulierte Messwerte f¨ur N Ox-Emission, Opazit¨at und Kraftstoff-verbrauch bei n= 1875min−1 und dM/dt=−270N m/s unter EB-Kennfeldvariation (A-G)

Die Ergebnisse der Versuche mit negativen Lastgradienten (Abb. 4.25 und Abb. 4.26 auf der n¨achsten Seite) lassen sich wie folgt zusammenfassen:

1. Es besteht auch hier der Zielkonflikt zwischen Kraftstoffverbrauch und N Ox -Emission

2. Da bei negativem Lastgradienten erwartungsgem¨aß kein Rußstoß auftritt, ist die Betrachtung der max. Opazit¨atswerte gegenstandslos.

Es bleibt nun die Frage zu beantworten, ob sich durch die in erweiterten F¨ uhrungs-gr¨oßen-Kennfeldern abgebildeten Verstellstrategien die Zielfunktion weiter minimie-ren l¨asst, als das bei konventioneller Kennfelddimensionierung m¨oglich war. Zur Be-antwortung dieser Frage sind die Ergebnisse beider Versuchsreihen zusammen mit der Trade-Off-Kurve dargestellt, welche sich aus den Messwerten bei Verwendung station¨arer Last-Drehzahl-Sollwertkennfelder ergibt (Abb. 4.26).

Es ist ersichtlich, dass die Kennfelder B und G bei positivem Lastgradienten hinsichtlich des Optimierungsziels g¨unstigere Zyklussummenwerte liefern (Abb.

4.26(links)), als das bei konventioneller Kennfelddimensionierung m¨oglich w¨are.

Betrachtet man einen kleineren Zyklusauschnitt von 30s - 35s (im Bild unten), so ist dieser Effekt noch deutlicher sichtbar. Die Steuerungsstrategie ist demnach um so g¨unstiger, je n¨aher der zugeh¨orige Messwertpunkt am Koordinatenursprung liegt. In der Darstellung f¨ur den negativen Lastgradienten (rechts) ist keine Verbesserung der Zyklusergebnisse im Vergleich zur konventionellen Kennfeldsteuerung zu erkennen.

Die Messwertpunkte aller untersuchten Verstellstrategien liegen oberhalb der sich konventionell ergebenden Trade-Off-Kurve. Diese wird aus Versuchen mit den in

rechteckiger Umrandung bezeichneten Steuerkennfeldern aus station¨arer Optimie-rung gebildet23.

Trade-Off-Kurve für den Zyklusbereich 30-45s ohne Kennfelderweiterung Begrenzung des Fehlerraums

Datenpunkt aus Messung mit erweitertem Spritzbeginn-Kennfeld Datenpunkt aus Messung ohne Kennfelderweiterung

Kraftstoffverbrauch [kg]

0.90 1.00 1.10 1.20 1.30

Kraftstoffverbrauch [kg]

Abb. 4.26 Kumulierte Emissionen f¨ur die untersuchten Lastrampen bei unter-schiedlichen Spritzbeginn-Steuerstrategien

Anhand der Darstellungen wird außerdem deutlich, dass sich die mit konventioneller Kennfelddimensionierung ergebende Optimierungs-(oder Trade-Off-)Linie zu einem Optimierungsraum erweitert, in dem sich die Messpunkte bei erweiterter

Kennfeld-23Es handelt sich hierbei um diejenigen F¨uhrungsgr¨oßen-Kennfelder, die zu der in Abb. 4.9 dargestellten Untersuchung herangezogen wurden.

definition verteilen. Hier wird nochmals die Komplexit¨at der Optimierungsaufgabe deutlich, die schon in Abschnitt 4.5.4 angedeutet wurde.

Einbeziehung des VTG-Kennfeldes

Soll der maximale Rußstoß weiter abgesenkt werden, als das durch Variation des Einspritzbeginns m¨oglich ist, m¨ussen die M¨oglichkeiten der VTG-Verstellung aus-genutzt werden. Abb. 4.27 und Abb. 4.28 zeigen das m¨ogliche Potential auf.

Eine Absenkung des Rußstoßes ist bei positivem Lastgradienten in gewissen Gren-zen m¨oglich, es bleibt jedoch der N Ox-Ruß-Zielkonflikt bestehen, d. h. ein kleinerer Rußstoß geht mit der Erh¨ohung derN Ox-Emission einher.

Opazität in HSU

Abb. 4.27 Emissionsverl¨aufe bei verschiedenen VTG-Stellstrategien und konstan-tem Einspritzbeginn-Kennfeld (n= 1875min−1, EB-Kennfeldvariation B)

Der inAbb. 4.26auf der vorherigen Seite eingezeichnete Fehlerraum ergab sich aus entsprechenden Vorversuchen. Man erkennt, dass alle herausgearbeiteten Effekte an ihrer Nachweisgrenze liegen. Das tats¨achliche Einsparungspotential in einem aus station¨aren und dynamischen Betriebsphasen bestehenden Testzyklus h¨angt maß-geblich von der Anzahl und dem Instation¨argrad der dynamischen Zyklusanteile ab. Aussagen hierzu k¨onnen nach Abschluss noch laufender Forschungsarbeiten ge-macht werden. Wegen des h¨oheren Betriebsdrehzahlbereiches wird f¨ur schnelllaufen-de PKW-Dieselmotoren ein gr¨oßeres Optimierungspotential erwartet.

Aus den dargestellten Ergebnissen lassen sich folgende Regeln f¨ur die Formulierung einer dynamischen Optimierungsstrategie ableiten:

max. Opazität in HSU

Abb. 4.28 Kumulierte Emissionen bei unterschiedlichen VTG-Stellstrategien (dM/dt= 270N m/s, n= 1875min−1)

1. Stehen als Ausgangsbasis station¨ar optimierte Last-Drehzahl-Kennfelder (d.

h. bei dM/dt=0) zur Verf¨ugung, sind die Einspritzbeginn-Sollwerte mit zu-nehmendem Lastgradienten (in erster N¨aherung durch eine lineare Funktion) in Richtung

”fr¨uh “ zu verschieben.

2. Diese Aufgabe kann am einfachsten durch eine Koordinatenstrategie realisiert werden.

3. Mit Fr¨uherlegen des Einspritzbeginns gem¨aß 1. erh¨alt man damit gleichzeitig eine gewisse Absenkung des maximalen Rußstoßes.

4. Soll eine noch gr¨oßere Rußstoßabsenkung erfolgen, ist diese nur durch ei-ne gleichzeitige Erh¨ohung des Ladedrucks, also die Adaption der VTG-Steuerkennfelder (engere Turbine), realisierbar.

Die dargestellten Regeln bilden eine erste wissensbasierte Optimierungstrategie. Auf die mathematische Umsetzung solcher wissensbasierten Ans¨atze in entsprechenden Optimierungssystemen wird in Kapitel 7 eingegangen.