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Positionierung eines Unternehmens in der Ressourcen-Markt-

1. Strategieentwicklung auf Basis der statischen Ressourcen-Markt-

1.1 Positionierung eines Unternehmens in der Ressourcen-Markt-

ABELL unterscheidet zwischen ,Today for Today'- und ,Today for Tomorrow'-Strategien. Die ,Today for Today'-Strategie definiert kein neues Business, sondern sie befasst sich mit dem aktuell bedienten Markt-Segment, mit der aktuellen Posi-tionierung des Unternehmens und mit den Möglichkeiten der kurzfristigen Res-sourcenentwicklung. Den ,Today for Today'-Strategien stellt ABELL die Klasse der ,Today for Tomorrow'-Strategien gegenüber. Sie enthalten Entscheidungen zur zukünftigen Ausrichtung des Unternehmens und erfordern eine weiter gesteckte Perspektive, die berücksichtigt, dass gegenwärtige Märkte sich evolutionsartig entwickeln und die unternehmensspezifischen Fähigkeiten ebenfalls erweitert oder verändert werden können.339 Für diese Klasse von Strategien ist die Ressourcen-Markt-Landschaft als Analyseinstrument in Form einer Landkarte einsetzbar. Sie hebt nämlich die Perspektivenbeschränkung auf den gegenwärtigen Markt auf und nimmt die von ABELL geforderte weitere Perspektive ein. Dadurch geraten Ge-schäftsfelder in den strategischen Focus, die in den meisten herkömmlichen Port-folio-Modellen bzw. strategischen Landkarten nicht enthalten sind. Gleichzeitig bildet das Ressourcen-Markt-Modell die Ressourcendistanzen zu den potentiellen Zukunftsmärkten ab, wodurch die Möglichkeiten des Unternehmens zur gezielten Erweiterung und Veränderung seiner Kompetenzen sichtbar werden.

338 Dabei handelt es sich um ein reales Unternehmen der untersuchten Textilbranche, das aus Geheimhaltungsgründen nicht genannt werden soll.

339 Vgl.: Abell, D. F., Competing Today While Preparing for Tomorrow, in: Sloan Management Review, Spring 1999, S. 75.

Die Entscheidung über den zu erschließenden Zielmarkt verkörpert eine Art ,strategischen Traum', der nach PRAHALAD und HAMEL für jedes Unternehmen notwendig ist, weil er ihm die nötige Dynamik für den Erfolg in der Zukunft verleiht.

Als Beispiel nennen sie das Anfang 1987 von British Airways verkündete Ziel, die ,beste Fluglinie der Welt' zu werden. PRAHALAD und HAMEL bezeichnen derartige anspruchsvolle Vorstellungen von der langfristigen Markt- und Wettbewerbspositi-on als strategische Intention. Eine solche Intention legt eine strategische Rich-tung fest, wirkt differenzierend und verkörpert eine einzigartige Vorstellung von der Zukunft eines Unternehmens. Gleichzeitig betonen sie, die Richtungsweisung ge-höre zu den wichtigsten Aufgaben des Managements und die Identifikation sowie die Kommunikation einer strategischen Intention seien entscheidend für den zu-künftigen Wettbewerbserfolg.340 Analog dazu werden mit der Auswahl eines neuen Marktes und den daraus resultierenden Ressourcen-Transformationsprozessen wichtige Entscheidungen zur zukünftigen Ausrichtung des Unternehmens gefällt.

Um jedoch überhaupt eine Auswahl vornehmen zu können, ist zunächst einmal die Positionierung des eigenen Unternehmens in der Ressourcen-Ebene erfor-derlich. Damit wird zugleich der Forderung des ressourcenorientierten Ansatzes entsprochen, die bestehenden Ressourcen und Fähigkeiten eines Unternehmens zur Basis der Strategieentwicklung zu machen, und nicht zu versuchen, alle denk-baren Kundenwünsche zu erfüllen, unabhängig davon, ob dies überhaupt möglich ist.341 Für die Positionierung müssen die wettbewerbsrelevanten Ressourcen, über die ein Unternehmen verfügt, identifiziert werden, um dann die Koordinaten auf den beiden Dimensionen ,Reputation' und ,Technisches Wissen' der Ressource-nebene zu bestimmen. Diese Positionierung fällt für jedes Unternehmen anders aus, da die Ausstattung mit Ressourcen und deren spezifische Kombination zu Ressourcenbündeln, die als Fähigkeiten eines Unternehmens definiert wurden, den einzigartigen Charakter eines jeden Unternehmens ausmachen und so die Heterogenität in einer Branche begründen.342 Erst nach erfolgter Positionierung im

340 Vgl.: Harnei, G., Prahalad, C. K., Weltlauf um die Zukunft: Wie Sie mit bahnbrechenden Strategien die Kontrolle über Ihre Branche gewinnen und die Märkte von morgen schaffen, a.

a. 0., S. 204ft.

341 Vgl: Hooley, G. J., Saunders, J. A., Piercy, N. F., Marketing strategy and competitive posilioning, 2nd ed., Harlow, et al. 1998, S. 430.

342 Vgl.: Penrose, E. T., The theory of the growth of the firm, a. a. 0., S. 75.

Modell kann eine genauere Angabe über die erfolgversprechende Richtung der Unternehmensentwicklung erfolgen. Denn die Richtungsentscheidung hängt pri-mär von den verfügbaren Ressourcen und den Marktchancen ab, die die Unter-nehmensumwelt bietet.343

Die Positionierung eines Unternehmens in der Ressourcenebene kann nur vom obersten Management vorgenommen werden. Allerdings stellt die Identifikation der Kernkompetenzen und der zugrunde liegenden Ressourcen ein komplexes und abstraktes Problem dar. Darum verlassen sich viele Manager bei der Benen-nung der Kernkompetenzen ihres Unternehmens eher auf ihre Intuition als auf die sorgfältige Analyse.344 Die Identifikation wird zudem dadurch erschwert, dass viele Unternehmen nicht genau wissen, ob und über welche einmaligen Ressourcen sie verfügen.345 Nur die vollständige Analyse aller tangiblen und intangiblen Einzel-ressourcen ermöglicht ein analytisch präzises Urteil über die vorhandenen Res-sourcenausstattung. Ein solches Audit darf allerdings nicht nur in deren Auflistung bestehen, sondern neben der Bestandsaufnahme sollte ein Ziel darin bestehen, diejenigen Ressourcen zu identifizieren, die das Unternehmen in strategischer Dimension von den Wettbewerbern unterscheiden.346 Die in Tab. 1 dargestellte Ressourcensystematik kann einen Rahmen für die detaillierte Ananlyse der Ein-zelressourcen bilden. Diese müssten dann jeweils anhand der in Kapitel 8.1.22 genannten Kriterien: Werthaltigkeit, begrenzte Verfügbarkeit und Handelbarkeit, begrenzte lmitierbarkeit und Nicht-Substituierbarkeit bewertet werden.347 Ein wich-tiger Ansatz zur Objektivierung der subjektiven Komponente bei der Beurteilung der eigenen Ressourcen liegt darin, sie in Relation zu den Wettbewerbern zu be-werten und damit eine Art Ressourcen-Benchmarking zu verfolgen.348 Im Falle

343 Vgl.: Mahoney, J. T., Pandian, J. R., The Resource-Based View within the Conversation of Strategie Management, a. a. 0., S. 367.

344 Vgl: Collis, D. J., Montgomery, C. A., Competing on Recources, in: Harvard Business Review, Jul./Aug. 1995, S. 124.

345 Vgl.: Grant, R. M., Contemporary Strategy Analysis. Concepts, Techniques, Applications, a. a.

0,S.124.

346 Vgl.: Hooley, G. J., Saunders, J. A., Piercy, N. F., Marketing strategy and competitive positioning, 2nd ed., Harlow, et al. 1998, S. 111ft.

347 Vgl.: Barney, J., Firm Resources and Sustained Competitive Advantage, in: Journal of Management, a. a. 0., S. 112; Rühli, E., Ressourcenmanagement - Strategischer Erfolg durch Kernkompetenzen, in: Die Unternehmung, Nr. 2, 1995, S. 99.

348 Vgl.: Collis, D. J., Montgomery, C. A., Competing on Recources, a. a. 0., S. 124.

der Ressourcen-Markt-Landschaft müssten dann jeweils die besten Wettbewerber der einzelnen Märkte mit dem zu positionierenden Unternehmen verglichen wer-den. Eine derartige Aufgabe ist jedoch in quantitativer und qualitativer Hinsicht nur schwer zu bewältigen, besonders unter Berücksichtigung der begrenzten perso-nellen und finanziellen Ressourcen in mittelständischen Unternehmen. Trotz der skizzierten Probleme ist die Positionierung eines Unternehmens in der Land-schaft möglich, denn einerseits relativiert der große Maßstab der LandLand-schaft die fehlende Exaktheit der Positionierung, andererseits wurde die Konstruktion des Modells auf der Basis globaler Expertenurteile entwickelt. Somit wird das Bil-dungsprinzip nicht verlassen, wenn ein Unternehmen mittels intuitiver Urteile von Experten, wie zum Beispiel vom Management, in der Ressourcen-Markt-landschaft positioniert wird.349 Als Alternative könnte das zu analysierende Unter-nehmen auch anhand von Ähnlichkeitsurteilen in Bezug auf die relevanten Märkte positioniert werden. Im Rahmen der Multidimensionalen Skalierung ließe sich das Unternehmen dann in Anlehnung an das ldealpunktmodell350 gemeinsam mit den konfigurierten Objekten (Märkten) als Punkt darstellen.351 Als zu positionierendes Beispielunternehmen wurde eine Weberei gewählt, die ausschließlich Frottier-waren für den Badbereich herstellt und quasi als Einproduktunternehmen cha-rakterisiert werden kann.352

349 Eine derartige, eher intuitive Positionierung kann gerade in mittelständischen inhabergeführten Unternehmen durchaus gelingen. Die Überschaubarkeit und die Integration des Geschäftsfüh-rers in nahezu alle wettbewerbsrelevanten Funktionsbereiche sprechen hier für ein ausrei-chend präzises Urteil. Dennoch erscheint der Hinweis auf die nicht gelösten Schwierigkeiten bei der Identifikation von strategisch wertvollen Ressourcen und Kernkompetenzen an dieser Stelle aufgrund der gebotenen wissenschaftlichen Objektivität notwendig. Die Lösung der Pro-bleme bei der Evaluierung wettbewerbsrelevanter Ressourcen könnte Gegenstand einer wei-teren Forschungsarbeit sein, die sich speziell mit der Operationalisierung von Ressourcen und den daraus erwachsenden Kernkompetenzen befasst.

350 Vgl.: Backhaus, K., Multivariate Analysemethoden: eine anwendungsorientierte Einführung, a.

a. 0., S. 536.

351 Der Idealpunkt markiert normalerweise die von einer Person als ideal empfundene Kombi-nation von Eigenschaften. Backhaus, K., Multivariate Analysemethoden: eine anwendungs-orientierte Einführung, a. a. 0., S. 536. Der Idealpunkt-Ansatz müsste für das Modell allerdings dahingehend abgewandelt werden, dass der Idealpunkt nicht die als ideal empfundene Res-sourcenausstattung, sondern die als gegenwärtig real angenommene Ressourcenausstattung des Unternehmens repräsentiert.

352 Das Beispiel wurde vor dem Erfahrungshintergrund des Verfassers gewählt, der als Ge-schäftsführer einer Frottierweberei tätig ist.

Für die Ressourcen-Markt-Landschaft gilt die Annahme, die Mittelpunkte der Res-sourcen-Spezifitäts-Kreise stellen Orte optimaler Ressourcenanpassung353 dar.

Unter anderem wegen der speziellen Polwebtechnik in der Frottierweberei liegt das Unternehmen somit nicht im Zentrum des Heimtextilmarktes, in dem überwie-gend Flachgewebe nachgefragt werden. Dafür besteht eine technologische Nähe zum Markt für Hygienetextilien. Hier werden unter anderem saugfähige Unterlagen für den lnkontinenzbereich oder für die Dekubitusprophylaxe benötigt, die Ein-satzmöglichkeiten für die Polwebtechnik bieten. Die Reputationsressourcen kön-nen ebenfalls teilweise genutzt werden. So kann eine hohe Reputation im Heim-textilbereich hilfreich für die Erschließung des Hygienemarktes sein, da beispiels-weise im Schlaf- und Sanitärbereich medizinischer Einrichtungen Produktähnlich-keiten und Marktüberschneidungen bestehen. Des Weiteren besteht eine techni-sche Nähe zu den Schutztextilien; hier werden beispielsweise einfache Frot-tiereinlagen in Schutzwesten eingearbeitet, es werden aber auch komplizierte dreidimensionale Strukturen im Bereich des ballistischen Körperschutzes benötigt.

Die Nähe zu den Bekleidungstextilien entsteht unter anderem über die Bademän-tel, die von diversen Handtuchproduzenten angeboten werden. Zusätzlich können Reputationsressourcen und Entwicklungs-Know-how in den Bereichen Mode und Design für die Erschließung des Bekleidungsmarktes genutzt werden. Bei der Po-sitionierung einzelner Unternehmen im Modell besteht prinzipiell auch die Mög-lichkeit, die Spezifität der in dem Unternehmen vorhandenen Ressourcen zumin-dest grob abzubilden. Allerdings müssten dann die bei den Märkten verwendeten idealisierten Kreisformen durch organische Formen ersetzt werden, um die sehr spezifische und ungleichmäßige Ressourcenausstattung der betrachteten Unter-nehmen besser widerzuspiegeln. Das Beispielunternehmen soll aufgrund dieser Überlegungen punktförmig mit den Koordinaten x = 7 (Achse: ,Reputation') und y

= 1,8 (Achse: ,Technisches Wissen') in die Landschaft eingetragen werden (siehe Abb. 18).

353 Der an dieser Stelle nicht unproblematische Optimalitätsbegriff wird in Kapitel C.3.3 noch eingehender diskutiert.

hygiene

mtex

. Be1sp1elunternihmen

Reputation . bautex

Abb. 18: Positionierung einer Frottierweberei als Beispielunternehmen in der Res-sourcen-Ebene

Die Positionierung des Beispielunternehmens bietet die Möglichkeit, die Ressour-cen-Markt-Landschaft unternehmensindividuell zu analysieren und damit die stra-tegische Intention in Form der Zielmarktauswahl festzulegen.

1.2 Ableitung einer strategischen Intention (Zielmarktauswahl) auf Basis