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Multidimensionale Skalierung als Verfahren zur

2. Ausgangsbasis und Konzeption des angestrebten Modells

2.31 Multidimensionale Skalierung als Verfahren zur

Den Ausgangspunkt für die Konstruktion der adaptiven strategischen Landschaft soll ein Positionierungsmodell bilden, in dem ausgewählte Textil-Märkte bezüglich ihrer Ressourcenähnlichkeit angeordnet werden sollen. Um dies zu erstellen, ist ein Verfahren erforderlich, welches die Objekte so anordnet, dass die in der Rea-lität bestehenden Ähnlichkeiten zwischen den Märkten im Modell durch messbare räumliche Entfernungen wiedergegeben werden.

Bevor ein geeignetes Verfahren ausgewählt werden kann, stellt sich die Frage, ob es überhaupt möglich ist, Märkte als Objekte in einem mehrdimensionalen Res-sourcenraum darzustellen. Den Ausgangspunkt für diese Überlegung liefert die Definition von Fähigkeiten (Capabilities)247 als spezifische Ressourcenkombinati-on, die aus der gesamten Ressourcenausstattung eines Unternehmens durch ty-pische organisatorische Routinen über einen längeren Zeitraum entwickelt wer-den.248 Entsprechend müssen Fähigkeiten als mehrdimensionale Konstrukte ge-sehen werden, die ein Unternehmen charakterisieren.249 Wird diese Interpretation weitergeführt, so lassen sich Unternehmen mit ihren spezifischen Fähigkeiten Po-sitionen in einem n-dimensionalen Euklidischen Raum zuordnen. Die Distanz schen zwei Punkten in diesem n-dimensionalen Raum kann als Unterschied zwi-schen den Fähigkeiten bzw. Ressourcenbündeln der einzelnen Unternehmen in-terpretiert werden.250 Wie in Kapitel 8.1.22 erläutert, können nicht nur

Unterneh-246 Siehe Kapitel A.1.

247 Die Begriffe Fähigkeiten, Capabilities und Kernkompetenzen werden im folgenden synonym verwendet.

248 Vgl.: Teece, D. J., Pisano, G., Shuen, A., Dynamic Capabilities and Strategie Management, a.

a. 0., S 518.

249 Vgl.: Penrose, E., The Theory of the Growth of the Firm, a. a. 0., S. 24f.

250 Vgl.: Foss, N. J., Ericsen, B., Competitive Advantage and lndustry Capabilities, a. a. 0., S. 60.

men, sondern auch Märkte als Strukturen von Fähigkeiten definiert werden.251 Foss UND ERICSSON bezeichnen die spezifischen Fähigkeiten, die eine Branche charakterisieren, als ,industry-capabilities'.252 Somit lassen sich auf Basis der res-sourcenorientierten Marktdefinition auch Märkten in einem mehrdimensionalen Ressourcenraum bestimmte Positionen zuweisen, die durch die zugrunde liegen-den Ressourcen festgelegt werliegen-den. Darauf aufbauend können dann die messba-ren räumlichen Entfernungen zwischen den Märkten als demessba-ren Verschiedenheit hinsichtlich der jeweils erforderlichen oder typischen Ressourcen verstanden wer-den. Angesichts des vieldimensionalen Charakters der ,industry-capabilities' ist zur Anordnung der Märkte ein multivariates Analyse-Verfahren erforderlich, welches gleichzeitig mehrere Variablen berücksichtigt. Allerdings sind im Falle der Res-sourcen, die einen Markt charakterisieren, die Variablen nicht linear unabhängig voneinander. So lässt sich nur schwer messen, welche Ressourcen jeweils eine oder mehrere andere Ressourcen beeinflussen und in welchem Ausmaß dies ge-schieht. Aus diesem Grund und weil bestimmte Ressourcen nur assoziativ in das Urteil der zu befragenden Experten einfließen, erscheint eine Vorgabe von Merk-malen, die dann direkt abgefragt werden, nicht sinnvoll.253 Deswegen sollte die Beurteilung von Märkten bzgl. ihrer charakteristischen Ressourcen global erfolgen.

Für die weitergehende Verwendung des geplanten Positionierungsmodells ist zu-dem eine niedrigdimensionierte Darstellung der Konfiguration sinnvoll.

Die formulierten Anforderungen an das einzusetzende Analyseverfahren werden von der Multidimensionalen Skalierung (MDS) in besonderer Weise erfüllt.254 Die Multidimensionale Skalierung wurde Ende der 1950er Jahre von amerikani-schen Psychometrikern entwickelt, deren bevorzugte Forschungsobjekte im Be-reich der Wahrnehmung und Präferenzbildung angesiedelt sind. Für diesen

An-251 Vgl.: Langlois, R. N., Capabilities and Coherence in Firms and Markets, a. a. 0., S. 94f.

252 Vgl.: Foss, N. J., Ericsen, B., Competitive Advantage and lndustry Capabilities, a. a. 0., S. 61.

253 Vgl.: Harnerle, A., Pape, H., Grundlagen der mehrdimensionalen Skalierung, in: Fahrmeier, L., Harnerle, A., Multivariate statistische Verfahren, Berlin, New York 1984, S. 663.

254 Die messtheoretische Fundierung der MDS, also die Frage, ob das empirische System der Ähnlichkeiten überhaupt durch ein numerisches, im vorliegenden Fall durch einen q-dimensionalen Vektorraum mit einer bestimmten Metrik, repräsentiert werden kann, lässt sich grundsätzlich nur schwer beweisen und soll an dieser Stelle als gegeben angenommen wer-den. Vgl. hierzu ausführlich: Harnerle, A., Pape, H, Grundlagen der mehrdimensionalen Ska-lierung, in: Fahrmeier, L., Harnerle, A., Multivariate statistische Verfahren, Berlin, New York 1984, s. 665.

wendungsbereich war es wichtig, ein Verfahren zu entwickeln, das die Beurteilung von Ähnlichkeiten zwischen beliebigen Objekten ohne Vorgabe von Merkmalen gestattet.255 Die MDS gehört im weiteren Sinne zu den multivariaten Ordnungs-verfahren und im engeren Sinne zur Gruppe der dimensionenanalytischen Verfah-ren, die simultan mehrere Variablen analysieVerfah-ren, um die untersuchten Objekte anschließend in einem n-dimensionalen Raum darzustellen.256 Sie dient damit in erster Linie der Strukturanalyse und der dimensionalen Reduzierung multiva-riater Beobachtungen, die aus Ähnlichkeitsurteilen bestehen.257 Somit ist die MDS für die geplante Erstellung des Positionierungsmodells ein ideales Analyseverfah-ren; denn die zu analysierenden multivariaten Beobachtungen bestehen im vorlie-genden Fall aus nicht merkmalsgebundenen Expertenurteilen zu den ressourcen-bezogenen Ähnlichkeiten ausgewählter Textilmärkte. Der primär deskriptive Zweck des Modells spricht ebenfalls für die MDS als geeignetes Verfahren, da ihr theoretischer Stellenwert ähnlich wie der der Faktorenanaylse in der Literatur als eher deskriptiv eingeschätzt wird.258 Da die MDS ursprünglich zur Analyse des Wahrnehmungsraumes von Einzelpersonen konzipiert wurde259 , liefert sie auch bei einer kleinen Anzahl von Untersuchungspersonen brauchbare Ergebnisse.

Diese Eigenschaft war hilfreich, da wegen des Homogenitätskriteriums und des umfangreichen Inhalts der Gespräche nur eine kleine Zahl von Experten befragt werden konnte.

Bevor mit dem ersten Schritt der MDS, mit der Messung der wahrgenommenen Ähnlichkeitsrelationen begonnen werden kann, müssen die zu analysierenden

255 Vgl.: Dicht/, E., Schober!, R., Mehrdimensionale Skalierung: Methodische Grundlagen und betriebswirtschaftliche Anwendungen, München 1979, S. 1 sowie S. 4.

256 Vgl.: Kühn, W., Einführung in die mu/tidimensiona/e Skalierung, München, Basel 1976, S. 12.

257 Vgl.: Ahrens, H. J., Mu/tidimensiona/e Skalierung: Methodik, Theorie und empirische Gültigkeit mit Anwendungen aus der differentiellen Psychologie und Sozialpsychologie, Weinheim, Basel 1974, S. 34.

258 Vgl.: Ahrens, H. J., Multidimensiona/e Skalierung: Methodik, Theorie und empirische Gültigkeit mit Anwendungen aus der differentiellen Psychologie und Sozialpsychologie, a. a. 0., S. 19.

259 Die Aggregation der Ergebnisse über mehrere Versuchspersonen ist aber zulässig und üblich.

Vgl.: Backhaus, K., et al., Mu/tivariate Analysemethoden: eine anwendungsorientierte Einfüh-rung, 9. Aufl., Berlin et al. 2000, S. 528.

Objekte festgelegt werden, was im folgenden Kapitel mit der Auswahl der Bei-spielmärkte erfolgt.260