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2. Kritische Erfolgsfaktoren im EPC- EPC-Geschäft

2.9. Politische Flankierung

Einführung und Bedeutung

Eine gezielte politische Flankierung von EPC-Anbietern während der Geschäftsanbahnung gewinnt im internationalen EPC-Markt zunehmend an Bedeutung. Vornehmlich Anbieter aus dem asiatischen Raum, aber auch aus Südeuropa, vermögen den verfügbaren Spielraum politischer Unterstützung ihrer Heimatländer mit steigender Tendenz zu ihren eigenen Vorteilen zu nutzen. Dabei greifen diese auf langjährige und gewachsene (Wirtschafts-) Beziehungen zurück bzw. intensivieren den hochrangigen politischen Kontakt in für sie wirtschaftlich relevanten Zielmärkten. Die Diskussion über eine stärkere politische Flankierung ist in Deutschland nicht neu. Jedoch gab es in der Vergangenheit keine eindeutige Korrelation zwischen dem Umfang der politischen Flankierung und dem Erfolg im EPC-Geschäft. Dies hat sich in den letzten Jahren aus den nachfolgenden Gründen teilweise verändert.

Große EPC-Projekte (insbesondere Infrastrukturprojekte) werden weiterhin in einem beträchtlichen Umfang durch die öffentliche Hand vergeben. Zudem wird zunehmend eine hochrangige politische Flankierung als Zeichen der „Wertschätzung“ des Projektes auch deswegen erwartet, auch weil diese durch die „neuen“ Wettbewerber erbracht wird. Ein entscheidender Faktor ist, dass neben der reinen politischen Präsenz, auch häufig eine politische „Komponente“ eingebracht wird. Diese kann z.B. die Finanzierung eines Projektes in Form von Direct Lending umfassen (vgl. Abschnitt 2.3). Deutschland kann in der Außenwirtschaftsförderung auf einige sehr bewährte Instrumentarien (die „3 Säulen“) in der Projektanbahnung zurückgreifen, wie z.B. das GTAI, die AHK und die Botschaften.

Erfolgskritisch ist ein zwischen Politik und Industrie eng abgestimmter Auftritt, der sich konsistent durch die Markterschließung, Projektanbahnung und Projektabwicklung zieht. Der Einfluss der politischen Flankierung auf die EPC-Fähigkeit deutscher Anbieter ist maßgeblich von der Art und dem Umfang der politischen Unterstützung sowie der Nutzung der politischen Angebote durch die Unternehmen abhängig.

Ergebnisse der quantitativen und qualitativen Analyse

Die quantitative Analyse zeigt, dass sich mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen (53%) nur unzureichend durch die Politik flankiert fühlen. Es ist allerdings einschränkend darauf hinzuweisen, dass sich 32% der Befragten einer Antwort enthalten haben (vgl. Abb. 52).

Abb. 52: Wahrnehmung einer geringen politischen Flankierung

Die Befragung hinsichtlich der generellen Zufriedenheit wurde um weitere Detailfragen ergänzt. Die zwei identifizierten Fokusthemen beziehen sich auf die Inanspruchnahme einzelner Angebote der politischen Flankierung, z.B. die Außenhandelskammern („AHK“) gemäß Abb. 53 sowie die Zufriedenheit mit einzelnen Ausprägungen der politischen Flankierung, z.B. Delegationsreisen (vgl.

Abb. 54. Im ersten Fokusthema gaben 53% aller Befragten (Topantwort) an, die Unterstützung der Außenhandelskammern während der Geschäftsanbahnung in Anspruch zu nehmen (vgl. Abb. 53).

Abb. 53: Nutzung von Institutionen zur Außenwirtschaftsförderung durch die Unternehmen

Generell ist auch eine hohe Zufriedenheit mit den AHK in den Experteninterviews bestätigt worden. Als Erfolgskriterium der Unterstützung durch die AHK ist hinlänglich auf das gute persönliche Netzwerk der jeweiligen Vertreter verwiesen worden.

Dieses Netzwerk ist das Ergebnis jahrelanger Arbeit durch die AHK-Vertreter vor Ort. Durch den routinemäßigen Wechsel der Vertreter gestaltet es sich mitunter schwierig, dieses persönliche Netzwerk an den Nachfolger zu übergeben. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn die Übergangs- und Übergabezeit kurz ausfällt. Das zweite Erfolgskriterium ist die personelle Ausstattung der AHK, um wichtige Marketingmaßnahmen wie Leistungsschauen, Messen und andere Veranstaltungen vor Ort und mit potenziellen Kunden durchzuführen. Durch das Finanzierungsmodell der AHK (2/3 des Budgets sind durch die AHK selbst zu erwirtschaften) können personelle Ressourcen für die o.g. Marketingmaßnahmen mitunter knapp werden.

Verstärkend kommt hinzu, dass momentan kein zwangsläufiger Zusammenhang zwischen der personellen Kapazität und der wirtschaftlichen Relevanz des Zielmarktes besteht.

Im zweiten Fokusbereich ist die Zufriedenheit mit Delegationsreisen evaluiert worden (vgl. Abb. 54).

Abb. 54: Zufriedenheit mit Delegationsreisen

Delegationsreisen bieten für die EPC-Anbieter die Gelegenheit, gemeinsam mit potenziellen Kunden in den Zielländern erste und durch die Politik unterstützte Kontakte zu knüpfen.

Aufgrund dieser sehr vielversprechenden Kontakte, durch die bereits wichtige Wirtschaftsbeziehungen entstanden sind, besteht grundsätzlich ein hohes Interesse der EPC-Anbieter an Delegationsreisen.

Bei der Analyse der Ergebnisse ergibt sich jedoch ein heterogenes Bild zwischen KMU und den Großkonzernen. Generell sind Großkonzerne zufriedener mit den Delegationsreisen. In den Experteninterviews ist eine bessere Kommunikation und Planung durch das BMWi bzw. die Verbände angesprochen worden. Dies betrifft mehrere Kommunikationsebenen, einerseits die Ebene BMWi–Verbände, sowie andererseits die

weitergehende Kommunikationsebene der Verbände an die EPC-Anbieter und hier insbesondere an KMU.

Als positives Beispiel für Delegationsreisen bzw.

die hochrangige politische Flankierung im Allgemeinen ist die Vorgehensweise des Ägypten-Deals unter Einbeziehung des Wirtschaftsministers Gabriel genannt worden.

Zudem werden weitere positive Hoffnungen mit der Initiative für strategische Auslandsprojekte verbunden. Ein Fokusthema in den

Experteninterviews war die hochrangige politische Flankierung durch die Wettbewerber, wodurch aus Sicht der Unternehmen ein Wettbewerbsnachteil für deutsche EPC-Anbieter entstanden ist.

Daher verwundert die Forderung der Industrie nach einer stärkeren politischen Flankierung nicht.

Einschränkend ist jedoch darauf hinzuweisen, dass bei der hochrangigen politischen Flankierung die Frequenz und der Zeitpunkt der Einbeziehung entscheidend sind. Hier liegt es an den Unternehmen, die Politik frühzeitig einzubinden, um der Politik den erforderlichen Vorlauf einzuräumen, wichtige Beziehungen zu knüpfen bzw. zu intensivieren.

Die Differenzierungsmerkmale der deutschen EPC-Anbieter wurden detailliert in Abschnitt 2.5 dargestellt. Um ein zielgerichtetes Marketing für die deutschen EPC-Anbieter erreichen zu können,

ist es wichtig, dass diese

Differenzierungsmerkmale richtig adressiert werden. Es bedeutet, dass die Vorteile der technologischen Führerschaft, die Einhaltung von Umweltschutzauflagen sowie Vorteile in der Betrachtung der Gesamtkosten über den

gesamten Projektablauf inklusive Betrieb, der sog. TCO-Vorteil49, entsprechend dargestellt und kommuniziert werden.

Internationaler Vergleich

Der internationale Vergleich offenbart, dass Deutschland im Bereich der hochrangigen politischen Flankierung im Mittelfeld ist. Auffallend ist dabei, dass die internationalen Wettbewerber durchgängig hochrangig flankiert werden. Die ausgewählten Beispiele USA und China sollen dies, wie nachgehend im Detail beschrieben, verdeutlichen.

49 TCO-Vorteil: TCO steht für Total Cost of Operation, dies sind alle Kosten, die bei der Beschaffung und Nutzung eines Vermögensgegenstands anfallen.

Abb. 55: Qualität der politischen Flankierung im internationalen Vergleich

Die USA hat sich in den letzten Jahrzehnten durch eine klare wirtschaftspolitische Ausrichtung ausgezeichnet. Diese wird, so lässt sich vermuten, durch die proklamierte Devise der neuen amerikanischen Administration („America first“) weiter manifestieren. So wird es vermutlich auch zukünftig der politische Wille sein, die Interessen der amerikanischen EPC-Anbieter im In- und Ausland von höchster Stelle zu unterstützen.

China verknüpft übergeordnete politische und wirtschaftliche Interessen durch das Programm 2025.

Folgen dieser Verknüpfung sind Entscheidungen und Maßnahmen, die sich nicht immer durch betriebswirtschaftliche Grundsätze erklären lassen. Es bedeutet jedoch auch, dass der Staat die außenpolitische Unterstützung leistet, die notwendig ist, um die chinesischen Interessen zu wahren.

Dies kann auf der einen Seite die Gestellung von Finanzierung strategischer EPC-Projekte genauso beinhalten, wie die finanzielle Unterstützung einzelner Unternehmen in Branchen, die unter Druck geraten sind (z.B. Stahlbranche).