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5.3 Spritzgießverarbeitung

5.3.1 Plastifizierung

Bei der Materialplastifizierung wirken die Schneckengeometrie, die Schnecken-umfangsgeschwindigkeit, der Staudruck und die Zylindertemperatur aufeinander ein.

Ziel der Plastifizierung ist eine homogene Schmelze mit einer Massetemperatur im Bereich zwischen 110 °C und 120 °C für die Verarbeitung bereit zu stellen [83]. Um den Temperaturbereich zu erreichen, ist es notwendig, die jeweiligen Prozessgren-zen zu bestimmen.

Mit zunehmender Schneckenumfangsgeschwindigkeit wirken zwei Faktoren auf die Massetemperatur ein. Zum einen wird durch die schnellere Rotation der Schnecke der Wärmeeintrag mittels Friktion erhöht, zum anderen nimmt die Verweilzeit der Schmelze im Zylindervorraum zu, da die Dosierzeit verkürzt wird. Die Dosierzeit wird durch die Härtezeit vorgegeben, da diese parallel zueinander ablaufen. Daher ist ei-ne wirtschaftlich sinnvolle Dosierphase nicht länger als die Resthärtezeit. Demge-genüber kann die Schneckenumfangsgeschwindigkeit nicht beliebig hoch gewählt werden, da der Materialeinzug verschlechtert wird. Da ein höherer Wärmeeintrag durch scherinduzierte Friktionswärme zu erwarten ist, ist davon auszugehen, dass eine steigende Schneckenumfangsgeschwindigkeit durch einen deutlichen Anstieg in der Massetemperatur gekennzeichnet wird.

Abbildung 5.6: Einfluss der Schneckenumfangsgeschwindigkeit auf die Verarbeitungsei-genschaften

links: Auswirkungen auf den maximalen Einspritz- und Forminnendruck rechts: Auswirkungen auf die Massetemperatur und das Massepolster

In Abbildung 5.6 stellt sich jedoch ein weniger stark ausgeprägtes Bild dar. Der An-stieg der Massetemperatur von 118,8 °C auf 119,4 °C ist moderat. Es ist davon aus-zugehen, dass die Temperaturerhöhung im Zylinder stärker ausfällt, sich allerdings durch das Messen der Temperatur der ins Freie gespritzten Masse nicht detektieren lässt. Dass die höhere Massetemperatur eine Abnahme der Viskosität bewirkt, ist

sinkt. Das korreliert mit dem Forminnendruck, der von 290 bar auf 279 bar abnimmt.

Ein für die Verarbeitung entscheidender Faktor stellt das Massepolster dar, da es das unterschiedliche Rückströmverhalten beim Einspritzvorgang ausgleicht. Das Massepolster (Schneckenweg am Nachdruckende) nimmt bei steigender Schne-ckendrehzahl stark ab. Das bedeutet, dass die niedrigere Viskosität der Schmelze ein stärkeres Rückströmen im Zylinder bewirkt. Da dieser Effekt auf den Umschalt-weg übertragbar ist, ist die Wahl des Umschaltpunktes von großer Bedeutung. Wird dieser weggeregelt eingestellt, kann die Füllung der Kavität zum Umschaltzeitpunkt sehr stark variieren. Da bei den vorliegenden Untersuchungen in Abhängigkeit des Forminnendrucks von der Einspritzphase auf die Nachdruckphase geregelt wurde, kann eine konstante Füllung der Kavität zum Umschaltzeitpunkt angenommen wer-den.

Der Staudruck wirkt während der Dosierung im Zylindervorraum auf die plastifizierte Masse und bewirkt eine gleichmäßige Verdichtung und Homogenisierung des Mate-rials. Durch die Komprimierung steigt die Dichte der Masse im Zylindervorraum. Die Auswirkungen auf den maximalen Einspritz- und Werkzeugforminnendruck sowie die Massetemperatur und das Massepolster sind in Abbildung 5.7 dargestellt. Die Varia-tion der maximalen Einspritz- und Forminnendrücke sind vernachlässigbar. Der Forminnendruck fällt während der Nachdruck- und Dosierphase mit zunehmendem Staudruck geringer ab, da die Volumenkontraktion infolge der höheren Kompression abnimmt. Zudem steigt das Massepolster infolge der höheren Verdichtung an. Der Anstieg der Massetemperatur ist auf zusätzlich freiwerdende Reibungswärme der plastifizierten Masse beim Freispritzen zurückzuführen.

Abbildung 5.7: Einfluss des Staudrucks auf die Verarbeitungseigenschaften

links: Auswirkungen auf den maximalen Einspritz- und Forminnendruck rechts: Auswirkungen auf die Massetemperatur und das Massepolster

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Die Medientemperierung des Plastifizierzylinders soll den Wärmeabtransport über-schüssiger Friktionswärme ermöglichen. Abbildung 5.8 stellt die Auswirkung der Zy-lindertemperatur auf die Verarbeitungseigenschaften dar. Um den Effekt der Zylin-dertemperatur über die gesamte Schneckenlänge konstant zu halten, wurde die Vor-lauftemperatur an den Temperiergeräten sowohl für die Einzugs- als auch Düsenzo-ne um jeweils fünf Kelvin variiert.

Abbildung 5.8: Einfluss der Zylindertemperatur auf die Verarbeitungseigenschaften links: Auswirkungen auf den maximalen Einspritz- und Forminnendruck rechts: Auswirkungen auf die Massetemperatur und das Massepolster

Die Temperaturabhängigkeit des maximalen Einspritzdrucks ist sehr stark ausge-prägt. Bei einer Zylindertemperatur (Einzug/Düse) von 70/90 °C ist ein maximaler Einspritzdruck von 1797 bar notwendig, um die Kavität zu füllen. Das bedeutet, dass 75 % des maximal maschinenseitig zur Verfügung stehenden Einspritzdrucks not-wendig ist. Ein Maschinenstillstand oder kurze Verzögerungen im Zyklus können da-zu führen, dass der maximale Einspritzdruck der Maschine bei geringer Verweilzeit der Schmelze nicht mehr ausreicht, um die dosierte Masse einspritzen zu können.

Ein weiterer Effekt ist die starke Scherung im Düsenquerschnitt sowie im Angussver-teiler. Es ist davon auszugehen, dass die Füll- und Verstärkungsstoffe dabei geschä-digt werden, so dass die mechanischen Eigenschaften abnehmen können. Bereits bei einer Temperaturerhöhung um fünf Kelvin auf 75/95 °C sinkt der Einspritzdruck auf 1179 bar und wird bei einem weiteren Temperaturanstieg von fünf Kelvin auf 981 bar reduziert. Die Druckkurve korreliert zum abnehmenden Zweig der Viskositätskur-ve, da ebenfalls der maximale Forminnendruck von 294 bar auf 271 bar abnimmt.

Daher ist davon auszugehen, dass der Einspritzdruck mit weiter steigenden Zylinder-temperaturen wieder zunimmt, da die Vernetzungsreaktion bereits im Zylinder

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tet wird. Der Schneckenweg am Ende der Nachdruckphase ist nahezu unverändert.

Vor dem Hintergrund einer niedrigeren Viskosität ist davon auszugehen, dass die Rückströmung bei höherer Zylindertemperatur zunimmt. Somit können Wechselwir-kungseffekte nicht ausgeschlossen werden. Die gemessene Massetemperatur spie-gelt die Temperaturunterschiede der Vorlauftemperatur nicht wider, da diese lediglich um ein Kelvin zunimmt. Das lässt darauf schließen, dass die Messung der Masse-temperatur mit dieser Methode keine Rückschlüsse auf die Temperaturverteilung im Zylinder zulässt. Da jedoch aktuell keine alternativen Messmethoden zur Bestim-mung der Massetemperatur im Zylinder oder Schneckenvorraum vorliegen, bietet die Bestimmung der Massetemperatur nach dem Freispritzen einen groben Anhaltspunkt.

Der Einfluss des Dosiervolumens auf den Verarbeitungsprozess konnte durch den Wechseleinsatz für den Angussverteiler bei dem Schulterzugstab (Kapitel 3.2.1) un-tersucht werden. Seitens der Materialhersteller wird empfohlen, ein Dosiervolumen von 20 bis 80 % vom maximalen Hubvolumen des Plastifizieraggregats zu nutzen [69]. Diese Angabe basiert vorrangig auf Erfahrungswerten. Bei einer geringeren Zy-linderauslastung ist die Verweilzeit der Schmelze im Zylinder zu hoch, bei höherer Auslastung besteht die Gefahr, dass die Bauteile nicht vollständig gefüllt sind, wenn das Rückströmverhalten infolge von zunehmendem Zylinder- und Schneckenver-schleiß steigt. Im vorliegenden Fall variiert das Dosiervolumen für den Zugstab mit einer bzw. zwei Kavitäten zwischen 69 % und 97 % vom maximal möglichen Hubvo-lumen (49 cm³). Der maximale Einspritzdruck für den einfach Zugstab ist mit 991 bar um 15 % niedriger als bei der 2-fach Ausführung, Abbildung 5.9. Da sich bei geringe-rem Dosiervolumen die plastifizierte Schmelze im gesamten Temperierbereich der Düsenzone befindet, ist ein homogenes Durchwärmen des Materials möglich. Bei einem nahezu maximalen Dosiervolumen ist ein Temperaturgradient in der Schmelze vorhanden, da ein Teilbereich die Temperatur des Einzugsbereichs aufweist. Dieser Unterschied spiegelt sich kaum bei der Massetemperatur wider, welche von 121,3 °C (69 % Dosiervolumen) auf 121,9 °C steigt. Im Gegensatz dazu ist die Auswirkung auf den maximalen Einspritzdruck ausgeprägter. Die Abnahme der Massepolsters ist auf ein stärkeres Rückströmen der Schmelze über die Schneckenstege zurückzuführen, da die Einspritzphase für den zweifach Zugstab mit 8,02 s um 47 % länger ausfällt, als bei dem Zugstab mit einer Kavität.

Abbildung 5.9: Einfluss des Dosiervolumens auf die Verarbeitungseigenschaften

links: Auswirkungen auf den maximalen Einspritz- und Forminnendruck rechts: Auswirkungen auf die Massetemperatur und das Massepolster

Bei der Plastifizierung des rieselfähigen Granulats hat sich gezeigt, dass sich die Prozessparameter sowie das Dosiervolumen in verschiedener Weise auf die Verar-beitungseigenschaften auswirken. Sowohl eine steigende Schneckenumfangsge-schwindigkeit als auch ein steigender Staudruck bewirken einen höheren Wärmeein-trag mittels Friktion, wodurch der Einspritzdruck geringfügig abnimmt. Einen weitaus stärkeren Einfluss zeigt die Variation der Zylindertemperatur. Bei vergleichsweise niedrigen Vorlauftemperaturen steigt der notwendige Einspritzdruck überproportional an. Somit ist der Einfluss des Wärmeeintrags mittels Konvektion deutlich stärker ausgeprägt, als bisher in der Literatur beschrieben. Die Auswirkungen eines variie-renden Dosiervolumens auf den maximalen Einspritzdruck zeigen sich vor allem da-durch, dass ein Temperaturgradient in der Schmelze vorliegt.