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1.4 P HOTODYNAMISCHE T UMORTHERAPIE

1.4.5 Weitere Photosensibilisatoren

Die bisher am intensivsten untersuchten und eingesetzten Photosensibilisatoren für die PDT sind die aus Hämatoporphyrin-Derivat (HpD) durch Gelpermeationschromatographie erhalte-nen höhermolekularen Fraktioerhalte-nen wie Photofrin und Photosan. Sie werden als Photosensibili-satoren der ersten Generation bezeichnet.[109, 110, 111] Je nach Herstellungsart variiert HpD in seiner Zusammensetzung. Es besteht aus mindestens 25 Einzelkomponenten, die bisher nicht vollständig charakterisiert wurden. Bei HpD handelt es sich zu etwa 50 % um ein Gemisch der Monomeren Hämatoporphyrin, Hydroxyethylvinyldeuteroporphyrin und Protoporphyrin.

Als photodynamisch aktivste Komponenten wurden Dihämatoporphyrinester und -ether iden-tifiziert. Die Nachteile der Photosensibilisatoren der ersten Generation sind die nur drei- bis fünfmal höhere Anreicherung im Tumorgewebe im Vergleich zu normalem Gewebe, die Lichtempfindlichkeit der Patienten aufgrund der hohen Aufnahme in anderen Körpergeweben wie Haut und Augen und die geringe Eindringtiefe des verwendeten Lichtes in das Gewebe, da die optimale Bestrahlungswellenlänge bei 630 nm liegt.

Trotz der zum Teil guten Behandlungserfolge mit den Photosensibilisatoren der ersten Gene-ration führten die Nachteile dieser Substanzen die aktuelle Forschung auf die Suche nach neu-en Photosneu-ensibilisatorneu-en. Dabei gilt das besondere Augneu-enmerk langwelliger absorbierneu-endneu-en Porphyrin-Derivaten. Phthalocyanine (Pc) und Naphthalocyanine (Nc) haben Eigenschaften, die diese Verbindungen für die PDT besonders attraktiv machen.[112, 113] Diese Verbindungen besitzen geeignete Absorptionsmaxima (Pc: λ = 660-740 nm, Nc: λ = 750-830 nm), sodass therapeutisches Licht 2-3 cm in das Gewebe eindringen kann, eine große Variationsbreite an Substituenten und Zentralmetallionen, eine geringe Dunkeltoxizität sowie gute Tumorlokali-sation und gute photodynamische Aktivität.

Für die Photodynamische Diagnostik (PDD) von Tumoren, insbesondere von gastrointestina-len Präkanzerosen, befindet sich derzeit die 5-Aminolävulinsäure (ALA) im Zulassungsver-fahren. Die Applikation von ALA führt zu deren bevorzugter Anreicherung in tumorösen Geweben. ALA ist der biologische Baustein von Protoporphyrin IX (Abb. 13). Nach dessen

+H3N

Abb. 13: Der Häm-Biosyntheseweg.[114]

Biosynthese im Tumorgewebe kann durch Bestrahlung über die auftretende Fluoreszenz das Ausmaß des Tumors genau lokalisiert werden.[115]

Bei der Bor-Neutroneneinfangtherapie (BNCT, Boron Neutron Capture Therapy) dienen Porphyrine als Carrier-Systeme für Borcluster, d. h. mit Hilfe der Porphyrine wird eine geziel-te Anreicherung von Bor in den Tumorzellen erreicht, die anschließend mit thermischen Neut-ronen bestrahlt werden.[116] Die BNCT ist eine Tumortherapie, die auf der Interaktion von zwei relativ harmlosen Spezies, einem 10B-Nukleus und einem thermischen Neutron basiert.

Nach der Aufnahme des energiearmen, thermischen Neutrons bildet sich ein angeregter 11 B-Kern, der in die hochenergetischen Nuklei 4He und 7Li zerfällt. Da diese Zerfallsprodukte eine effektive Reichweite von ~ 10 µm im Gewebe haben, ist das Ausmaß des Zellschadens auf näherungsweise den Durchmesser einer Zelle beschränkt.[117]

NH N N HN

MeO2C CO2H O

MeO MeO

O

NH N N HN

HO2C CO2Me O

MeO MeO

O

I

Verteporfin II

Verteporfin Abb. 14: Die beiden Regioisomere I und II von Verteporfin.

Ausgehend von Protoporphyrin IX wurden einige Benzoporphyrin-Derivate synthetisiert, de-ren Chromophore Absorptionsmaxima bei etwa 690 nm aufweisen. Dabei erwies sich das Benzoporphyrin-Derivat Verteporfin (Abb. 14) als photodynamisch aktivster Wirkstoff. Die pharmakologischen Eigenschaften von Verteporfin erwiesen sich allerdings ungünstig für eine PDT der meisten Krebsarten aufgrund tumoröser Läsionen und einer zu kurzen Verweildauer im Serum und im Gewebe. Aber während sich Verteporfin für eine Krebstherapie als unge-eignet herausstellte, zeigte es vielversprechende Erfolge bei der Behandlung der nassen Ver-laufsform der altersbedingten Makula-Degeneration (AMD). Kurze Zeit nach der Injektion wird mit Laserlicht bestrahlt und im Sinne einer PDT Singulettsauerstoff erzeugt, der

Gefäß-neubildungen im Bereich der Makula („gelber Fleck“), die zu einem massiven Verlust der Sehkraft innerhalb kurzer Zeit führen würden, zerstört.[118]

Als Photosensibilisatoren mit herausragenden photophysikali-schen und pharmakologiphotophysikali-schen Eigenschaften befinden sich derzeit Texaphyrine in einer Reihe von klinischen Phase II-Studien. Es handelt sich bei dieser Substanzklasse um Ver-bindungen, die auf Porphyrinen basieren und fünf statt vier Stickstoffatome sowie ein drei-wertiges Lanthanoid-Metall als Kern enthalten. Das wasser-lösliche Lu-Tex (Abb. 15) be-sitzt viele Attribute eines idealen Photsensibilisators. So sind zum Beispiel die Absorptions-banden im Vergleich zu Porphyrinen aufgrund des aromatischen 22 π-Chromophors deutlich in den langwelligen Spektralbereich (λ = 732 nm), in dem praktisch keine Absorption durch Hämoglobin oder Wasser stattfindet, verschoben, wodurch eine größere Eindringtiefe des Lichts in das Gewebe gewährleistet ist. Bei minimaler Dunkeltoxizität wird Lu-Tex rasch vom Körper eliminiert. Die Selektivität für eine Anreicherung in neoplastischem Gewebe ist sehr hoch (Faktor ≥ 10:1 im Verhältnis zum umgebenden normalen Gewebe). In klinischen Phase II-Studien wird die Verwendung des Wirkstoffs Lu-Tex als Photosensibilisator für die PDT von malignen Melanomen und Brustkrebs sowie für die Behandlung von Arteriosklero-se, die durch Ablagerungen von Cholesterin und anderen Fettverbindungen an den Blutge-fäßwänden verursacht wird, und altersbedingter Makula-Degeneration (AMD) eingehend un-tersucht.[119]

N N

N

N N OH

OH

O(CH2CH2O)3CH3 O(CH2CH2O)3CH3 Lu

AcO OAc

Abb. 15: Lutetium(III)-texaphyrindiacetat (Lu-Tex).

Gegenstand aktueller Forschung sind auch weitere Photosensibilisatoren der zweiten Genera-tion wie Chlorine,[120] Tetraphenylporphyrine,[121] Benzoporphyrin-Derivate,[122] Purpurine[123]

und Pheophorbide[124] sowie deren Metallkomplexe.[125]

2 Grundgedanken und Zielsetzung

Die zytostatische Therapie gegen Krebs mit Platinverbindungen wie Cisplatin und Carbo-platin wird klinisch sehr erfolgreich eingesetzt. Wie bereits in Kapitel 1.3.2 erwähnt, werden Patienten durch diesen Therapieansatz starken Nebenwirkungen ausgesetzt, da die Zytostatika sich relativ unselektiv in gesundem und malignem Gewebe verteilen. Ein entscheidender Vor-teil der Photodynamischen Therapie mit Porphyrin-Derivaten besteht in der selektiven Anrei-cherung im Tumorgewebe und somit in der Schonung von gesundem Gewebe.

In der klinischen Praxis werden zur Krebsbekämpfung verschiedenste Kombinationen von Therapien verwendet, um ein möglichst breitgefächertes Wirkspektrum zu erzielen. So wird häufig der Tumor zunächst operativ weitgehend entfernt, die restlichen Fragmente einer Strahlentherapie und schließlich einer Chemotherapie unterzogen. Es werden aber nicht nur verschiedene Therapieformen, sondern auch mehrere Zytostatika nebeneinander eingesetzt.

Grundgedanke der vorliegenden Arbeit ist es nun, in einer Substanz zwei Therapieansätze miteinander zu verbinden. Dabei soll das Porhyrinsystem in Carboplatin-artige Komplexe eingeführt werden. Mit diesen Porphyrinplatin-Komplexen wird versucht, die zytostatische Aktivität des Carboplatin-artigen Komplexes mit der photodynamischen Aktivität des Porphyringerüsts zu kombinieren. Darüber hinaus wird die Carrier-Eigenschaft der Porphyri-ne dazu benutzt, eiPorphyri-ne Anreicherung der Platinverbindungen selektiv im Tumorgewebe zu er-reichen. Durch Kombination zweier Therapieansätze in einem einzigen Molekül soll also im Sinne des Konzeptes des „drug targeting“ ein normalerweise unselektiv wirkender Arzneistoff so modifiziert werden, dass er positive Eigenschaften sowohl der photodynamischen Tumor-therapie als auch zytostatische Eigenschaften von Platinkomplexen in sich vereint. Die Wirk-samkeit sollte sich in additiver Weise, vielleicht sogar in Form von synergistischen Effekten entfalten.

Im Zuge dieser Überlegungen wurden bereits einige Vorarbeiten mit positiven Ergebnissen geleistet.[126] Der Nachteil dieser Porphyrinplatin-Komplexe ist allerdings eine meist schlechte Löslichkeit in Wasser. Im Rahmen dieser Arbeit sollen neuartige Porphyrinsysteme mit lang-welligen Absorptionsmaxima synthetisiert werden, die sich durch eine gute Wasserlöslichkeit auszeichnen. Bei der Porphyrinsynthese wird auf den in Arbeiten von H. OBERMEIER[127] auf-gegriffenen Ansatz zur Herstellung von unsymmetrisch substituierten Tetraarylporphyrinen zurückgegriffen. Zur Verbesserung der Wasserlöslichkeit sollen drei der vier Arylringe mit

Oligo- und Polyethylenglykolethern, die in Arbeiten von K.-C. BART[128] bereits verwendet wurden, Hydroxygruppen und quartären Ammoniumsubstituenten funktionalisiert werden.

Das Hauptaugenmerk dieser Arbeit liegt auf der Entwicklung neuer Synthesestrategien, um das Carboplatin-Fragment in verschiedene Porphyrinsysteme einzuführen. Dazu werden zu-nächst neue Carboplatin-artige Komplexe synthetisiert, da der unsubstituierte Cyclobutanring von Carboplatin keine Reaktionsmöglichkeit für eine Kopplung zulässt. Hierbei wird das Wasserstoffatom in 3-Position der 1,1-Cyclobutandicarbonsäure mit einem Chloratom und einer Hydroxygruppe substituiert.

Um das krebshemmende Potenzial der dargestellten Verbindungen bewerten zu können, wer-den alle Substanzen in Zellkulturexperimenten, d. h. in vitro, auf ihre zytostatischen und pho-todynamischen Fähigkeiten hin überprüft.

3 Carboplatin-artige Porhyrinplatin(II)-Komplexe