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Personal und Prozesse als Ausgangspunkte der Steuerung

Im Dokument Pflege-Report 2020 (Seite 185-198)

12.4 Fazit 188 Literatur 188

© Der/die Autor(en) 2020

K. Jacobs et al. (Hrsg.),Pflege-Report 2020,https://doi.org/10.1007/978-3-662-61362-7_12

12

178 Kapitel 12Steuerungsinstrumente für Einrichtungen

2Zusammenfassung

Der wesentliche Ansatz zur Steuerung der Leis-tungserbringung ist der optimale Einsatz des Personals auf allen Ebenen. Diesem Ansatz lie-gen zwei in diesem Beitrag vorgestellte Befra-gungen zugrunde. Untersucht wurde in Berli-ner und Brandenburger Einrichtungen, inwie-weit das Personalmanagement diesen optimalen Einsatz des Personals zu erreichen versucht. Bei-de Befragungen zeigen, dass sich das Personal-management in stationären Pflegeeinrichtungen immer mehr strategisch auf diese Herausforde-rung einstellt, aber nicht alle SteueHerausforde-rungsinstru- Steuerungsinstru-mente nutzt, die sinnvoll sein können. Zwei die-ser möglichen und sinnvollen Steuerungsinstru-mente werden vorgestellt. Das Kompetenzma-nagement, das in anderen Branchen etabliert ist, hilft u. a. das Personalmanagement nachhalti-ger auszurichten. Die verstärkte Betrachtung der Prozesse unter Einbeziehung der Mitarbeiterper-spektive als zweites vorgestelltes Instrument hilft, die Mitarbeiterzufriedenheit und letztlich auch die Bewohnerzufriedenheit zu erhöhen.

The key approach to managing service delivery is the optimal deployment of staff at all levels. This approach is based on two surveys, presented in this article. Institutions in Berlin and Branden-burg were examined to what extent their human resources management attempts to achieve this optimal deployment of personnel. Both surveys show that HR management in inpatient nursing homes is increasingly adapting to this challenge from a strategic point of view, but is not us-ing all potentially useful management tools. The author presents two of these possible and use-ful management tools. Skills management, which is established in other industries, helps, among other things, to make HR management more sustainable. The increased consideration of pro-cesses, including the employee perspective, which is presented as the second tool, helps to increase employee satisfaction and, ultimately, also the satisfaction of the residents.

12.1 Ausgangslage

Vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung in Deutschland mit der Zunah-me alter (zwischen 65 und 80 Jahre alt) und hochaltriger Menschen (über 80 Jahre alt) und dem damit einhergehenden Zuwachs der Nachfrage an Pflegeleistungen müssten die Zu-kunftsaussichten der Branche positiv ausfal-len. Die Anbieter von Pflegeleistungen ste-hen aber auch großen Herausforderungen ge-genüber. Die größte diese Herausforderungen dürfte sicher der anhaltende Fachkräftemangel sein..Abb.12.1verdeutlicht die Probleme der Einrichtungen, Personal zu finden.

Pflegeeinrichtungen sind vom demographi-schen Wandel doppelt betroffen: Der steigen-den Zahl von chronisch kranken und multi-morbiden Pflegebedürftigen (Bettig et al.2015) steht eine Belegschaft gegenüber, die durch feh-lenden Nachwuchs, älter werdende Arbeitneh-mer, hohe AU-bedingte Fehlzeiten (Meyer et al.

2019) und eine hohe Fluktuationsrate gekenn-zeichnet ist (Behrens et al.2009).

Inwiefern das reformierte Pflegeberufege-setz dies beeinflusst, ist noch nicht absehbar.

Es ist jedoch zu befürchten, dass sich der Fach-kräftemangel im Bereich der stationären Pflege – bedingt durch die Konkurrenz der verschie-denen Arbeitsfelder in der Pflege – eher ver-schärfen wird.

Der Branchenreport Pflege 2019 sieht wei-tere Einflussfaktoren auf die Leistungserbrin-ger zukommen. So gibt es aufgrund des wach-senden Marktvolumens in der Pflegebran-che weitere Privatisierungstendenzen (Deut-sche Apotheker- und Ärztebank2019). Es wird festgestellt, dass die pflegebedürftigen Men-schen immer älter werden und die Pflegein-tensität steigt, was sich positiv auf die Entgelte auswirken wird. Problematisch hingegen sind die großzügigen Überleitungen von den Pfle-gestufen hin zu Pflegegraden zu sehen. Diese momentan günstige Entgeltsituation wird sich bei zunehmendem Austausch der Bewohner verschlechtern, sodass mittelfristig die Entgel-te besser gesEntgel-teuert werden müssen (Deutsche Apotheker- und Ärztebank2019).

12.2Untersuchung zur Nutzung von Steuerungsinstrumenten

179

12

Pflege-Report 2020 Hamburg

Bremen

Berlin Brandenburg

Sachsen-Anhalt Niedersachsen

Nordrhein-Westfalen

Hessen Thüringen

Sachsen

Rheinland-Pfalz

Saarland

Baden-Württemberg Bayern

Schleswig-Holstein

Mecklenburg-Vorpommern Hamburg

Bremen

Berlin Brandenburg

Sachsen-Anhalt Niedersachsen

Nordrhein-Westfalen

Hessen Thüringen

Sachsen

Rheinland-Pfalz

Saarland

Baden-Württemberg Bayern

Schleswig-Holstein

Mecklenburg-Vorpommern

Fachkräftemangel

Anzeichen für Fachkräfteengpässe Keine Anzeichen für Engpässe Keine Daten aufgrund kleiner Größenordnung

Fachkräfte / Spezialisten Altenpflege

Fachkräfte / Spezialisten, Gesundheits-, Krankenpfleger, Rettungsdienst, Geburtshilfe

.Abb. 12.1 Engpassanalyse 2017 (in Anlehnung an Bundesagentur für Arbeit2018, S. 12)

12.2 Untersuchung zur Nutzung von Steuerungsinstrumenten im Bereich

des Personalmanagements

Innerhalb zweier Forschungsprojekte wurden jeweils in einer Vollerhebung alle stationären Pflegeeinrichtung in Berlin bzw. Berlin und Brandenburg zur Ausgestaltung des Personal-managements befragt. Im vom Institut für an-gewandte Forschung Berlin e. V. geförderten Projekt „Integriertes Qualitäts- und Personal-management in der Pflege – demographietaug-lich, arbeitsfähig und nachhaltig“ wurden im Jahr 2013 die Pflegeunternehmen zu folgenden Themenbereichen befragt:

4 Allgemeine Unternehmensdaten

4 Unternehmenssteuerung und Personalma-nagement

4 Personalplanung und -entwicklung 4 Personalgewinnung

Von 513 versendeten Fragebögen kamen 95 komplett ausgefüllt zurück und konnten aus-gewertet werden. Beantwortet wurden die Fra-gebögen von Geschäftsführern (58,5 %), Per-sonalleitern (8,5 %) beziehungsweise anderen Verantwortlichen (33 %). Die Größe der Unter-nehmen ist.Abb.12.2zu entnehmen.

Die größten Herausforderungen sehen die Befragten im Bereich der körperlichen und psychischen Belastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. .Abb.12.3 zeigt die wesent-lichen genannten Herausforderungen.

12

180 Kapitel 12Steuerungsinstrumente für Einrichtungen

Pflege-Report 2020

35 30 25 20 15 10 5 0

unter 20 29

20

28

10 10

3

21–50 51–100 101–250 251–500 500 und mehr

Mitarbeiteranzahl

.Abb. 12.2 Teilnehmende Unternehmen nach Anzahl der Mitarbeiter, in %

Pflege-Report 2020

30

74 72

61 61

43

0 10 20 30 40 50 60 70 80

Fluktuation Körperliche Belastungen der

Mitarbeiter

Psychische Belastungen der

Mitarbeiter

Alterung der Belegschaft

Qualifikation der Mitarbeiter

Führung

.Abb. 12.3 Herausforderungen aus Sicht von Personalverantwortlichen in Pflegeunternehmen, in % (in Anlehnung an Bettig et al.2015)

Der Krankenstand und die Alterung der Belegschaft wurden kaum als problematisch er-kannt und entsprechend wurden wenig Kenn-zahlen und messbare Ziele dazu erhoben bzw.

formuliert. Auch Zahlen zur Rekrutierung von Mitarbeitern wurden selten erhoben (circa von 1 % der Unternehmen). Immerhin 40 % der be-fragten Unternehmen erhoben Kennzahlen zur Arbeitsbelastung.

Insgesamt ist zu erkennen, dass nur weni-ge Instrumente der Personalführung intensiv genutzt werden. Positiv fallen hier das Mitar-beitergespräch (genutzt von 87 % der befrag-ten Unternehmen) und die Vorgesetzbefrag-tenbeur- Vorgesetztenbeur-teilung (genutzt von 43 % der befragten Unter-nehmen) auf.

Die meisten Unternehmen schätzen die Ausrichtung des eigenen

Personalmanage-12.2Untersuchung zur Nutzung von Steuerungsinstrumenten

181

12

Pflege-Report 2020

5

11

30

38

16 3

16

30

38

13 0

20 40 60 80 100

1 Verwaltende / operative Ausrichtung

2 3 4 5 Strategische, an

Zielen orientierte Ausrichtung aktuelle Befragung Befragung 2013

.Abb. 12.4 Frage: Wie ist das Personalmanagement in Ihrem Unternehmen ausgerichtet? Vergleich der Jahre 2013 und 2015, in %

ments als strategisch und an Zielen ausgerichtet ein, die Zahlen zeigen jedoch, dass überwie-gend große Einrichtungen Kennzahlen zur Steuerung des Leistungsgeschehens und des Personals nutzen.

In einem weiteren Forschungsprojekt wur-de im Frühjahr 2015 eine Online-Befragung von Personalverantwortlichen in Berliner und Brandenburger Pflegeeinrichtungen durchge-führt. Das vom Bundesministerium für Bil-dung und Forschung geförderte Projekt „Kom-petenzbasiertes Personalmanagement zur Be-wältigung des demographischen Wandels – Einführung von Kompetenzmanagement in Unternehmen der Altenpflege“ hatte zum Ziel, einen praxisorientierten Handlungsleitfaden zur Implementierung eines Kompetenzma-nagements zu erstellen (Bettig et al.2017).

In diesem Projekt wurden 821 Personen angeschrieben, 61 Online-Fragebögen wurden komplett ausgefüllt. Auch hier wurden all-gemeine Unternehmensdaten abgefragt und ein Fokus auf die Arbeitssituation älterer Pflegekräfte und deren Arbeitsfähigkeit ge-legt.

Beantwortet wurde der Fragebogen von Ge-schäftsführern (62 %), Personalleitern (10 %)

sowie anderen Verantwortlichen (28 %), was in etwa der Verteilung bei der ersten Befra-gung entspricht..Abb.12.4zeigt die Ausrich-tung des Personalmanagements in den befrag-ten Unternehmen.

Um festzustellen, ob eine Weiterentwick-lung des Personalmanagements stattgefunden hat, wurde die Nutzung verschiedener Ma-nagementkonzepte und -instrumente erfragt.

Hier war erstaunlich, dass Kompetenzmanage-ment im Vergleich zu Wissens- und Talentma-nagement eher weit verbreitet zu sein scheint (.Abb.12.5).

Danach gaben 42 % der Unternehmen, die Kompetenzmanagement nutzen, an, ein Kon-zept zur Förderung von älteren Pflegekräften (> 50 Jahre) anzuwenden. Bei den Unterneh-men ohne Nutzung von Kompetenzmanage-ment waren dies nur 10 %.

Im Vergleich beider Befragungen zeigt sich:

4 Das Personalmanagement in Pflegeeinrich-tungen entwickelt sich weiter

4 Es werden vermehrt Konzepte zur Mitar-beitergewinnung und -bindung genutzt 4 Es werden aber zahllose Instrumente, die

sich in anderen Branchen etabliert haben, noch nicht genutzt

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182 Kapitel 12Steuerungsinstrumente für Einrichtungen

Pflege-Report 2020

36

18

45

27 25

32 38

57

23

0 20 40 60 80 100

Wissensmanagement Talentmanagement Kompetenzmanagement

(n=56) Ja, wurde eingeführt Nein, wurde nicht eingeführt, aber wird geplant

Nein, eine Einführung ist nicht geplant

.Abb. 12.5 Frage: Welche der folgenden Managementstrategien wurde in Ihrem Unternehmen bereits eingeführt? In %

4 Mitarbeiter werden nur unzureichend in Veränderungsprozesse einbezogen

4 Insgesamt ist die Ausrichtung des Perso-nalmanagements noch zu wenig strategisch ausgerichtet

12.3 Personal und Prozesse als Ausgangspunkte der Steuerung

Um die Wirtschaftlichkeit in Pflegeeinrichtun-gen zu steigern, muss entweder der Output erhöht oder der Input verringert werden. Die Steigerung des Outputs ist durch Kapazitäts-ausweitung (mehr Pflegeplätze), eine Verän-derung der Bewohnerstruktur – wie eingangs beschrieben – oder durch Diversifikation (An-gebot neuer Leistungen) möglich. Neue Leis-tungsangebote können z. B. durch neue Ziel-gruppen (Versorgung gerontopsychiatrisch Er-krankter) bestimmt sein.

Die Veränderung der Bewohnerstruktur ist nur in Grenzen beeinflussbar. Dennoch soll-te der Träger einer Einrichtung wissen, wel-che Kosten und Erlöse die unterschiedliwel-chen Bewohner (bzw. Pflegegrade) verursachen und wie sich dies auf die Einrichtung auswirkt.

In-strumente können die Deckungsbeitragsrech-nung (Tillmann2018) oder die Prozesskosten-rechnung (Kran2003) sein.

Der Schwerpunkt bei der Erhöhung der Wirtschaftlichkeit in der stationären Pflege wird jedoch in der Steuerung des Inputs liegen.

Zwei Instrumente, die wesentlich sind, wer-den hier vorgestellt: das Kompetenzmanage-ment und die Prozessgestaltung.

Der hohe Anteil der Personalkosten an den Gesamtkosten, aber auch die Knappheit der Fachkräfte machen es notwendig, die Ressour-ce Personal zielgerichtet einzusetzen. Dabei müssen die Arbeitsbedingungen besonders im Fokus stehen. So ist die Verweildauer in Be-rufen der Altenpflege im Vergleich zu anderen Berufen gering (Joost2013), auch wenn hier stark differierende Zahlen publiziert werden.

Dies liegt an vielen Gründen; im Rahmen ei-ner Erhebung hierzu wurden folgende Punkte benannt (Engelen-Kefer2017):

4 Mangelnde Planbarkeit der Schichtzeiten 4 Unbewältigte Konflikte innerhalb der

Teams

4 Die Unmöglichkeit, den eigenen Leistungs-anspruch zu erfüllen

4 Unzureichende Entlohnung 4 Zunehmende Arbeitsverdichtung 4 Mangelnde Wertschätzung

12.3Personal und Prozesse als Ausgangspunkte der Steuerung

183

12

Pflege-Report 2020

Mission, Werte und Ziele des Unternehmens

Kernkompetenzen (funktionsübergreifend)

Kompetenzmodelle für Funktionsbereich

Heutige und künftige Anforderungen

in der Pflege

Verhaltensbeschreibungen

Messbare Performanz

Führungskompetenzen Pflegerische Kompetenzen

Pflegerisches Verhalten Führungsverhalten

Direkte Koppelung

.Abb. 12.6 Genese eines betrieblichen Kompetenzmodells für Pflegeunternehmen (Quelle: Bettig et al.2017, in Anlehnung an Campion et al.2011)

Ein Instrument, Personalmanagement vor dem Hintergrund einer alternden Beleg-schaft nachhaltig zu betreiben, ist das Kompetenzmanagement. Die folgenden vier Bereiche stehen dabei im Fokus (Bettig et al.

2017):

4 Personalrekrutierung 4 Personalentwicklung 4 Gesundheitsförderung

4 Arbeits- und Laufbahngestaltung

Der Bereich der Gesundheitsförderung ist vor dem Hintergrund der genannten hohen kör-perlichen und psychischen Belastungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pflege (siehe.Abb.12.3) von besonderer Bedeutung (vgl. auch Drupp und Meyer2019).

Die Entwicklung des Kompetenzmanage-ments sollte an den Unternehmenswerten und -zielen ausgerichtet sein (Geldermann 2011), was.Abb.12.6verdeutlicht.

In der Pflege sollte dieser wertebasierte An-satz mit funktionsspezifischen Ansätzen ver-bunden werden. Funktionen können zum Bei-spiel Einrichtungsleitung, Pflegedienstleitung, Wohnbereichsleitung, Pflegefachkraft, Pflege-helfer und Alltagsbegleiter sein. Somit sind so-wohl für das Management als auch die Pflege Kompetenzen, bezogen auf bestimmte Hand-lungsbereiche, zugeordnet. .Abb. 12.7 zeigt dies modellhaft.

Für jede der bestimmten Kompetenzen ist das erwartete Verhalten in einer Verhaltens-beschreibung zu hinterlegen, um das Kom-petenzfeld messbar zu machen. So kann die Kompetenz „Fachwissen“ z. B. durch das Ver-halten „Der Mitarbeiter kennt die Anforderung zur Durchführung des Pflegeprozesses und be-rücksichtigt diese bei seiner täglichen Arbeit“

operationalisiert werden.

Um ein Kompetenzmanagement zu imple-mentieren, ist die Erhebung der

Ist-Kompe-12

184 Kapitel 12Steuerungsinstrumente für Einrichtungen

Pflege-Report 2020

+

6–10 funktionsspezifische Kompetenzen

Problemlösungsfähigkeit

Fachwissen

Ganzheitliches Denken Kommunikations-fähigkeit Kooperations-fähigkeit

Verständnisbereitschaft Offenheit für Veränderung

8 wertebasierte Kernkompetenzen (funktionsübergreifend)

Leistung

Lebensqualität und Lebensfreude von Pflegebedürftigen auf hohem

Niveau gewährleisten Lernbereitschaft

.Abb. 12.7 Beispiel für das Kompetenzmodell eines Pflegeunternehmens (Quelle: Bettig et al.2017)

tenz der Mitarbeiter notwendig, was zum Bei-spiel in Form einer Selbst- oder Fremdeinschät-zung vorgenommen werden kann (qualitativ oder quantitativ). Die Auswertung kann dann mitarbeiterbezogen oder aggregiert für Mitar-beitergruppen erfolgen. Das folgende Beispiel (.Abb.12.8) zeigt die Kompetenzbilanz einer Führungskraft.

Mit Hilfe dieses Instruments sind die Ein-richtungen in der Lage,

4 einzelne Mitarbeiter oder Mitarbeitergrup-pen (ältere Mitarbeiter) gezielt zu fördern und somit die Mitarbeiterzufriedenheit zu erhöhen,

4 eine bessere Teamzusammensetzung zu er-reichen,

4 Kompetenzanforderungen an Stellen (Soll-Profile) zu formulieren,

4 Kompetenzen von Mitarbeitern gezielt zu erheben und nutzbar zu machen und 4 das Personalmanagement nachhaltiger

aus-zurichten.

Da das vorgestellte Instrument sehr umfang-reich und die Einführung aufwendig ist, wird als Ergebnis des Forschungsprojekts im Jahr

2020 ein Leitfaden zur Einführung von Kom-petenzmanagement in ambulanten und statio-nären Pflegeeinrichtungen veröffentlicht.

Der zweite Ansatz der Leistungssteuerung liegt auf einer stärkeren Betrachtung der Pro-zesse bzw. in der Gestaltung dieser – und hier, wie die Befragungen deutlich gemacht haben, aus den Perspektiven der Mitarbeiter. Folgende Notwendigkeiten lassen sich erkennen:

4 Die Kompetenzen der Mitarbeiter müssen in den Prozessen angemessen berücksich-tigt werden.

4 Bei Implementierung von Neuerungen – zum Beispiel Digitalisierungsschritten – ist die Perspektive der professionell Pflegenden stärker zu berücksichtigen.

4 Die Rolle des mittleren Managements (WBL) ist zu definieren und zu stärken.

Ein Prozess ist eine zielgerichtete und struktu-rierte Abfolge von Tätigkeiten mit einem defi-nierten Start- und Endpunkt sowie einem Er-gebnis (Zapp et al. 2010, Bienert und Brase 2014).

Zu unterscheiden sind Primär- und Sekun-därprozesse. Erstere dienen der Erfüllung der

12.3Personal und Prozesse als Ausgangspunkte der Steuerung

185

12

Pflege-Report 2020

5= Kompetenz ist sehr stark ausgeprägt 4= Kompetenz ist stark ausgeprägt 3= Kompetenz ist ausgeprägt 2= Kompetenz ist wenig ausgeprägt 1= Kompetenz ist gar nicht ausgeprägt

1 1,5 2 2,5 3 3,5 4 4,5 5

Lernbereitschaft (K)

Ganzheitliches Denken (K)

Offenheit für Veränderung (K)

Kooperationsfähigkeit (K)

Kommunikationsfähigkeit (K)

Verständnisbereitschaft (K)

Problemlösungsfähigkeit (K) Fachwissen (K)

Bewohnerorientierung / Dialogfähigkeit Normativ-ethische

Einstellung Teamfähigkeit Zuverlässigkeit

Selbstmanagement

Eigenverantwortung

SOLL-Profil IST-Fremdbild IST-Selbstbild

Kompetenzpotentiale des Mitarbeiters:

Fachwissen

Lernbereitschaft

Zuverlässigkeit

Kompetenzentwicklungsbereiche:

Selbstmanagement

Teamfähigkeit

Problemlösungsfähigkeit Klärungsbedarf:

Ganzheitliches Denken

Kommunikationsfähigkeit

.Abb. 12.8 Beispiel für eine individuelle Kompetenzbilanz einer Führungskraft (Quelle: Bettig et al.2017)

Kernaufgaben, diese sollten aus der Unterneh-mensstrategie abgeleitet werden (z. B. Lebens-qualität von Pflegebedürftigen auf hohem Ni-veau gewährleisten). Diese Primärprozesse be-nötigen Unterstützungs- oder Sekundärprozes-se. Diese haben nur indirekten Nutzen für die Bewohner, so z. B. die IT-Services einer

Ein-richtung. Sekundärprozesse können auch aus-gelagert werden, da sie nicht der Kernkompe-tenz des Unternehmens zuzurechnen sind.

Des Weiteren sind Haupt- und Teilprozes-se zu unterscheiden. Ein Hauptprozess umfasst verschiedene Teilprozesse und findet kosten-stellenübergreifend statt. Ein Teilprozess findet

12

186 Kapitel 12Steuerungsinstrumente für Einrichtungen

Pflege-Report 2020

Prozessmanagement Unternehmensziele/

Erhöhung der Kundenzufriedenheit

Zeit Kosten

Qualität Mitarbeiter- orientierung

.Abb. 12.9 Elemente des Prozessmanagements (in Anlehnung an Zapp und Oswald2010; Gaitanides et al.

1994)

in nur einer Kostenstelle statt und lässt sich gegebenenfalls mehreren Hauptprozessen zu-ordnen (Zapp und Bettig2002).

Prozessmanagement bedeutet, die Prozesse zu kennen und im Hinblick auf die Unterneh-mensziele zu verbessern..Abb.12.9fasst dies zusammen.

Prozessmanagement umfasst „planerische, organisatorische und kontrollierende Maßnah-men zur zielorientierten Steuerung der Wert-schöpfungskette hinsichtlich Kosten, Zeit, Mit-arbeiterorientierung, Qualität und – als Kon-sequenz – der Kundenzufriedenheit“ (Horváth 2011). Dies ist Grundlage für eine Gestaltung von Prozessen, die folgende Elemente umfasst (Zapp und Dorenkamp2002):

4 Vorüberlegungen (Identifikation und Aus-wahl des Prozesses)

4 Ist-Darstellung (Prozessabgrenzung, Pro-zessdarstellung und Schnittstellenanalyse) 4 Würdigung des Prozesses

4 Erstellung einer Soll-Konzeption

Zu den Vorüberlegungen gehört es, einen Pro-zess für eine Gestaltung auszuwählen. Sinnvol-lerweise ist dieser – aufgrund des hohen

Auf-wands dieses Instruments – ökonomisch be-deutsam (gegebenenfalls mit Hilfe einer ABC-Analyse zu ermitteln) oder es werden ohnehin wesentliche Änderungen erwartet, z B. durch den Einsatz digitaler oder robotischer Systeme (Bettig2012).

Die Ist-Darstellung des Prozesses beginnt mit einer Abgrenzung des identifizierten Pro-zesses zu anderen Prozessen, die ggf. den Input für den ausgewählten Prozess liefern bzw. Kun-de Kun-des ausgewählten Prozesses sind. Die Dar-stellung des Prozesses kann auf verschiedene Art und Weise erfolgen. Denkbar sind Tabellen (Kran2003) oder eine bildliche Aufbereitung, was.Abb.12.10zeigt.

Die Visualisierung dient dann im nächsten Schritt der Würdigung des Prozesses. Alle be-teiligten Berufsgruppen lassen dabei ihre Sicht auf die Qualität des Prozesses einfließen. Dies schafft für alle Beteiligten Transparenz und er-möglicht eine Diskussion über Probleme des Prozessablaufs, besonders an Schnittstellen, die auf dem Miteinander der Mitarbeiter, aber auch der Bewohner/Patienten beruhen. Hier können verschiedene Methoden Anwendung finden. In der Pflege gut geeignet ist das moderierte Grup-pengespräch. Dabei ist es wesentlich, dass das Ziel der Prozessgestaltung im Mittelpunkt steht (vgl..Abb.12.9).

Ergebnis der Würdigung ist die Benen-nung der Verbesserungspotenziale, was wiede-rum Grundlage der Soll-Konzeption ist. Diese stellt dann den verbesserten Prozess hinsicht-lich der Faktoren Qualität, Zeit, Mitarbeiterori-entierung, Kosten aber auch die Implementie-rung neuer Technologien (digitale oder roboti-sche Systeme) dar.

Mit einem solchen partizipativen, aber da-mit auch aufwendigem Vorgehen ist es mög-lich, die aus den Befragungen als Problem be-nannte fehlende Einbeziehung der Mitarbeiter zu beseitigen und so eine höhere Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen zu er-reichen.

Abschließend ist der neu gestaltete Pro-zess zu implementieren, was unter Umstän-den Investitionen in technische Unterstützung und Qualifizierung von Mitarbeitern erfordert

12.3Personal und Prozesse als Ausgangspunkte der Steuerung

187

12

Pflege-Report 2020

Dekubitusprophylaxe (Kernprozess Pflege)

Haupt-

prozess-ebene Teilprozessebene

VorbereitungMaterial/ Hilfsmittel bereitstellenPatient*in vorbereiten

Kommunikation AnspracheinformierenÄngste nehmenInformationen einholenAblenkung/ Unterhaltung

Patientenbeobachtung

Lagerungs-/Positionswechsel

Mobilisation

Einhaltung von Hygienestandards

Vermeidung von Nässe Kenntnis über Anordnungen/ Maßnahmen (Akteneinsicht)

Hautpflege

Nachbereitung

Dokumentation Hautfarbe (z.B. Rötung, Bsse)Sprache (z.B. deutlich, verwaschenBewusstseinszustandSchweabsonderung (z.B. kaltschweißig)

Umlagerung teilaktive Patient*innenTransfer Bett/ SitzwaageTransfer Sitzwaage/ Bett

Begleitung zum WC inaktive Patient*innen Umlagerung inaktive Patient*innen

Begleitung zum WC teilaktive Patient*innenBegleitung Laufen

An-/Ablegen SchutzkleidungndedesinfektionFachgerechte Müllentsorgung

Wechsel von Inkontinenzvorlagen/-einlageninaktive Patient*innenWechsel von Inkontinenzvorlagen/-einlagenteilaktive Patient*innen An-/Ablegen Schutzhandschuhe

Auftragen von Hautschutz/ Cremes/ Salben.Säuberung/ Waschung von Hautarealen

Aufräumen von (Rest)Materialien/ HilfsmittelnPatient*innennahe Nachbereitung (z.B. zudecken)

Eintrag in Patientenkurve/-akteAnpassung der Maßnahmen bei Änderung

.Abb. 12.10 Prozessdarstellung am Beispiel der Dekubitusprophylaxe (in Anlehnung an Kran2003; Zapp und Otten2010; Bettig2012)

12

188 Kapitel 12Steuerungsinstrumente für Einrichtungen

(Wurm2020). Im Sinne des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses ist auch der neu ge-staltete Prozess hinsichtlich seines Beitrags zur Erreichung der Unternehmensziele zu überwa-chen, zum Beispiel durch Kennzahlen als Maß der Zielerreichung.

12.4 Fazit

Es zeigt sich, dass Einrichtungen der stationä-ren Pflege zwar in zunehmendem Maße In-strumente der Steuerung des Leistungsgesche-hens nutzen, viele Instrumente, die hilfreich sein könnten, aber keine Anwendung finden.

Dies betrifft in stärkerem Maße kleine Ein-richtungen bzw. Träger. Es wird erkannt, dass nachhaltiges Personalmanagement der Schlüs-sel ist, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen bzw. im Unternehmen zu halten.

Um diesen Ansatz zu verfolgen, können Kom-petenzmanagement und Prozessgestaltung aus Mitarbeiterperspektive sinnvolle Instrumente sein.

Die Einführung eines Kompetenzmanage-ments es sehr aufwendig, wird aber helfen, das Personal zielgerichteter einzusetzen und so die Mitarbeiterzufriedenheit zu erhöhen. Erforder-lich ist dabei aber die Durchdringung des ge-samten Unternehmens; so sollten auch Stellen-beschreibungen und -ausschreibungen kom-petenzbasiert gestaltet sein. Innerhalb des ge-nannten Forschungsprojekts haben die Mitar-beiter die Einführung des Kompetenzmanage-ments positiv wahrgenommen und die Erfas-sung der Kompetenzen als Entwicklungschan-ce gesehen.

Prozessgestaltung ist kein neues Instrument und findet bereits vielfach Anwendung. Die Perspektive der Mitarbeiter oder gar die

Prozessgestaltung ist kein neues Instrument und findet bereits vielfach Anwendung. Die Perspektive der Mitarbeiter oder gar die

Im Dokument Pflege-Report 2020 (Seite 185-198)