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In diesem Kapitel werden die spezifischen Modellparameter zu den in Kapitel 3.5 dargelegten wei-teren Szenarien dargestellt, soweit sie nicht durch die Parameter des Referenzszenarios und de-ren Bandbreiten abgedeckt werden.

4.4.1 Parameter des Hauptanhydrit als Wegsamkeit zum Ostfeld

Wie in Kapitel 3.5.1 erläutert wurde, ist eine ausgedehnte und durchgehende Vernetzung von Wegsamkeiten im Hauptanhydrit zwischen dem Ostfeld und dem Zentralteil zwar wenig wahr-scheinlich, kann aber nicht mit ausreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. Als weiteres Szenario wird deshalb die Existenz einer solchen Wegsamkeit postuliert.

Im Anhang C.1.5 werden die zu unterstellenden hydraulischen Eigenschaften und die Eigenschaf-ten für den Transport von Radionukliden im Hauptanhydrit dargelegt und begründet. Die Grundla-gen dazu und weitergehende Angaben sind in [BGR 2000c] enthalten. Die Übertragung

23 Die Sorption im oberflächennahen Grundwasser wird im Modell nur für die Berechnung des Aufbaus kurzlebiger Tochternuklide innerhalb von Zerfallsreihen verwendet. Hier wäre die Annahme eines Kd-Werts von Null nicht kon-servativ. Dies rechtfertigt die Verwendung der bestmöglichen Schätzwerte durch Übertragung der Messungen für den Standort Gorleben.

scher Daten (Gesamthohlraumvolumen, Durchlässigkeit) von Wegsamkeiten, die im wesentlichen in Längsrichtung der Mulde ausgebildet sind, auf einen postulierten Fließweg quer zur Muldenach-se in der – gegenüber der Ostflanke – einfacheren Struktur der Westflanke der Ostmulde ist kon-servativ. Bei der Zuweisung von Parametern für das Alternativszenario werden deshalb nicht zu-sätzlich konservative Annahmen kumuliert.

Das konzeptuelle Modell für ausgedehnte hydraulische Wegsamkeiten im Hauptanhydrit beruht auf folgenden Definitionen [BGR 2000c]:

Kluftschar: Mit dem Begriff Kluftschar (Schar von Klüften) sind die in einem wenige Zentimeter mächtigen und einige Quadratmeter ausgedehnten Bereich vorhandenen parallelen und einander unmittelbar benachbarten Klüfte gemeint. Das Gestein zwischen den Klüften ist ebenfalls Bestandteil der Kluftschar.

Kluftzone: Als Kluftzone wird eine Anordnung aus mehreren Kluftscharen oder auch einzelnen Klüften bezeichnet, die zu großräumig deutlich erhöhten Permeabilitäten im Haupt-anhydrit führen. Die derart innerhalb einer Kluftzone hydraulisch miteinander ver-bundenen Kluftscharen und/oder Einzelklüfte stellen ein Wegsamkeitsnetz dar. Der Gebirgsbereich zwischen den Kluftscharen ist Teil der Kluftzone.

Die unterstellte hydraulische Wegsamkeit werde durch eine W-E-verlaufende Kluftzone gebildet, die im Bericht mit „Modellkluftzone“ bezeichnet wird.

Die geometrischen Verhältnisse und die relevanten Größen der Modellkluftzone sind in Abbil-dung 4-1 dargestellt.

Abbildung 4-1 Konzeptuelles geometrisches Modell der hydraulischen Wegsamkeiten im Haup-tanhydrit (aus [BGR 2000c])

Tabelle 4-5 Maßgebende Parameter der Modellkluftzone für das Alternativszenario. Der ge-ometrische Querschnitt der Modellkluftzone kann im Prinzip frei gewählt werden, die übrigen Parameter sind entsprechend festzulegen.

Parameter Parameter des

Abdichtsys-tems

Referenz-wert

Bandbreite Verteilungs-funktion

Querschnittsintegrier-te Transmissibilität A1 · K1 5·10-14 m4 5·10-16 – 5·10-12 m4 log-gleich (e)

Transportlänge L1 200 m – –

Effektiver

Fließquer-schnitt 1 · A1 0,1 m2 0,03 – 0,3 m2 log-gleich

(e) Totaler

Fließquer-schnitt - 1 m2 0,3 – 3 m2

Die für dieses Szenario maßgebenden Parameter der Modellkluftzone sind deren querschnittsin-tegrierte Transmissibilität, der effektive und der totale Fließquerschnitt; sie sind in Tabelle 4-5 zu-sammengestellt. Aus diesen Parametern lassen sich sowohl die Flüsse von Flüssigkeit und Gas in den bzw. aus dem Einlagerungsbereich Ostfeld als auch die Parameter für den Radionuklidtrans-port ermitteln. Die Herleitung der Parameter ist in Anhang C 1.5 beschrieben.

Als Wahrscheinlichkeitsverteilungen werden sowohl für die querschnittsintegrierte Transmissibilität als auch für die beiden Fließquerschnitte Log-Gleichverteilungen angenommen.

Da für den Anhydrit keine Umbildung durch magnesiumhaltige Lösung zu erwarten ist, wird der Parameter für die Permeabilitätserhöhung durch Korrosion, K3/K1, auf 1 gesetzt.

4.4.2 Auflockerungszone um Abdichtung im Hauptanhydrit

Es wird unterstellt, dass um die Abdichtung des ELB OF auf der 4. Sohle im Hauptanhydrit eine 10 cm mächtige Auflockerungszone existiert, welche während des gesamten Nachweiszeitraums eine gegenüber dem ungestörten Gestein erhöhte Permeabilität aufweist. Im Referenzszenario beträgt diese Permeabilität 10-17 m2; zusammen mit den Laborwerten der Permeabilität des unge-störten Baustoffs Magnesiabeton von < 10-20 m2 resultiert daraus der durchschnittliche Wert für die Anfangspermeabilität des gesamten Bauwerks von 10-18 m2.

Im hier betrachteten Alternativszenario wird angenommen, dass die Permeabilität der Auflocke-rungszone gegenüber dem Referenzszenario um den Faktor 10 erhöht ist, also einen Wert von 10-16 m2 aufweist. Wie die detaillierte Berechnung mit einem Korrosionsmodell zeigt (Anhang L, Kapitel L.4), kann auch in diesem Fall der Einfluss der Auflockerungszone in guter Näherung durch eine entsprechende Erhöhung der querschnittsgemittelten Permeabilität auf einen Anfangswert von 10-17 m2 berücksichtigt werden.

4.4.3 Extreme Lösungszusammensetzung in der Grube

Das Korrosionsvermögen von Grubenlösungen gegenüber dem Salzbeton ist proportional zu de-ren Magnesiumgehalt. Demgegenüber ist Magnesiabeton stabil, wenn die Magnesiumkonzentrati-on der anstehenden Lösung mehr als 12,2% des Werts vMagnesiumkonzentrati-on IP21-Lösung beträgt. Ist die Magnesi-umkonzentration geringer, dann nimmt das Korrosionsvermögen gegenüber Magnesiabeton ent-sprechend zu. Im Referenzszenario wird vorausgesetzt, dass die Lösung, welche in die Abdich-tungen eindringt, nur etwa 10% der Mg-Konzentration von IP21-Lösung aufweist.

Demgegenüber wird in zwei extremen „what-if“-Fällen untersucht, welchen Einfluss eine reine NaCl-Lösung bzw. eine reine IP21-Lösung auf die Korrosionsdauer der Abdichtungen hätte.

4.4.4 Unwirksame Abdichtungen

In diesem „what-if“-Szenario wird unterstellt, dass die Einlagerungsbereiche West-Südfeld und Ostfeld nicht gegen den Zentralteil abgedichtet sind, weil einzelne Abdichtungen nicht den techni-schen Anforderungen genügen oder weil sie durch weitere Wegsamkeiten (z.B. unbekannte alte Bohrungen) kurzgeschlossen sind. Dieses Szenario wird dadurch parametrisiert, dass die An-fangspermeabilität der Abdichtsysteme K1 sowohl für ELB WSF als auch für ELB OF auf 10-14 m2 gesetzt wird24, wobei die Fließquerschnitte gegenüber dem Referenzszenario unverändert belas-sen werden. Da die Korrosion ausgefallener Abdichtungen nicht zu betrachten ist, wird der Para-meter für die Permeabilitätserhöhung durch Korrosion, K3/K1, auf 1 gesetzt.

4.4.5 Korrosion des Salzbetons in der übrigen Grube

Salzbeton, der von magnesiumhaltiger Lösung angegriffen wird, kann seine Stützwirkung als nicht kompaktierbarer Versatz verlieren. Für die großen Mengen des Stützversatzes in der übrigen Gru-be ist mangels treiGru-bender Kräfte nicht mit einer durchgreifenden Umsetzung mit magnesiumhalti-ger Lösung zu rechnen. Im Sinne einer Sensitivitätsanalyse wird dennoch untersucht, welche Auswirkungen es hätte, wenn der Salzbeton nur noch die Stützwirkung von Salzgrus (mit der ur-sprünglichen Porosität des Salzbetons) hätte. Die Konvergenz von nicht oder gering kompaktierba-rem Versatz wird im Modell durch einen einfachen Exponentialansatz beschrieben (Kapitel A.2.1).

Der Reduktionsfaktor für die Konvergenz des Porenvolumens, J, ist nun so zu wählen, dass sich damit das Konvergenzverhalten von Salzgrus mit einer Porosität von 20% (= Gesamtporosität von Salzbeton) und einem Fluidstützdruck von 4,9 MPa (= mittlerer hydrostatischer Druck in der übri-gen Grube) ergibt. Dies ist für J = 20 in guter Näherung erfüllt. Dieser Wert wird für die übrige Gru-be (JGG) und den Mischungsbereich (JVG) eingesetzt. Zudem wird der Wert für die wirksame Porosi-tät des Salzbetons, V2,0, auf den vollen Wert von 20 % gesetzt (vgl. Kapitel 4.2).

24 Damit ergäbe sich bei einer Druckdifferenz von 4,9 MPa für das Abdichtsystem des ELBWSF (L1 = 26 m, A1 = 113,8 m2) eine Zutrittsrate von mehr als 1'000 m3/a; das ist weitaus mehr, als selbst unter ungünstigen Annah-men und zu späteren Zeiten durch das Deckgebirge in die Grube zufließen kann (260 m3/a, vgl. Kap. 3.1.1)

4.4.6 Hohlraumneubildung aufgrund nachfließender Wässer

Solange die Abdichtsysteme ihre Funktion erfüllen, wird bereits während der Zutrittsphase in die abgedichteten Bereiche Lösung aus der Grube in das Deckgebirge ausgepresst, weil die Volu-menabnahme durch Konvergenz der Restgrube den Abfluss in die abgedichteten Bereiche über-wiegt. Wenn jedoch eine Abdichtung vollständig korrodiert ist, kann vorübergehend Lösung aus der Restgrube mit hoher Zutrittsrate in den Einlagerungsbereich fließen. Dann ist es theoretisch nicht ausgeschlossen, dass Wässer aus dem Deckgebirge nachfließen und durch ihre Aufsätti-gung am Steinsalz sowie Umlösung an Kalilagern neue Hohlräume in der übrigen Grube gebildet werden. Im Extremfall (d.h. keine Hohlraumkonvergenz in den abgedichteten Bereichen und kein Gegendruck aufgrund von Gasbildung) wäre für diese Hohlraumneubildung ein Lösungszutritt ent-sprechend der Summe der ungesättigten Gesamthohlraumvolumina der ELB WSF und ELB OF zu unterstellen. Damit würde sich für die übrige Grube das Gesamtvolumen VGG um weniger als 10%

auf den Wert von 7,68·106 m3 erhöhen, mit einem totalen Verfüllgrad GGt von 0,808 und einem Anteil an kompaktierbarem Versatz GGk von 0,395. Der Vergleich mit den Referenzwerten und den Bandbreiten für diese Parameter (Tabelle 4-1) zeigt, dass diese Unterschiede durch die Parame-tervariationen des Referenzszenarios nahezu abgedeckt sind (lediglich das resultierende mit kom-paktierbarem Versatz verfüllte Volumen liegt um 19% oberhalb der Bandbreite). Daher braucht die Hohlraumneubildung aufgrund nachfließender Wässer nicht als gesonderter Rechenfall betrachtet zu werden.

4.4.7 Durchströmung von Einlagerungsbereichen

Wie in Anhang K dargelegt, braucht dieses Szenario nicht als gesonderter Rechenfall behandelt zu werden.

4.4.8 Neue Wegsamkeiten durch das Hutgestein

Die Parameter für das Alternativszenario „Neue Wegsamkeiten durch das Hutgestein“ wurden be-reits in Kapitel 3.5.6 angegeben und begründet. Die neuen Wegsamkeiten zeichnen sich dadurch aus, dass sie nach einigen zehntausend Jahren (Modellannahme 30'000 Jahre) entstehen und der Radionuklidtransport ohne Sorption erfolgt. Die übrigen Transportparameter seien die gleichen wie im Referenzfall. Die Berechnung der radiologischen Auswirkungen für dieses Alternativszenario erfolgt dadurch, dass das Rechenprogramm zweimal eingesetzt wird, einmal mit Sorption im Deckgebirge und ein zweites Mal – bei sonst identischen Parameterwerten – ohne Sorption25. Zur Auswertung werden die Ergebnisse des Rechenfalls mit Sorption für die Zeitperiode bis 30'000 Jahre, jene des Rechenfalls ohne Sorption für den Zeitabschnitt ab 30'000 Jahre verwendet.

25 Für den Rechenfall ohne Sorption wird der Skalierungsfaktor für die Sorption im Deckgebirge KSDGL = 0 gesetzt.

4.4.9 Mangelhafte Abdichtung Schacht Bartensleben

Die spezifischen Parameter des „what-if“-Szenarios „Mangelhafte Abdichtung Schacht Bartensle-ben“ sind (i) die maximal zu betrachtende Lösungszutrittsrate in die Grube entlang des Schachtes zu Beginn der Nachbetriebsphase, (ii) die ungestörten hydraulischen Verhältnisse im Schilfsand-stein und (iii) die Permeabilität der Schachtverfüllung und der Auflockerungszone um den Schacht oberhalb des Schilfsandstein.

Das Verschlusssystem im Schacht Bartensleben ist auf eine maximale Lösungszutrittsrate nach Verschluss des Endlagers von 0,1 m3/a ausgelegt (vgl. Kapitel 3.5.9). Im „what-if“-Szenario werden – ohne Bezug auf eine Plausibilitätsbetrachtung – Lösungszutrittsraten betrachtet, die die Ausle-gungsanforderung um bis zu einem Faktor 1000 übersteigen, d.h. bis 100 m3/a betragen. Die Ana-lyse des Szenarios ergibt, dass der Parameter „Lösungszutrittsrate entlang Schacht“ nur insofern für die potentiellen Auswirkungen des „what-if“-Szenarios von Bedeutung ist, als er die Dauer des Volllaufens des ELB WSF und damit den Beginn der Auspressphase bestimmt.

Die ungestörten hydraulischen Verhältnisse umfassen im vorliegenden Zusammenhang zum einen den vom Schacht Bartensleben unbeeinflussten Lösungsdruck im Schilfsandstein im Vergleich mit dem hydrostatischen Wert. Die Ergebnisse der hydrogeologischen Untersuchungen führen zum Schluss, dass der ungestörte Lösungsdruck im Schilfsandstein innerhalb von wenigen 10 kPa hyd-rostatisch ist und dass artesische Verhältnisse bis zu einem Überdruck von etwa 100 kPa möglich sind (vgl. Anhang S). Zum anderen beeinflusst die Transmissibilität des Schilfsandstein, d.h. das Produkt von Permeabilität und Mächtigkeit, die potentiellen Auswirkungen eines hypothetischen Lösungsaustritts entlang des Schachtes. Aus der Analyse der schachtnahen Bohrungen und der bisherigen Lösungszutritte in den Schacht ergibt sich nach [Präger 1999] eine Transmissibilität des Schilfsandstein von 6·10-15 m3.

Der Schacht wird oberhalb des obersten Dichtelements mit einem Mineralgemisch verfüllt. Als hyd-raulische Leitfähigkeit für dieses Versatzmaterial kann kf = 10-8m/s angesetzt werden [ERCOSPLAN 2003]. Für die Analyse des „what-if“-Szenarios wird dieser Wert auch für den quer-schnittgemittelten kf-Wert des Schachtes einschließlich der umgebenden Auflockerungszone an-gesetzt.