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3.5 Weitere Szenarien

3.5.9 Mangelhafte Abdichtung Schacht Bartensleben

Das Verschlusssystem des Schachtes Bartensleben, welcher Teil des Barrierensystems des ELB WSF ist, besteht aus drei Dichtelementen, von denen eines im Salinar, eines im Übergang

Salinar – Hutgestein und eines im Übergang Hutgestein – Schilfsandstein errichtet wird (Abbil-dung 3-10). Die Auslegungsanforderung lautet, dass der Lösungsfluss durch das Verschlusssys-tem und die angrenzende verbleibende Auflockerungszone nach Verschluss des Endlagers lang-fristig maximal 0,1 m3/a beträgt. Hydraulische Berechnungen, die im Rahmen der Konzeptplanung für die Schachtverschlüsse durchgeführt wurden, haben Lösungsflüsse in der Größenordnung von mehreren 10 l pro Jahr ergeben [ERCOSPLAN 2003]. Angesichts der mehrstufigen Auslegung des Verschlusssystems ist die Wahrscheinlichkeit, dass keines der drei Dichtelemente gebrauchstaug-lich ist und deshalb entlang des Schachtes ein erhebgebrauchstaug-licher Lösungszutritt stattfindet, sehr gering.

Als „what-if“-Szenario werden gleichwohl die möglichen Auswirkungen einer mangelhaften Abdich-tung des Schachtes Bartensleben betrachtet13.

Obere Widerlagersäule:

-Mineralgemisch

Dichtelement 1:

-Ton

Kombiniertes Widerlager-Dichtelement 2:

-Schotter & Asphalt

Kombiniertes Widerlager-Dichtelement 3:

-Schotter & Asphalt

Untere Widerlagersäule:

-Hartgesteinsschotter Asphaltdichter Kern:

-abgestufte Kiese, Sande, Gussasphalt & Ton

Oberste Sohle

Salinar Hutgestein

Abbildung 3-10 Schematische Darstellung der Schachtverschlüsse von Schacht Bartensleben und Schacht Marie

Das „what-if“-Szenario ist dadurch charakterisiert, dass das Verschlusssystem des Schachtes Bar-tensleben ab Verschluss des Endlagers einen hydraulischen Widerstand aufweist, der gegenüber der Planung deutlich vermindert ist. Für die Analyse des Systemverhaltens wird dabei eine

13 Eine analoge Analyse für den Schacht Marie ist nicht erforderlich, da der hypothetische Fall einer mangelhaften Ab-dichtung von Schacht Marie durch das Referenzszenario mit relevantem Lösungszutritt in die Restgrube (mit Variati-on der Dauer des Volllaufens) abgedeckt wird.

tion bis zu einem Faktor 1000 (entsprechend einer maximalen Lösungszutrittsrate bis 100 m3/a) betrachtet.

Ein relevanter Lösungszutritt entlang des Schachtes Bartensleben führt zu einem Volllaufen des ELB WSF, unabhängig von einem eventuellen weiteren Lösungszutritt aus dem Hutgestein in die Restgrube. Je nachdem, ob ein weiterer Lösungszutritt in die Restgrube erfolgt, wann ein solcher gegebenenfalls einsetzt und mit welcher Rate er auftritt, können sich unterschiedliche Verhältnisse einstellen.

Sofern kein weiterer Lösungszutritt in die Restgrube stattfindet, wird nach dem Volllaufen des ELB WSF Lösung entlang des Schachtes ausgepresst. Der treibende Prozess ist dabei die Konvergenz der Grubenbaue des ELB WSF, ein gasgetriebenes Auspressen von Lösung ist aus geometri-schen Gründen nicht möglich. Gleichzeitig dringt Lösung in die Abdichtungen gegen den Zentralteil ein und bewirkt – in Abhängigkeit vom Mg-Gehalt – Korrosionsprozesse. Nach einiger Zeit kann eine der Abdichtungen durchkorrodieren, so dass nun auch die Restgrube über den Schacht Bar-tensleben und den ELB WSF vollläuft. Während dieser Zeit erfolgt kein Lösungsaustrag entlang des Schachtes. Ist die Restgrube vollgelaufen, kann wiederum Lösung entlang des Schachtes ausgetragen werden. Diese zweite Auspressphase kann – wenn überhaupt – erst sehr spät eintre-ten. Treibender Prozess während der zweiten Auspressphase ist die Konvergenz der Grubenbaue im ELB WSF und in der Restgrube.

Tritt gleichzeitig entlang einem weiteren, unabhängigen Pfad Lösung der Restgrube zu, dann läuft die Restgrube zunächst unabhängig vom Lösungszutritt entlang des Schachtes voll. Wie in Kapitel 5 dargelegt werden wird, dauert dies im Allgemeinen weniger lang als die Korrosion des Abdicht-systems zwischen dem ELB WSF und dem Zentralteil. Da nach dem Volllaufen der Restgrube die Potentialdifferenzen an den Abdichtungen ausgeglichen sind, ist die Wahrscheinlichkeit, dass in diesem Fall eine Abdichtung durchkorrodiert, relativ gering. Sobald der ELB WSF aufgrund des Lösungszutritts entlang des Schachtes vollgelaufen ist, beginnt die Auspressphase entlang des Schachtes mit der Konvergenz der Grubenbaue des ELB WSF als treibender Prozess. Die Pro-zesse in der Restgrube beeinflussen in diesem Fall das Auspressen entlang des Schachtes nicht.

Falls der unabhängige Lösungszutritt in die Restgrube jedoch derart gering ist, dass das Abdicht-system korrodiert, bevor die Restgrube vollgelaufen ist, dann wird die oben beschriebene Aus-pressphase zum Zeitpunkt unterbrochen, zu dem das Abdichtsystem ausfällt. Sobald auch die Restgrube vollgelaufen ist, setzt sie wieder ein, nun angetrieben durch die Konvergenz der Gru-benbaue im ELB WSF und in der Restgrube. Dieses Wiedereinsetzen der Lösungsauspressung erfolgt relativ spät, und die Lösungsauspressung verteilt sich auf zwei Austrittspfade, den Schacht Bartensleben und die unabhängige Wegsamkeit zwischen Restgrube und Hutgestein.

Die entlang des Schachtes ausgepresste Lösung kann Radionuklide enthalten. Für die Analyse des „what-if“-Szenarios wird die Annahme getroffen, dass die Radionuklidkonzentration in der ausgepressten Lösung dem Quotienten aus dem Radionuklidinventar und der Lösungsmenge im ELB WSF zum Zeitpunkt des Volllaufens entspricht.

Volumenveränderungen durch Auf- und Umlöseprozesse der zutretenden Wässer an Steinsalz und an Kalilagern brauchen bei der Analyse der Lösungsbewegung nicht einbezogen zu werden.

Ihr Einfluss ist im Vergleich mit der Variabilität von Zutrittsrate und Konvergenzraten der Abbaue gering.

Die entlang des Schachtes in das Deckgebirge ausgepresste Lösung ist an NaCl gesättigt und kann zusätzlich durch Wechselwirkung mit Kalisalzen beeinflusst sein. Ihre Dichte ist damit deut-lich höher als die Lösungsdichte im Deckgebirge. Es ist ein Aspekt der Analyse dieses „what-if“-Szenarios, abzuklären, ob die relativ schwere Grubenlösung entlang der Schachtröhre durch das Deckgebirge bis in das oberflächennahe Grundwasser hochgepresst werden kann, oder ob sie dichtebedingt aus der Schachtröhre in das umgebende Deckgebirge, insbesondere in den relativ gut durchlässigen Schilfsandstein an dessen Basis, abfließt. Von potentieller radiologischer Rele-vanz sind eventuelle Radionuklidfreisetzungen, die kanalisiert entlang der Schachtröhre erfolgen.

Es kann davon ausgegangen werden, dass radionuklidhaltige Grubenlösung, welche aus der Schachtröhre in das umgebende Deckgebirge übertritt, nicht zu ungünstigeren radiologischen Auswirkungen führt als die Radionuklidfreisetzungen im Referenzszenario bei Einbezug der Para-metervariationen. Eine spezielle Analyse des Ausbreitungspfads, der aus der Schachtröhre in das umgebende Deckgebirge führt, ist deshalb nicht erforderlich.