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Zur Abschätzung des Gefährdungspotentials wird nachfolgend die maximale Strahlendosis, die sich bei einem hypothetischen Ausfall sämtlicher technischer und geologischer Barrieren ergeben würde, mit einer robusten Überschlagsrechnung abgeschätzt.

Das Gesamthohlraumvolumen, d.h. das gesamte fluidzugängliche Volumen in den Grubengebäu-den, wird nach Verschluss des Endlagers ca. 2,0 Mio. m3 betragen. Für die Überschlagsrechnung

wird unterstellt, dass das gesamte Radionuklidinventar nach 1'500 Jahren26 in nur 250'000 m3 Lö-sung gelöst wird (das ist die Summe der unverfüllten Volumina im West-Südfeld, Ostfeld und ei-nem „Mischungsbereich“ im Zentralteil, unter Berücksichtigung der Konvergenz während 10'000 Jahren) und dass die kontaminierte Lösung unverzögert aus den Grubengebäuden in das nutzbare Grundwasser gelangt. Durch die Konvergenz der Grubengebäude wird eine Lösungs-menge von etwa 8 m3/a in das Grundwasser freigesetzt. Der verdünnungswirksame oberflächen-nahe Grundwasserfluss hat eine Größe von 10'000 m3/a bis 100'000 m3/a mit einem Referenzwert von 15'000 m3/a (Tabelle 4-1). Für die Überschlagsrechnung wird eine Verdünnung der freigesetz-ten gesättigfreigesetz-ten Salzlösung im Grundwasser um den Faktor 2'000 unterstellt. Aus der Radionuklid-konzentration im Grundwasser wird die mögliche Strahlenexposition eines Grundwassernutzers berechnet. Dies geschieht mit denselben Umrechnungsfaktoren wie bei den ausführlichen compu-tergestützten Modellrechnungen [Pröhl & Gering 2002]. Mit demselben Vorgehen wird zusätzlich eine Überschlagsrechnung für den Zeitpunkt 10'000 Jahre durchgeführt.

Tabelle 4-6: Abschätzung der Strahlenexposition bei einem hypothetischen Ausfall aller Bar-rieren anhand einer Überschlagsrechnung

Nuklid Halbwertszeit [a]

Aktivität (30.06.2005)

[Bq]

Aktivität nach 1'500 a

[Bq]

Aktivität nach 10'000 a

[Bq]

Strahlenexposition 1'500a 10'000 a

[mSv/a]

14C 5'730 3,30·1012 2,75·1012 9,84·1011 0,26 0,092

63Ni 100 1,81·1013 5,53·108 - < 10-5 -

90Sr 28,6 5,85·1012 - - - -

126Sn 235’000 2,42·108 2,41·108 2,35·108 0,008 0,008

137Cs 30,2 1,38·1014 - - - -

226Ra (ohne Ra-VBA)

1'600 2,33·1010 1,22·1010 3,85·108 0,74 0,023

226Ra

(Ra-VBA) 1'600 3,70·1011 *) *) *) *)

239Pu 24'100 6,83·1010 6,54·1010 5,13·1010 0,13 0,10

240Pu 6'560 6,56·1010 5,60·1010 2,28·1010 0,11 0,044

241Am 432,2 2,19·1011 2,39·1010 1,08·106 0,039 < 10-5

Summe 1,66·1014 2,91·1012 1,06·1012 1,3 0,27

*) Radium-VBA; diese ist in einem Sohlenbohrloch in einem eigens aufgefahrenen und verfüllten Streckenstummel im Ostfeld eingelagert, so dass davon ausgegangen werden kann, dass die Aktivität des 226Ra eingeschlossen bleibt (vgl. Anhang R).

26 Dies ist die kürzeste Dauer für das Volllaufen der Restgrube, die in der Sicherheitsanalyse unterstellt wird (Kapi-tel 4.1).

In Tabelle 4-6 sind die Ergebnisse der Überschlagsrechnung dargestellt: Die relevanten Radionuk-lide, deren Aktivität zum 30.06.2005, nach 1'500 und 10'000 Jahren sowie die resultierenden ma-ximalen Strahlenexpositionen. In der Tabelle ist die im Einlagerungsbereich Ostfeld gelagerte Ra-dium-VBA mit einer 226Ra-Aktivität von 3,7·1011 Bq gesondert aufgeführt. Diese ist in einem Soh-lenbohrloch in einem eigens aufgefahrenen und verfüllten Streckenstummel im Ostfeld eingelagert, so dass davon ausgegangen werden kann, dass die Aktivität für lange Zeiträume eingeschlossen bleibt. Der Beitrag der Aktivität in der Radium-VBA zur potentiellen Strahlenexposition wird des-halb nicht berücksichtigt (vgl. Anhang R).

Die berechneten Strahlenexpositionen überschätzen die tatsächlichen Folgen eines Ausfalls aller Barrieren aus folgenden Gründen erheblich:

Ein vollständiger Ausfall aller Barrieren ist unrealistisch. Das Material der Barrieren kann nicht ver-schwinden, so dass gewisse Strömungswiderstände gegen den Zutritt von Lösungen in die abge-dichteten Einlagerungsbereiche erhalten bleiben. Ebenso ist das Ausbleiben einer Verdünnung mit nicht kontaminierter Lösung aus der übrigen Grube sehr unwahrscheinlich. Ein Teil der Radionuk-lide wird durch die Mineralbildung in den lösungs- und versatzgefüllten Grubengebäuden zurück-gehalten. Die Auflösung von Hartsalzlagern führt zur Bildung großer Mengen an Kainit, und an zementgebundenen Versatzstoffen kommt es zur Magnesitbildung. Dabei können in der Lösung befindliche Radionuklide in die Minerale eingeschlossen werden. Diese Effekte werden besonders bei einem langsamen Ausfall der Barrieren wirksam. Der Radionuklidtransport durch das mit Ver-satz und neugebildeten Mineralien gefüllte Grubengebäude und der anschließende Radionuklid-transport durch Hutgestein und Deckgebirge erfolgt in jedem Fall verzögert.

Die berechnete Strahlenexposition für den hypothetischen Ausfall aller Barrieren nach 10'000 Jahren beträgt 0,27 mSv/a. Sie liegt damit knapp unterhalb des Werts des § 47 StrlSchV für die effektive Dosis, ist aber deutlich kleiner als die mittlere natürliche Strahlenexposition in Deutschland, die etwa 2,4 mSv/a beträgt. Selbst bei einem hypothetischen Ausfall aller Barrieren nach 1'500 Jahren liegen die berechneten maximalen Strahlenexpositionen noch im Bereich der natürlichen Strahlenexpositionen. Auf Grund der o.a. Effekte sind die berechneten Werte für den hypothetischen Ausfall aller Barrieren sehr konservativ abgeschätzt. Es ist somit praktisch ausge-schlossen, dass von den radioaktiven Abfällen nach 10'000 Jahren noch ein Risiko für Mensch und Umwelt ausgeht. Von den im Endlager eingeschlossenen Abfällen geht auch nach 1'500 Jahren nur noch ein geringes Risiko aus. Anforderungen an die Isolierung der radioaktiven Abfälle und damit an die Eigenschaften der Verfüllmaßnahmen brauchen somit nur für einen Zeitraum im Be-reich von 10'000 Jahren gestellt zu werden.

5 Ergebnisse der Modellrechnungen

Die Modellrechnungen unterteilen sich in die sogenannten deterministischen Rechnungen und die probabilistischen Rechnungen. Die deterministischen Rechnungen setzen das Modellkonzept rechnerisch für einen bestimmten Satz von Parameterwerten um und ergeben, als Hauptresultate, den zeitlichen Verlauf der Strahlenexposition sowie die maßgebenden Radionuklide und Einlage-rungsbereiche. Gegenstand der deterministischen Rechnungen ist in erster Linie das Referenz-szenario mit den drei Fällen „ohne Gaspolster“, „mit Gaspolster, ohne Gasfluss“ und „mit Gaspols-ter, mit Gasfluss“. Darüber hinaus werden die Auswirkungen der in Kapitel 3.5 definierten alternati-ven Szenarien und „what-if“-Szenarien mit deterministischen Rechnungen untersucht. Die Ergeb-nisse dieser Rechnungen werden in Kapitel 5.1 dargestellt.

Die probabilistischen Rechnungen dienen dazu, umfangreiche Parametervariationen durchzufüh-ren, bei denen alle Parameter gleichzeitig eine Variation erfahren. Diese Rechnungen erlauben, die Vielzahl der möglichen Parameterkombinationen, die sich aus der sehr großen Zahl von Para-metern ergibt, in realitätsbezogener Art zu untersuchen. Sie fördern jedoch nur untergeordnet das Systemverständnis. Für den letztgenannten Zweck sind „konventionelle“ Parametervariationen, bei denen ein Parameter variiert und die übrigen festgehalten werden, besser geeignet, führen jedoch zwangsläufig auf spezielle, nicht generell übertragbare Aussagen.

Bei den probabilistischen Rechnungen wird eine große Anzahl verschiedener Parametersätze (d.h.

Kombinationen von Parameterwerten) generiert, jeweils eine deterministische Berechnung für je-den der Parametersätze durchgeführt und verschieje-dene Ergebnisse gespeichert, in erster Linie der Maximalwert der Strahlenexposition, der Zeitpunkt seines Auftretens sowie die maßgebenden Radionuklide und Einlagerungsbereiche. Am Ende resultieren Häufigkeitsverteilungen für die ge-speicherten Ergebnisse. Die zentralen Ergebnisse der probabilistischen Rechnungen werden in Kapitel 5.2 besprochen, weitergehende Aussagen finden sich in Anhang N.