• Keine Ergebnisse gefunden

1. EINLEITUNG

1.6.1 M ORPHOLOGIE DER T HROMBOZYTEN

Mit ihrem 2-4 µm stellen die zellkernlosen Thrombozyten die kleinsten korpuskulären Bestandteile des Blutes dar. Unter physiologischen Bedingungen circulieren 150000 - 400000 Blutplättchen pro µl Blut mit einer Lebensdauer von 7 bis 10 Tagen. Deren Bildung erfolgt im Knochenmark durch Zytoplasma – Abschnürung ihrer Vorläuferzellen, den Megakaryozyten. Diese wiederum formen sogenannte „proplatelets“, an deren Enden schließlich die Blutplättchen abgeschnürt werden (64, 69). Für deren Speicherung bzw. Abbau dient die Milz und Leber.

Die Ultrastruktur der Thrombozyten lässt sich unterteilen in die periphere Zone, die strukturelle Zone, die Zone der Organellen und das Membransystem:

- Die periphere Zone besteht aus der Glykokalyx und aus der Zytoplasmamembran (Phospholipiddoppelschicht, Bilayer), die wiederum aus verschiedenen Glycoproteinen aufgebaut ist. In diese Zone sind die für die Adhäsion und Aktivierung entscheidenden Oberflächenrezeptoren integriert.

Das sogenannte „outside in signaling“, d.h. die Signalübertragung in die Plättchen findet hier ihren Ursprung (40).

- Unterhalb der Plasmamembran befindet sich die strukturelle Zone bestehend aus dem Zytoskelett, das von den Strukturproteinen, Actin, Myosin und Tubulin gebildet wird. Über Linkermoleküle sind die Glycoproteinrezeptoren der Plasmamembran an das Zytoskelett gebunden.

Diese Verbrückung stabilisiert die Zelle, verhindert die Fusion sekretorischer Organellen mit dem Plasmalemm und bedingt die im Ruhezustand vorliegende diskoide Form der Thrombozyten. Nach Zellaktivierung dissoziieren die Membranrezeptoren vom Zytoskelett, wodurch die Exocytosebarriere aufgehoben wird, resultierend in einer Verschmelzung der Granula mit dem Plasmalemm. Das kontraktile Zytoskelett ermöglicht nicht nur die Exocytosevorgänge, sondern ist auch für die Gestaltsänderung der Thrombozyten, dem sog. „shape change“, verantwortlich (40).

- Im Zytoplasma, die Zone der Organellen sind die verschiedenen Speichergranula zu finden, unterteilt in „dense“ (elektronendichte) Granula,

„alpha“ Granula und Lysosomen.

- Das Membransystem setzt sich dagegen aus dem offenen kanalikulären System und dem dichten tubulären System, dem Hauptspeicherort für Calciumionen zusammen. Charakteristisch für das offene kanalikuläre System sind seine weit ins Zellinnere reichenden Kanäle, die gleichzeitig mit der Plasmamembran verbunden sind. Daraus resultiert eine enorme Oberflächenvergrößerung der Thrombozyten (40).

Zum besseren Verständnis werden im anschließenden Abschnitt verschiedene Oberflächenrezeptoren der Thrombozyten vorgestellt.

Thrombozytenoberflächenrezeptoren

Rezeptoren sind definiert als an der Oberfläche intakter Zellen nach außen orientierte Membranglycoproteine, die einen Liganden oder Agonisten reversibel und spezifisch binden und dadurch eine (intra)zelluläre Reaktion auslösen (11). Diese GP (Glycoproteine) vermitteln die Interaktion der Thrombozyten untereinander, mit dem Endothel, mit anderen zirkulierenden Zellen und mit plasmatischen Gerinnungsfaktoren.

Die thrombozytären Membranglycoproteine werden entsprechend ihrer Strukturmerkmale den Selektinen, Integrinen oder leucinreichen Proteinen zugeordnet.

Selektine

Selektine dienen als Oberflächenrezeptoren allgemein der Interaktion und Kooperation von Zellen. Sie werden deshalb auch als Adhäsionsrezeptoren bezeichnet.

P-Selektin

P-Selektin stellt einen Rezeptor dar, genannt CD62P, der sowohl auf der Oberfläche von Endothelzellen als auch Thrombozyten exprimiert wird. Als Adhäsionsmolekül - aufgebaut aus einer langen extrazellulären Domäne, gefolgt von einer dem EGF (epidermalen growth factor) ähnelnden Domäne und einer kurzen intrazellulären Domäne - vermittelt es die Anlagerung von Thrombozyten an Endothelzellen. Zur Mobilisierung des P-Selektins aus den Weibel-Palade-Körpern der Endothelzellen werden Minuten benötigt, hingegen zur Membranexposition und Aktivierung des CD62P aus den „alpha“ Granula der Thrombozyten nur wenige Sekunden. Durch die rasche aktivierungsabhängige Rezeptorexposition kann P-Selektin auch als Marker dienen, um den Aktivierungsgrad der Thrombozyten zu quantifizieren (90).

Integrine

Integrine sind heterodimere Membranproteine, bestehend aus einer α- und β- Untereinheit, die sich wiederum aus einer großen extrazellulären, einer transmembranären und einer kurzen cytoplasmatischen Domäne zusammensetzen. Für die Gruppe der Integrin-Rezeptoren charakteristisch, ist die Verbindung von Liganden der extrazellulären Matrix mit dem Zytoplasma, wodurch eine strukturelle Anordnung ermöglicht wird. Als Liganden fungieren Adhäsionsproteine und extrazelluläre Glycoproteine. Viele Integrine erkennen die in den Adhäsionsproteinen enthaltene AS-Sequenz Arg-Gly-Asp (RGD). Eine besondere Rolle unter den Integrinen nimmt der GPIIb/IIIa Rezeptor ein (47).

GPIIb/IIIa Rezeptor

Der Rezeptor GPIIb/IIIa (Integrin αIIbβ3) gehört zur Superfamilie der Integrine und stellt das am häufigsten und trotzdem selektiv auf Thrombozyten vorkommende Membranpeptid dar. Neben der Plasmamembran und dem offenen kanalikulären System ist es auch in den „alpha“ Granula zu finden (26, 158). Voraussetzung für eine optimale Ligandenbindung, bevorzugt Fibrinogen, ist die nach Aktivierung auftretende Konformationsänderung des GPIIb/IIIa Rezeptors (2). Die erhöhte Fibrinogenbindung induziert eine erneute Aktivierungsverstärkung ins Zellinnere („outside in signaling“) (27, 125) und ermöglicht die Verbrückung der einzelnen Thrombozyten unter Ausbildung eines

Netzwerkes. Fibrinogen besitzt zwar die höchste Affinität zu GPIIb/IIIa, trotzdem wird GPIIb/IIIa als ein multifaktorieller Rezeptor betrachtet, da er auch zur Bindung anderer Moleküle befähigt ist. So wird die Adhäsion zusätzlich über die Bindung des vWF (von Willebrand Faktors) vermittelt (87). Demzufolge übernimmt GPIIb/IIIa eine Schlüsselrolle, indem es für die Adhäsion, Aggregation und Interaktion mit anderen Zellpopulationen verantwortlich ist. Primär dient GPIIb/IIIa jedoch der Aggregation, da sie fast ausschließlich über diesen Rezeptor reguliert wird (124).

GPIa/IIa Rezeptor

Integrin α2β1, als Ligand dient Collagen (134).

Leucinreiche Glycoproteine

Wie der Name bereits vermuten lässt, ist für diese Rezeptor-Gruppe der hohe Anteil der AS Leucin charakteristisch. Wichtige Vertreter stellen GPIV mit Collagen als Ligand dar, sowie GPIb-V-IX, das als Rezeptor für den vWF dient.

Beide Komplexe sind am Prozess der Zelladhäsion beteiligt (31).

GPVI

GPVI hingegen gehört zur Gruppe der Immunglobuline und dient als thrombozytärer Rezeptor für Collagen zur Thrombozytenaktivierung (72, 92).

Die hier dargestellten Oberflächenrezeptoren sind - wie im nächsten Abschnitt gezeigt - essentiell für den Ablauf der Thrombozytenaktivierung.