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OETZEL (1996) untersuchte den Effekt einer oralen Kalziumsubstitution auf die Inzidenz von Hypokalzämien und Erkrankungen nach der Geburt. Es wurden 102 Paare von Kühen mit gleicher Parität, Anamnese und gleichem erwartetem Abkalbedatum gebildet. Eine der beiden Kühe erhielt 12 Stunden ante partum, direkt nach der Abkalbung, sowie 12 und 24 Stunden post partum jeweils eine Tube eines handelsüblichen Kalziumchloridgels mit einem Kalzium-gehalt von 54 g. Die zweite Kuh wurde nicht behandelt. Blutproben wurden 18 und 24 Stun-den post partum und dann täglich bis zum 7. Tag nach der Geburt entnommen, um die Kalziumkonzentration zu bestimmen. Der Kalziumgehalt war bei den mit Kalziumchlorid behandelten Kühen im Vergleich zu den nicht behandelten Tieren in den ersten 2 Tagen post partum erhöht. Die behandelten Tiere wiesen weniger häufig klinische (5 vs.12 Tiere) und subklinische Hypokalzämien (30 vs.53 Tiere) auf als die nicht behandelten Tiere. Die Inzi-denz von Nachgeburtsverhaltungen konnte durch die Behandlung jedoch nicht signifikant gesenkt werden (10,8 % vs. 17,6 %). Einen bedeutenden Einfluss auf den Grad der Hypo-kalzämie hatte die Parität. Bei Kühen ab der 3. Laktation war die Differenz der Plasmakal-ziumkonzentration zwischen beiden Behandlungsgruppen am 1. Tag post partum signifikant

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höher (0,89 mg/dl) als bei Kühen der 1. Laktation (0,03 mg/dl). Auch am 2. Tag post partum waren ähnliche Unterschiede festzustellen (OETZEL, 1996).

In einer anderen Studie wurde die Auswirkung einer oralen Kalziumgabe auf den Abgang der Nachgeburt untersucht (HERNANDEZ et al 1999). Vierzig Kühe mit Nachgeburtsverhaltung wurden in die Studie aufgenommen. Die Hälfte wurde 24 und 48 Stunden post partum mit einem Kalziumchloridgel (54 g Kalzium) behandelt, während die andere Hälfte unbehandelt blieb. Als Kontrollgruppe dienten 20 Kühe ohne Nachgeburtsverhaltung. Die Nachgeburt ging bei allen Tieren zwischen 24 und 72 Stunden post partum ab. Die Kalziumkonzentration im Blut der Tiere der einzelnen Versuchsgruppen unterschied sich in der Zeit vom vierten bis siebten Tag post partum nicht signifikant (HERNANDEZ et al 1999). Es konnten keine Einflüsse auf geburtsassoziierte Erkrankungen und die Fruchtbarkeit festgestellt werden.

GOFF et al. (1996) verwendeten für ihre Studie eine selbst gemischte Kalziumpropionatpaste mit einem Kalziumgehalt von 37 g. Überprüft wurden verschiedene Verfahren der Kalzium-supplementierung bei unterschiedlichen Rassen. Die Behandlungsschemata der Gruppen 1 und 2 waren gleich. Die Tiere der Gruppen 1 und 3 waren Tiere der Rasse Holstein Friesian.

Bei der Gruppe 2 handelte es sich um Jerseykühe. Die Tiere der Gruppen 1 und 2 erhielten direkt und 12 Stunden post partum jeweils 2 Tuben der Paste (74 g Kalzium). Die Tiere der Gruppe 3 wurden direkt nach der Geburt und 12 Stunden post partum mit jeweils 3 Tuben (111 g Kalzium) dieser Paste behandelt. Die zu den einzelnen Gruppen gehörigen Kontroll-tiere erhielten nach dem gleichen Behandlungsschema ein Placebo. In der Gruppe 1 erkrankten 8% der behandelten Tiere und 5% der Kontrolltiere an Milchfieber. Bei den Jersey-Kühen der Gruppe 2 lag die Inzidenz von Milchfieber bei den mit Kalziumpropionat behandelten Tieren bei 29 % und bei den Tieren, die ein Placebo erhielten bei 50 %. Die Inzidenz für Milchfieber war bei den behandelten Tieren der Gruppe 3 mit 3,45 % niedriger als bei den behandelten Tieren der beiden anderen Gruppen. Weiterhin zeigten 44 der insgesamt 46 Kühe in der Gruppe 1 (96,0 % Behandlungsgruppe, 95,2 % Kontrollgruppe) bei der Abkalbung eine subklinische Hypokalzämie (Kalzium 7,5 mg/dl). Durch die Behandlung mit der Kalziumpropionatpaste konnte in der Gruppe 1 die Inzidenz der subklinischen Hypokalzämie in den ersten 12 und 24 Stunden post partum gesenkt werden. In der Gruppe 2 lag die Häufigkeit des Auftretens einer subklinischen Hypokalzämie bei 50%

und wurde durch die Gabe von Kalziumpropionat um 30% reduziert. Die Inzidenz für

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subklinische Hypokalzämie betrug in der Gruppe 3 bei 38% und war damit niedriger als bei den beiden anderen Versuchsgruppen. Der Plasmakalziumspiegel lag bei den behandelten Tieren der Gruppe 1 (12h p.p.: 6,77 ± 0,25 mg/dl; 24h p.p.: 7,23 ± 0,24 mg/dl) höher als bei den Tieren der Kontrollgruppe (12h p.p.: 6,73 ± 0,33; 24h p.p.: 6,87 ± 0,21). Auch die Tiere der Gruppe 3 hatten höhere Plasmakalziumwerte (12h p.p.: 8,12 ± 0,24 mg/dl; 24h p.p.:7,98 ± 0,22 mg/dl) als diejenigen der Kontrollgruppe (12h p.p.: 7,71 ± 0,21 mg/dl; 12h p.p.: 7,34 ± 0,18 mg/dl). Diese Unterschiede hielten aber nur bis zum 10 Tag post partum an. Ab diesem Zeitpunkt wies weder eine der behandelten noch eine der Kontrollkühe eine subklinische Hypokalzämie auf. Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass eine Behandlung mit Kalziumpropionat die Inzidenz von Hypokalzämien senkt, falls diese Erkrankung ein Problem in der Herde darstellt. Außer diesem Effekt konnten keine anderen signifikanten Auswirkungen auf die Gesundheit und Reproduktionsleistung der Kühe festgestellt werden.

MELENDEZ et al. (2003) konnten keine Effekte von oral appliziertem Kalzium auf die Inzidenzen von Milchfieber, Nachgeburtsverhaltung, Metritis und Fruchtbarkeitsstörungen feststellen. Für diese Studie wurden 3 Gruppen gebildet. Die Tiere der Gruppe 1 (160 Tiere) erhielten keine Behandlung und dienten als Kontrolle für die beiden anderen Gruppen. Die Tiere der Gruppe 2 (158 Tiere) wurden mit 60 g Kalzium in Form einer Kalziumchloridpaste oral behandelt. Gruppe 3 (161 Tiere) erhielt 110 g Kalzium in Form von 510 g Kalzium-propionat und 400 g Propylenglycol oral. Die Behandlungen erfolgten innerhalb von 6 Stunden post partum. Die Inzidenz von Milchfieber war in dieser Studie sehr niedrig. In der Kontrollgruppe erkrankten nur zwei Tiere (1,3%), in den beiden anderen Gruppen keine Kuh an Milchfieber. Das Alter der Kühe wurde nicht erwähnt. Nachgeburtsverhaltungen traten mit 28,8 % in Gruppe 1, 22,8 % in Gruppe 2 und 31,0 % in Gruppe 3 relativ häufig auf.

MELENDEZ et al. (2003) folgerten daraus, dass eine einmalige orale Verabreichung von Kal-zium oder KalKal-zium in Kombination mit Propylenglykol nicht ausreicht, Nachgeburtsverhal-tungen vorzubeugen.

GUNDELACH (2005) kam in einer Studie, in der pluriparen Kühen (n = 59) innerhalb der ersten 8 Stunden post partum 600 g Kalziumpropionat verabreicht wurde, welches in 20 l Wasser gelöst war, zu einem ähnlichen Ergebnis. Auch in dieser Studie war ein Einfluss der Kalziumgabe auf die Fruchtbarkeit nicht festzustellen. Die Behandlung wurde nach 24 Stunden wiederholt. Die Tiere der Kontrollgruppe (57 Tiere) wurden nicht behandelt. Die

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Konzentration von Kalzium im Blut unterschied sich nicht signifikant in den beiden Versuchsgruppen.

2.2.4.4 Vitamin D3

Eine weitere Methode, um einer Hypokalzämie vorzubeugen, ist die Verabreichung von Vitamin D3 oder 1,25–Dihydroxyvitamin D3 (GOFF et al., 1988; GOFF, 2004). Die Gabe von Vitamin D3 steigert die intestinale Kalziumabsorption (LITTLEDIKE & HORST, 1980). Die Dosis von Vitamin D3, die für eine Behandlung der Hypokalzämie nötig ist, liegt nahe bei der Dosis, welche eine irreversible metastatische Kalzifizierung von Weichteilgewebe hervorruft (LITTLEDIKE & HORST, 1980; GOFF et al., 1988; GOFF, 2004). Sie liegt bei etwa 10 Mil-lionen Internationalen Einheiten (IU) (LITTLEDIKE & HORST, 1980). Niedrige Dosen von Vitamin D3 (500000 bis 1 Million IU) können hingegen eine Milchfiebererkrankung verur-sachen, da hierdurch die Sekretion von PTH unterdrückt wird und somit auch die Synthese von endogenem 1,25–Dihydroxyvitamin D (LITTLEDIKE et al, 1980; HOVE, 1986). Die Verwendung von 1,25-Dihydroxyvitamin D3 und seiner Analoga ist effektiver und im Hin-blick auf die metastatische Kalzifizierung sicherer als diejenige von Vitamin D3. Das Problem der Unterdrückung der renalen 1,25–Dihydroxyvitamin D Synthese kann durch eine aus-schleichende Behandlung über mehrere Tage post partum verhindert werden. In diesem Zeit-raum kann sich der Körper an die Veränderungen anpassen (GOFF et al, 1988). Eine Verab-reichung von 1,25-Dihydroxyvitamin D3 sollte in der Zeit zwischen dem 2. und dem 14. Tag ante partum erfolgen (LITTLEDIKE & HORST, 1980; RADOSTITS et al., 2000). Der Zeit-punkt der Applikation ist ein Problem (GOFF & HORST, 1990), da der genaue Geburtszeit-punkt nicht vorhergesagt werden kann und somit einige Kühe wiederholt behandelt werden müssen oder schon kurze Zeit nach der Behandlung abkalben, ohne dass eine Wirkung ein-setzen konnte. Die meisten Hersteller von Vitamin D3-Präparaten empfehlen nicht mehr als 2 Dosen pro Tier zu verabreichen (THILSING-HANSEN et al., 2002).

Der Vergleich (GOFF et al., 1987) zweier unterschiedlicher Dosen eines intramuskulär verab-reichten 1,25-Dihydroxyvitamin D3-Präparates zeigte, dass eine höhere Dosis (150 Pg) effektiver ist, um die Inzidenz von peripartal auftretenden Erkrankungen zu senken als eine

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niedrige Dosis (100 Pg). Die Tiere in diesem Versuch wurden 5 Tage vor dem errechneten Geburtstermin einmalig mit 1,25-Dihydroxyvitamin D3 behandelt. War die Abkalbung nach 7 Tagen noch nicht erfolgt, wurde nochmals 1,25–Dihydroxyvitamin D3 appliziert. Ab dem 10.

Tag ante partum bis zum 14. Tag post partum wurden täglich Blutproben entnommen und die Plasmakalziumkonzentration und die Hydroxyprolinkonzentration bestimmt. Durch die Be-stimmung von Hydroxyprolin konnten Rückschlüsse auf die Kalziummobilisation aus dem Knochen geschlossen werden. Es zeigte sich, dass durch eine 1,25–Dihydroxyvitamin D3

Gabe ante partum nicht die Resorption von Kalzium aus den Knochen stimuliert wurde, sondern nur die intestinale Kalziumresorption gesteigert wurde. Um diese gesteigerte Kalziumresorption im Darm zu erreichen, muss eine kalziumreiche Diät gefüttert werden (GOINGS et al., 1974; HORST, 1986).

2.2.4.5 Parathormon

GOFF et al (1989) untersuchten die Wirkung von Parathormon als Mittel zur Prophylaxe der Hypokalzämie. Parathormon wurde 5 pluriparen Kühen zwischen dem 6. Tag ante partum und dem 6. Tag post partum alle 8 Stunden intramuskulär appliziert. Die Anfangsdosis betrug 20 mg PTH während der ersten 48 Stunden. Anschließend wurde die Dosis bis zur Geburt auf 10 mg PTH reduziert, um die Dosis dann für drei weitere Applikationen wieder auf 20 mg PTH zu erhöhen. Die Dosis wurde danach langsam auf 2,5 mg PTH reduziert. Zusammen mit den 5 pluriparen Tieren der Kontrollgruppe erhielten die so behandelten Tiere eine kalzium-reiche Diät. Keine der mit Parathormon behandelten Kühe erkrankte an Milchfieber. Ein An-stieg des Plasmakalziumspiegels war zu beobachten. Die Plasmakalziumkonzentration hatte 24 Stunden post partum bei der Kontrollgruppe einen Wert von 5,7 ± 0,5 mg/dl und bei den behandelten Kühen einen Wert von 11,1 ± 0,9 mg/dl. Von den 5 Kontrollkühen erkrankte eine an Milchfieber, wobei alle diese Tiere eine subklinische Hypokalzämie (Kalziumkonzen-tration: 6,2 mg/dl) aufwiesen. Durch die Applikation von Parathormon wird der Plasmaspie-gel von 1,25–Dihydroxyvitamin D erhöht und damit auch die Kalziumresorption aus dem Darm und die Mobilisierung von Kalzium aus den Knochen (GOFF et al., 1989). Da sich

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nach dem Verbrauch des exogenen Parathormons eine Hypokalzämie entwickeln kann, muss die Behandlung schleichend beendet werden (GOFF et al., 1989).