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2 Inhaltliche Darstellung

2.3 IT Integration

2.3.1 Nutzeranforderungen und Kundenbedürfnisse

Zu Beginn der Untersuchung von Möglichkeiten der IT-Integration von G2V-Ansätzen steht zunächst die Analyse von Nutzeranforderungen, denen die IT-Systeme gerecht werden müssen.

2.3.1.1 Erfahrungen aus der Praxis

Ein großer Teil der heute privat genutzten Fahrzeuge wird für Pendelfahrten zwischen Wohn- und Arbeitsstätte genutzt. Die aktuell verwendeten Fahrzeuge mit konventioneller Antriebs-technik werden in der Regel flexibel eingesetzt. Neben den regelmäßigen Fahrten sind je-derzeit auch spontane Fahrten möglich. Dies ist nur durch eine – im Vergleich zu den heute verfügbaren Elektrofahrzeugen – höhere Reichweite je Tankfüllung gegenüber der Batterie-ladung bei Elektrofahrzeugen möglich.

Dieses hohe Maß an Flexibilität wird der Nutzer zukünftig auch von elektrisch betriebenen Fahrzeugen verlangen. Der Nutzer möchte sein Fahrzeug dann verwenden, wenn er es benötigt. Das schließt sowohl regelmäßig sich wiederholende Fahrten wie auch spontane Fahrten ein.

Um diese Flexibilität und Einfachheit der Mobilität beizubehalten, ist der Nutzer darauf ange-wiesen, dass sein Fahrzeug bei der Abfahrt einen gewünschten Ladestand x aufweist, um damit die Strecke y zurückzulegen. Aus der Sicht des Nutzers ist dies vor allem dann mög-lich, wenn er das Fahrzeug unmittelbar nach der Ankunft mit der Stromversorgung verbindet und somit den Ladevorgang startet. Die hierbei entstehenden negativen Auswirkungen der ungesteuerten Ladung wurden im Abschnitt 2.1.1.3 beschrieben.

Abschnitt 2.1.2 zeigt hierzu eine Lösung des Problems auf, welche auf der bestehenden Rundsteuertechnik beruht. Sie hat allerdings den Nachteil, dass der Kunde keinen Einfluss auf die Schaltprozesse hat, welche vom Netzbetreiber durchgeführt werden. Aus dem Be-richt „Erfolgsfaktoren von Smart Metering aus Verbrauchersicht“ der Gesellschaft für Sozial-forschung und statische Analysen mbH (forsa) [26] lassen sich die dort angegebenen Ergeb-nisse teilweise auch auf die Steuerung per Rundsteuertechnik übertragen. Die größten Kri-tikpunkte bestehen hierbei in einer möglichen komplizierten Handhabung der fremdgesteuer-ten Ladestationen sowie der nicht vorhandenen Selbstbestimmung und Fremdkontrolle über

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die Ladezeitpunkte. Hierbei geben die folgenden Aussagen die Ängste der Kunden am deut-lichsten wieder:

• „Ich [der Nutzer] will die Kontrolle haben!“.

• „das würde mich total meiner Freiheit berauben [V]“

Mit der im Abschnitt 2.1.3 dargestellten geregelten Ladung erhält der Nutzer die Möglichkeit – zusammen mit dem Netzbetreiber und Energielieferanten – über die Ladung selbst zu bestimmen. Wie bereits gezeigt, nimmt die Komplexität des Steuerungs- und Regelungssys-tems von der ungesteuerten über die gesteuerte hin zur geregelten Ladung deutlich zu. Für Netzbetreiber und Energielieferanten steigen gleichzeitig die Möglichkeiten, gezielt in den Ladeprozess einzugreifen.

Vorteile werden jedoch auch von potentiellen Nutzern wahrgenommen. Dazu bedarf es je-doch der Interaktion zwischen dem Nutzer und der Ladestationsinfrastruktur:

Die Ladestation bildet zusammen mit dem Smart-Meter auf Kundenseite ein Punkt, an wel-chem Messdaten zur Regelung der Ladevorgänge erfasst werden. Daher ist es auch mög-lich, die im oben genannten Bericht der Forsa wahrgenommenen Aussagen zum gewünsch-ten Funktionsumfang von Smart-Metern auch auf die Einführung von Ladestationen bzw.

dem User-Interface zwischen Anwender, Ladeinfrastruktur und Fahrzeug anwenden. Die hierbei gemachten Aussagen werden hierbei durch Erfahrungen der ElektroDrive Salzburg GmbH bestätigt. Abbildung 19 zeigt die für diese Schnittstelle in Frage kommenden Funktio-nen.

Die Kernaussage ist, dass der Nutzer ein einfach zu bedienendes System zur Verfügung gestellt haben möchte, welches über geeignete Visualisierungen einen Zusammenhang zwischen eigenem Verhalten und dem Energieverbrauch (in kWh oder km) sowie der entste-henden Kosten ermöglicht.

Die mit über 80 % „sehr gut“ und „gut“ am besten bewertete Funktion ist die Möglichkeit, den Energieverbrauch über individuell einstellbare Zeitabschnitte anzeigen zu lassen. Diese Funktion erhöht für den Kunden die Transparenz der Stromrechnung. Mit einer genauso positiven Bewertung wurde die Möglichkeit gewählt, dass das System den günstigsten Stromtarif automatisch wählt und der Ladeprozess automatisch gestartet wird.

Ein weiteres nutzerfreundliches Merkmal ist eine Anzeige tageszeit- und netzlastabhängiger Stromtarife sowie die Prognose des zu erwartenden Stromverbrauchs sowie der -kosten.

Blue Globe Report – Klima- und Energiefonds 56 Abb. 19: Übersicht und Bewertung möglicher Funktionen der Ladeinfrastruktur sowie des Nutzerinterfaces. Die Funktionen wurden in Anlehnung an den Bericht „Erfolgsfaktoren von Smart Metering aus Verbrauchersicht“

(Forsa) [26] entnommen und ggf. den (sehr ähnlichen) Anforderungen an die Ladeinfrastruktur/Interface ange-passt. Aus diesem genannten Bericht wurden die dort getroffenen Bewertungen übernommen.

Die Möglichkeit, den Nutzer im Falle eines Fehlers bei der Ladung (Ladekabel entfernt, V) beispielsweise per SMS zu warnen, stimmt bei mehr als zwei Drittel der Nutzer auf Zustim-mung. Überwiegend positiv wurde in der Umfrage auch die Möglichkeit aufgefasst, dass die Zählerdatenerfassung automatisiert per Fernablesung erfolgt und somit eine monatliche Rechnung erstellt werden kann.

Einzig die Möglichkeit, dass der Netzbetreiber die Stromzufuhr (automatisiert) aus der Ferne ein- und abschalten kann, stieß hierbei auf wenig Akzeptanz durch den Nutzer.

2.3.1.2 Kreativworkshop zur Benutzerschnittstellen-Gestaltung

Für die Gestaltung eines möglichst einfach zu bedienenden Benutzerinterfaces für die G2V-Applikation wurde am 28. September 2010 in Wels ein Kreativworkshop durchgeführt. Bei diesem gemeinsam mit dem SGMS-Projekt Consumer2Grid organisierten Workshop haben zehn eingeladene Teilnehmer – betreut durch Usability-Spezialisten des Center for Usability Research & Engineering (CURE) – einen Entwurf für eine G2V-Smartphone-Applikation ausgearbeitet.

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(a) (b)

Abb. 20: Das aufbereitete Ergebnis des Workshops: Abbildung (a) zeigt die Auswahl der beiden Ladungs-Alternativen. (b) Im Falle der „günstigen Ladung“ müssen weitere Parameter abgefragt werden.

In einer ersten Stufe wurden durch die Teilnehmer, ihre Anforderungen an eine G2V-Applikation festgehalten. Diese waren in der Gruppe sehr kongruent. Die Mehrheit der Teil-nehmer hatte sich bereits mit dem Thema beschäftigt. Aus diesen Anforderungen wurde dann ein möglichst einfaches Interface entwickelt. Zentraler Bestandteil des Ergebnisses ist die Wahl zwischen den zwei Optionen „sofort laden“ (teure Variante) und „günstig laden“. Im Falle der günstigen Ladung kann der Benutzer dann angeben, wann er wie viel aufgeladen haben möchte.

Obwohl unabhängig entstanden, sind die Ergebnisse sehr vergleichbar mit parallelen Ent-wicklungen, z. B. der in [27] dargestellten G2V-Benutzerschnittstelle.