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Zur Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation sowie zur Nichterteilung einer Aufenthaltsberechtigung

3. der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat

3.3. Zur Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation sowie zur Nichterteilung einer Aufenthaltsberechtigung

russischen Auslandsreisepasses diente somit gerade dem Zweck, ein für die Einreise in den Herkunftsstaat geeignetes Reisedokument zu erhalten. Dass es während der Aufenthalte in der Russischen Föderation zu irgendwelchen Problemen oder gar Bedrohungssituationen gegen seine Person gekommen wäre, ist nicht ersichtlich.

Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass gegenständlich eine tatsächliche Schutzgewährung vonseiten des Herkunftsstaates, die Freiwilligkeit des zugrunde liegenden Verhaltens sowie eine beim Beschwerdeführer als vorhanden anzunehmende Unterschutzstellungsabsicht im Sinne der dargelegten Judikatur gegeben sind.

Da alle Voraussetzungen für die Aberkennung des Status der Asylberechtigten aus dem Grund des § 7 Abs. 1 Z 2 iVm. Art. 1 Abschnitt C Z 1 und Z 5 GFK vorliegen, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Da sich die Aberkennung des Status des Asylberechtigten insgesamt als rechtmäßig erweist, hat die belangte Behörde auch gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 zu Recht festgestellt, dass dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt.

Die Behörde hat den Status des Asylberechtigen daher im Ergebnis zu Recht aberkannt, weshalb die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen war.

3.3. Zur Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den

Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Um von der realen Gefahr ("real risk") einer drohenden Verletzung der durch Art. 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte eines Asylwerbers bei Rückkehr in seinen Heimatstaat ausgehen zu können, reicht es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus, wenn eine solche Gefahr bloß möglich ist. Es bedarf vielmehr einer darüber hinausgehenden Wahrscheinlichkeit, dass sich eine solche Gefahr verwirklichen wird (vgl. hierzu VwGH 21.2.2017, Ra 2016/18/0137, mwN).

Nach der Judikatur des EGMR obliegt es – abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde – grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Fall der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. VwGH 5.10.2016, Ra 2016/19/0158, mwN). Die Prüfung des Vorliegens einer realen Gefahr im Sinn des § 8 Abs. 1 AsylG stellt eine rechtliche Beurteilung dar, die auf Basis der getroffenen Feststellungen zu erfolgen hat (vgl. VwGH 8.9.2016, Ra 2016/20/0063).

3.3.2. Wie an anderer Stelle dargelegt, sind die Gründe, welche ursprünglich für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an den Beschwerdeführer im Jahr 2005 ausschlaggebend gewesen sind, zwischenzeitlich nicht mehr gegeben. Auch hat der Beschwerdeführer keine seither neu entstandenen Rückkehrbefürchtungen zur Sprache gebracht. Familienangehörigen des Beschwerdeführers, darunter auch männlichen Angehörigen, ist ein Leben in Tschetschenien gegenwärtig ohne Schwierigkeiten möglich, sodass ein Fortbestehen der im Jahr 2005 festgestellten Rückkehrgefährdung nicht erkannt werden kann.

Nochmals festzuhalten ist, dass dem Beschwerdeführer alternativ zu einer Rückkehr in seine Heimatregion gemäß §§ 8 Abs. 3 iVm § 11 AsylG 2005 eine Niederlassung in einem außerhalb Tschetscheniens gelegenen Landesteil, etwa Moskau oder St. Petersburg, offen stehen würde.

3.3.3. Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden Erkrankungen, welche ihn im

Alltag oder in seiner Möglichkeit, am Erwerbsleben teilzunehmen, maßgeblich einschränken

würden. Weiters gilt es zu bedenken, dass der Beschwerdeführer, welcher die ersten 19

Lebensjahre und sohin den überwiegenden und prägenden Teil seines Lebens in Tschetschenien verbracht hat, noch über mehrere Angehörige im Herkunftsstaat verfügt und ihm in diesem Zusammenhang eine Wohnmöglichkeit sowie (finanzielle) Unterstützungsmöglichkeiten bei einer Wiedereingliederung offen stehen würden. Der Beschwerdeführer beherrscht Tschetschenisch und Russisch. Er hat im Herkunftsstaat die Schule absolviert und verfügt über Berufserfahrung in unterschiedlichen Bereichen. Dem Beschwerdeführer ist es aufgrund seines Alters und Gesundheitszustandes möglich, seinen Lebensunterhalt im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat eigenständig zu bestreiten, wobei er durch seine familiäre Vernetzung im Herkunftsstaat jedenfalls auch über Netzwerke verfügt, welche ihm einen neuerlichen Zugang zum dortigen Arbeitsmarkt erleichtern werden.

Wenn auch nicht verkannt wird, dass der Beschwerdeführer sich zuletzt vor knapp 15 Jahren längerfristig in seinem Herkunftsstaat aufgehalten hat, so kann aufgrund seiner individuellen Umstände in Zusammenschau mit dem im Herkunftsstaat unverändert vorhandenen verwandtschaftlichen Netz keine vollständige Entwurzelung respektive mit einer Rückkehr verbundene unzumutbare Härten erkannt werden.

Schließlich ist im Hinblick auf die derzeit bestehende COVID-19-Pandemie festzuhalten, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen 35-jährigen, gesunden Mann handelt, womit dieser nicht unter die Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit spezifischen physischen Vorerkrankungen fällt. Angesichts seiner persönlichen Umstände und der Unterstützungsmöglichkeiten durch ein familiäres Netz im Herkunftsstaat sowie in Österreich ist auch nicht zu ersehen, dass dieser von allfälligen negativen wirtschaftlichen Auswirkungen in einem höheren Ausmaß als die in der Russischen Föderation ansässige Durchschnittsbevölkerung betroffen sein wird. Ein bei einer Überstellung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation vorliegendes „real risk“ einer Verletzung des Art. 3 EMRK ist somit (auch insoweit) nicht erkennbar (zur Verpflichtung der Vollzugsbehörde, bei der Durchführung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme Art. 3 EMRK, insbesondere im Hinblick auf die COVID-19-Situation im Herkunftsstaat, zu beachten, siehe VfGH 26.6.2020, E 1558/2020-12).

3.3.4. Aus den dargestellten Gründen begegnet die Beurteilung der Behörde, dass hinsichtlich des Beschwerdeführers in Tschetschenien respektive der Russischen Föderation nicht von einer realen Gefahr im Sinn des § 8 Abs. 1 AsylG ausgegangen werden kann, keinen Bedenken.

Zwar ist die (Menschenrechts)Lage im Nordkaukasus, wie auch von der belangten Behörde

selbst festgehalten wurde, in Einzelfällen nach wie vor als prekär zu beurteilen, von einer

generellen Gefährdung aller Bewohner Tschetscheniens kann jedoch keinesfalls gesprochen

werden. Aufgrund der individuellen Umstände des Beschwerdeführers kann eine über die

bloße Möglichkeit hinausgehende reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK oder die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention verstoßenden Behandlung/Bedrohung seiner Person in der Russischen Föderation respektive Tschetschenien keinesfalls erkannt werden.

3.3.5. Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen: 1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt.

Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht. 2, zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder 3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG von Amts wegen zu prüfen, wenn einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt.

Da sich im Verfahren kein Hinweis auf das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 ergeben hat und auch die Beschwerde keine anderslautenden Ausführungen trifft, erweist sich die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides als unbegründet.

3.4. Zu Spruchpunkt A) II. Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung und Erteilung einer

Aufenthaltsberechtigung:

3.4.1. Das AsylG 2005 regelt in seinem 7. Hauptstück die Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen sowie das Verfahren zur Erteilung derselben. Die darin enthaltenen Bestimmungen lauten auszugsweise:

„Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK

§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine ‚Aufenthaltsberechtigung plus‘ zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG) erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine ‚Aufenthaltsberechtigung‘ zu erteilen.

[…]

Antragstellung und amtswegiges Verfahren

§ 58. […] (2) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 ist von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. (3) – (13) […]“

Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen

§ 60. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Drittstaatsangehörigen nicht erteilt werden, wenn 1. gegen ihn eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 iVm 53 Abs. 2 oder 3

FPG besteht, oder

2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der