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1.3 Erstes Massnahmenpaket zur Umsetzung der Energiestrategie 2050

1.3.4 Netze

Die Schweiz ist die Stromdrehscheibe im Zentrum von Europa. Die zum Teil mehr als 40 Jahre alten Leitungen sind den heutigen und zukünftigen Stromflüssen nicht mehr gewachsen und müssen erneuert und ausgebaut werden. Der von Swissgrid identifizierte Erneuerungs- und Ausbaubedarf im Übertragungsnetz bis 2020 beträgt rund 1000 Kilometer. In den letzten zehn Jahren wurden aber nur rund 150 Kilometer an Leitungen gebaut. Zudem muss das Stromnetz für die Zukunft flexibel, intelligent und kosteneffizient ausgestaltet sein und opti-mal in Europa eingebunden werden. Mit einer zunehmend dezentralen Stromerzeugung mit erneuerbarer Energie und Wärme-Kraft-Kopplungs-Anlagen sowie dem stetig ansteigenden, internationalen Stromaustausch genügt das heute bestehende Stromnetz den künftigen Anfor-derungen nicht mehr. Es besteht daher ein signifikanter Ausbaubedarf im Übertragungsnetz sowie ein Um- und Ausbaubedarf in den Verteilnetzen, damit weiterhin ein sicherer Netzbe-trieb gewährleistet ist. Dieser Ausbaubedarf besteht auch unabhängig von der Energiestrategie 2050.

Die entsprechenden Vorhaben werden aber nur schleppend umgesetzt. Einerseits verzögern die Schwierigkeiten, die bereits im Rahmen der Projektvorbereitung bei der Suche nach geeigneten Leitungskorridoren und Leitungstrassen bestehen sowie die fehlenden Akzeptanz für Infrastrukturanlagen bei den allfällig Betroffenen eine zeitgerechte Realisierung von Projekten. Daneben entstehen auch in den eigentlichen Bewilligungsverfahren zeitliche Ver-zögerungen bei der Realisierung von Übertragungsleitungen, unter anderem auch begründet durch die Mitwirkungsrechte der Betroffenen. Wird etwa gegen einen Plangenehmigungsent-scheid des Bundesamts für Energie Beschwerde erhoben, dauern die Rechtsmittelverfahren in der Regel mehrere Jahre, bis ein letztinstanzlicher Entscheid vorliegt und ein Vorhaben reali-siert werden kann. Ebenfalls verzögernd wirken sich unvollständige oder nicht den rechtli-chen Anforderungen entsprerechtli-chende Projektunterlagen aus.

Zielsetzung

Im Mai 2012 hat der Bundesrat Massnahmenvorschläge zur Beschleunigung der Bewilli-gungsverfahren sowie zur Einführung von intelligenten Messsystemen (Smart Metering) zur Kenntnis genommen. Zudem hat er die Stossrichtung der Strategie Stromnetze festgelegt. Mit den Massnahmen soll sichergestellt werden, dass der erforderliche Um- und Ausbau der Stromnetze zeitgerecht umgesetzt werden kann:

− Mit den Massnahmen zur Verfahrensbeschleunigung soll die Dauer der Bewilli-gungsverfahren durch angepasste Rechtsmittelverfahren und Ordnungsfristen ver-kürzt und begrenzt werden.

Die Massnahmen der Strategie Stromnetze sollen durch klare Aufgabenteilung zwi-schen den involvierten Akteuren die Transparenz der Netzplanung sowie die Inves-titionssicherheit für die Netzbetreiber erhöhen, wodurch auch die Bewilligungsver-fahren effizienter durchgeführt werden können.

Insgesamt sollen die Massnahmen zu einer Reduzierung der Verfahrensdauer von heute sieben bis neun auf vier bis fünf Jahre führen. Zudem sind Massnahmen für erste Schritte beim Umbau des Stromnetzes in Richtung Smart Grid vorgesehen:

− Im Bereich Smart Metering sollen Delegationsnormen geschaffen werden, damit der Bundesrat wenn nötig Vorgaben zur Einführung von Smart Meters und entspre-chende technische Mindestanforderungen festlegen kann. Weiter soll die Kostentra-gung geregelt werden.

Massnahmen

Verfahrensbeschleunigung:

Einführung von Ordnungsfristen für Sachplan- und Plangenehmigungsverfahren:

Mit der Einführung von Ordnungsfristen für Sachplan- und Plangenehmigungsver-fahren (Ergänzung von Artikel 16 Absatz 5 EleG und neuer Artikel 16abis EleG) werden die Leitbehörde wie auch die Verfahrensbeteiligten angehalten, die Verfah-ren beschleunigt abzuwickeln und ihVerfah-ren Mitwirkungsrechten und Pflichten ohne Verzug nachzukommen. Aus diesem Grund werden auf Gesetzesstufe Regelfristen für die Gesamtverfahrensdauer festgelegt, die der Bundesrat auf Verordnungsebene für die einzelnen Verfahrensschritte präzisieren soll.

Verkürzung der Rechtsmittelverfahren: Der Ausnahmekatalog von Artikel 83 des Bundesgerichtsgesetzes wird um den Buchstaben w erweitert und darin der Zugang an das Bundesgericht auf Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung beschränkt.

Im Unterschied zum heute geltenden Verfahren wird der Rechtsmittelweg an das Bundesgericht grundsätzlich nicht mehr offen stehen, sondern nur noch, wenn neue, bisher nicht entschiedene, rechtliche Fragestellungen auftreten oder das Bundes-verwaltungsgericht von einer etablierten Bundesgerichtspraxis abweicht. Diese Lö-sung bietet den Vorteil, dass das Bundesverwaltungsgericht einen Grossteil der Be-schwerdefälle abschliessend beurteilt und in diesen Fällen die Verfahren um mehrere Jahre verkürzt werden können. Bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Be-deutung steht der Gang an das Bundesgericht aber nach wie vor offen. Diese Mass-nahme steht in Einklang mit den Zielsetzungen der Justizreform (Entlastung des Bundesgerichts) und hat lediglich einen geringfügigen Abbau des Rechtsschutzes zur Folge. Mit dem Bundesverwaltungsgericht bleibt eine Rechtmittelinstanz, die über volle Kognition verfügt, weiterhin für die Beurteilung sämtlicher Fälle beste-hen. Sofern eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, kann mittels Beschwerde an das Bundesgericht zusätzlich eine höchstrichterliche Beurteilung eingeholt werden. Eine ähnliche Lösung besteht bereits im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens (vgl. Art. 83 lit. f BGG). Es handelt sich um eine ausgewogene Massnahme, da einerseits dem Anliegen der Verfahrensbeschleunigung Rechnung getragen und andererseits auch das Rechtsschutzinteresse angemessen berücksich-tigt wird.

Andere Massnahmen zur Beschleunigung des Rechtsmittelverfahrens wurden aus verschiede-nen Gründen (erwarteter politischer Widerstand, Unvereinbarkeit mit Schweizer Rechtssys-tem bzw. Verfassung) nicht zur Umsetzung empfohlen.

Schaffung der Rechtsgrundlagen für die Einführung von Smart Meters: Basierend auf den Ergebnissen des Impact Assessment einer Einführung von Smart Metering und auf einer Analyse der internationalen Entwicklungen werden folgende Ergänzungen der gesetzlichen Bestimmungen vorgeschlagen (neuer Artikel 17a im StromVG):

− Schaffung einer Delegationsnorm, wonach der Bundesrat Vorgaben zur Einführung von intelligenten Messsystemen (Smart Meters) machen kann. Der Bundesrat kann insbesondere die Netzbetreiber dazu verpflichten, bis zu einem bestimmten Zeit-punkt bei allen Endverbrauchern oder gewissen Gruppen von Endverbrauchern die Installation intelligenter Messsysteme zu veranlassen.

− Schaffung einer Delegationsnorm, wonach der Bundesrat festlegen kann, welchen technischen Mindestanforderungen die intelligenten Messsysteme zu genügen ha-ben und welche weiteren Eigenschaften, Ausstattungen und Funktionalitäten sie aufweisen müssen.

Bei einer Einführung von Smart Meters ist zudem die Kostentragung zu regeln. Artikel 15 Absatz 1 Strom VG soll dahingehend ergänzt werden, dass neben den Betriebs- und Kapital-kosten eines sicheren, leistungsfähigen und effizienten Netzes auch die Kosten von Anschaf-fung, Installation und Betrieb gesetzlich vorgeschriebener intelligenter Messsysteme als anrechenbare Kosten gelten. Die damit einhergehende Abrechnung der Kosten für Smart Metering über das Netznutzungsentgelt entspricht im Grundsatz der heutigen Regelung, wonach Kosten für das Mess- und Informationswesen nach Artikel 8 der Stromversorgungs-verordnung (StromVV) als anrechenbare Kosten gelten. Die Festlegung von technischen Mindestanforderungen für intelligente Messsysteme ist wichtig, um zu verhindern, dass in eine Smart-Meter-Technologie investiert wird, die nicht in der Lage ist, den gewünschten Nutzen zu generieren.

Die Massnahmen im Bereich Smart Metering/Smart Grids bilden die Grundlage, um zusam-men mit weiteren Anpassungen (z.B. im Bereich der innovativen Produktgestaltung von Strombörsen, sog. „Smart Bids“, und neuer Angebote für Endkunden) den Strommarkt zu-kunftsfähig gestalten zu können.

Strategie Stromnetze: In seinem Beschluss vom Mai 2012 hat der Bundesrat das Departe-ment für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) beauftragt, die mit der Strategie Stromnetze verbundenen Verfahren und Aufgaben mit den betroffenen Akteuren zu besprechen. Das detaillierte Konzept zur Strategie Stromnetze wird dem Bundesrat im Herbst 2012 vorliegen.

Kosten und mögliche Finanzierung

Der Bundesrat rechnet für Ausbau und Erneuerung im Übertragungsnetz und den Ausbau im Verteilnetz mit Kosten von rund 18 Milliarden Franken. Beim Übertragungsnetz schätzt das Bundesamt für Energie die Kosten der notwendigen Ausbauprojekte bis 2050 auf 2,3 bis 2,7 Milliarden Franken. Zusätzlich fallen bis 2030 rund vier Milliarden Franken für die Erneue-rung des Übertragungsnetzes an. Bei den Verteilnetzen fällt bis 2050 infolge der zunehmen-den dezentralen Einspeisungen ein noch höherer Ausbaubedarf an. Dieser bewegt sich je nach Szenario zwischen 3,9 und 12,6 Milliarden Franken. Diese Kosten könnten durch intelligente Steuerungen (z.B. bei der Spannungshaltung) reduziert werden. Insgesamt belaufen sich die Kosten für den Netzausbau ohne Erneuerungsmassnahmen bis 2050 auf rund 6,2 bis 15,3 Milliarden Franken.

Die Kosten für den Um- und Ausbau der Netze, einschliesslich einer allfälligen Einführung von Smart Metering, werden von den Netzbetreibern getragen. Diese können die Kosten unter

Berücksichtigung der Anrechenbarkeit via Netznutzungsentgelte auf die Endverbraucher überwälzen. Somit ist keine staatliche Finanzierung im Netzbereich vorgesehen.

Die neuen Prozesse im Zusammenhang mit der Erarbeitung und Umsetzung der Strategie Stromnetze führen beim Bundesamt für Energie, beim Bundesamt für Raumentwicklung, beim Bundesamt für Umwelt und bei der Elektrizitätskommission zu einer personellen Mehr-belastung. Die Finanzierung dieses personellen Mehraufwands soll über allgemeine Bundes-mittel bzw. über verrechenbare Leistungen erfolgen.

1.3.5 Pilot- und Demonstrationsprojekte sowie Leuchtturmprogramm

Im Dokument vom 28. September 2012 (Seite 53-56)