• Keine Ergebnisse gefunden

Zielkonflikte im Offenland

Zielkonflikte ergeben sich durch die vorgeschlagene Erweiterung des LRT Pfeifengraswiesen [6410] im NSG Erlen-, Metten- und Gründelbachniederung. Die Erweiterungsfläche wird aktuell von einem Großseggen-Ried und einer Hochstaudenflur quelliger, sumpfiger oder mooriger Standorte eingenommen. Diese stellen ein Sukzessionsstadium ehemals hier vorkommender Pfeifengraswiesen dar. Bei dem Großseggen-Ried und der Hochstaudenflur handelt es sich um nach § 30 BNatSchG geschützte Biotoptypen. Da die Pfeifengraswiese (entspricht dem ebenfalls geschützten Biotoptyp Pfeifengras-Streuwiese) auf Grund der Artenzusammensetzung, ihrer Seltenheit und Gefährdung einen höheren naturschutz-fachlichen Wert besitzt, ist ihre Entwicklung in diesem Bereich auf Kosten der anderen beiden Biotoptypen vorzuziehen.

Bei der Erhaltung oder Entwicklung von Kalk-Magerrasen [6210(*)] kann es zu Konflikten mit bereist vorhandenen oder sich in Ausbreitung begriffenen Trockengebüschen kommen.

Diese entsprechen dem nach § 30 BNatSchG geschützten Biotoptyp „Gebüsch trockenwarme Standorte“. Insbesondere bei einer Entwicklung von Magerrasen am Steilhang unterhalb des Lattenwalds bei Enzberg wird dieser Zielkonflikt auftreten, da hier großflächig Trockengebüsche ausgebildet sind. Da Kalk-Magerrasen ebenfalls einem geschützten Biotoptyp entsprechen (Magerrasen basenreicher Standorte) und sie eine größere Bedeutung für den Artenschutz besitzen, ist ihre Entwicklung auf Kosten von Trockengebüschen vorzuziehen. Für ein Zurückdrängen von Trockengebüschen spricht auch die Verbesserung der Habitatqualität der Lebensstätte des Neuntöters. Dieser benötigt als Nahrungshabitat offene, besonnte und gehölzarme Flächen. Ein zu dichter Gehölzbestand mindert die Habitatqualität erheblich.

Mögliche Zielkonflikte können sich bei der Erhaltung, Wiederherstellung oder Entwicklung Magerer Flachland-Mähwiesen [6510] im NSG „Enzaue bei Roßwag und Burghalde“ durch die Wiesenbewässerung ergeben. Die Gräben und Stellfallen wurden 2007 grundsaniert;

2007, 2015 und 2017 wurden Wiesenwässerungen durchgeführt. Die Bewässerung und die Grabenräumung erfolgt durch die Landwirtschaft in Absprache mit der Stadt Vaihingen und der Naturschutzverwaltung. Eine Bewässerung könnte bei regelmäßiger Wiederholung zu einer qualitativen Verschlechterung der Wiesenbestände führen. Zukünftige Wiesen-bewässerungen sollten mit einem Monitoring zur Wiesenqualität und zum Einfluss auf die Lebensstätte des Wachtelkönigs verbunden werden.

Potenziell besteht immer ein Zielkonflikt zwischen gewässerbegleitenden Hochstaudenfluren und Auwaldbeständen. Beide Lebensraumtypen (zugleich nach § 30 BNatSchG geschützte Biotoptypen) nehmen den gleichen Standort ein. Im NSG „Enzaue bei Roßwag und Burghalde“ wo eine Erweiterung der Auwaldbestände als Entwicklung vorgeschlagen wird, gibt es allerdings keine Hochstaudenfluren, so dass dort kein Konflikt auftreten wird.

Für die Erhaltung der Laichgewässer des Kammmolchs ist eine gelegentliche Entschlammung notwendig, um eine vollständige Verlandung zu verhindern. Dies kann zu Konflikten mit geschützten Libellen, Wasserkäfern oder anderen Artengruppen führen. Vor einer Entschlammung sollten die Gewässer daher auf ein Vorkommen entsprechender Arten überprüft werden.

Ein Zielkonflikt könnte sich in der Erlenbachaue westlich Ötisheim ergeben zwischen den Entwicklungsflächen für den Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Maculinea nausithous) und einer möglichen Schaffung eines größeren Retentionsraums durch Renaturierung des Erlenbachs. Die geplanten Entwicklungsflächen liegen innerhalb des HQ 10 bzw. HQ 50 (nach Hochwassergefahrenkarte/Überschwemmungsflächen der LUBW). Bei eine länger anhaltende Überschwemmung könnte es zur Schädigung der Wirtsameisen kommen (siehe Begründung für das Fehlen der Art im NSG „Enzaue bei Roßwag“, Kapitel 3.3.2), was für den Ameisenbläuling eine erhebliche Beeinträchtigung darstellen würde. Die drei

Bestands-flächen im Erlenbachtal befinden sich jedoch außerhalb des HQ 100 und dürften durch längere Überflutungszeiten nicht beeinträchtigt sein.

Zielkonflikte bei der Waldbewirtschaftung

Einer großflächigen Eichenbewirtschaftung mit Naturverjüngung zur Sicherung der Eigenschaften der Lebensraumtypen Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwälder [9160] und [9170] Labkraut-Eichen-Hainbuchenwälder [9170] steht eine einzelbaumweise bis femelartige Bewirtschaftung zur Berücksichtigung artenschutzrechtlicher Belange (Grünes Besenmoos, Mittelspecht) gegenüber. Die in Vergangenheit oft in den Waldbeständen praktizierte einzelbaumweise oder femelartige Verjüngung zeigte – wie in der Literatur zitiert – nicht den erwünschten Verjüngungserfolg bei der Stiel-Eiche. „Schattentolerante“

Baumarten wie Esche, Berg-Ahorn und Hainbuche dominieren das Verjüngungsbild dieser oft aus Artenschutzgründen verlangsamten und kleinflächigen Vorgehensweise. Die Stiel-Eiche wird in verbleibenden Lücken mittels Pflanzung in die Verjüngungsbestände eingebracht. Dies bedeutet, dass die derzeitigen, aus Mittelwaldwirtschaft entstandenen Waldbestände, die einen unbestritten hohen ökologischen Wert für den Artenschutz darstellen, langfristig mit dieser Vorgehensweise nicht mehr vorhanden sein werden. Zu dem ist langfristig die Lebensraumtypeigenschaft des [9160] Sternmieren-Eichen-Hainbuchen-waldes gefährdet. Hieraus wird folgende Vorgehensweise empfohlen:

Auf den primären Eichenwaldstandorten (für den LRT [9160] und [9170] geeignete Standorten) mit ansprechenden Eichen-Anteilen ist, sofern es die Verjüngungsbestände im Hinblick auf Gesundheits- und Kronenzustand ermöglichen, auf ein großflächiges Verfahren (Schirmschlagverfahren) abzuzielen. Alternativ zu Habitatbaumgruppen sollten rund fünf Altbäume/-eichen auf die gesamte Verjüngungsfläche verteilt belassen werden. (je nach Größe der Verjüngungsfläche ist dies für die Bechsteinfledermaus aber nicht ausreichend, s.

folgender Punkt). Auf die Ausweisung von Waldrefugien (große Altholzinseln), die als Rückzugsräume für Arten besser geeignet sind, sollte vielmehr abgezielt werden. Im Gegensatz zu den Waldrefugien des AuT-Konzepts von ForstBW (SCHMALFUß et al. 2010), sollte jedoch in entsprechend zu schützenden Beständen eine Pflege ermöglicht werden (Mischwuchsregulierung in der Naturverjüngung zu Gunsten der Stiel-Eiche und zu Sicherung eines Stiel-Eichenanteils). Insgesamt ist in den Eichen-Lebensraumtypen [9160]

bzw. [9170] ein Eichen- und Hainbuchenanteil von mindestens 60% und mehr anzustreben.

Auf den Eichensekundärstandorten, die den Edellaubbaumarten oder der Rot-Buche standörtlich vorbehalten sind, sollte aus Artenschutzgründen auf die Stiel- bzw. Trauben-Eiche nicht verzichtet werden. Hier ist eine einzel- bis truppweise Beimischung von Stiel- bzw. Traubeneiche anzustreben. Aufgrund der deutlich größeren Flächenanteile der Waldbestände und bei ausgewogenem Altersaufbau, die nicht dem Lebensraumtyp [9160]

Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwald bzw. [9170] Labkraut-Eichen-Hainbuchenanteil zuzuordnen sind, sollten vor allem in diesen Beständen ein Mosaik von Altholzinseln oder Waldrefugien über die gesamte Waldfläche ausgewiesen werden, die als Rückzugsraum für seltene Arten dienen. Habitatbäume in Form von Alteichen/-eschen oder Flatter-Ulmen sollen möglichst nicht über die Fläche verteilt, sondern bevorzugt an Bestandesrändern konzentriert belassen werden. In den durch zufällige Nutzungen (ZN) verlichteten Waldrefugien ist auch eine Pflege entgegen des AuT-Konzeptes in den Jungwüchsen zugunsten der Stiel- bzw. Trauben-Eiche zu ermöglichen.

Zielkonflikte von Maßnahmen zur Eichenverjüngung mit der Bechsteinfledermaus

Die Praxishilfe „Umsetzung des Alt- und Totholzkonzepts (AuT-Konzepts) in Eichenwäldern“

(SCHMALFUß 2012) beschreibt den Zielkonflikt, dass es bei großflächigen Naturverjüngungs-verfahren zur Erreichung aus Artenschutzsicht gewünschter hoher Eichenanteile in der folgenden Waldgeneration durch die Nutzung von Alteichen zu negativen Auswirkungen auf bestimmte Arten der Alt- und Totholzbewohner kommen kann. Dies gilt in besonderem Maße für die Bechsteinfledermaus: Wochenstubenkolonien dieser Art sind auf eine hohe Zahl von Habitatbäumen mit (Specht-)Höhlen angewiesen, wie sie in besonderem Maße an Alteichen vorkommen. Die Quartiere liegen in Form von traditionell genutzten „Quartierzentren“ nahe

beieinander, meist in einem Radius von 500 m; dabei werden Bestände mit einem hohen Kronenschlussgrad genutzt (STECK & BRINKMANN 2015). Im Umfeld der Quartiere benötigt die kleinräumig jagende Art gut geeignete Jagdgebiete, die sich ebenfalls durch einen hohen Kronenschlussgrad auszeichnen.

Durch großflächige Schirmschlagverfahren zur Eichenverjüngung können somit ganze Koloniestandorte und/oder essenzielle Jagdgebiete betroffen sein und somit erhebliche Beeinträchtigungen entstehen. DIETZ (2013) folgert entsprechend, dass auf starke Lichtungs-hiebe zur Verjüngung verzichtet werden muss und empfiehlt zur Verjüngung von Eichen die Nutzung von natürlich entstehenden Lichtschächten und Sturmwurfflächen, gegebenenfalls unterstützt durch Initialpflanzungen. In großflächigen Eichenwäldern hält er eine Verjüngung über Femel von max. 0,3 ha Größe für möglich. Diese Punkte finden sich auch im Maß-nahmenkonzept des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) zur Verbesserung des Erhaltungs-zustands der Bechsteinfledermaus in der atlantischen biogeografischen Region.

Darüber hinausgehende Schirmschläge zur Eichenverjüngung sind gegebenenfalls denkbar, wenn diese möglichst kleinflächig erfolgen und gleichzeitig nicht nur einzelne Samenbäume sondern eine größere Zahl von Alteichen erhalten bleiben sowie die Umsetzung mosaikartig dahingehend gesteuert wird, dass in räumlicher Nähe vergleichbare Bestände entwickelt werden, die ein zukünftiges Ausweichen ermöglichen (geeignete Habitatstrukturen für Wochenstuben der Bechsteinfledermaus im Wald nach STECK &BRINKMANN).

Als standörtlich zu prüfende Alternative zu starken Lichtungshieben sei auf ein Vorgehen im bayerischen FFH-Gebiet „Vorderer Steigerwald mit Schwanberg“ hingewiesen, bei dem im FFH-Management zur Erhaltung von Eichen-Lebensräumen mit dem Zwischenschritt eines Schattholz-Unterstandes gearbeitet und auf diese Weise mehr Alteichen belassen werden können (PFAU 2018).

Eine Höhlenbaumkartierung oder Netzfänge und Telemetrie zum Auffinden der Wochen-stubenquartiere können helfen, gezielte Maßnahmenschwerpunkte für die Bechstein-fledermaus festzulegen bzw. Konfliktbereiche zu identifizieren.

Die reguläre Ausweisung von Habitatbaumgruppen oder Waldrefugien nach dem AuT ist in Eichenwäldern nicht unbedingt geeignet, naturschutzfachlich wertvolle Alteichen langfristig zu erhalten. SCHMALFUß (2012) gibt Hinweise, wie dies unter bestimmten Voraussetzungen dennoch möglich ist. Als Alternative wird eine schonwaldartige Bewirtschaftung mit dem Ziel des Alteichenerhalts empfohlen.